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Neun

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Sein Haus lag ganz schön abgeschieden. Erst wollte ich schon umdrehen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass er in einer so abgelegenen Siedlung lebte. Das passte einfach vorne und hinten nicht. Die Häuser hier wurden durch lange Einfahrtswege gesäumt und die Grundstücke durch Bäume und Tannen getrennt, so dass der eine dem anderen nicht auf den Teller gucken konnte. Ich überprüfte mehrere Male die Adresse, die er mir gegeben hatte, schien aber auf dem richtigen Weg zu sein. Und als ich dann einen schwarzen Sportwagen auf der Einfahrt stehen sah, war ich mir sicher, richtig zu sein. Mit meinem klapprigen Auto kam ich mir ganz schön komisch vor und parkte etwas weiter abseits von Haupteingang. Mit offenem Mund stieg ich aus und schaute direkt auf das riesige Haus. Es war aus hellem Holz und wirkte mehr wie ein Urlaubsdomizil als ein dauerhafter Wohnsitz. Es war von Bäumen umgeben, so dass man erahnen konnte, dass nach hinten raus kaum mehr als Wald zu sehen war. Die Sonne strahlte und beschien direkt den kleinen Palast. Riesige Fensterfronten umsäumten die Seite mit der Eingangstür und ich vermutete, dass er mich direkt kommen sah. Also schloss ich meinen staunenden Mund schnell wieder, um nicht ganz so beeindruckt drein zu schauen. Unter meinen Sandalen knirschte der Kies und ich ging zögernd auf den Eingang zu. Ein unglaublich schönes Haus, dachte ich mir und war gespannt, wie es wohl von innen aussah. An der Tür befand sich keine Klingel, also klopfte ich nachdrücklich gegen die Tür. Der Eingangsbereich war herrlich hergerichtet. Zwei Blumentöpfe, die mit Efeu bepflanzt wurden und anmutig die Wände neben der Haustür hinauf rankten. Irgendwer gab sich hier besonders Mühe mit dem äußeren Erscheinungsbild. Wenn John angeblich so knapp bei Kasse war, wie konnte er sich all das hier leisten, dachte ich, während die Tür geöffnet wurde und John mir strahlend entgegenblickte. „Emily, da bist du ja. Komm rein.“ Er trat einen Schritt beiseite und gewährte mir Einlass. Freundlich lächelnd trat ich an ihm vorbei und blieb in einem hellerleuchteten Flur stehen, von dem ich so ziemlich alles im Haus sehen konnte. Holz soweit das Auge reichte. Hinter mir schloss John die Tür. „Hast du gut hergefunden?“

„Ich war mir erst nicht sicher, dass du wirklich hier wohnst“, gestand ich.

„Und warum nicht?“ Er ging an mir vorbei in Richtung Wohnbereich. Das einzige, was den Flur vom Rest des Hauses trennte waren zwei Stufen, die in den Wohnbereich führten.

„Weiß nicht. Hätte dich eher so eingeschätzt, dass du mitten in der Stadt wohnst. Da wo das Leben spielt und nicht da, wo es eher total ruhig ist.“ Zurückhaltend folgte ich ihm und legte meine Umhängetasche auf dem Küchentresen ab, der direkt auf der linken Seite des großes Raumes stand.

„Du magst es nicht glauben, aber ich liebe die Ruhe hier draußen. Wenn ich Stadtleben will, dann kann ich bei Freunden übernachten. Aber so eine Ruhe wie hier findet man in der Stadt nicht.“ Er lehnte sich am Tresen an und beobachtete mich. „Möchtest du was trinken? Ein Wasser vielleicht?“

Ich nickte und sah mich weiter um. „Hast du keine Angst vor fiesen Einbrechern oder so? Du weißt schon, man würde dich hier nicht schreien hören, so wie man es aus Horrorfilmen kennt.“

„Also erstens denke ich, dass diese Horrorfilme dir eine verquere Sicht auf das Landleben vorgaukeln und zweitens habe ich eine Alarmanlage und mehrere Sicherheitsvorkehrungen in diesem Haus getroffen.“

„Na klar hast du“, murmelte ich, während ich mich weiter umschaute. Die Küche war mit viel Liebe eingerichtet. Die Kücheninsel war in einem zarten Weiß gehalten, die Küchenplatte in ebenso hellem Holz wie die Wände und der Fußboden im gesamten Haus. Die Landhausküche war wunderschön und genau nach meinem Geschmack. Hier und da wurden ein paar Akzente gesetzt. Die zwei Fenster über dem Küchentresen waren in einem gemütlichen Altweiß gestrichen und sahen nicht gerade günstig aus. Mein Blick wanderte Richtung Wohnzimmer.

Neben mir lachte John. „Na los, schau dich ruhig um.“ Fragend sah ich ihn an und er nickte mir zustimmend zu. Das Wohnzimmer wurde mit einem riesigen Sofa abgetrennt. Auch das war in einem warmen Weißton. Auf der Eckcouch fanden mit Sicherheit zehn Leute Platz. An der Wand thronte ein Flachbildschirm, der größer als mein Bett in meiner Wohnung war. Ich traute mich kaum etwas anzufassen, weil alles so elegant und teuer wirkte, dass ich Angst hatte, irgendwas kaputt zu machen. Am Rande des Wohnzimmers stand eine Vitrine mit scheinbar sehr kostbarem Geschirr. Der Rest des Raumes diente als Esszimmer. Ein Eichentisch mit zehn Stühlen war der absolute Hingucker. Auf der anderen Seite des Raumes erstreckte sich eine Treppe und am liebsten wäre ich nach oben gestürmt, um mich auch dort umzusehen. John kam mit einem Glas Wasser auf mich zu und reichte es mir. Dankend nahm ich es entgegen und trank einen Schluck. Das Ganze hier war einfach alles zu viel und dieses Haus machte es nicht gerade leichter für mich. Es schien mir so unwirklich, so unmöglich. Das war nicht meine Welt und plötzlich war sie es doch.

„Und? Wie gefällt es dir?“, fragte er und bedeutete mir, mich auf die Couch zu setzen.

„Es ist ein traumhaftes Haus, John.“ Noch während ich mich umsah, setzte ich mich vorsichtig auf die Couch. John hingegen ließ sich drauffallen und legte lässig einen Arm auf die Rückenlehne, den Körper in meine Richtung gewandt.

„Mich wundert es allerdings“, begann ich.

„Was wundert dich?“

„Dass du angeblich knapp bei Kasse bist, aber wenn ich das hier so sehe, dann scheint mir das Gegenteil der Fall zu sein. Alleine die Putzfrau, die hier mit Sicherheit einmal am Tag aufschlägt und der Gärtner …“

„Ich glaube, ich muss da mal was klarstellen“, sagte er und lachte, als wäre ich eine Schülerin, die noch einiges zu lernen hatte. „Hier kommt weder eine Putzfrau noch ein Gärtner.“

„Und wer hilft dir hier dann?“

„Niemand.“

„Du willst damit sagen, dass du das hier allein in Schuss hältst?“ Ungläubig blinzelte ich und stellte mein Wasserglas auf den Couchtisch, der ebenfalls aus teurem Eichenholz gefertigt war.

„Jap.“

„Ehrlich?“

„Na sicher. Du scheinst mir nicht viel zu zutrauen.“

„Zwing mich bitte nicht drauf etwas zu sagen.“ Wieder schaute ich mich um und konnte nicht glauben, dass er das Haus alleine so führte. „Ich muss sagen, ich bin sehr überrascht.“

„Ich mag es eben, in einem sauberen Zuhause zu wohnen. Weniger cool finde ich es, wenn jemand in meinen Sachen rumwühlt, was Putzfrauen ja zwangsläufig tun. Früher hatten wir eine, als ich noch daheim wohnte, aber das fand ich immer schrecklich. Und den Garten … auch da habe ich es gerne ordentlich. Ist sozusagen ein Hobby von mir“, erklärte er und schaute mich eindringlich durch seine braunen Augen an. „Okay, also ich würde sagen, dass wir einfach anfangen uns gegenseitig ein bisschen was über uns zu erzählen. Immerhin muss ich ja noch einiges über dich wissen.“ John sah mich auffordernd an, doch mir war nicht wohl bei dem Ganzen. Als er merkte, dass ich keine Ahnung hatte, was ich nun von mir erzählen sollte, hakte er nach. „Was ist zum Beispiel deine Lieblingsfarbe, dein Lieblingsessen und so weiter. Erzähl einfach ein bisschen über dich.“ Ich seufzte und schaute auf meine Finger. Was sollte ich großartig von mir erzählen? Mit der Pistole auf der Brust würde mir ohnehin nichts einfallen. „Es tut mir leid, aber ich habe keine Ahnung.“

John furchte die Stirn. „Wie du hast keine Ahnung? Wie kannst du deine Lieblingsfarbe nicht wissen oder was du gerne isst?“

„Ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Das ist doch bescheuert. Du wirst dir das Ganze sowieso nicht merken können. Am besten ist, ich schicke dir eine Mail mit einem Steckbrief.“

„Eine Mail mit einem Steckbrief? Hör mal“, John kam etwas näher herangerückt wie ein Vertrauenslehrer in der Schule, „wenn das hier funktionieren soll, dann musst du da auch mitmachen. Wir müssen an einem Strang ziehen. Und jetzt sitzen wir hier, um uns besser kennenzulernen. Was dachtest du denn, wie das ablaufen würde?“

„Na, wenn das schon so echt wie möglich sein soll, dann solltest du auch so echt wie möglich versuchen mich kennenzulernen. Tut mir leid, John, aber ich fühle mich nicht gut dabei, hier wie in einer Quizshow meine Lieblingssachen runterzurasseln.“

„Aber du hast dich gut gefühlt, als du das Geld angenommen hast.“ Herausfordernd funkelte er mich an. Trotzig reckte ich mein Kinn vor und kam ihm ebenso ein Stückchen näher. „Nein, da habe ich mich alles andere als wohl bei gefühlt, denn du hast ja mit dem Geld vor meiner Nase gewedelt, als wäre das ein Flyer aus einem Supermarkt!“

John seufzte laut und ließ sich erschöpft auf dem Sofa zurückfallen. „Das funktioniert so nicht.“

„Natürlich nicht“, stimmte ich ihm zu. Er sah überhaupt nicht glücklich aus mit der Situation und irgendwie tat er mir auch leid. Aber es fragte ja auch keiner, wie es mir ging und außerdem war das Ganze hier schließlich seine Idee gewesen. Jetzt musste er damit leben, dass ich vielleicht doch nicht die Richtige war, aber immerhin hatte ich unterschrieben und war nun im Besitz von 10.000 Dollar. So richtig anfreunden konnte ich mich mit dem Geld allerdings noch nicht. Wie ein Schatz hatte ich den Umschlag unter meinem Kopfkissen versteckt und mich elend gefühlt. Es war kein ehrlich verdientes Geld und das machte mich wahnsinnig. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr, so sehr ich es mir auch immer wieder wünschte.

John rieb sich die Stirn und dachte nach. Dann sah er mich an, wesentlich versöhnlicher als vorher. „Wir müssen das hier irgendwie geregelt kriegen, so schwer das auch für uns sein mag.“

„Für mich ja wohl mehr, als für dich.“

„Wenigstens habe ich jetzt schon etwas über dich in Erfahrung gebracht“, sagte er murrend, bevor er einen Schluck aus seinem Glas trank.

„Ach ja? Und das wäre?“

„Du bist eine ganz schöne Zicke und musst wirklich immer das letzte Wort haben.“

Angespannt verschränkte ich die Arme vor der Brust und wollte etwas sagen, aber dann würde ich ihm nur Recht geben und das wollte ich nicht. Daher presste ich die Lippen fest zusammen.

John musterte mich und schloss kurz die Augen. „Na gut, sag, was du sagen willst. Ich sehe doch wie sehr es dich quält.“

„Ich bin ganz bestimmt keine Zicke. Du veranlasst mich nur dazu Dinge zu sagen und zu machen, die nicht sehr höflich sind. Ganz alleine aus dem Grund, dass du ein selbstgefälliger, aufgeblasener …“

„Schon gut, ich habe verstanden.“ John hob resigniert die Hände und schnaubte verzweifelt.

Auch ich atmete einmal tief durch. Das Ganze hier führte zu nichts und ich wollte mich jetzt auch nicht schon wieder mit ihm streiten. „Hör mal“, sagte ich daher in einem wesentlich ruhigeren Ton, „ich meine ja nicht, dass ich dir nichts über mich erzählen will, aber das Problem ist, dass ich mich nicht gut dabei fühle auf die Art, wie wir das machen. Das Ganze hier ist eh schon merkwürdig und dir dann noch Sachen zu erzählen als würde ich meinen Steckbrief vorlesen, erscheint mir einfach nicht richtig. Auch wenn wir es nicht wollen, sollten wir versuchen uns wirklich aufrichtig kennenzulernen.“

„Ich möchte dich wirklich kennenlernen“, meinte John und lächelte endlich wieder.

„Ja, des Geschäfts wegen.“

„Nein … Ja … auch, aber dennoch möchte ich wirklich mehr über dich wissen.“

„Gut, aber dann würde ich dich bitten, dir meinen Vorschlag zur Güte anzuhören.“ Ich setzte mich etwas aufrechter hin.

„Das mit dem Steckbrief per Mail war wirklich ernst gemeint. Ich meine, ob ich dir nun meinen Geburtstag mitteile, oder nicht, du würdest ihn ohnehin vergessen. So hättest du im Notfall alles Wichtige über mich zusammengefasst. Lieblingsessen, Sternzeichen, Hobbys und so weiter. Die Grundinformationen eben. Und alles andere würde ich gerne auf die ganz konventionelle Art über dich herausfinden. Vielleicht indem wir irgendetwas unternehmen, oder so. Aber nicht hier von Angesicht von Angesicht. Das kann ich einfach nicht. Das bin nicht ich, verstehst du?“

Johns Lächeln wurde zu einem versöhnlichen Grinsen. „In Ordnung. Schick mir das Wichtigste über dich und lass uns versuchen, uns auf diese Art kennenzulernen, wie du es vorgeschlagen hast. Wie hast du denn deine Partner bisher besser kennengelernt?“ Er lehnte sich zurück und bedachte mich mit fragendem Blick. Etwas ungeschickt gluckste ich rum. Ich hatte lange kein Date mehr gehabt und an sowas wie Liebe auf den ersten Blick glaubte ich sowieso nicht. Daher zuckte ich die Achseln und schaute auf meine Finger. „Keine Ahnung. Ist länger her. Und du?“

John dachte einen Moment nach. „Ich koche gerne für die Frauen, die ich zu mir einlade.“

„Ach kochen kannst du also auch? Was für eine Überraschung.“

„Na klar kann ich. Also“, er deutete mit dem Finger in die Küche hinter sich, „soll ich uns was zum Mittag kochen? Dabei können wir reden, du kannst dich hier umsehen, was immer du willst.“

Wehmütig presste ich meine Lippen zusammen. Natürlich war es gut, dass er auf meinen Vorschlag einging und ich war ihm sehr dankbar dafür, allerdings hatten wir heute einen so schlechten Start, dass ich Schwierigkeiten hatte wieder aus mir herauszukommen. Ich könnte jetzt nicht einfach so tun, als wäre dieses Streitgespräch eben nicht passiert. Daher brauchte ich einen kleinen Cut. „Wäre es in Ordnung, wenn wir das auf morgen verschieben? Ich … ich bin einfach noch so durcheinander und das Ganze hier“, ich machte eine ausladende Geste, um das Haus zusammenzufassen, „ist einfach alles ein bisschen viel. Gib mir bitte noch ein paar Stunden, um das alles zu verdauen und dann fangen wir ab morgen richtig an uns kennenzulernen. Ohne, dass wir uns aushorchen wie bei einem Verhör im Polizeirevier.“

John atmete laut aus, nickte aber wenig später. „Okay. Aber dann sollten wir wirklich zusehen, dass wir anfangen. Ich verstehe das, dass du noch etwas Zeit brauchst. Du sollst sie kriegen. Und morgen kommst du am besten wieder hierher und ich koche wirklich was für uns.“

Dankbar nickte ich. „Morgen Abend habe ich frei, dann komme ich am besten am späten Nachmittag wieder?“

„Sehr gut. Was soll ich kochen? Was magst du am liebsten?“ John lächelte freundlich und rang mir ein Lachen ab. „Du gibst nicht auf, oder?“

„Na ja, du wirst die Liebe meines Lebens sein. Ich sollte wenigstens wissen, was ich dir Gutes kochen darf.“ „Überrasch mich. Ich mag alles, was mit Nudeln zu tun hat.“ Ich erhob mich von der Couch.

„Gut, dann wirst du morgen die besten Nudeln essen, die du jemals gegessen hast.“ John erhob sich ebenfalls und wirkte jetzt entspannter. Sein Gesicht war wieder so freundlich, wie an dem Abend, an dem ich ihn im Harrys kennengelernt hatte. Könnte er nicht immer so freundlich schauen, dachte ich im Stillen, während ich meine Tasche schnappte und zur Tür schritt.

„Emily?“, rief John, als ich gerade auf die Holzstufen trat, um zu meinem Wagen zu gehen. Ich drehte mich um. „Ja?“

„Ich bin froh, dass wir uns einigen konnten.“ Ich lächelte schüchtern und antwortete: „Ich schicke dir später eine Mail.“

Liebe kann man (nicht) kaufen

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