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Zehn

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Meine kurze Schicht war einem ruhigen Abend im Restaurant geschuldet. Mechanisch lächelte, nickte, servierte und bediente ich und dachte die ganze Zeit an das vergeigte Treffen mit John. Klar war ich einerseits erleichtert, dass ich nun um 10.000 Dollar reicher und somit meinem Ziel um einiges näher war, aber ein großer Teil in mir schüttelte beständig den Kopf über mich und meine Entscheidung, die ich getroffen hatte. Wie auch immer, rückgängig machen konnte ich es nicht. Schöner wäre es, wenn John es mir leichter machen würde und nicht so ein draufgängerischer Macho wäre. Immer wieder verspürte ich das Verlangen, ihm eins auszuwischen für sein Gehabe, besann mich dann aber wieder, dass ich ihn ja nicht heiraten musste. Hoffentlich! Nach meiner Schicht ging ich träge nach Hause und bereitete mich mental darauf vor, ihm eine Mail zu schreiben mit allen wichtigen Informationen über mich. Nachdem ich mir eine bequeme Leggings angezogen hatte, breitete ich mich an meinem Schreibtisch aus und schrieb in meinen Laptop meinen Steckbrief. Zwischendurch sank jedoch mein Mut und ich wurde wieder angespannt. „Wie dämlich ist das denn“, sagte ich leise in mich hinein und schüttelte den Kopf. Wie sollte das alles jemals funktionieren? Je länger ich darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, wie sehr das alles zum Scheitern verurteilt war. John und ich als Liebespaar, um ihm die Firma zu sichern. Das konnte gar nicht klappen! Wir mochten uns nicht einmal, wie sollten wir dann seinen engsten Vertrauten glaubwürdig verkaufen, dass wir uns liebten? Ich schüttelte den Kopf und dachte wieder an die Geschichte mit meinem versemmelten Theaterstück und den Baum. Dann begann ich zu tippen.

Lebenslauf von Emily Jackson

Lieblingsfarbe: Saisonal abhängig.

Augenfarbe: Je nach Laune. Bei guter Laune normal braun – bei schlechter eher rot.

Geburtstag: 21.02.1995

Gewicht: Darüber spricht man als Frau nicht.

Schuhgröße: Ist meines Erachtens auch nicht so wichtig, aber 38.

Lieblingsessen: Alles, was mit Nudeln zu tun hat.

Traumberuf: Eigentlich Ärztin – aber jetzt sollte ich ja wohl eher besser über Geheimagentin oder Schauspielerin nachdenken.

Lieblingstier: Chamäleons, da diese sich so gut anpassen können. Ich muss zugeben, gerade bin ich sehr neidisch auf diese Tatsache, dass sie ihr Aussehen ändern können.

Hobbys: Tanzen, Lesen, Kino, so tun, als wäre ich jemand anderes seit Neuestem.

Hat Angst vor: unehrlichen Partnerschaften

Trinkt am liebsten: Wein, viel Wein.

Nachdem ich ihm meinen Steckbrief gesendet hatte, saß ich einfach da und starrte auf den Bildschirm. Ich fühlte mich schlecht. Eigentlich wollte ich das Ganze ja ernster nehmen, aber was ich auch tat, es wollte einfach nicht funktionieren. Wenig später kam Lindsay in mein Zimmer und schaute mich argwöhnisch an. „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“

Ich erhob träge meinen Kopf, den ich auf meiner Hand abgestützt hatte und schaute sie an. „Eine riesig große.“

Mit hochgezogenen Brauen trat Lindsey auf mich zu und hockte sich neben mich. Sie fixierte mich wie ein Arzt. „Was hast du ausgefressen, Emily Jackson?“

Es dauerte einen Moment, bis ich ihr berichtete, wie unser Treffen am Mittag verlaufen war. „Na ja und dann war ich heute Abend irgendwie wieder in der Stimmung, ihm eins auswischen zu müssen. Ich weiß auch nicht. Aber er verleitet einen immer wieder dazu. Das war eine blöde Idee, aber ich komme da jetzt nicht mehr raus.“ Traurig schaute ich auf meine Finger, die ich im Schoß gefaltet hatte.

„Oh Ems! Du musst dich echt ein bisschen zusammenreißen.“

„Du hast leicht reden. Immerhin spiele ich die Geliebte eines Wildfremden!“

Sie nickte und legte mir eine Hand auf mein Knie. „Das verstehe ich auch. Aber über den kritischen Punkt musst du langsam hinaus sein und anfangen das Ganze mitzumachen. Du hast unterschrieben, du hast die Kohle, also tu auch was dafür.“

„Ai, ai Captain“, sagte ich im Scherz und salutierte vor ihr.

„Ich meine das ernst, Emily. Je besser es läuft, desto schneller bist du ihn wieder los und umso eher können wir hier alles hinter uns lassen.“

Seufzend legte ich meine Hand auf ihre. „Ich weiß. Es ist nur so schwer aus sich herauszukommen. Du kennst mich. Ich bin halt ein schüchternes Wesen.“

„Du bist verkrampft und extrem verklemmt“, verbesserte mich meine Freundin und kassierte dafür einen geschockten Blick. „Hör auf so zu gucken, es ist nun mal so.“ Sie lächelte zaghaft. „Kann ich die Mail mal sehen?“

Wiederwillig zeigte ich sie ihr. Nachdem sie sie überflogen hatte, schaute sie mich entrüstet an. „Mhhh …“ machte sie dann. „Du solltest ihm erneut eine Mail schreiben und zeigen, dass du das Ganze ernster nehmen willst. Hat er schon geantwortet?“

Ich schüttelte den Kopf.

„Gut. Dann nutze die Chance. Vielleicht ist er gar nicht so ein schlechter Kerl, wie du denkst. Mach bei seinem Spiel mit. Du bist nicht auf den Kopf gefallen, du wirst das gut machen. Komm ihm ein bisschen entgegen, dann wird das auch für dich einfacher.“

Nachgiebig nickte ich. „Du hast Recht. Bislang bin ich sehr verkrampft daran gegangen. Er macht es mir aber auch so schwer ihn zu mögen. Er ist so arrogant und so herrisch und so … so …“

„Heiß!“, schnitt mir Lindsay das Wort ab.

„Ja das auch, aber dennoch ist er …“

„Ja, ich weiß. Nun schreib ihm einen neuen Steckbrief und treffe dich morgen nochmal mit ihm. Du schaffst das. Halte dir immer dein Ziel vor Augen und dann wird alles leichter.“ Lindsay tätschelte mir die Schulter und lächelte zuversichtlich. Unglaublich wie gelassen sie mit diesem Thema umging. Aber sie musste ja auch nicht die Geliebte von John Wickam spielen.

„Okay, ich schreibe ihm nochmal.“

„Braves Mädchen. Und danach erwarte ich dich gut gelaunt im Wohnzimmer. Ich baue schon mal die Tanzmatte auf.“ Sie grinste voller Freude.

„Du willst jetzt noch tanzen?“, fragte ich ungläubig.

Ausladend nickte sie. „Oh ja, das will ich. Komm schon, das haben wir lange nicht gemacht. Wir powern uns ein bisschen aus, und dann kannst du auch wenigstens erschöpft ins Bett fallen.“

Sie stupste mich mit dem Finger immer wieder gegen die Schulter, bis ich endlich Ja sagte.

„Sehr schön. Ich erwarte dich in zwanzig Minuten“, flötete sie, während sie mein Zimmer verließ.

„Abgemacht“, sagte ich und konzentrierte mich auf eine neue Mail an John.

Steckbrief von Emily Jackson

Zu meiner Person: Ich bin am 21.02.1995 in Silver Lake geboren. Mein Leben verlief ganz normal, ohne irgendwelche schlimmen Vorkommnisse. Mit meinen Eltern verstehe ich mich ganz gut, habe es aber auch nicht schlimm gefunden von Zuhause wegzuziehen. Unser Verhältnis zueinander ist eher angespannt, wenn es darum geht, meine Zukunft zu planen. Da fällt mir ein, ich sollte mich mal wieder bei ihnen melden. Meine Schule habe ich mit guten Noten beendet. Meine Zukunft war mir schon immer sehr wichtig – vor allem in Bezug auf das Medizinstudium. Mein Wunsch war es schon immer Ärztin zu werden, um anderen Menschen helfen zu können. In meiner Freizeit widme ich mich vielen verschiedenen Dingen. Lindsay – meine beste Freundin seit Kindertagen – ist oft ein großer Bestandteil meiner freien Zeit. Gemeinsam tanzen wir unheimlich gerne vor dem Fernseher. Du fragst dich sicherlich wie das wohl aussehen muss, aber es handelt sich hier lediglich um eine Tanzmatte mit cooler Musik. Ansonsten verbringe ich meine Zeit gerne draußen in der Natur und liebe lange Spaziergänge. Außerdem liebe ich es ein gutes Buch in den Händen zu halten und viel zu lesen. Diese ruhigen Tage gleiche ich aber vielleicht sogar mal mit Partymachen aus. Das kommt eher selten vor – eher so ein oder wenn ich richtig wild bin zwei Mal im Monat vor. Kommt immer drauf an. In dieser Hinsicht scheinen wir dann tatsächlich eine Gemeinsamkeit zu haben, denn du liebst ja auch das wilde Partyleben. Ich mag sehr gerne Tiere. Hätte gerne selbst welche, aber in unserer kleinen Mini-Wohnung (ja wirklich, du solltest sie sehen, sie ist wirklich klein!) würde das an Tierquälerei grenzen. Ich könnte mir zwar einen Hasen oder eine Maus anschaffen, aber ich würde da lieber einen Hund oder eine Katze sehen. Schildkröten sind nicht so mein Ding, die kann man nämlich nicht wirklich kuscheln. Was ich nicht so gerne mag sind Spinnen, aber wer mag die schon? Schlangen mag ich gar nicht und Gewitter finde ich auch nicht gerade ansprechend, wenn du wissen möchtest, was mir Angst macht.

Ich glaube, das waren jetzt grobe Einblicke, mit denen du was anfangen kannst. Bei Fragen kannst du dich gerne an mich wenden.

Unsicher drückte ich auf Senden. Die Mail klang als wäre ich seine Sekretärin, aber besser bekam ich es nicht hin. Jetzt hoffte ich nur noch, dass er die erste Mail erst gar nicht lesen würde.

„Und? Alles wieder in Ordnung?“, fragte Lindsay, die mir einen heißen Tee in die Hand drückte, als ich ins Wohnzimmer kam. Dankbar nahm ich den Becher entgegen und nickte. „Ja, ich denke schon.“

„Gut, dann vergessen wir für heute Abend mal diese Scharade und tanzen ein bisschen.“ Lindsay kicherte aufgeregt, während sie die Play Station vorbereitete. Diese Tanzspiele waren schon immer unser Ding gewesen. Schon als kleine Mädchen haben wir zu allen möglichen Songs getanzt. Als es dann die ersten Tanz-Spiele auf Konsolen gab, haben wir unser Taschengeld zusammengekratzt und uns komplett ausgerüstet. Bei diesen Spielen machte uns niemand etwas vor. Es war einfach unser Ding, solange wir denken konnten. Die besten Abende hatten wir vor dem Fernseher verbracht und die wildesten Kombinationen getanzt. Neben Party-Tanz-Spielen haben wir beispielsweise auch Zumba getanzt, bis wir alles 1a draufhatten. Aber nicht nur vor der Konsole tanzten wir wie die Besessenen, sondern dachten uns auch unsere eigenen, teils albernen Choreographien aus und tanzten sie, wenn wir es drauf anlegten auch in Clubs. Allerdings versuchten wir das zu vermeiden, da uns am nächsten Tag die Schamesröte ins Gesicht schoss, wenn wir daran dachten, was wir da auf der Tanzfläche veranstaltet hatten. In dem Moment mag es ja noch cool sein und man fühlt sich wie ein Profitänzer, aber jeder weiß, die Realität sieht anders aus. Also versuchten wir unsere Tanzkünste außerhalb zu reduzieren und unsere angestaute Energie im Wohnzimmer auszutoben. Und das taten wir an diesem Abend auch. Wir tanzten wie verrückt. Neben dem vielen Lachen, der Musik und den wilden Tanzschritten rückte die Geschichte mit John endlich mal wieder in den Hintergrund.

Liebe kann man (nicht) kaufen

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