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Kopflose Kunst

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In jedem Frühjahr immer das gleiche Theater! Sobald zwei Tage hintereinander die Sonne scheint, bekomme ich so eine Art Bepflanz-den-Garten-Koller. Ich fahre in den Gartenmarkt und kaufe drei Säcke Blumenerde, zwei Säcke Dünger, mehrere Paletten Geranien und blühende Verwandte, schleppe schwere Tontöpfe für die Terrasse treppauf und treppab, um sie mit Rosenstauden zu bestücken. Es ist, als würde eine fremde Macht von mir Besitz ergreifen. Dann krempele ich Jeans und Hemdsärmel hoch, streife die Gummihandschuhe über und beginne im Garten aufzuräumen.

In diesem Frühjahr ist Mäxchen während meines Anfalls zu Besuch und unterstützt mich begeistert und tatkräftig mit Gartenkralle und Gießkanne. Erst als ich den Dünger kunstgerecht auf alles Gepflanzte verteile, schaut er hoch und sagt entsetzt: »Warum schüttest du die Blümchen wieder zu?!«

Ich erkläre ihm, dass das Kunstdünger sei, den die Pflanzen brauchen, um tüchtig zu wachsen.

»Ach so«, versteht er sofort, »so wie ich bei Kunsthonig«, und lässt Kralle und Kanne fallen, »kannst du mir ein Klappbrot damit machen?«

Das hat er von mir. Klappbrot mit Kunsthonig ist für uns beide das Allergrößte. Nachdem wir uns also gesäubert und gestärkt haben, versuche ich, ihm zu erklären, was nun wirkliche Kunst ist. Ich führe ihn durchs Haus, zeige ihm die wunderschönen Bilder meines italienischen Freundes Paolo, dem begnadeten Maler aus Rom, und die echt alten Entenstiche in der Sitzecke, die die Vernichtung meiner Entensammlung aus den Siebzigern überstanden haben, weil sie sehr wertvoll sind. Die findet Mäxchen einfach süß.

Am nächsten Tag fahre ich mit ihm ins nahe gelegene Köln, um ihn auch mit berühmten Skulpturen bekannt zu machen.

Wir bummeln durch die Altstadt und treffen auf den bronzenen Millowitsch, der gemütlich auf einer Bank sitzt.

»Geil«, sagt Mäxchen, den kennt er nämlich aus dem Fernsehen. Tünnes und Schäl, die beiden kölschen Originale, findet er einfach cool. Den Tünnes-und-Schäl-Witz, den ich ihm zu erzählen versuche, hält er allerdings für ziemlich dämlich. Die vielen kunstvollen Brunnen findet er dagegen Klasse, besonders den, wo die Heinzelmännchen die Treppe hinunterpurzeln, weil die neugierige Schneidersfrau Erbsen darauf gestreut hat.

Das Kunstwerk von Eisbecher, den er dann auf der Terrasse des Cafés direkt davor serviert bekommt, findet er echt super.

»Und nu’ noch die toten Leichen«, sagt er zum Abschluss. Von dieser Ausstellung hat ihm nämlich sein Freund Mischa erzählt, und der weiß das von seinen Eltern. Doch diese zweifelhafte Kunst erspare ich meiner und seiner zarten Seele lieber. Trotzdem fahren wir ausgesprochen kunstsachverständig wieder heim.

Zwei Tage später muss ich in unsere kleine oberbergische Kreisstadt zur Bank und verliere meinen Enkel in der Fußgängerzone.

Vor der Bronzeskulptur, große Hand hält Buch und stützt sich aufs Bronzeknie, finde ich ihn wieder.

»Mann«, sagt er fachkundig, aber empört, »das is’ doch keine Kunst … so ohne Kopf!«

Fledermäuse und andere Leute

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