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2. Pflichtverletzung beim nichtigen Vertrag

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Entscheidend ist hier, wie auch sonst in der Fallbearbeitung, weniger die genaue Kategorisierung, als vielmehr der Blick auf die Rechtsfolgen. § 280 I 1 erfasst nicht nur Haupt- und Nebenleistungspflichten, sondern auch die Verletzung von nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten (Schutzpflichten).

Dass dies insbesondere im Hinblick auf die Unterscheidung von Leistungs- und Schutzpflichten gilt, soll unser Fall 5 zeigen: U hat im Hause des B unter Verstoß gegen das SchwarzArbG Reparaturarbeiten zu dessen Zufriedenheit verrichtet, jedoch den Wasserhahn vergessen zuzudrehen. Kann B von U Ersatz wegen der Wasserschäden verlangen?

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1. In Betracht kommt zunächst ein Anspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 I 1. Voraussetzung dafür ist die Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis.

Fraglich ist, ob ein Schuldverhältnis besteht. Ein solches könnte in dem zwischen B und U geschlossenen Werkvertrag (§ 631) liegen. Das entspricht § 311 I, wonach zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft grundsätzlich ein Vertrag erforderlich ist. Eine dahingehende Einigung liegt vor. Es fragt sich jedoch, ob die mögliche Unwirksamkeit des zwischen B und U geschlossenen Vertrags daran etwas ändert. Dieser könnte nämlich nach § 134 i. V. m. § 1 II Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sein. Letzteres ist im Hinblick auf seine Schutzzwecke (Schutz des Handwerks, Vermeidung von Steuerausfällen) ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134[117]. Soweit B von dem Gesetzesverstoß wusste und ihn – angesichts der hinterzogenen Umsatzsteuer etwa durch einen Preisabschlag – bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzte[118], ist der Werkvertrag zwischen B und U nichtig, so dass ein Anspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 I mangels wirksamen Werkvertrags ausscheidet. Damit stellt sich die Frage, ob jedoch eine Haftung aus § 280 I 1 auch bei nichtigen Verträgen möglich ist. Das erscheint auf den ersten Blick paradox, ist aber, soweit Schutzpflichten betroffen sind, grundsätzlich möglich. Die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Vertrags bewirkt, dass die Leistungspflichten zwischen den Beteiligten ausgesetzt sind. Dagegen bestehen die Schutzpflichten ungeachtet der Nichtigkeit des Vertrags[119]. Denn diese beginnen mit dem ersten rechtsgeschäftlichen Kontakt zwischen den Beteiligten (§ 311 II) und verdichten sich dann gleichsam, so dass sie auch während der Durchführung des vermeintlich wirksamen Vertrags mit dem Inhalt bestehen, dass die Rechtsgüter des anderen Teils nicht gefährdet oder verletzt werden dürfen. Die Nichtigkeit des Werkvertrags steht der Annahme eines Schuldverhältnisses nach §§ 311 II, 241 II also nicht entgegen.

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Nimmt man ein Schuldverhältnis gemäß § 311 II mit Pflichten nach § 241 II an[120], so hat U auch eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, indem er den Wasserhahn nicht zugedreht und hierdurch die Wasserschäden verursacht hat. Für den hier einschlägigen Fall der Schutzpflichtverletzung bedeutet dies, dass der Vertrag zwar nach § 134 nichtig ist, ein Anspruch aus § 280 I aber begründet ist, weil der Schuldner eine Pflicht aus dem gleichwohl – d. h. auch ohne einen wirksamen Vertrag – bestehenden Schuldverhältnis nach § 311 II verletzt hat. Der Anspruch erfasst jedoch nicht das Äquivalenzinteresse, sondern wird durch das Integritätsinteresse begrenzt[121]. Vom Vertretenmüssen des U gemäß § 280 I 2 ist auszugehen, da er vergessen hatte, den Wasserhahn zuzudrehen, mithin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat (§ 276 II).

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2. Daneben besteht ein Anspruch aus § 823 I wegen Eigentumsverletzung.

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Beachte:

Zum Nichtigkeitsgrund des § 134 ist im vorliegenden Zusammenhang ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Anspruchsgrundlage für den Fall des von einer Vertragspartei verschuldeten Verstoßes gegen § 134 in den Vorschriften zur culpa in contrahendo, also in §§ 311 II, 280 I 1, 241 II zu suchen ist[122].

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Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass das Gesetz auch im Fall des anfänglichen Unvermögens eine Verschuldens- und keine bloße Garantiehaftung anordnet[123]. Es spielt demnach keine Rolle, ob die Unmöglichkeit der Leistungserbringung bereits vor Vertragsschluss oder kurz danach eingetreten ist[124]. Gleichwohl ist das Pflichtenprogramm unterschiedlich: Während dem Schuldner vor dem Vertragsschluss vor allem Informationspflichten obliegen[125], betreffen die Pflichten nach Vertragsschluss den Leistungsgegenstand selbst[126].

Examens-Repetitorium Allgemeines Schuldrecht

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