Читать книгу Die Wirklichkeit verstehen - James Swartz R. - Страница 19
ERLEUCHTUNGSMYTHEN
ОглавлениеWir werden nun eine Reihe populärer Erleuchtungslehren aus nicht-dualer Perspektive untersuchen. Wenn sie dabei schlecht wegkommen, dann nur, weil sie als Mittel zur Erleuchtung unzureichend sind. Es bedeutet nicht, dass sie keinen Wert haben. Als Übungen, um den Geist für die Selbst-Erforschung vorzubereiten, sind einige von ihnen sehr nützlich. Wenn du einer oder mehrerer dieser Lehren anhängst, wird dieser Abschnitt ohne Zweifel eine Herausforderung für dich sein. Doch zu guter Letzt musst du die Realität durch deine eigene Untersuchung verstehen. Wenn deine Beobachtungen unbefangen und sachlich sind, kannst du nur zu folgendem Schluss gelangen: „Ich bin und war immer freies, nicht-handelndes, gewöhnliches, nicht-duales, mich selbst offenbarendes Gewahrsein.“
Kein Geist, leerer Geist, angehaltener Geist
Da das Selbst immer erleuchtet ist, impliziert die Idee, dass ‚nicht zu denken‘ Erleuchtung ist, eine Dualität zwischen Gewahrsein und Denken. Zu sagen, das Selbst sei nicht erfahrbar, wenn der Geist arbeitet, bedeutet, den Geist und das Selbst auf die gleiche Realitätsebene zu stellen. Aber die Erfahrung zeigt, dass sie nicht auf der gleichen Ebene sind. Hörst du auf zu existieren, wenn du denkst? Gibt es Gedanken ohne Gewahrsein? Tatsächlich kommen Gedanken von dir, aber du bist viel mehr als ein Gedanke. Sie sind von dir abhängig, aber du nicht von ihnen. Verdeckt der Geist das Ich und verhindert er, dass du es erfährst? Damit du weißt, ob der Geist leer ist oder denkt, musst du gewahr sein. In beiden Fällen, mit und ohne Gedanken, bist du, Gewahrsein, präsent. Da du in beiden Fällen gewahr bist, wirst du weder durch Gedanken verdeckt noch durch Gedanken offenbart. Ob Gedanken präsent sind oder nicht: Du, das immer freie, immer präsente Selbst, wirst stets direkt erfahren.
Gewahrsein ist immer präsent. Darauf hast du keinerlei Einfluss; du kannst nur erkennen, was Gewahrsein ist und was es bedeutet, Gewahrsein zu sein. Es ist Unwissen über deine Natur als Gewahrsein, die dich glauben lässt, du könntest dein Selbst erringen, indem du den Geist anhältst oder einen Zustand der Leere erreichst.
Kein Ego, Tod des Ego
Die populäre sogenannte Lehre, dass das Ego der Erleuchtung im Weg steht, wetteifert mit der ‚Leerer-Geist‘-Idee um den Spitzenplatz auf der Liste der Erleuchtungsmythen.
Das Ego ist die ‚Ich‘-Idee, die Vorstellung, die wir davon haben, wer wir sind. Die Anzahl der Identitäten, die Menschen in ihrer Unwissenheit über ihre wahre Identität ersinnen, ist nahezu unendlich. Abgesehen vom vollständigen Mangel an Beweisen, dass ein solches ‚Ich‘ überhaupt existiert (und unser Glaube, dass es existiert, ist kein Beweis ...), kann die Abwesenheit einer begrenzten Identität nicht mit Erleuchtung gleichgesetzt werden. Auch Pflanzen und Tiere haben keine begrenzte Identität; sind sie deshalb erleuchtet? Und wie verhält es sich im Tiefschlaf? Dort hast du keine Identität, müsstest also erleuchtet sein.
Die Lehre, dass das Ego sterben muss, ist unhaltbar, denn das Ego ist der Teil des Selbst, das die Resultate seines Tuns genießen möchte. Es wird sich nicht selbst vernichten, denn wenn es das täte, wäre es nicht mehr da, um das Resultat – Erleuchtung – genießen zu können. Das Ego ist das Selbst unter dem Einfluss der Unwissenheit; es denkt fälschlicherweise, Geburt und Tod unterworfen zu sein. Und wenn das Ego nicht bewusst ist, kann es nur ein Gedanke im Bewusstsein sein. Kein Gedanke vermag das Selbst davon abzuhalten, es selbst zu sein und sich selbst zu erkennen. Es muss kein Ego vernichtet werden, nur die falsche Vorstellung, dass das Selbst lebt oder stirbt.
Wenn du dem Mythos, dass das Ego sterben muss, anhängst, bist du vielleicht ein Liebhaber des spirituellen Hollywood-Happyends: Das Ego vernichtet sich selbst, bekommt irgendwie die dauerhafte Erleuchtungs-Erfahrung und genießt die Erfahrung endlosen Glücks. Wenn du die Tatsache akzeptierst, dass es nur ein Selbst gibt, das schon erleuchtet ist und sich immerwährend seiner selbst erfreut, dann ist Erleuchtung Verstehen – und nicht der Tod des Ego.
Nirvana
Nirvana ist ein Zustand frei von Verlangen. Die Idee, nirvana mit Erleuchtung gleichzusetzen, ist eine weitere negative Formulierung von Erleuchtung. Diese Ansicht basiert auf der Vorstellung, dass Verlangen Leiden ist. Darin steckt ein gutes Stück Wahrheit, denn ein Begehren impliziert, dass du nicht glücklich bist mit dem, was du hast. Doch auch diese Lehre ist ungeeignet, denn ein wunschloser Geist ist ein Widerspruch in sich selbst. Wann – außer im Schlaf – bist du frei von Bedürfnissen und Wünschen? Selbst auf dem Sterbebett sehnst du dich danach, weiterleben zu können, wenn das Leben noch gut ist, oder danach, schneller zu sterben, wenn es nicht mehr gut ist.
Oberflächlich ist der Gedanke sinnvoll, das Verlangen müsse überwunden werden. Aber was ist wirklich die Ursache von Verlangen? Ist es selbstverschuldet oder wird es durch etwas anderes ausgelöst? Wenn es selbstverschuldet wäre, dann sollte die Beseitigung des Verlangens das Leiden beseitigen. Aber wenn es stattdessen durch Unwissenheit verursacht würde? Tatsächlich wird Begehren durch Unwissenheit über die eigene wahre Natur ausgelöst, denn es gibt nur ein Selbst, und es ist vollkommen. Es begehrt nichts. Kann also die Beseitigung der Wirkung (Begehren) die Ursache (Unwissenheit über die eigene Natur) beseitigen? Auf keinen Fall. Die Unwissenheit wird nicht verschwinden, wenn sie nicht mehr durch Verlangen verstärkt wird; sie wird weiterhin Verlangen erzeugen.
Wenn Unwissenheit als solche erkannt wird, kann sie sich selbst nicht länger erhalten. Nur indem wir unsere Aufmerksamkeit von unseren Begierden und den durch sie ausgelösten Handlungen wegnehmen und sie stattdessen auf den verborgenen Antrieb dahinter richten, packen wir das Übel wirklich an der Wurzel. Es ist sehr hilfreich, die eigenen Begierden im Zaum zu halten. Aber wir sollten die Beseitigung von Verlangen nicht mit der Lösung unseres tatsächlichen Problems verwechseln.
Es wird auch noch zu klären sein, ob Verlangen immer leidvoll ist. Begehren ist nichts anderes als Bewusstsein in der Funktion des Schöpfers, Bewahrers und Zerstörers der Welt. Solange deine Begierden nicht dazu führen, die in der Schöpfung gültigen physischen und moralischen Gesetze zu verletzen, warum solltest du sie beseitigen? Es steht dir frei, sie zu befriedigen. Erleuchtung ist das unmittelbare und unerschütterliche Wissen, dass du Bewusstsein bist, und als solches bist du bereits frei von Verlangen, seine An- oder Abwesenheit hat mit dir nichts zu tun. Erkenne deine Natur und lass Verlangen Verlangen sein.
Und schließlich, selbst wenn du die Behauptung akzeptierst, dass Begehren Leiden ist, wie kannst du dann deine Begierden beseitigen ohne das Begehren, sie zu beseitigen? Und wenn sie beseitigt sind, wer wird dann den Begehrenden beseitigen?
Das Jetzt
Die grundlegende Idee der ‚Jetzt‘-Lehren ist grob gesagt die folgende: Du bist erleuchtet, wenn du präsent bist. Wenn du in der Vergangenheit oder in der Zukunft lebst, bist du nicht erleuchtet. Mal abgesehen davon, dass es in einer nicht-dualen Realität keine Zeit gibt, lass uns diese Idee näher untersuchen.
Verweist das Wort ‚jetzt‘ auf einen Zeitabschnitt – wie es den Anschein hat – oder ist es ein Symbol für etwas anderes? Wenn es mit Zeit zu tun hat, gibt es so etwas wie eine objektive Zeit?
Es ist unmöglich, die Natur der Zeit zu bestimmen, denn bezogen auf die Intervalle zwischen Erfahrungen ist sie relativ und abhängig von den Begierden und Ängsten von Individuen. Wenn deine Begierden befriedigt werden und du genießt, vergeht die Zeit schnell, wenn du leidest, furchtbar langsam.
Sind Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft tatsächlich getrennte Bereiche im Bewusstsein oder nur begriffliche Einteilungen? Wenn die Zeit objektiv wäre, dann müsste es Einvernehmen darüber geben, wann die Vergangenheit endet und das Jetzt beginnt. Und es müsste möglich sein, das Jetzt exakt zu definieren. Doch wenn du dich im Jetzt befindest, kannst du nicht sagen, wie lange es andauert. Eine Sekunde? Zwei? Eine Minute oder sogar länger?
Angenommen, du befindest dich im Jetzt und möchtest erleuchtet bleiben. Dann solltest du wissen, wann das Jetzt beginnt und wann es endet. Du musst vermeiden, zurück in die Vergangenheit zu fallen oder in die Zukunft zu reisen. Vielleicht solltest du kurz vor dem Ende des Jetzt aus dem Zeitkontinuum heraus- und kurz nach dem Ende der Vergangenheit wieder hineinspringen und dabei die Zeit immer gut im Blick haben, damit du rechtzeitig wieder herausspringen kannst. Selbst wenn du im Jetzt stillsitzt, musst du dir Sorgen machen, dass Vergangenheit oder Zukunft hineinschlüpfen könnten.
Lass uns annehmen, dass es nur ‚jetzt‘ gibt. Bist du jemals außerhalb davon? Erfahrung findet nur in der Gegenwart statt. Wie kannst du die Vergangenheit erfahren, wenn nicht hier? Du kannst eine Erinnerung erfahren, aber die Erfahrung der Erinnerung trägt dich nicht in die Vergangenheit. Die Erinnerung erscheint im Bewusstsein und wird jetzt erfahren. Die Erfahrung dauert so lange, wie sie dauert, und sie bedeutet, was immer sie gemäß unserer Interpretation bedeutet. Die gleiche Logik gilt auch für die Zukunft. Nichts wird jemals in der Zukunft erfahren. Du magst über etwas nachdenken, was du dir für die Zukunft vorstellst, aber wenn es stattfindet, dann nur in der Gegenwart, wenn es in Gewahrsein erscheint.
Unsere direkte Erfahrung zeigt, dass Zeit nicht linear ist. Objekte, die aus Gedanken gebildet sind, die wiederum aus Bewusstsein gebildet sind, erscheinen in mir – Gewahrsein-Bewusstsein. Sie währen, solange sie währen, werden von meinen Begierden und Ängsten interpretiert und vergehen wieder im Bewusstsein. Wenn sie in dem Teil des Bewusstseins aufsteigen, den wir Geist nennen, scheinen sie sich zu verändern, aber in Wirklichkeit verändert sich nur der Geist. Wäre die Zeit linear, dann müsste sich alles auf einen utopischen Zustand hinbewegen; keine Erfahrung würde sich wiederholen. Doch Erfahrungen wiederholen sich, immer und immer wieder, ohne Ende.
Wenn diese Analyse stimmt, dann ist ‚jetzt‘ vielleicht eher ein Codewort für das Selbst, für Gewahrsein? Es ist die bescheidene Meinung des Autors, dass ‚jetzt‘ ein ungenauer und irreführender Begriff für das Selbst ist und aus der spirituellen Debatte verbannt werden sollte. Es ist nicht hilfreich, einen Begriff aus der Ebene der Zeit zu verwenden, um auf etwas zu verweisen, was ewig und außerhalb der Zeit ist.
Erfahrung des Eins-Seins
Um die Idee zu widerlegen, Erleuchtung sei eine Erfahrung von Eins-Sein, wollen wir nochmals auf die Lehre über die Verortung von Objekten zurückkommen. Erfährst du sie außerhalb von dir in der Welt oder erfährst du sie in deinem Geist? Du erfährst sie in deinem Geist. Wie weit ist das Objekt von deinem Geist entfernt? Schwebt es auf der Oberfläche des Geistes? Nein. Wo ist es dann? Es ist in den Geist eingetaucht, und der Geist hat die Form des Objekts angenommen. Der Geist ist formlos, wie Wasser oder Luft, und kann zu jedem beliebigen Objekt werden, so wie Gold in jede beliebige Form gegossen werden kann. Schwebt dein Geist auf der Oberfläche deines Gewahrseins? Gibt es eine Kluft zwischen dir und deinem Geist? Brauchst du eine Brücke, um die Kluft zu überwinden?
Die Antwort lautet immer: Nein. Warum? Weil dein Geist du ist. Er ist Gewahrsein. Das, was du erfährst, ist nicht nur in Gewahrsein, es ist Gewahrsein. Die Objekte in Gewahrsein und das Subjekt – Gewahrsein – sind ein und dasselbe. Warum solltest du dann danach streben, Eins-Sein zu erleben? Eins-Sein mit allem ist bereits deine ständige Erfahrung.
Du möchtest Eins-Sein erleben, weil du dich mit dem leidhaften Gedanken identifiziert hast, abgetrennt zu sein. Anstatt einer Erfahrung nachzujagen, die doch bereits deine ständige Erfahrung ist, solltest du besser den Gedanken untersuchen, getrennt zu sein. Ist es wahr? Bist du wirklich von dir selbst getrennt? Oder bist du längst die Glückseligkeit, die du erfahren möchtest?
Zustand der Transzendenz, Vierter Zustand
Dieser Mythos eines transzendentalen Zustands fordert uns auf, Erleuchtung als einen Zustand jenseits des Geistes zu erfahren. Der Geist ist eine Schnittstelle, über die Gewahrsein mit sich selbst (in der Form der materiellen Objekte) interagiert. Er ist Gewahrsein in einer Form, die chitta genannt wird. Chitta macht es möglich, dass Gewahrsein scheinbar denkt, will, fühlt und erinnert. Der Geist hat die Fähigkeit, ein weites Spektrum von Zuständen abzubilden, von den eher groben, mit dem physischen Körper verbundenen Gefühlen über psychische Erfahrungen bis hin zu
den außergewöhnlichsten mystischen samadhis7 des yoga. All diese Zustände sind im Geist, und alle sind der Veränderung unterworfen, da sie sich im Traumzustand der Dualität befinden.
Das Selbst ist nicht-dual und daher außerhalb der Zeit. Es ist unveränderlich. Es ist das, aufgrund dessen die vielen Zustände des Geistes erkannt werden. Es ist bewusst, während die Geisteszustände nicht bewusst sind. Sie sind subtile, feinstoffliche Energien, die Bewusstsein nur reflektieren können. Je subtiler der Geist wird, desto ätherischer und strahlender werden seine Zustände. Wenn du an die Schnittstelle zwischen dem Geist und dem Selbst gelangst, sind die geistigen Inhalte derart fein, und das Selbst ist so nah, dass strahlendes ‚Licht‘ und intensive Glückseligkeit erfahren werden. Es ist leicht, diese höheren Zustände des Geistes mit dem Selbst zu verwechseln und zu denken, Erleuchtung sei ein wundersamer himmlischer Zustand, die Erfahrung endloser Glückseligkeit. Erfahrung gehört weder dem Selbst noch dem Geist. Sie tritt auf, wenn Gewahrsein den Geist beleuchtet. Gewahrsein und Geist ist die grundlegendste Dualität.
Erleuchtung ist die Natur schlichten, unveränderlichen Gewahrseins. Sie kann nicht direkt als Objekt erfahren werden, da sie subtiler ist als der Geist, das Instrument der Erfahrung. Ein subtiles Objekt kann ein gröberes Objekt beleuchten, aber ein grobes nicht ein subtiles. Wie also könnte das Ego bzw. der Geist etwas erfahren, was nicht erfahren werden kann?
Erleuchtung als ewige Glückseligkeit
Wenn jemand, der gewohnt war, sich mit dem ständig sich verändernden Inhalt seines Geistes zu identifizieren, zur Nicht-Dualität erwacht, wird er dieses Erwachen als ein sehr positives Ereignis interpretieren. Das Gefühl von Frieden und Glückseligkeit ist eine Deutung der erlebten Nicht-Dualität durch den Geist. Es wurde hervorgerufen durch die Abwesenheit von Leiden, nicht etwa, weil Gewahrsein als ein glückselig machendes Objekt erfahren werden kann. Wenn du starke Zahnschmerzen hattest und der Zahn nach Tagen endlich gezogen wurde, dann ist es die Abwesenheit des Schmerzes, die sich gut anfühlt, nicht die Freude über den gezogenen Zahn. Du hast keinen außergewöhnlichen Zustand erreicht, sondern bist einfach in deinen schmerzfreien Normalzustand zurückgekehrt. Erleuchtung ist mit keinem Gefühl verknüpft. Sie ist schlicht die unerschütterliche Erkenntnis, dass du Gewahrsein bist, grenzenlos, unteilbar, unveränderlich. Wenn dieses Wissen unerschütterlich geworden ist, wird es sehr positiv auf den Geist wirken, aber es wird ihn nicht in eine Maschine zur Erzeugung permanenten Glücks verwandeln.
Das Wissen um deine wahre Natur durchtränkt den Geist mit einem Gefühl von Authentizität, Vollkommenheit und Selbstvertrauen. Fortan wird die Person in der Überzeugung leben, jeden noch so starken Sturm überstehen zu können. Wenn du ohne den Hauch eines Zweifels weißt, dass du Gewahrsein bist, wirst du dich nicht länger danach sehnen, dich gut zu fühlen. Du lebst in dem Wissen, die Quelle alles Guten zu sein.
Erleuchtung als spezieller Status
Erleuchtung ist kein besonderer Status. Es ist der Normalzustand, die Natur des Selbst. Du bekommst nichts, was du nicht schon hast; du begreifst nur, dass du das, wonach du so verzweifelt gesucht hast, schon immer besaßest. Erleuchtung sollte dich eher verlegen machen, statt zum Jubeln Anlass zu geben. Wenn jemand eine schlechte Angewohnheit überwindet, sollte er dafür nicht gefeiert werden. Vielmehr stellt sich doch die Frage, warum er überhaupt so lange seiner schlechten Angewohnheit frönte? In gleicher Weise sollte auch Erleuchtung keiner Belobigung wert sein. Du bist immer schon erleuchtet, es ist deine Natur.
Ein guter Teil des Strebens nach Erleuchtung wird von dem Wunsch motiviert, sich selbst von der eigenen Einzigartigkeit zu überzeugen und gegenüber anderen hervorzuheben. Du bist einzigartig, aber nicht in Bezug auf andere. Du bist nicht einzigartiger als ich, denn du und ich sind eins.
Es gibt noch viele weitere sonderbare Vorstellungen von Erleuchtung: dass Erleuchtung erstaunliche Superkräfte verleiht oder dass es ein ganz besonderer Zustand ist, den nur ein paar Auserwählte erreichen, oder dass es von einer Person auf eine andere in Form einer besonderen Energie übertragen werden kann; dass es verschiedene Erleuchtungsstufen gibt oder dass all deine Wünsche erfüllt werden, wenn du erleuchtet bist, etc. Wir wollen sie hier nicht weiter behandeln. Im weiteren Verlauf der Vedanta-Lehren werden wir die irrigen Ansichten hinter all diesen Ideen beleuchten.