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1. Die Forderung als sonstiges Recht?
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Sehr umstritten ist, ob die Forderung selbst ein sonstiges Recht nach § 823 I ist und somit deliktischen Schutz genießt. Diese Frage wird seit Langem kontrovers diskutiert[3]. Daher hat die Problematik auch für die Examensvorbereitung größere Bedeutung erlangt.
Die Frage, ob die Forderung als „sonstiges Recht“ i. S. d. § 823 I Schutz verdient, zeigt sich in aller Schärfe am Beispiel[4] unseres Falles 1: Der Geschäftsführer G einer inzwischen insolvent gewordenen GmbH verlangt von S Bezahlung einer Forderung an die GmbH, welche G namens der GmbH vor deren Insolvenz bereits an Z abgetreten hat. S zahlt in Unkenntnis der Abtretung an die GmbH. Welche Ansprüche hat Z gegen die Beteiligten?
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1. Gegen die GmbH besteht zwar materiell-rechtlich ein Anspruch des Z aus § 280 I 1, da die GmbH mit der Einziehung der abgetretenen Forderung eine Pflicht aus dem der Abtretung zugrunde liegenden Schuldverhältnis verletzt hat (culpa post contractum finitum)[5]. Die GmbH muss sich die Pflichtverletzung und das Verschulden des G, der die Gesellschaft gemäß § 35 I GmbHG vertritt, nach § 278 S. 1 zurechnen lassen[6], so dass sie die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat, § 280 I 2. Daneben besteht ein Anspruch aus § 816 II, weil die Leistung des S nach § 407 I wirksam war, da S keine Kenntnis von der Abtretung hatte und dieser mithin befreit ist. Außerdem ist ein Anspruch aus §§ 687 II 1, 681 S. 2, 667 begründet, wobei der GmbH das Wissen des G um die Fremdheit des Geschäfts entsprechend § 166 I zugerechnet wird. Ein Anspruch aus § 831 I 1 ist bereits mangels Verrichtungsgehilfenstellung abzulehnen. Im Zusammenhang mit einer Zurechnung analog § 31 wäre zudem an Ansprüche aus § 823 I und § 826[7] zu denken. Jedoch sind all diese Ansprüche wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz der GmbH wirtschaftlich wertlos.
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2. Ein Anspruch des Z gegen G persönlich aus §§ 280 I 1, 311 III scheidet aus, da G als Geschäftsführer der GmbH weder besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen noch ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse an der Einziehung der bereits abgetretenen Forderung hatte[8]. Ferner kommt auch ein Anspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung nach §§ 687 II 1, 681 S. 2, 667 nicht in Betracht. Er scheitert daran, dass G bei der Einziehung der Forderung für die GmbH kein fremdes Geschäft als eigenes behandelt hat, sondern ein Geschäft des Z als Geschäft der GmbH. Schließlich ist ein Anspruch aus § 816 II nicht gegeben, weil nicht an G, sondern an die GmbH eine Leistung bewirkt wurde[9]. Problematisch ist dagegen der Anspruch aus § 823 I. Da kein benanntes Recht i. S. d. § 823 I verletzt worden ist, kommt allein die Verletzung eines sonstigen Rechts in Frage, das freilich gleichfalls absoluten Charakter haben muss. Sonstiges Recht i. S. d. § 823 I könnte hier die Forderung des Z gegen den S sein. Die Verletzungshandlung des G läge dann in der Aufforderung zur Zahlung an den früheren Inhaber. Dies wäre auch rechtswidrig und schuldhaft geschehen. Die vorrangig zu klärende Frage ist jedoch, ob die Forderung als vermeintlicher Inbegriff des relativen Rechts über die Qualifizierung als sonstiges Recht den absoluten Rechten des § 823 I gleichgestellt werden kann. Dieser Schwierigkeit hat man früher entgehen zu können geglaubt, indem man den relativen Charakter der Forderung anerkannt, diesen aber von der „Forderungszuständigkeit“ unterschieden hat[10]. Aber auch wenn die Verletzungshandlung in der Tat der Eingriff in die Zuständigkeit des Gläubigers ist, kann die Forderungszuständigkeit nicht als Objekt der Verletzung angesehen werden[11]. Die Forderung kann nämlich nicht von ihrer Zuständigkeit getrennt werden[12].
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Fraglich ist damit, ob die Forderung selbst als sonstiges Recht eingeordnet werden kann. Das wird von einer im Vordringen befindlichen Auffassung in der Tat angenommen. Dafür spreche insbesondere der Vergleich mit dem Eigentumsvorbehalt[13], bei dem G persönlich nach § 823 I haften würde, wenn er den Eigentumsvorbehalt[14] durch Veräußerung des Vorbehaltsguts missachtete; es sei nicht erklärlich, dass er dann nicht haften solle, wenn er die Forderungen, die beim verlängerten Eigentumsvorbehalt an dessen Stelle treten, unerlaubtermaßen einzieht. Daher sei nicht einzusehen, dass die schuldhafte Einziehung der an dessen Stelle tretenden Forderungen deliktsrechtlich folgenlos bleibe[15]. Entscheidend sei, dass die Forderung die für den deliktsrechtlichen Schutz typische Ausschluss- und Zuweisungsfunktion habe, da sie als Vermögensgegenstand nur ihm und keinem anderen zugewiesen sei[16].
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Die h. M. lehnt den deliktsrechtlichen Schutz von Forderungen indessen ab, da der Inhaber einer Forderung nach § 816 II hinreichend geschützt sei[17]. Dass dies jedoch nicht immer so ist, belegt der vorliegende Fall, in dem der Anspruch aus § 816 II wegen der Insolvenz des Zedenten wirtschaftlich wertlos ist. Gleichwohl geht die h. M. davon aus, dass ein Anspruch aus § 823 I ausscheidet. Bei vorsätzlichem Handeln des G besteht allerdings ein Anspruch des Z aus § 823 II i. V. m. § 263 I StGB (Betrug des G zu Gunsten der GmbH und zu Lasten des Z) und – falls sittenwidriges Verhalten bejaht werden kann[18] – auch aus § 826[19].
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3. Ansprüche gegen S, der durch die Zahlung die Forderung wegen § 407 zum Erlöschen gebracht hat, bestehen dagegen selbst dann nicht, wenn man die Forderung als sonstiges Recht ansieht: Die Schuldnerschutzvorschriften haben Vorrang, so dass der Schuldner nach § 823 I ebenso wenig haftet wie der gutgläubige Erwerber, der dem Berechtigten durch den Gutglaubenserwerb das Eigentum entzieht[20]. § 407 macht nämlich deutlich, dass nur die Zahlung in Kenntnis der Abtretung nicht schuldbefreiend wirkt[21]. Wenn aber die schon leicht fahrlässige Beeinträchtigung der Forderung deliktsrechtlich sanktioniert würde, würde der von § 407 intendierte Schuldnerschutz verwässert[22].
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Beachte:
Das vorstehend behandelte Problem sollte in allen Fällen, in denen § 816 II zum Zuge kommt, mitbedacht werden. Denn gerade im wichtigsten Fall der Wirksamkeit der Leistung nach § 407 ist zu prüfen, ob die bewusste Einziehung einer fremden Forderung zugleich die Verletzung eines sonstigen Rechts in Gestalt der Forderung(szuständigkeit) darstellt, weil eben grundsätzlich nur der Gläubiger zum Einzug der Forderung berechtigt ist. Die Frage stellt sich indes nur, wenn die Forderung als solche – regelmäßig durch die Einziehung von dritter Seite – beeinträchtigt wird, nicht jedoch dann, wenn etwa eine Sache, auf die ein Anspruch besteht, untergeht und aus diesem Grund der Primäranspruch verloren geht.