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Kapitel 8

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Das Sonnenlicht schimmerte durch die halbgeschlossenen Schlagläden. Marie drehte sich vom Fenster weg, um noch eine Mütze Schlaf zu nehmen, da erreichte sie der Ruf von unten: „Petit déjeuner!“ Sie nahm ihre Armbanduhr von der Konsole am Kopfende des Bettes. „Was, schon zehn?! Ich komme sofort!“ Sie lief ins Bad, duschte, zog frische Sachen über und sprang die Treppe hinunter.

Bonjour, chérie, du hast ja schon Brot gebacken!“ Marie umarmte die Freundin vorsichtig; denn diese wollte gerade mit dem vollen Tablett nach draußen auf die kleine windgeschützte Terrasse gehen, mit Blick auf den berühmten Ort Roussillon in den Bergen gegenüber. „Da leuchtet doch alles so rot“, sagt Wladimir in Samuel Becketts „Warten auf Godot“.

„Und wie!“, antwortete Marie und war wie immer von dem Anblick der ocker- und rotfarbenen Felsen mit ihren kleinen gleichfarbigen Häusern begeistert. „Und dazu noch selbst gemachte Feigenmarmelade und Lavendelhonig!“

Und sie goss der Freundin und sich den mitgebrachten Kaffee ein.

Nach dem Frühstück reckte sich Marie wohlig in der Sonne, schloss die Augen und schnurrte zufrieden.

„Wie meine Mascotte“, lachte Cécile. „Es sieht so aus, als wärst du schon nach einer Nacht hier angekommen. Hast du gestern vor dem Einschlafen noch einmal darüber nachgedacht?“

„Wie?“ Marie öffnete die Augen, doch ihr Gesichtsausdruck ließ nicht darauf schließen, dass sie vor Jahrzehnten ein Hochschulstudium mit Bravour absolviert hatte.

„Sortier mal deine Gedanken, ma chère, du schaust momentan ausgesprochen debil aus der Wäsche.“

„Ehrlich? Dafür kann ich nichts. Mir läuft nämlich ständig der blöde französische Heini vom Lyoner Rastplatz durchs Gehirn. Natürlich fühle ich mich hier zu Hause. Und das nicht erst seit letzter Nacht. Ich bin überglücklich, dass es nun für immer sein soll! Das Appartement mit den zwei Zimmern und dem innen liegenden Bad ist genau das Richtige für mich.“

„Na, dann können wir ja bald mit dem Renovieren deiner Räumlichkeiten beginnen. Aber jetzt fahren wir erst einmal nach Goult. Dort ist heute Markt, und es gibt da die einzige boucherie der Gegend, wo man wirklich nur gutes Fleisch bekommt. Wir müssen unsere Vorräte auffüllen. Vorher rufe ich aber meinen Sohn André an, der einen Freund hat, der wiederum jemanden kennt, dessen Onkel Architekt ist …“

„Na, hoffentlich ist der nicht schon in Rente“, frotzelte Marie, „und will dann als Dank für seine Beratung zwecks Umbauarbeiten bei uns mit einziehen.“

Cécile grinste. „Komm, wir räumen schnell den Tisch ab und dann geht’s los.“

Der Laden des besten charcutiers der Provence entpuppte sich als so winzig, dass die beiden Freundinnen mit dem Fleischer und seiner Frau ein richtiges Gedränge bildeten. Doch auch wenn sie sich gegenseitig auf die Zehen traten, so war er ein Meister seines Faches, wetzte sein langes Messer und zerlegte das Kaninchen, welches Cécile erstand, sekundenschnell und kunstgerecht, füllte gehackte Kräuter in eine kleine Tüte – „Ein Präsent des Hauses“ –, empfahl ihnen einen passenden Weißwein dazu und entließ sie auf den marché provencale, mit dem Tipp, frische Auberginen von dort mitzunehmen und daraus ein geschmortes Gemüse zu dem gegrillten Kaninchen zu machen. Cécile und Marie schauten angemessen beeindruckt drein und verließen dann, mit kaum unterdrückter Heiterkeit, den kleinen Laden.

Wieder in „Les Genets“ erwartete sie das Läuten des Telefons. Es bimmelte sozusagen Sturm, während Cécile, beladen mit Einkaufstüten, einhändig versuchte, das Garagentor zu öffnen, und mit dem Schlüssel im Schloss herumstocherte.

„Merde!“

„Cécile!!“

Mais c’est vrai – ist doch wahr. Hätte mein verstorbener Mann nicht auf echt antiken Türen im gesamten Haus bestanden, dann hätte ich heute nicht immer solche Probleme mit den alten Schlössern.“ Endlich ließ sich das Tor öffnen, sie setzten ihre Tüten in der Garage ab, die schon seit Jahren nur noch als Vorratskammer diente, da ohne Fenster und somit auch im Sommer schön kühl, und eilten in die Küche. Doch in diesem Moment verstummte das Telefon. Cécile nahm den Hörer ab und lauschte den Worten auf dem Anrufbeantworter. „Es war André“, teilte sie Marie mit. „Er soll uns ausrichten, dass der Architektenonkel seines Freundes bereit ist, uns bei unserer Planung zwecks Wohngemeinschaft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.“

„Und wann? Du weißt, ich muss in ein paar Tagen wieder zu Hause sein.“

„Ab morgen Abend“, gab Cécile bereitwillig Auskunft. „Er soll sehr berühmt sein, ist allerdings, wie von dir vermutet, bereits in Rente. Aber er hilft guten Freunden hier und da noch beim Um- und Ausbau ihrer Häuser. Übrigens, er heißt Paul.“

„Hoffentlich können wir uns den großen Meister auch leisten“, unkte Marie.

„Davon wollen wir mal ausgehen“, schmunzelte Cécile. „Lass uns jetzt erst einmal die Lebensmittel auspacken und einräumen. Ein Glück, dass wir so gut und viel eingekauft haben. So können wir Paul dann mit einem fürstlichen dîner begrüßen.“

Die Lavendelgang Gesamtausgabe

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