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4 Der Brief

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Rom im ersten Jahrhundert nach Christus

Es war eigentlich keine Bitte gewesen. Nein, Lukas hatte einen makabren Befehl erhalten, von einem Mann, dem man nichts abschlagen konnte. Man mochte sich Paulus widersetzen, mit ihm diskutieren, ihn herausfordern oder sogar Geringschätzung für seine Ansichten äußern. Aber am Ende setzte sich die schiere Willenskraft dieses Mannes durch.

Und so war der Arzt, erschöpft wie er war, ins Haus des Primus Paternius Panthera zurückgekehrt. Jetzt saß er dort im Dunkeln, rieb sich die Schläfen und versuchte vergeblich, sich in den Schlaf zu zwingen.

Schließlich stand Lukas auf und setzte sich auf den klobigen hölzernen Hocker vor einem Tisch, der nur wenig größer war als ein Bogen Pergament. Er entzündete eine Tonlampe, die die Größe seiner Hand hatte. Während die Flamme an Kraft gewann, beugte er sich vor, um die letzten Abschnitte eines Briefs zu überfliegen, den er und sein verurteilter Freund in der Nacht skizziert hatten.

„Lukas“, hatte Paulus gesagt, „schreib Timotheus, dass die anderen mich im Stich gelassen haben und nur du noch an meiner Seite stehst.“

„Nun, sie haben dich nicht im Stich …“

„Natürlich haben sie das! Oder soll ich es vielleicht selbst schreiben?“

Lukas hatte die Achseln gezuckt und nach Panthera gerufen, der sich in der Nähe der Deckenöffnung aufhielt. Lukas flüsterte ihm zu, er brauche Pergament, eine Schreibfeder und Tinte. „Wird da jemand Verdacht schöpfen?“

„Ich werde sagen, du brauchst diese Dinge, um festzuhalten, wie du den Patienten vorgefunden hast.“

Lukas verbrachte die nächste Stunde damit, einen Brief an Timotheus niederzuschreiben, den Paulus ihm rasch diktierte. Der fragliche Absatz kam kurz vor Schluss:

„Nun bitte ich dich: Komm doch so schnell wie möglich zu mir! Demas hat mich im Stich gelassen und ist nach Thessalonich gereist, weil ihm die Dinge dieser Welt wichtiger waren. Kreszens ist in Galatien und Titus in Dalmatien. Nur Lukas ist bei mir geblieben. Wenn du kommst, bring Markus mit, denn er könnte mir hier viel helfen. Tychikus habe ich nach Ephesus geschickt. Bring mir aus Troas meinen Mantel mit, den ich bei Karpus zurückgelassen habe, ebenso die Bücher, vor allem aber die Pergamentrollen.“

Da war es wieder. Vor allem die Pergamentrollen. Lukas und Paulus hatten vielfach aussichtslose Situationen miteinander durchgestanden, aber noch nie hatte Lukas in den Augen seines Freundes einen Blick gesehen wie den, als er von seinen Lebensaufzeichnungen gesprochen hatte. Dass ihm seine Hinrichtung bevorstand, war eine Sache. Lukas, der Paulus kannte, vermutete, Paulus wünschte sich wahrscheinlich, auch andere leitende Männer der Kirche würden das Martyrium für Christus riskieren. Aber das mussten sie selbst entscheiden. Er hatte es Lukas sehr deutlich gesagt: Ihr Leben sollte auf keinen Fall dadurch in Gefahr gebracht werden, dass unbefugte Augen irgendetwas in seinen Aufzeichnungen entdeckten, das nicht für sie bestimmt war.

Aber selbst wenn Timotheus oder Markus nach Rom kommen konnten und wenn sie auch noch die Pergamentrollen mitbrachten – würde man sie überhaupt zu Paulus lassen? Vielleicht konnte Panthera auch das möglich machen. Aber wie lange würde es dauern, bis sie in Rom eintreffen könnten? Und was wurde bis dahin mit Paulus’ Wunsch nach einem Mantel? Tagsüber war das Verlies heiß wie ein Ofen, aber Lukas wusste, dass Paulus nachts vor Kälte zitterte, wenn er versuchte, Schlaf zu finden.

Früh am nächsten Morgen sah der Arzt nach der Mutter seines Gastgebers. Die alte Frau hatte anscheinend etwas Ruhe gefunden und war dankbar, als er noch einmal Salben und Heilöle auftrug. Aber davon, eine begründete Hoffnung für sie zu äußern, war Lukas noch weit entfernt. Er saß kurz mit seinem Gastgeber und den Kindern zusammen und genoss ein wenig Brot, Käse und eine Handvoll Nüsse zum Frühstück.

Seine schlaflose Nacht hing Lukas den ganzen Vormittag nach, während er seine Ledertasche von einem Verbandsplatz zum anderen trug, den Ärzten und Sanitätern des Militärs assistierte und versuchte, Schmerzen zu lindern und es denen, die nicht mehr zu retten waren, wenigstens erträglicher zu machen.

Mittags, als der größte Teil der Stadt eine leichte Mahlzeit einnahm, um danach einen ausgiebigen Mittagsschlaf zu genießen, steuerte Lukas direkt auf sein Lager zu und schlief so tief, dass er beim Aufwachen fürchtete, er habe zu viel vom Tag vergehen lassen. Er eilte zurück zu seiner Aufgabe als Arzt, die kleine Öllampe tief in der Tasche, kaufte unterwegs auf einem Markt eine Handvoll Karotten und Zwiebeln und verzehrte sie hastig auf der Straße.

Als der Abend hereinbrach, stellte er fest, dass er sich darauf freute, seinen Freund zu sehen, auch wenn er sich aufs Neue überwinden müsste, um die abstoßende Umgebung zu ertragen. Unterwegs erstand er günstig ein wenig Brot und ein paar Gurken, Äpfel und Feigen, die den ganzen Tag in der Sonne gelegen hatten.

Er hatte mit Panthera vereinbart, dass sie einander im Gefängnis möglichst aus dem Weg gehen würden. Der Wächter würde ihn am Tor nur durchwinken und es würde nicht lange dauern, bis sich niemand bei seinem Kommen und Gehen mehr etwas dachte.

Früh an diesem Abend stürzte sich Paulus begierig auf das Essen, das Lukas mitgebracht hatte, und begann es hinunterzuschlingen. Der Gefangene stöhnte und rutschte langsam an ein Ende des Steinsockels. „Komm, setz dich.“

Lukas rückte zu seinem Freund heran, die Lampe auf dem Schoß. „Du stinkst, weißt du.“

Paulus warf den Kopf zurück und lachte. „So, wirklich?“, sagte er, offensichtlich übertreibend. „Wie kann das nur sein? Alle paar Tage ziehen sie mich aus, schütten zwei Kübel Wasser über mich und dann kann ich mich mit meinen eigenen Kleidern abtrocknen. Und da sollte ich noch Anlass geben, die Nase zu rümpfen? Sag mir: Wird’s schlimmer, wenn du näher rückst?“

Es wärmte Lukas das Herz, seinen Freund so heiter zu sehen. Das Lächeln ließ dessen verwittertes Gesicht um Jahre jünger erscheinen. Lukas legte Paulus einen Arm um die schmalen Schultern und hatte mit den Tränen zu kämpfen, als dieser seinen Kopf an seinen Hals lehnte. Wie oft hatte er Paulus im Lauf der Jahre heiter erlebt – nach einem anstrengenden Reisetag, kontroversen Begegnungen, Drohungen und Beleidigungen. Paulus konnte auch grimmig aussehen; dann stand eine unerschütterliche Entschlossenheit in seinen Augen. Und immer wieder, wenn sie sich bei irgendeinem Bruder aus einer Gemeinde ein Zimmer geteilt oder, was auch oft vorkam, irgendwo in einer Scheune übernachtet hatten, hatte Lukas im Mondlicht auch den Ausdruck tiefsten Glücks im Gesicht seines Freundes gesehen, wenn er vor dem Einschlafen betend dalag.

Lukas wünschte sich manchmal, er selbst könne auch eine derartige Erfüllung in seiner Arbeit finden. Paulus hatte weiß Gott wenig Grund zu lachen. Aber dasselbe Mitgefühl, das Lukas für jeden leidgeprüften Menschen aufbrachte, ernüchterte ihn auch. Oh ja, er hatte letztlich dieselbe Hoffnung wie Paulus. Aber er fürchtete, seine tiefste Befriedigung würde sich für ihn erst nach diesem Leben erfüllen. In der Ewigkeit würde er lächeln.

Und da saß Paulus neben ihm, erniedrigt und in verzweifelter Lage, und sah Gegebenheiten ins Auge, an denen ein geringerer Mann zerbrochen wäre. Und was wünschte er sich? Dass er predigen könnte! Und er brachte es noch fertig zu scherzen. Lukas konnte es kaum fassen.

„Hast du noch mehr Obst?“

„Einen Apfel. Aber du musst deine Kräfte einteilen, mein Freund.“

„Habe ich das je getan? Dies ist die einzige richtige Mahlzeit des Tages. Ich möchte sie genießen.“

Lukas stand auf, holte den Apfel aus der Tasche und warf ihn Paulus zu. Der fing ihn geschickt mit einer Hand auf und biss vorsichtig hinein. Lukas bemerkte seine schadhaften Zähne. Paulus roch an dem Apfel. „Der hat auch schon das Aroma dieses Ortes angenommen.“

„Unsinn“, sagte Lukas. „Ich kann den süßen Duft bis hierher riechen.“

Paulus seufzte. „Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen sollte. Bis du kamst, habe ich ernsthaft befürchtet, ich würde hier verhungern. Wenn es dich und Onesiphorus nicht gäbe …“

„Ich werde dir einen Mantel besorgen.“

„Hmm? Oh, selbst wenn Timotheus und Markus kommen oder vielleicht nur meine Sachen schicken – ich will den Mantel nicht anziehen. Ich will nur darin schlafen und gut darauf achten, dass er nicht am Boden feucht wird. Allein der Gedanke daran muntert mich auf.“

„Und trotzdem willst du vor allem diese gefährlichen Pergamente. Was willst du damit? Sie als Kopfkissen benutzen?“

Paulus verschlang den Apfel mit Stumpf und Stiel. Er rieb sich übertrieben den Bauch, aber selbst im trüben Licht konnte Lukas sehen, dass es da nur wenig gab, das er reiben konnte. „Dieses Festmahl wird mich heute Nacht gut schlafen lassen.“

„Die Pergamentrollen, Paulus. Sind sie in Troas nicht besser aufgehoben, weit weg vom Blick des Imperiums? Was willst du hier damit?“

„Ich bin den ganzen Tag nicht so hungrig wie kurz bevor du kommst. Es ist, als wisse mein Magen, dass du …“

„Paulus! Du beleidigst mich, wenn du mich ignorierst. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich Timotheus schreibe und ihn bitte, deine Sachen mitzubringen, und dass ich die Pergamente extra betone, ohne damit rechnen zu müssen, dass ich frage, warum.“

„Du machst mich dankbar, dass ich nie geheiratet habe.“

„Dankbar? Da weiß ich aber etwas anderes. Du hast es mir selbst erzählt.“

„Hmm. Aber welche Frau würde mir so in den Ohren liegen wie du?“

„Keine. Jedenfalls nicht, wenn du sie ebenso geringschätzig behandeln würdest wie deinen Freund.“

„Ich empfinde alles andere als Geringschätzung für dich, Lukas.“

„Beweise es.“

Noch ein Seufzer. „Du wirst mir doch keine Ruhe lassen, obwohl ich ganz eindeutig nicht darüber sprechen will.“

„Du hast sehr deutlich gemacht, dass in dem Brief, den ich Timotheus schreiben soll, die Pergamente das Wichtigste sind.“

Paulus seufzte. „Wenn sie tatsächlich kommen, wirst du mir damit helfen müssen.“

„Soll ich sie dir vorlesen?“

„Du sollst mir helfen zu schreiben.“

„Du hast gesagt, sie enthalten deinen Lebensrückblick – und etliche Namen.“

Paulus nickte. „Es ist meine Geschichte. Über die Jahre habe ich, wann immer ich ein wenig Zeit hatte, meine Erfahrungen festgehalten. Darin zu stöbern ist für mich immer wieder sehr ermutigend. Es erinnert mich daran, woher ich kam, und auch daran, wie treu und wahrhaftig der Herr ist.“

„Wieso habe ich davon nie etwas mitbekommen?“

„Es war nicht schwer, es vor dir geheim zu halten. Ich habe immer wieder einmal ein paar unbeobachtete Momente genutzt, als meine Augen noch besser und meine Schreibfeder weniger zitterig waren. Und wenn ich jetzt vorhabe, sie dir zu zeigen, dann nur deshalb, weil ich sie allein nicht vollenden kann. Bestimmt sind sie aber nur für mich, für meine Familie und für die Brüder. Jedenfalls werde ich keine Ruhe geben, bis sie wieder in meinen Händen sind.“

„Du willst doch wohl nicht riskieren, sie hier, direkt unter den Augen der Behörden, aufzubewahren!“

„Nein, du hast recht. Ich werde sie dir anvertrauen müssen, wenn wir nicht gerade daran arbeiten.“

„Und wo soll ich sie verwahren?“

„Darüber kann ich mir keine Gedanken machen. Ich vertraue dir. Du weißt, wie gefährlich es wäre, wenn sie in die falschen Hände fielen. Aber ich will, dass sie fertiggestellt werden. Und … ja, von meinem Ende wirst einmal nur du berichten können.“

Lukas spürte einen Anflug von Erschöpfung. Da stand er in diesem entsetzlichen Gefängnis, vor sich auf dem Steinsockel eine erbärmliche Gestalt, die die trübe, flackernde Lampe schwach beschien. „Paulus, ich werde alles tun, worum du mich bittest, das weißt du. Aber kannst du dich in meine Lage versetzen? Kannst du dir vorstellen, welchen Schmerz es mir bereiten wird, von deinem Ableben zu berichten?“

„Lukas! Wir werden es vorher gemeinsam bedenken. Du wirst über den ersten Schritt einer Reise berichten, die mich dorthin führt, wohin ich mich immer gesehnt habe. Du brauchst keine Einzelheiten zu schildern. Jeder weiß, wie die Römer ihre Verurteilten hinrichten. Betest du etwa darum, dass ich verschont werde? Lukas – willst du etwa, dass ich so weiterexistiere? Oder gönnst du mir, dass ich bei meinem Herrn sein kann?“

„Ich habe gelernt, nicht mit dir zu streiten.“

„Und trotzdem tust du es immer wieder“, sagte Paulus lächelnd. „Tja, ich genieße das. Mit dir zu streiten macht mir viel mehr Vergnügen als ein harmonisches Gespräch mit irgendjemand sonst.“

Lukas sprang auf, als von oben eine laute Stimme erklang. „Zeit zu gehen, Medicus!“

„Habe ich dich wenigstens ein wenig neugierig gemacht auf meine Pergamente?“, fragte Paulus.

„Zumindest möchte auch ich nun vor allem diese Schriftstücke sehen.“

Paulus lachte. „Reicht das, um dich zu veranlassen, meinen Brief an Timotheus unverzüglich abzuschicken?“

„Ich verzögere es doch nicht absichtlich, mein Freund. Deine Briefe musste man schon immer unverzüglich abschicken.“

„Genau. Aber je eher Timotheus ihn erhält, umso eher werden wir ihn sehen. Von allem, was mir hier fehlt, stehen die Pergamente und meine Freunde an erster Stelle. Muss ich das noch sagen? Du musst …“

„Nein, das brauchst du nicht. Es ist meine Sache, und ich fühle, wie schwer sie auf mir lastet. Dich am Leben zu halten, damit du sterben kannst, ist eine schreckliche Pflicht.“

„Aber du tust es, damit ich auf eine Weise sterben kann, die zu einem Christen passt, Lukas. Würdest du dir das für dich selbst nicht auch wünschen?“

Lukas löschte das Licht, als Paulus aufstand und in drängendem Tonfall flüsterte: „Komm zu mir. Lass uns beten.“

Der Arzt näherte sich ihm behutsam in der schwarzen Finsternis und spürte, wie Paulus ihn an sich heranzog. Trotz des Geruchs – welch ein Privileg, mit diesem Mann zu beten! „Vater“, begann Paulus, „ich bete im unvergleichlichen Namen deines Sohnes, meines Retters Jesus, des Christus. Ich preise dich, dass du mich berufen hast, das Evangelium zu verteidigen, und juble, dass ich Christus verkündigen darf, Christus, den Gekreuzigten. Ich hoffe und bin zuversichtlich, dass ich während meiner Gefangenschaft nicht schwach werde und versage, sondern dass Jesus Christus auch jetzt durch mich bekannt gemacht und geehrt wird, sei es durch mein Leben oder durch meinen Tod. Und nun danke ich dir für meinen Bruder in Christus und bitte dich, gib ihm Gesundheit und Stärke und Mut und Kraft. Und die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit ihm, bis wir uns wiedersehen.“

Lukas dankte ihm und schickte sich an zu gehen, aber Paulus zog ihn noch einmal zu sich heran. Verschwörerisch flüsternd berichtete er ihm von einer Gabe, die die Gemeinde in Ephesus ihm durch Onesiphorus hatte zukommen lassen. Die Geschichte strömte aus dem alten Mann heraus, während er Lukas einen kleinen Beutel reichte, der schwer war von Münzen. Zusammen mit der Lampe versenkte Lukas ihn tief in seiner Tasche.

Von der Deckenöffnung her drang ein schwacher Lichtschein herunter. Lukas zog den Umhang zusammen und griff dann nach der Kante der Öffnung. Eilig ging er an den Zellen der gewöhnlichen Gefangenen vorbei und presste die Hand dabei fest auf die Wölbung in seiner Tasche, um ein Klimpern zu verhindern. Er versuchte, den Atem anzuhalten, aber der Stapel von leblosen Körpern erschreckte ihn aufs Neue, und als er das Ende des dunklen, engen Ganges erreichte, musste er nach Luft ringen. Wenigstens musste Paulus nicht diese erstickende Folter erleiden, in einer Zelle mit so vielen Menschen zu stecken, dass man sich kaum bewegen konnte, und die verdorbene, faulige Luft zu atmen.

Ein rötliches Leuchten lag über den Dächern, als Lukas den düsteren Ort verließ. Beim Hinausgehen erhaschte er einen Blick von Panthera.

Es war, als könne er die frische Luft schmecken, solch ein Balsam war es für seine Lungen. Sein Besuch im Gefängnis hatte seine Stimmung zugleich gehoben und getrübt. Paulus zu sehen war immer ermutigend, egal, unter welchen Umständen. Aber allein der Ort zerrte bei Lukas an jeder Faser seines Lebens. Wenn man ihm nur gestatten würde, sich um die anderen Gefangenen zu kümmern, und sei es nur im allergeringsten Maß …

Er würde in dieser Nacht tief schlafen, das wusste Lukas. Und morgen würde er gleich früh dafür sorgen, dass Paulus’ Brief an Timotheus so perfekt würde, wie er es nur bewerkstelligen konnte. Er würde ihn sorgfältig siegeln, an seinen Freund in Ephesus adressieren und ihn einem der Schiffe mitgeben, die von Ostia absegelten. Auch er konnte es kaum erwarten, Timotheus und Markus zu sehen, aber was er – ebenso wie Paulus – nun vor allem sehen wollte, waren diese Pergamentrollen.

Ich, Saulus

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