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IV. Die Pflichtverletzung
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Die wichtigste Anspruchsgrundlage des Allgemeinen Schuldrechts ist § 280 I 1[71].
Pflichtverletzung ist jedes Verhalten, sei es durch Tun oder Unterlassen, das dem aus dem Schuldverhältnis resultierenden Pflichtenprogramm entgegengesetzt ist oder von ihm abweicht[72]. Es geht also um das objektive Zurückbleiben hinter dem Pflichtenprogramm des Schuldners[73]. Die Pflichtverletzung ist damit rechtswidrig[74], wenngleich nicht notwendigerweise schuldhaft herbeigeführt. Die Haftung für eine Pflichtverletzung erfasst sämtliche Formen der Verletzung von Hauptleistungspflichten, also die Schlechtleistung, die Nichtleistung oder die verspätete Leistung, der Verletzung von Nebenleistungspflichten sowie von nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten gemäß § 241 II (Schutzpflichten)[75]. Der Tatbestand der Pflichtverletzung normiert auch alle Erscheinungsformen der Schutzpflichtverletzung[76]. Eine Umschreibung der Schlechtleistung findet sich in § 281 I 1 und 3, wo die Rede davon ist, dass die Leistung nicht wie geschuldet erbracht bzw. bewirkt wird. Dass es der Sache nach gleichbedeutend in § 323 V 2 „nicht vertragsgemäß“ heißt, liegt daran, dass dieser nur für gegenseitige Verträge gilt, während sich § 281 auch auf gesetzliche Schuldverhältnisse bezieht[77].
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Paradigmatisch ist der Pferdefutterfall des Reichsgerichts[78]: Das vom Verkäufer rechtzeitig und in der vereinbarten Menge gelieferte Pferdefutter war infolge einer Nachlässigkeit seiner Gehilfen mit giftigen Rizinuskörnern durchsetzt und führte zum Verenden der Tiere, an die es verfüttert wurde. Dem Geschädigten steht ein Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 i. V. m. § 280 I 1 zu. Der Schuldner hatte mit der Lieferung mangelhaften Futters eine Pflicht aus dem Kaufvertrag verletzt, da die Kaufsache entgegen § 433 I 2 bei Gefahrübergang nach § 446 nicht frei von Sachmängeln war, § 434 I 2 Nr. 1[79]. Umgekehrt kann die Pflichtverletzung auch einmal auf Seiten des Käufers liegen, wenn er den Verkäufer zur Mangelbeseitigung auffordert, ohne zuvor genügend sorgfältig ausgeschlossen zu haben, dass der Mangel aus seinem Rechtskreis stammt[80].
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An vielen Stellen gewinnt der Begriff der Pflichtverletzung erst in der Zusammenschau mit anderen Vorschriften Konturen. So wird etwa kontrovers diskutiert, worin die Pflichtverletzung im Falle des § 283, der auf die Voraussetzungen des § 280 I verweist, liegen soll. In Betracht kommt entweder die Herbeiführung von Umständen durch den Schuldner, die zu seiner Leistungsbefreiung führen oder ganz schlicht die Tatsache, dass die geschuldete Leistung nicht erbracht wird[81]. Entsprechendes gilt, wenn zwischen anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit nicht feststeht bzw. der Sachverhalt bewusst offenlässt, ob die Leistungsbefreiung infolge Unmöglichkeit vor oder nach Vertragsschluss erfolgte. Dann muss sich der Schuldner in beiderlei Hinsicht exkulpieren[82]. Wann die Unmöglichkeit in diesem Fall eingetreten ist, kann dann offen bleiben[83]. Diese Frage stellt sich in der Klausur bevorzugt im Rahmen einer Abwandlung.