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Verführung

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Dieses war meine erste Erfahrung mit der dionysischen Seite der menschlichen Natur, die sich fest in meinem Bewusstsein verhakte und wohl auch dazu führte, dass ich bereits mit 17 Jahren mein erstes sexuelles Erlebnis mit einer Frau hatte. Mit Liebe hatte die Geschichte scheinbar nicht viel zu tun; denn die Hausgehilfin, mit der ich es zum ersten Mal probierte, hatte auch nicht die geringste Spur von Schönheit oder Anmut. Auch ihr Wesen war nicht anziehend. Sie war nach dem gängigen Urteil dumm, stumpf, knochig, hässlich und auf plumpe Weise zu hoch gebaut. Auf ihrer eckigen Ackergaul-Gestalt saß ein eulenhafter Wendenkopf mit glatt gekämmtem schwarzem Haar. In ihren mandelförmigen Augen aber glomm ein magisches bengalisches Licht, das von einer schweren, abgründigen und sumpfigen Sinnlichkeit kündete, die mich in meiner erwachenden Sexualität unwiderstehlich anzog.

Wenn wir zwei allein in der Küche waren und zusammen aßen, ließ ich unbemerkt während des Essens einige Krümel auf den Boden fallen, die ich nach dem Essen auf den Knien kriechend wieder aufsammelte, nur um eine Gelegenheit zu finden, der hochhackigen Elfriede, wenn sie aufstand, unter die Röcke zu gucken oder den Sauerampfer-Geruch ihres pontinischen Sumpfes zu schnuppern, was mich in eine derart sehnsüchtige Erregung versetzte, dass ich beschloss, sie zu verführen.

Wir nahmen damals im Biologieunterricht gerade die Geschlechtsmerkmale von Frau und Mann durch. Das war für mich ein willkommener Vorwand, mit der damals neunzehnjährigen Elfriede über die menschlichen Geschlechtsteile und die menschliche Fortpflanzung zu sprechen. Ganz beiläufig ließ ich in unsere Gespräche einfließen, dass einige Klassenkameraden, die Schwestern hätten, die weiblichen Geschlechtsteile schon gesehen hätten; andere aber, zu denen auch ich gehörte, bis auf die Kenntnis der schematischen Zeichnungen aus dem Biologiebuch keine Ahnung davon hätten. Ich versäumte auch nicht ihr mitzuteilen, dass ein Junge aus unserer Klasse, den wir alle wegen seiner wuchtigen Körpergestalt „Big Ben“ nannten, schon mit einer Freundin Geschlechtsverkehr gehabt habe, was mir, wie ich großspurig hinzufügte, rein technisch gesehen auch möglich sei, worauf ich aber bis jetzt mangels einer Freundin hätte verzichten müssen.

Elfriede zeigte bei dieser Art von Reden keine Reaktion und keinerlei Entgegenkommen und ich merkte, dass ich auf eine andere Art versuchen müsste, ihr näher zu kommen. Hierbei kam mir zupass, dass Elfriede bei uns wohnte, weil sie aus dem Emsland kam, und dass meine Eltern nicht den ganzen Tag zu Hause waren. Meine Mutter arbeitete als Telefonistin in der Fabrik und mein Vater ging seinen Pflichten als Arbeitsdirektor nach.

Elfriede war eigentlich nach dem Mittagessen mit ihrer Hausarbeit fertig und machte am Nachmittag höchstens noch etwas Handarbeit. So konnte ich für jeden Nachmittag eine gemeinsame Sportstunde einführen. Die begann zunächst mit Kniebeugen und Liegestützen, die jeder für sich machte, führte aber bald zu Übungen mit dem gegenseitigen Wiegen oder dem gleichzeitigen Aufstehen vom Boden, wenn wir uns auf dem Boden gegenübersaßen und die Füße gegeneinander gestemmt hatten und uns mit den Händen festhielten.

Nach diesen sehr harmlosen Anfängen, bei denen ich Elfriedes Interesse für dieses gemeinsame Spiel weckte und ihr Vertrauen gewann, gelang es mir bald, Elfriede zu Ringkämpfen zu überreden. Elfriede, die sehr kräftig war, fasste die Sache sportlich auf und besiegte mich am Anfang mehrere Male, da ich mich passiv verhielt. Da sie mich aber so unbefangen angriff, wie es für eine erfolgreiche Kampfführung gerade nötig war, begann ich auch, überall an ihrem Körper hinzugreifen, wo es mir aus sexuellen und aus sportlichen Gründen gerade gewinnbringend erschien, was Elfriede auch anstandslos geschehen ließ.

Allerdings konnte ich mit den erstrebten Zonen noch nicht in direkten Kontakt kommen, weil zu viel Wäsche dazwischen war. Und so setzte ich durch, dass im Turnzeug Sport gemacht wurde. Jetzt rutschten mir die Hände allerdings sehr häufig aus und kamen mit den Brüsten und sogar mit der feuchten Stelle zwischen den Schenkeln in Berührung. Einmal rutschte mein Finger schließlich in diese feuchte Stelle hinein und blieb darin stecken. Und dann ergab sich alles andere ganz von selbst. Elfriede benahm sich so selbstverständlich, als wenn wir noch weiter den Ringkampf machten, und machte mich mit ihrer trägen schweren Sinnlichkeit unendlich glücklich.

Man hätte annehmen können, dass ich jetzt nach meinen Wünschen hätte weiter verfahren dürfen. Das war aber nicht der Fall; denn Elfriede nahm die Kontingentierung der Angelegenheit jetzt selbst in die Hand und sagte mir, dass sie in Zukunft nur damit einverstanden sei, wenn sie im Turnzeug zur Sportstunde käme. Das aber geschah nur noch einmal! Und als ich dann versuchte, die Kleiderfrage auf meine Weise zu lösen, indem ich ihr die Kleider auszuziehen versuchte, gab sie mir eine so gewaltige Ohrfeige, dass ich kampfunfähig war und von meinen Eigenmächtigkeiten für alle Zukunft geheilt war.

Elfriede verließ dann auch bald unser Haus, um im Emsland zu heiraten und viele kleine Wendenkinder zur Welt zu bringen. Ich aber hatte nach Anne meinen zweiten Verlust einer (wie sich jetzt herausstellte) geliebten Bezugsperson zu verschmerzen. Und ich suchte mir keinen Ersatz. Ich lebte die folgenden Jahre keusch bis zur Sexualneurose und vereinsamte mehr und mehr.

Aus dem Leben eines Liebhabers

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