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2.2.3.2. Kasus

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Zwar versucht Weiland Grammatikregeln ‚aus der Sprache‘ abzuleiten, er unterscheidet dennoch neben dem Nominativ drei Kasus, die er u.a. mit den folgenden Paradigmen zusammenfasst:

Sing.

Mask. Fem. Neutr.
(‚Das schöne Tintenfass‘) (‚Die breite Tür‘) (‚Das dicke Buch‘)
1. De schoone inktkoker, De breede deur, Het dikke boek,
2. Des schoonen inktkokers Der breede deur, Des dikken boeks,
3. Den schoonen inktkoker De, der breede deur, Den dikken boeke, het dikke boek,
4. Den schoonen inktkoker. De breede deur. Het dikke boek.

Plur.

Mask. Fem. Neutr.
1. De schoone inktkokers, De breede deuren, De dikke boeken,
2. Der schoone inktkokers De breede deuren, Der dikke boeken,
3. Den schoonen inktkokers, De, der breede deuren, Den dikken boeken,
4. De schoone inktkokers. De breede deuren. De dikke boeken.

Sing.

Mask. Fem. Neutr.
(‚Ein hoher Berg‘) (‚Eine klare Wahrheit‘) (‚Ein klares Licht‘)
1. Een hooge berg, Eene klare waarheid, Een helder licht,
2. Eens hoogen bergs, Eener klare waarheid, Eens helderen lichts,
3. Eenen hoogen berg, Eener, eene klare waarheid, Eenen helderen lichte, een helder licht
4. Eenen hoogen berg, Eene klare waarheid, Een helder licht,

Die Ausführungen zum Kasus sind wohl als Wiedergabe von, in Weilands Worten, früher ‚festgelegten‘, d.h. vermeintlich systeminhärenten Sprachgesetzen zu deuten. Sie stehen somit im Spannungsfeld der gegensätzlichen aufeinander einwirkenden Kräfte des angenommenen Sprachsystems der Schriftsprache und dem natürlichen Sprachgebrauch. Wie zuvor schon Lambert ten Kate 1723 berücksichtigt Weiland in seiner Darstellung des Kasus zudem die Stilebene, ein nicht unproblematisches Konzept, das hier nicht weiter zu erörtern ist. So könne man im ‚gewöhnlichen Schreibstil‘ die Präposition van (‚von‘) an Stelle eines Genitivs verwenden, so van in eene teekening van Rubbens (‚eine Zeichnung von Rubens‘). Im ‚gehobenen Stil‘ hingegen sagt man Davids psalmen (‚die Psalmen Davids‘). Sodann könne man sich mit Hilfe des Kasus kürzer und treffender ausdrücken: an Stelle von de zoon, dien de veldoverste geteeld heeft (‚der Sohn, den der Oberstleutnant gezeugt hat‘) reiche es de zoon des veldoversten (‚der Sohn des Oberstleutnants‘) zu schreiben; eine solche Beweisführung überzeugt übrigens nicht, denn auch die fast gleich kurze Wortgruppe de zoon van de veldoverste wäre möglich.

Nicht nur Schriftsteller, sondern auch Verfasser von wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Zeitungsaufsätzen, amtlichen Stücken, Briefen und Vorlagen für Predigten oder öffentliche Ansprachen verwendeten mit Vorliebe feierliche Genitivformen. Zu den unzählbaren Beispielen dieses Genitivs in belletristischen Texten gehören De hitte des vuurs (‚die Hitze des Feuers‘) und het tedere hart des vaders (‚das zarte Herz des Vaters‘) in Jacobus Bellamys zitierter Kurzgeschichte (2.3.2.1.). Beispiele der Verwendung dieses gravitätischen Genitivs durch einen Journalisten sind der verdedigers und des vaderlands in de krijgsdeugd der verdedigers des vaderlands (‚die Kriegstugend der Verteidiger des Vaterlandes‘ OHC). Allerdings meidet der Verfasser im gleichen Text Umschreibungen mit Präposition nicht, vgl. van (‚von‘) in den moed van den prins van Oranje (‚den Mut des Prinzen von Oranien‘ OHC). Die im gleichen Artikel zitierte Rede des Prinzen (OHC) zeugt von der Verwendung des Genitivs in feierlichen Ansprachen, vgl. des vijands in de nabijheid des vijands (‚die Nähe des Feindes‘), afstands in op twee uren afstands van Brussel (‚in einer Distanz von zwei Stunden von Brüssel‘) oder zijner in den intogt zijner hoofdstad (‚den Einmarsch in seine Hauptstadt‘). Bezeichnenderweise enthält der zitierte Brief eines flämischen Soldaten (vgl. 2.3.3.2.) dagegen keine einzige Genitivform.

Im ‚vornehmen Stil‘ rät Weiland zur Verwendung von Reflexivpronomina wie dewelk (‚welcher‘), hetwelk (‚welches‘) und welk (‚welch‘) an Stelle vom ‚gemeinen‘ die (‚der‘, ‚die‘) oder dat (‚das‘). Von der Beliebheit dieser von vielen Grammatikern empfohlenen, aber unnatürlichen, häufig auch flektierten Pronomina zeugt ein willkürlich ausgewählter Zeitungsartikel zur Huldigung König Wilhelms I. (vgl. 2.5.1.1.). Der Text enthält die Reflexiva het welk in dit verlangen, het welk (‚diese Sehnsucht, welche‘) sowie welke in Deze optogt welke (‚Dieser Festzug, welcher‘) und in Deze dag, welke (‚Dieser Tag, welcher‘). Die im gesprochenen Niederländischen gebräuchlichen, nicht deklinierten Reflexiva die und wie, die sich auf Substantive des Genus commune Sing. oder Plur. sowie dat und wat, die sich auf Neutra beziehen, sucht man in diesem kleinen Aufsatz vergeblich.

Um Doppeldeutigkeiten zu vermeiden, befürwortet Weiland den Gebrauch von flektierten Pronomina wie deszelfs (‚dessen‘), derzelven (‚deren‘). u.ä., die dem jeweiligen Kasus entsprechen. Als eines der Beispiele dazu führt er den Satz De krijgsoversten gaven den soldaten vrijheid, derzelver vrouwen mede te voeren, (niet hunne) an (‚Die Generäle erlaubten den Soldaten die ihrigen Frauen mitzuführen, [nicht ihre]‘); derzelver vrouwen bezeichnet die Frauen der Soldaten und nicht die der Generäle. Ähnlich wäre deszelfs nötig, um Ambuguität zu vermeiden im Satz hij, die God lief heeft, houdt deszelfs geboden (‚er, der Gott lieb hat, beachtet dessen Gebote‘), denn zijne (‚seine‘) hätte man auf das Subjekt hij (‚er‘) beziehen können. Dass die Beachtung des Kontextes ausreicht, um derartigen Missverständnissen zuvorzukommen, überlegt sich der Verfasser nicht. Ausgefallene Empfehlungen wie Weilands Bemerkungen zu hetwelk, dewelke, derzelven, deszelfs u.ä. förderten die vielfache Verwendung archaischer Reflexiva und Pronomina in der Schriftsprache, die Kluft zum spontan gesprochenen Niederländischen vertiefte sich.

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