Читать книгу Geburtstage sind noch lange kein Grund, älter zu werden - Janna Hagedorn - Страница 12
Ich will so bleiben, wie ich bin?
Оглавление»Ich will so bleiben, wie ich bin«, trällerte es Mitte der Achtziger gut gelaunt in Margarine-Werbespots, und aus dem Off tönte gleich darauf ein verheißungsvoll gerauntes »Du darfst!«. Sicherlich war ich nicht die Einzige, die damals jung und beeinflussbar war und diese strenge Stimme aus dem TV verinnerlichte. Die Stimme, die mir sagte, was ich durfte, was nicht – und was das mit meinem Körpergewicht zu tun hatte. Wenn ich nur schlank genug war, so versprach sie, dann durfte ich so einiges: mich wohl fühlen in meiner Haut, kurze Röcke mit blauen Sternchen tragen, vielleicht sogar selbstbewusst genug sein, bei der samstäglichen Teenie-Disco den Jungen, der mir so gut gefiel, anzusprechen.
Zeigte die Digitalanzeige der Badezimmerwaage aber mehr an als 58 oder – Gott bewahre! – sechzig Kilo, dann folgte die Selbstbestrafung auf dem Fuß. Mit »Sieben-Tage-Körnerkur« aus dem Reformhaus und Tanzverbot in eigener Sache.
Wenn ich daran denke, wird mir heute noch schlecht. Nicht nur wegen der Erinnerung an den Geschmack ungewürzten Buchweizens. Ständig und überall rechtfertigte ich mich für meinen Körper, beim Sport vor meinen Freundinnen, beim keuschen Knutschen mit meinem ersten Freund (»Ich hab eigentlich gar kein Bäuchlein, ich hab nur gerade Pizza gegessen«) und sogar vor den Fachverkäuferinnen in der Young-Fashion-Abteilung. Nein, eine Essstörung im engeren Sinne hatte ich nie. Nur dass ich die Jahre von 14 bis zwanzig keinen Abend ins Bett ging, ohne genau aufzählen zu können, was und vor allem wie viel zu viel ich gegessen hatte. Inklusive Kalorienangaben.