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Im Roxy Kino

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„Lass uns doch mal wieder ins Kino gehen!“, sagte Anne Gebhardt.

Herbert Weber guckte sie an, dann sagte er: „Gut, im Roxy ist Kinostart für König August der Starke, wie wär’ es damit?“

„Oh ja, ich mag historische Themen.“

„Ich weiß. Lass uns gleich losfahren, dann schaffen wir es noch in die Spätvorführung!“, drängte Herbert.

Sie verließen die Wohnung und fuhren im Opel Kapitän zum Kino nach Derendorf.

„Schade, dass die Filme mit berühmten deutschen Schauspielern vorwiegend Heimatfilme sind“, sagte Herbert.

Anne saß neben ihm und sagte: „Nun immerhin: sehr gute Heimatfilme.“

„Mir gefallen sie nicht. Unser Film heute ist eine englische Produktion.“

„Warum gibt es eigentlich keine deutschen Regisseure für solche Themen?“

„Gibt es doch. Aber Katharina Reiz darf keine Filme mehr machen. Weil sie im Dritten Reich zu erfolgreich war, ist ihr Name verbrannt.“

„Ach, deine neue Mandantin“, sagte Anne unverhohlen eifersüchtig.

Sie trafen an der Ulmenstraße, Ecke Johannstraße ein. Hier im Roxy Kino Derendorf wollten sie den Film auf der elf mal fünf Meter großen Gigant-Bildwand sehen. Im Roxy liefen in diesen Jahren viele Heimatfilme und Historiendramen.

Herbert parkte den Opel Kapitän in der Ulmenstraße. Dann schlenderten sie an der Kinowerbung vorbei. Die Verfilmung von Melvilles Klassiker Moby Dick wurde angekündigt. Die Plakate zeigten die Walfänger in einem kleinen Boot und dahinter den Wal.

Anne und Herbert lösten die Karten für den Film König August der Starke. Sie gingen in den steil ansteigenden Saal, in dem insgesamt 530 Zuschauer Platz finden konnten. Der Raum war unten braun holzgetäfelt und oben rot samtbespannt, das wirkte schick und nobel.

Als die Vorführung zu Ende war, schwärmten Anne und Herbert: „Ein großartiger Film.“ Sie waren beide tief beeindruckt von diesem englischen Film und konnten sich gar nicht beruhigen, deswegen gingen sie danach noch im Park des Spee’schen Palais spazieren. Er lag ganz romantisch im Mondschein mit den schweren Bastionsmauern und den 140 Jahre alten Platanen. Es war für Anne und Herbert, als würden sie im Film weitergehen: Der Blick in die Bäckergasse war wie ein Blick zurück in die Vergangenheit. Die beiden Spaziergänger ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Bäckerstraße und Orangeriestraße sowie Maxplatz bildeten die Kulisse für eine Zeitreise in die Zeit der Herrschaft von Jan Wellem, der ein Zeitgenosse von August dem Starken war. August wurde 1670 in Dresden geboren, war Kurfürst von Sachsen und schließlich polnischer König, bevor er 1733 starb. August war ein absolutistischer Herrscher, der Prunk und Pracht liebte und den Barock prägte. Jan Wellem, dessen Reiterstandbild auf dem Marktplatz in der Altstadt steht, hatte es ihm gleich getan.

Anne und Herbert gingen nicht in die Altstadt, sondern blieben im Spee’schen Palais und im Park, der sich hier entlang des Spee’schen Grabens zog. Es war ein Park mit einer Wirkung, um die dessen Planer Maximilian Weyhe wusste.

„Waren das bessere Zeiten?“, fragte Anne.

Herbert schüttelte den Kopf: „Nein, die Pracht des Barocks wurde den Untertanen abgepresst.“

„Und die Prachtentfaltung der Nationalsozialisten wurde den eroberten Ländern abgepresst“, sagte Anne. „Und die Juden wurden enteignet und vernichtet.“

„Ja, und weil Frau Katharina Reiz bei der Prachtentfaltung der Nazis mitgemacht hat, darf sie nun keine Filme mehr machen“, sagte Herbert.

Anne knuffte ihn in die Seite. „Denkst du schon wieder an sie! Das passt mir nicht.“

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