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Siebzehnter Brief.
Gegenantwort.

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Inhaltsverzeichnis

Ihr Brief dauert mich; es ist das erste Mal, daß Sie ohne allen Verstand geschrieben haben.

Ich kränke also Ihre Ehre, für die ich tausend Mal mein Leben geben würde? Ich kränke also deine Ehre, Undankbarer, der du mich bereit gesehen hast, dir die meinige zu opfern? Wo ist sie denn diese Ehre, die ich kränke? Sage mir's doch, niedrige Seele, Herz ohne Zartgefühl! Ach! wie bist du verächtlich, wenn du nur eine Ehre hast, von der Julie nichts weiß! Wie? Die, welche ihr Schicksal theilen wollen, sollten nicht ihr Gut zu theilen wagen, und Der, welcher Metier davon macht, mein zu sein, findet sich beschimpft durch meine Gaben? Und seit wann ist es eine Gemeinheit, von Dem etwas anzunehmen, den man liebt? Seit wann entehrt das, was das Herz giebt, das Herz, welches es annimmt? Aber man verachtet einen Menschen, der von einem Anderen annimmt; man verachtet Den, dessen Bedürfnisse sein Vermögen übersteigen. Und wer verachtet ihn? Gemeine Seelen, welche die Ehre in den Reichthum setzen und die Tugenden nach dem Gewicht des Goldes wägen. Baut auch ein braver Mann auf so elende Grundsätze seine Ehre? Und ist nicht das Vorurtheil des Vernünftigen sogar zu Gunsten des Aermeren?

Ohne Zweifel giebt es verächtliche Geschenke, die ein Ehrenmann nicht annehmen kann; aber merken Sie, daß solche nicht weniger die Hand entehren, welche sie giebt, und daß ein Geschenk, welches sich mit Ehren machen läßt, stets mit Ehren anzunehmen ist; und fürwahr, mein Herz macht mir wegen dieses Geschenks keinen Vorwurf; es ist vielmehr stolz darauf. [Sie hat Recht. An dem geheimen Beweggrund zu diesem Reiseplan sieht man, daß Geld niemals ehrenhafter angewendet worden. Schade nur, daß diese Anwendung nicht bessere Frucht getragen.] Ich wüßte nichts Verächtlicheres als einen Mann, dessen Herz und Mühwaltung man kauft, außer etwa das Weib, welches so kauft: aber unter zwei verbundenen Herzen ist die Gemeinschaft der Güter Recht und Pflicht; und wenn ich mich noch im Rückstand befinde mit dem, was ich mehr habe als Sie, nehme ich ohne Bedenken das an, was ich zurückbehalte, und habe von Ihnen, was ich Ihnen nicht gegeben habe. Ach! wenn die Gaben der Liebe zur Last fallen, welches Herz kann dann je erkenntlich sein?

Fürchten Sie vielleicht, daß ich mir entziehe, was ich Ihnen mittheile? Ich will Ihnen von dem Gegentheil einen unwiderleglichen Beweis geben. Die Börse, welche ich Ihnen wieder sende, enthält das Doppelte von dem, was zuerst darin war, und wenn ich wollte, könnte ich noch einmal verdoppeln. Mein Vater giebt mir zu dem, was ich brauche, ein Jahrgeld, das freilich nur gering ist, aber das ich nie an zurühren brauche, so sehr sorgt meine Mutter für Alles, gar nicht zu rechnen, daß mein Sticken und Spitzenklöpfeln und zwar jedes allein hinreichen würde, mich in Stand zu halten. Es ist wahr, daß ich nicht immer so reich gewesen bin: der sorgenvolle Zustand, in den mich eine unselige Leidenschaft versetzt hat, ist Schuld, daß ich Manches vernachlässigte, wozu ich sonst meine Überschüsse anzuwenden pflegte: ein Grund mehr, sie so zu verwenden, wie ich thue: Sie müssen gedemüthigt werden zur Strafe für das Leid, das Sie mir zugefügt haben, und die Liebe soll die Schuld büßen, zu welcher sie verleitet.

Doch zur Hauptsache. Sie sagen, die Ehre verbiete Ihnen, Geschenke von mir anzunehmen. Wenn das ist, so habe ich nichts weiter zu sagen und ich gebe Ihnen vollkommen Recht, daß Sie streng darauf halten müssen. Wenn Sie mir das also beweisen können, so thun Sie es klar, unwiderleglich und ohne Spitzfindigkeiten; denn Sie wissen, daß ich die Sophistereien nicht leiden kann. Sie können mir dann die Börse wiedergeben, ich nehme sie zurück, ohne mich zu beklagen, und es soll nicht weiter die Rede davon sein.

Aber da ich weder silbenstecherische Leute noch den falschen Point d'Honneur liebe, so sage ich Ihnen: wenn Sie mir das Kästchen noch einmal ohne Rechtfertigung zurückschicken oder wenn Ihre Rechtfertigung nichts taugt, so sehen wir uns nicht wieder. Adieu; merken Sie sich's.

Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe)

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