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9 Sofia

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Texas

Mittwoch, 7. Mai, 19.00 Uhr

Augustin stellte fest, dass er nervös war, während er Sofias Nummer wählte. Sie waren zwar verlobt und der Verlobungsring war bereits ausgewählt, aber er war noch nicht bezahlt. Er hatte gehofft, er könnte ihn ihr im Spätsommer am romantischsten Ort, den er in Athen finden würde, überreichen. Sie hatten beide keine lange Verlobungszeit gewollt. Sie wollten gern während seiner Herbstferien heiraten, und dann würde er sie nach Texas mitbringen, wo sie wohnen würden.

Sie nahm sofort ab und er hörte ihr fließendes Englisch, das diesen schönen konsonantenreichen griechischen Akzent hatte.

„Oh, Augustin“, sagte sie. „Wenn du nur hier wärst. Ich bin so beunruhigt.“

„Ich hätte dich gefragt, ob wir uns in Rom treffen können, aber im Moment weiß ich noch gar nicht, wo ich mich da gerade hineinmanövriere.“

„Führ mich nicht in Versuchung.“

„Ich werde jedenfalls nicht aus Europa heimfliegen, ohne dich gesehen zu haben.“

„Das solltest du auch besser nicht.“

Er liebte die Sehnsucht, die aus ihren Worten klang. Aber jetzt musste er ihr sagen, wie es um seinen Vater stand. Sie fragte, wie es ihm und seiner Mutter ginge. „Gut. Ich fühle mich nur schlecht, dass ich ausgerechnet jetzt verreise, aber hier kann ich auch nichts Sinnvolles tun.“

„Ich muss Roger möglichst bald deine neue Nummer und deine Ankunftszeit mitteilen.“

Er nannte ihr die Nummer und sagte, er werde am Sonntag etwa gegen 8.00 Uhr morgens in Rom landen.

„Ich mag einfach nicht mehr getrennt von dir leben, Sof.“

„Ich auch nicht. Ich würde so gern die ganze Nacht mit dir reden. Aber jetzt lass mich Roger anrufen; wir reden dann morgen. Alles Liebe an Marie.“

Augustin fühlte sich leicht schwindelig, als er durch den Gang zurückging. Er hatte noch nie jemanden wie Sofia gekannt und noch nie jemanden so geliebt wie sie. Nach wer weiß wie vielen Jahren, in denen sie nur online miteinander im Kontakt gewesen waren, war schließlich doch der Tag gekommen, an dem sie sich auf einer Tour, die er leitete, wieder begegnet waren. Sofia hatte ihn überraschen wollen. Aber nachdem er die Stelle seines Vaters als Reiseleiter übernommen hatte, hatte Augustin es sich zur Gewohnheit gemacht, die Namen aller Teilnehmer einer Reise im Voraus zu lernen.

Es war eine Reise durch Ägypten und Jordanien mit um die sechzig Teilnehmern. Endstation war die berühmte rote Felsenstadt Petra. Er hatte gelesen, dass sie und ihre Eltern auf der Teilnehmerliste standen, und war merkwürdig aufgeregt, sie nach mehr als sechs Jahren wiederzusehen. Inzwischen war er sechsunddreißig, sie achtundzwanzig. Die Reisegruppe sollte sich in Kairo treffen und nach ein paar Tagen in Ägypten nach Amman weiterfliegen. Ihre Eltern hatten ihn mit angemessener Begeisterung begrüßt und seine Mutter hatte bemerkt: „Und Sie werden sich an unsere Tochter erinnern.“

Augustin streckte die Hand aus, um sie zu begrüßen. „Ja, flüchtig. Wie war noch mal der Name?“

Sofia hatte ihn auf die Nase geboxt. „Helena von Troja“, sagte sie. „Wie geht’s dir, mein virtueller Brieffreund?“

„Sie haben Ihren Auftrag nicht erfüllt, Dr. Knox“, sagte Mr Trikoupis mit einem breiten Lächeln. „Sie sollten dafür sorgen, dass Sofia endlich einsichtig wird und in meine Firma eintritt. Aber gut, sie ist glücklich, und das ist schließlich das Wichtigste.“

Augustin und Sofia hatten hin und wieder beim Essen zusammengesessen und ihm war aufgefallen, mit welch gespannter Aufmerksamkeit sie lauschte, wenn Roger irgendeine Frage eines Reiseteilnehmers beantwortete.

„Beeindruckend, nicht?“, sagte Augustin.

„Faszinierend“, antwortete Sofia. Und als sie ihm ein Lächeln schenkte, schmolz Augustin dahin. Was war sie doch für eine wunderbare Person! Sie zog ihn magisch an.

„Bei diesen Reisen geht es vor allem ums Gefühl“, erklärte Roger Augustin zum x-ten Mal. „Du musst die Leute anrühren, inspirieren, ihnen schöne Erinnerungen geben, und vor allem: das Beste bis zum Schluss aufheben.“

Auf dieser Reise war das Beste Petra.

Am letzten Tag traf Augustin eine schläfrige Sofia auf dem Sitz hinter ihren Eltern im hinteren Teil des Busses an. Mr und Mrs Trikoupis schienen ein Nickerchen zu machen und so glitt er neben Sofia auf den Sitz. „Warte nur, bis du Petra siehst“, sagte er. „Roger kennt den Ort wie seine Westentasche.“

„Er kennt jeden Ort hier wie seine Westentasche“, gab Sofia zurück und Augustin bemerkte, dass ihre bloßen Arme sich berührten. Aber keiner rückte vom anderen ab.

„Wir sehen uns wohl erst heute Abend beim Essen wieder“, bemerkte er, „aber ich hoffe, Petra wird dir ebenso gut gefallen wie mir. Du wirst es lieben.“

„Ich halte dir einen Platz frei und dann sag ich dir, ob’s so ist.“

Petra hatte auf die ganze Gruppe die erwünschte Wirkung, was, wie Roger betonte, allein daran lag, dass es ein Ort von außerordentlicher Schönheit war. „Es ist ein Ort, wo der Guide praktisch nur im Weg ist“, erläuterte er, als die Gruppe beim östlichen Eingang zusammenkam, zur langen, engen Schlucht, die schließlich in der in den Felsen gehauenen Stadt mündete. In knappen Zügen stellte er die Geschichte der Stadt dar, die ein Dichter einmal die „Stadt aus Rosenrot, halb so alt wie die Zeit“ genannt hatte. In der Stadt, kündigte Roger an, würden sie das Schatzhaus, das Kloster, eine byzantinische Kirche, einen Tempel, Felsengräber, einen Straßenzug mit Fassaden und zahlreiche andere außergewöhnliche architektonische Meisterwerke sehen. Alles war direkt aus dem Felsen herausgehauen.

„Sie können ganz nach oben steigen, bis zum sogenannten Hohen Opferplatz“, sagte er. „Aber das würde ich nur empfehlen, wenn jemand wirklich fit ist. Sagen Sie später nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“

Bevor sich alle zerstreuten, um auf eigene Faust die Stadt zu erkunden, erzählte Augustin von seiner eigenen spirituellen Reise, davon, wie aus einem verschlossenen, mürrischen Jugendlichen ein Mann geworden war, der das Heilige Land ebenso liebte wie die Heilige Schrift und den Herrn dieser Schrift.

Roger schloss noch Hinweise an, wie man sich vor Hitze und Sonne schützen könne, und zog ein Gerät aus der Tasche, das ihm verriet, dass die Temperatur bereits bei 42 Grad Celsius lag. „Das ist riskant“, sagte er. „Trinken Sie viel. Machen Sie häufig Pausen. Und vor allem … genießen Sie die Stadt.“

Im Laufe des Tages liefen Augustin und Sofia sich einige Male über den Weg. Einmal, an einem Souvenirstand, sagte sie: „Ich würde gern zum Opferplatz gehen und den Altar sehen.“

„Oh, ich weiß nicht“, sagte Augustin. „Du bist fit, keine Frage, aber es ist heute so heiß, wie ich es noch kaum je hier erlebt habe.“

„Ich werde mir nie verzeihen, wenn ich es nicht wenigstens versuche. Wann werde ich denn wieder einmal Gelegenheit haben, das zu sehen?“

„Ich hab einen Vorschlag“, sagte Augustin. „Versprich mir, dass du nicht am Nachmittag hochsteigst, und ich begleite dich später am Abend hin.“

„Im Ernst? Wann? Später gibt es nur noch Pool, Abendessen und Bett.“

„Nicht für uns zwei“, sagte Augustin.

Sie schien ihn zu studieren. „Gut“, sagte sie dann langsam. „Sehn wir doch mal, ob du ein Mann bist, der Wort hält.“

Zurück im Hotel wollte Augustin vor dem Essen nur rasch einmal in den Pool eintauchen. Als er aus dem Becken kam, sah er zu seiner Überraschung, dass Sofia in einem der Liegestühle lag. Er wusste ja, dass sie sehr gepflegt und gut in Form war, aber auf den vollkommenen Körper, den er da im Schatten des Sonnenschirms erblickte, war er nicht gefasst gewesen. Es gelang ihm gerade noch, seinen Blick auf ihrem Gesicht ruhen zu lassen.

„Vergiss dein Versprechen nicht“, sagte sie.

Ich, Saulus

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