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DEFINITION VON NICHT-DUALITÄT
ОглавлениеAm Beginn der Vedanta-Lehre ist es äußerst wichtig, die Bedeutung von Nicht-Dualität wirklich zu verstehen. Sie ist einfach zu verstehen, wenn du den Wahrnehmungsprozess sorgfältig untersuchst, aber nur schwer zu akzeptieren, weil sie scheinbar von unserer Erfahrung widerlegt wird. Wir denken, während wir etwas erleben, nicht groß über den Prozess der Erfahrung nach. Wir halten die Erfahrung der scheinbaren Trennung von Subjekt und Objekt für die Wirklichkeit und bauen darauf unser Leben auf. Wir übersehen die Tatsache, dass tatsächlich nichts von uns getrennt ist.
Es macht einen riesigen Unterschied zu wissen, dass alle Dinge du sind, nicht etwas anderes oder jemand anders. Konflikte lösen sich faktisch auf, und die kleineren Konflikte, die noch auftreten, sind leicht zu bereinigen. Und das Sahnehäubchen auf dem Kuchen des Lebens ist schließlich die Erkenntnis, dass du das Glück selbst bist. Denn wenn es nur die zwei Kategorien Subjekt und Objekt gibt und das Glück nicht in den Objekten liegt, dann kann es nur in dir liegen. Wenn du dich selbst als das einzige Subjekt wertschätzen kannst, wird Glückseligkeit die Folge sein, denn du bist immer präsent.
Wenn du also unglücklich bist, dann nicht, weil etwas da ist oder fehlt. Du bist unglücklich, weil es dir misslingt, dich selbst von den Dingen zu unterscheiden, die in dir auftauchen. Vedanta ist eine geeignete Methode, sowohl dein Eins-Sein mit allem als auch dein Frei-Sein von allem zu entdecken.
Nicht-Dualität bedeutet nicht, dass du in einer Art ekstatischem Zustand spirituellen Dusels herumläufst, unfähig, dich selbst von den Dingen und von dem erfahrenden Bewusstsein – dem „kleinen“ Du – zu unterscheiden. Es bedeutet auch nicht, dass die Person, für die du dich so lange gehalten hast, nicht da ist. Manchmal hören wir spirituelle Menschen staunend sagen, dass ein bestimmtes ‚erleuchtetes Wesen‘ so was von nicht da sei, als ob Nicht-Existenz eine besondere Tugend wäre. Für das Protokoll: Die Person, die du ständig ändern oder loswerden möchtest, bleibt, wenn du weißt, wer du bist. Sie wird dann aber als ein Objekt verstanden, nicht verschieden von dir. Du bist Gewahrsein, der nicht-erfahrende Zeuge. Diese Person, die dir so viel Ärger macht, ist nur deshalb ein Problem, weil du dich mit ihr identifizierst. Wenn du Klarheit darüber gewonnen hast, dass du nicht diese Person bist, und dich stattdessen mit dem identifizierst, der du wirklich bist, dann erscheint sie wie ein guter Freund oder – schlimmstenfalls – wie ein ulkiges Bündel irrationaler Neigungen.
Du magst dir womöglich etwas dumm vorkommen, wenn du schließlich begreifst, dass die Dualität dich ausgetrickst hat und du in Wirklichkeit Gewahrsein bist, der nicht-erfahrende Zeuge. Wirf dir bitte nicht vor, dass du dich so lange für das erfahrende Bewusstsein gehalten hast. Du bist in bester Gesellschaft, jeder Mensch wird von der Dualität an der Nase herumgeführt.
Bisher habe ich das Verstehen der nicht-dualen Natur der Wirklichkeit mit dem Wort Glück gleichgesetzt. Vielleicht beschreibt Glück nicht besonders gut das Resultat der Unterscheidung zwischen dem Subjekt und den Objekten. Das Glück, über das wir hier sprechen, ist nicht das Resultat eines Geschehens, bei dem du bekommst, was du möchtest, oder vermeidest, was du nicht möchtest. Es ist kein ‚Ha-ha-ha‘-, kein ‚Ich-habe-in-der-Lotterie-gewonnen-und-mich-verliebt‘-Glück. Die Art von Glück, die der Natur des Selbst entspricht, ist ein schlichtes und inniges Empfinden von Ganzheit und Vollkommenheit, eine stille Zufriedenheit, geboren aus einem unerschütterlichen Gefühl des Selbstvertrauens: Was auch geschieht, Gutes oder Schlechtes, du weißt, du bist stets okay. Als Bewusstsein bist du ein nicht aus Teilen zusammengefügtes Ganzes, von absolut nichts durch Grenzen oder Begrenzungen getrennt.
So läuft der Prozess der Selbst-Erforschung am Ende darauf hinaus, zu ergründen, ob du vollständig und vollkommen bist – und deshalb frei – oder ob du unvollkommen bist – und deshalb unfrei. Wenn du vollkommen bist, kannst du damit aufhören, Dingen nachzujagen. Wenn nicht, dann nicht.
Selbst-Erforschung ist ein existenzielles Anliegen, kein philosophisches, intellektuelles, religiöses oder mystisches. Die grundlegende Frage ist: Was tue ich hier auf Erden in dieser fleischlichen Hülle. Wer bin ich? Was zum Teufel ist der Sinn des Lebens? Wenn du es allein herausfinden könntest, hättest du es längst getan. Aber das Problem ist einfach zu vertrackt. Du brauchst Hilfe. Du brauchst ein Hilfsmittel, ein Instrument der Selbst-Erkenntnis. Vedanta ist dieses Instrument, es ist ein Mittel, das Selbst zu verstehen. Es enthüllt die verborgene Logik unserer eigenen Erfahrung, und es überzeugt uns, dass es vernünftig und zu unserem Vorteil ist, das Streben nach Objekten aufzugeben und stattdessen Freiheit direkt anzugehen.
Wir sind nun fast am Ende der ersten Lektion angelangt. Wenn du mit der zweiten Lektion fortfahren möchtest, solltest du der Logik bis hierher gefolgt sein. Wenn du sie nicht akzeptieren kannst, wird die nächste Lektion keinen Sinn ergeben, weil du immer noch von irgendeinem Objekt erwartest, dass es dich glücklich macht. Wenn dich das bisher Gesagte nicht überzeugen konnte – und das kommt häufig vor, denn das Ego beharrt starrköpfig darauf, dass Objekte die Quelle des Glücks sind – bitte bedenke dies: