Читать книгу HILFE - mein Mann trinkt! - Joana Lehmann - Страница 10
Kapitel 6
ОглавлениеSven fragte Pia eines Tages mit gemischten Gefühlen, ob sie damit einverstanden sei, seine Mutter am Wochenende zu besuchen, da sie Geburtstag habe. Pia war nur allzu gerne dazu bereit ihr einen Besuch abzustatten. Schon lange hatte sie mit dem Gedanken gespielt, mit Sven nach Recklinghausen zu fahren. In der Vergangenheit hatte sich noch keine passende Gelegenheit ergeben, sie persönlich kennenzulernen. Zudem gab es noch einen weiteren erfreulichen Anlass zum Feiern, die Übernahme von Sven in der Firma.
Im Laufe der Woche besorgten sie das sündhaft teure Lieblingsparfüm und ein Gesichtspflegeset für seine Mutter, packten ihre Reisetaschen und fuhren mit Pias Auto nach Recklinghausen. Sven hatte seinen Führerschein noch nicht wieder, da er erst zur MPU musste.
Die Fahrt verlief reibungslos und ohne nennenswerte Staus. Plötzlich trat die Sonne hinter den Wolken hervor und blendete Pia, sodass sie kaum noch etwas sah. Eine Sonnenbrille hatte sie nicht mitgenommen, denn als sie wegfuhren, war der Himmel bedeckt gewesen. Pia klappte die Sonnenblende herunter und fuhr langsam gegen das gleißende Licht an, um die weiße Fahrbahnmarkierung in der Mitte der Straße besser sehen zu können. Sie fuhr durch den letzten Kreisverkehr und bog rechts in die nächste Straßeneinmündung ein, in der Svens Mutter wohnhaft war. Plötzlich schrie Sven erschrocken auf, denn um ein Haar hätte Pia die am Straßenrand stehende Frau übersehen. Sie trat mit voller Wucht auf die Bremse und der Wagen kam zum Stehen, ohne dass die Frau zu Schaden kam.
Sven stieg aus dem Auto aus und stellte fest, dass es sich bei der am Straßenrand stehenden Frau, um seine Mutter handelte. Er überzeugte sich sofort davon, ob alles mit ihr in Ordnung war. Sie hatte sich nur etwas erschrocken, als sie das Auto auf sich zukommen sah. Aber jetzt lächelte sie schon wieder, als ihr Sohn sie umarmte.
Die ältere Dame war ein Kopf kleiner als Sven und wirkte zerbrechlich. Sie strich sich fahrig das grau melierte Haar aus der Stirn.
Pia spürte nach wenigen Augenblicken, dass das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn sehr innig war. Sven stellte Pia seiner Mama vor, die sie auf das herzlichste Willkommen hieß. Sie gab Pia einen Kuss auf die Wange und bot ihr sogleich das »Du« an. Sie hieß Gertrud, bestand aber darauf Trudchen genannt zu werden, denn so rief sie jeder, der sie näher kannte. Schnell war das Eis zwischen Trudchen und Pia gebrochen. Seine Mutter war die Freundlichkeit in Person und schien völlig unkompliziert zu sein. Sie stellte ihnen sogar ihr eigenes Schlafzimmer für das Wochenende zur Verfügung. Sie schlief in Svens ehemaligem Jugendzimmer, das zu klein für Pia und Sven war. Sie beteuerte, dass dies in Ordnung sei und sie nicht mehr Platz zum Schlafen benötigte. Für das leibliche Wohl hatte sie auch bestens gesorgt. Pia war völlig aus dem Häuschen, als sie sah, was seine Mutter alles an Lebensmitteln und Getränken eingekauft hatte. Der Kühlschrank war randvoll gefüllt, sodass sie mit Gewalt die Tür schließen musste. Pia sah mit Entsetzen, dass auch eine Menge Alkohol dazugehörte. Das fand sie ausgesprochen rücksichtslos, da sie die Situation ihres Sohnes kannte, aber vermutlich nicht realisieren konnte. Pia hoffte inständig, dass Sven dadurch nicht in Versuchung kam. Zu Hause gab es keinerlei alkoholhaltige Getränke, das hatten sie und Sven vereinbart. Denn sie wusste inzwischen, wie schwer es ihm fiel, bei Stress die Finger davon zu lassen. Sie wollte Sven auf keinen Fall zu etwas verleiten, was ihm schadete.
Mittlerweile hatte seine Mama den Kaffeetisch gedeckt und bat sie ins Wohnzimmer zu kommen. Sven überreichte ihr das Geburtstagsgeschenk, dass Pia liebevoll eingepackt hatte. Sie brauchte eine Weile, bis sie es aus dem Geschenkpapier befreit hatte, und hielt strahlend ihren Lieblingsduft und das Pflegeset für ihr Gesicht in den Händen. Sie erhob sich mühselig von ihrem Stuhl und kam langsam um den Tisch herumgehumpelt. Sie umarmte Pia und Sven innig und gab beiden einen Kuss auf die Wange vor Freude und Dankbarkeit. Sie war überglücklich.
Als Pias Blick zufällig den Fernsehapparat im Wohnzimmer streifte, stockte ihr fast der Atem. Auf dem alten Fernsehgerät stand ein gerahmtes Foto, dass Sven bis auf das Haar glich. Nur der Mann auf der Fotografie schien geringfügig älter zu sein. Vor dem Fotorahmen waren liebevoll zwei rote Rosen drapiert. Fragend sah sie sich nach Sven um, der direkt hinter ihr stand und ihrem Blick gefolgt war.
»Das ist mein Vater«, antwortete Sven, ohne dass sie ihn danach gefragt hatte.
»Die Ähnlichkeit ist verblüffend! Im ersten Moment dachte ich, du wärst das auf dem Foto!«
»Ja, wir sehen uns verdammt ähnlich!«, sagte Sven gedehnt.
»Erwartet deine Mutter noch Gäste?«, fragte Pia, da sie gesehen hatte, dass der Kaffeetisch für fünf Personen eingedeckt war.
»Ich habe keine Ahnung!«, erwidert Sven.
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, klingelt es Sturm an der Haustür. Seine Mutter ging auf den Gehstock gestützt zur Tür und sie hörten, dass sie mit jemandem sprach. Kurz darauf folgten ihr Svens Halbruder Herbert und seine Frau Ludmilla. Sven wurde leichenblass, als er die beiden kommen sah. Er sprang auf, griff nach seiner Jacke und zog die entsetzte Pia vom Stuhl hoch. Sie sah ihn fragend an.
»Was ist los Sven, warum willst du gehen?«
»Mit denen bleibe ich keine Minute länger als nötig unter einem Dach! Ich erkläre dir alles später!«, sagte er erbost und zog die verblüffte Pia mit sich.
»Bitte bleibt hier! Es ist doch mein Geburtstag. Herbert gehört doch auch zur Familie. Bitte geht nicht!«, bat Trudchen mit flehender und weinerlicher Stimme.
Sven blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen und blickte seine Mutter hasserfüllt an. Pia hatte Sven noch nie zuvor so wütend gesehen. Besänftigend sprach sie auf ihn ein. Schließlich ließ er sich doch noch erweichen und setzte sich wieder, aber seine Jacke hängte er griffbereit über die Stuhllehne. Die Stimmung war dermaßen gedrückt, dass keinerlei vernünftige Unterhaltung zustande kam. Svens Mutter standen die Tränen in den Augen. Wenige Minute später war sie einfach vor Erschöpfung auf dem Stuhl eingeschlafen. Anscheinend war die Aufregung für sie zu viel gewesen. Sein Bruder Herbert kam mit der Insolinspritze herbeigeeilt und verabreichte sie ihr, da sie an Altersdiabetes litt.
»Das ist typisch für Mutter. Sie hat garantiert wieder zu viel vom Kuchen genascht, was sie streng genommen nicht tun sollte«, sagte er vorwurfsvoll.
Ludmilla kam angeblich mehrmals täglich, um ihr eine Spritze zu verabreichen, da Trudchen das nicht alleine bewerkstelligen konnte. Für gewöhnlich kümmerten sich die beiden aber so gut wie gar nicht um die kränkliche Frau.
Pia saß hilflos zwischen den ihr fremden Personen und hielt sich diskret im Hintergrund. Jetzt begann auch noch die Frau seines Halbbruders Sven verbal anzugreifen und beschuldigte ihn, dass er seine Töchter sträflich vernachlässigt habe in der letzten Zeit. Die Situation spitzte sich allmählich zu. Man spürte förmlich die negative Spannung in der Luft. Nach dem Kaffeetrinken bat Pia Sven mit nach draußen zu gehen, um etwas frische Luft zu schnappen. Seine Mutter schlief immer noch tief und fest. Sven verließ grußlos und ohne sich noch einmal nach Herbert und Ludmilla umzusehen mit Pia das Haus.
Beide waren erleichtert, als sie auf die Straße traten.
»Sven, deine Schwägerin und dein Bruder sind unmöglich!«, bemerkte Pia.
»Das kannst du laut sagen! Lass uns abhauen, sonst explodiere ich gleich vor Wut! Die kommen immer nur, wenn es etwas umsonst gibt, und laden sich jeden Sonntag bei meiner Mutter zum Mittagessen ein. Sie lassen die alte Frau stundenlang am Herd stehen und das Essen zubereiten. Das ist natürlich äußerst bequem für Ludmilla, da braucht sie nicht selbst zu kochen und kann sich an den gedeckten Tisch setzen. Herbert weiß ganz genau, dass unsere Mutter das gesundheitlich nicht mehr verkraftet, verliert aber kein Wort darüber. Er hat Angst davor, dass sie ihn wieder als Krüppel titulieren und ihn vor allen Leuten schlechtmachen könnte. Ludmilla zeigt ihm eindeutig, dass er zu Hause absolut nichts zu melden hat. Wenn Herbert ihr lästig wird, nimmt sie ihm einfach die Krücken weg, damit er sich im Haus nicht mehr fortbewegen kann. Somit ist er ihr vollkommen hilflos ausgeliefert und kann sich nur noch kriechend durch die Wohnung bewegen. Ludmilla ist ein richtiges Miststück und mit allen Wassern gewaschen.
Seit mehreren Jahren geht Herbert zweimal wöchentlich zu meiner Mutter zum Essen und am Wochenende kocht sie ebenfalls für die beiden. Sie hatten noch nie in Erwägung gezogen, für die Verköstigung etwas beizusteuern. Meine Mutter bleibt auf all den Kosten sitzen. Sie bezieht nur eine kleine Rente und muss selbst einschränken, um mit dem wenigen Geld bis zum Monatsende einigermaßen über die Runden zu kommen.
Ludmilla engagiert sich lieber in ihrer Freizeit bei Wohltätigkeitsvereinen, statt meiner Mutter hilfreich unter die Arme zu greifen. Solange ich noch bei ihr gelebt habe, gab es derartige Zustände nicht. Die beiden nutzen sie total aus. Wenn meine Mutter sie um Hilfe bat, hatten sie tausend Ausreden parat, um nicht bei ihr auf der Bildfläche erscheinen zu müssen. Früher hatte sie zusätzlich noch zwei Putzstellen und am Abend nahm sie Änderungsarbeiten für Kleidung an. Sie arbeitete oftmals bis spät in die Nacht und war total erschöpft. Das tat sie alles nur, dass es meinem Bruder und mir an nichts fehlte. Deshalb kann ich die beiden einfach nicht verstehen. Wie kann man nur dermaßen egoistisch sein?«, sagte Sven ungehalten.
Pia und Sven schlenderten zwei Stunden ziellos durch die Straßen von Recklinghausen. Sie traten erst den Rückweg an, als es bereits zu dämmern begann und sie gewiss sein konnten, dass Herbert und Ludmilla das Haus verlassen hatten.
Als Sven die Wohnungstür aufschloss und sie das Wohnzimmer betraten, schüttelte er naserümpfend den Kopf. Seine Mutter lag in einer Decke eingehüllt auf der Couch und schlief friedlich. Auf dem Kaffeetisch standen immer noch die Torten vom Nachmittag und das schmutzige Geschirr. Pia nahm ein Tablett, räumte alles schweigend zusammen und trug es in die Küche. Sie ließ Wasser im Spülbecken ein, spülte das Essgeschirr und Sven trocknete es ab.
Nach dem Spaziergang und dem ausgefallenen Kaffeetrinken am Nachmittag hatten sie beide Appetit bekommen. Sven richtete in der Küche das Abendbrot her. Anschließend ging er ins angrenzende Wohnzimmer und weckte behutsam seine Mutter, die ihn blinzelnd und geblendet von der Deckenbeleuchtung, die das Zimmer erhellte, ansah.
»Mama steh bitte auf und komm in die Küche, es gibt gleich Abendessen«.
Sie streckte und reckte sich und folgte Sven noch schlaftrunken auf wackeligen Beinen in die Küche. Sie nahm am Tisch Platz und ein glückliches Lächeln huschte über ihr faltiges Gesicht.
»Bub, das ist aber lieb von euch. Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mich das letzte Mal an einen gedeckten Tisch setzen durfte«, sagte sie dankbar.
Sven umarmte seine Mutter und gab ihr einen Kuss. Pia konnte nicht anders, weil sie so gerührt war von ihren Worten, und strich ihr sanft über das graue Haar.
»Ich schäme mich für Ludmilla, aber ich kann sie leider nicht außen vor lassen, bei Familienfeiern und sonstigen Anlässen. Herbert bekommt das dann doppelt und dreifach heimgezahlt von Ludmilla«, sagte sie mit weinerlicher Stimme.
»Du kannst doch nichts dafür, beruhige dich bitte!«, antwortete Sven beschwichtigend.
Nach dem Abendessen sahen sie alle noch eine Weile fern, bis Trudchen die Augen vor Müdigkeit zufielen. Die ganze Aufregung war für sie zu viel gewesen.
Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass sie eingeschlafen war, suchten sie ebenfalls das ihnen zugewiesene Schlafzimmer seiner Mutter auf. Sven war total gereizt und unruhig. Pia hatte große Mühe ihn zu beruhigen. Er schimpfte fortwährend über Ludmilla und deren Machenschaften. Pia machte sich bettfertig und zog sich die Zudecke bis unter das Kinn, da es sehr kalt im Zimmer war. Pia hatte sich auf einen gemütlichen Abend gefreut, um mit Sven zu kuscheln. Aber daraus wurde nichts, denn Sven fand keine Ruhe, stand immer wieder auf und ging nervös im Schlafzimmer auf und ab. Pia betrachtete sein Verhalten mit großer Sorge. Da auch sie von der langen Autofahrt und den Familienstreitigkeiten etwas mitgenommen war, verfiel sie nach einiger Zeit in einen unruhigen Dämmerschlaf. Sie nahm vor dem Einschlafen noch wahr, dass Sven am Bettende saß. Er starrte vor sich hin und schimpfte leise vor sich her.
Als sie mitten in der Nacht erwachte, weil sie dringend die Toilette aufsuchen musste, war das Bett neben ihr leer und unbenutzt. Sie zog sich den Bademantel über, den ihr Trudchen über den Stuhl gehängt hatte. Sie öffnete leise die Tür und schlich auf Fußspitzen in den Flur, um Svens Mutter nicht zu wecken. In der Küche war Festbeleuchtung. Sie traute ihren Augen nicht. Sven saß am Küchentisch und vor ihm standen fünf leere Bierflaschen und einige Flachmänner, die er ausgetrunken hatte. Pia war entsetzt und auch schwer enttäuscht von Sven. Seine Standfestigkeit nichts Alkoholisches zu trinken hatte nicht lange angehalten. Sie stellte sich die Frage, ob sie ihn jetzt ansprechen sollte oder besser leise die Toilette aufsuchen und dann wieder zu Bett gehen. Sie entschied sich für Letzteres. Sie wollte mitten in der Nacht keinen unnötigen Streit heraufbeschwören, denn Meinungsverschiedenheiten hatten sie bereits zu genüge.
Vermutlich bereute es Sven morgen früh schmerzlich, dass er zur Flasche gegriffen hatte, nur um seinen Ärger hinunterzuspülen. Er musste doch wissen, was der Alkohol mit ihm in der Vergangenheit angerichtet hatte. Warum fing er jetzt wieder mit dem Trinken an? Leise schlich sie zurück ins Schlafzimmer und zog behutsam die Tür hinter sich ins Schloss. Sie war total aufgewühlt und machte sich irrsinnige Sorgen um Sven. Eines begriff sie nicht! Warum füllte seine Mutter den Kühlschrank randvoll mit alkoholischen Getränken? Sie wusste doch um die Dinge und was der übermäßige Alkoholkonsum in den vergangenen Jahren bei Sven angerichtet hatte. Das war unverantwortlich von ihr, Sven in eine derartige brenzlige Situation zu bringen. An Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken. Unruhig wälzte sie sich im Bett hin und her. Sie hatte immer noch einen kleinen Funken Hoffnung, dass Sven Vernunft annahm und zu ihr ins Bett kam. Aber nichts dergleichen geschah. In den frühen Morgenstunden musste sie die Müdigkeit übermannt haben und eingeschlummert sein. Als sie erwachte, lag Sven neben ihr im Bett und schnarchte entsetzlich. Seine Alkoholfahne war widerlich. Sie stand auf, kleidete sich an und ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Anschließend suchte sie die Küche auf und sah nach, ob seine Mutter schon wach war. Sie saß alleine dort und hatte eine dampfende Tasse mit Bohnenkaffee vor sich stehen. Pia setzte sich zu ihr an den Küchentisch.
Sie bot ihr eine Tasse Kaffee an, die Pia dankend annahm, um die Müdigkeit zu vertreiben. In der vergangenen Nacht hatte sie kaum Schlaf gefunden vor lauter Sorge um Sven.
»Kannst du mir bitte sagen, warum der Kühlschrank mit alkoholischen Getränken vollgestopft ist. Du weißt doch genau, dass Sven keinen Tropfen trinken darf!«, sagte Pia vorwurfsvoll und sah sie wütend über den Rand ihrer Kaffeetasse an.
»Ich habe es doch nur gut gemeint. Wenn ich früher nichts alkoholisches Zuhause hatte, probte Sven einen Aufstand und besorgte sich das Zeug in der Stadt. Das wollte ich vermeiden. So trank er wenigstens im Haus und wurde nach außen hin nicht auffällig«, sagte sie kleinlaut und mit weinerlicher Stimme.
»Aber das ist doch keine Lösung! Ich möchte, dass alle alkoholischen Getränke während unseres Aufenthaltes aus der Wohnung verbannt werden. Es ist unmöglich von dir, Sven in eine solche prekäre Lage zu bringen.«
»Okay, dann lass uns die Bierflaschen und die Flachmänner in den Keller hinuntertragen, solange er noch schläft!«, sagte sie mit Tränen in den Augen.
Gemeinsam schafften sie die Flaschen in einem Tragekorb nach unten und schlossen sie in einem uralten Kleiderschrank ein, der im Keller seinen Platz gefunden hatte. Pia selbst nahm den Schlüssel an sich und steckte ihn in die Hosentasche.
Als sie wieder nach oben kamen, war von Sven immer noch nichts zu sehen. Trudchen riet ihr dazu, ihn besser ausschlafen zu lassen, sonst sei er für den Rest des Tages ungenießbar, das wisse sie aus eigener Erfahrung.
Es war bereits Nachmittag, als Sven aus dem Vollrausch erwachte. Er gesellte sich zu ihnen ins Wohnzimmer und vermied den direkten Augenkontakt zu beiden. Pia sagte zu alledem kein Wort, weil sie sich nicht Beisein seiner Mutter mit Sven streiten wollte. Sie bemerkte, dass er ungewöhnlich fahrig war. Er stand auf und lief voller Unruhe getrieben im Zimmer auf und ab. Anschließend ging er in die angrenzende Küche und rauchte eine Zigarette nach der anderen am offenen Küchenfenster. Wenigstens nahm er Rücksicht auf Trudchen, die den Zigarettenqualm nicht vertrug und sofort Atemnot bekam.
Sven sah in einem Fort zum Kühlschrank, so als würde er magisch von ihm angezogen. Seine Hände begannen zu zittern und kleine Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn.
Pia wurde mittlerweile auch ungeduldig, denn sie wollten heute noch den Nachhauseweg antreten, was sie in Anbetracht der Situation schon viel früher hätten tun sollen. Sie bat Sven, seine Sachen zu packen und sich für die Rückreise fertigzumachen. Sie erklärte ihm, dass sie nicht gerne im Dunkeln nach Hause fahren wollte, weil sie nachtblind war. Sven nickte zustimmend und schien froh zu sein, endlich die Küche verlassen zu können. Sie folgte ihm ins Schlafzimmer und beide verstauten schweigend ihre Sachen in den Reisetaschen. Nach einer halben Stunde waren sie zur Abfahrt bereit. Trudchen war untröstlich, als sie voneinander Abschied nahmen. Ihr kullerten ein paar Tränen die Wangen hinunter. Pia und Sven versprachen ihr, sie demnächst einmal zu besuchen. Pia machte gute Miene zum bösen Spiel. Sie hatte nicht die Absicht in absehbarer Zeit wieder hierherzukommen, denn sie fand das Verhalten seiner Mutter alles andere als in Ordnung. Offensichtlich begriff sie nicht die Tragweite ihres Handelns, wenn sie Sven mit Alkohol konfrontierte.
Trudchen winkte ihnen noch lange hinterher, bis sie außer Sichtweite waren. Die Autofahrt verlief stillschweigend. Sven war nach wenigen Minuten auf dem Beifahrersitz eingeschlafen. Mittlerweile begann es schon zu dämmern und Pia musste sich voll und ganz auf das Fahren konzentrieren. Sie war überglücklich, als sie in bekanntes Gefilde fuhr und die Stadt erreicht hatte. Hier waren alle Straßen hell erleuchtet und ihr bestens vertraut. Wohlbehalten parkte sie den Wagen vor dem Haus und weckte Sven, der immer noch tief und fest schlief.
Brummelnd stieg er aus dem Fahrzeug, holte die Reisetaschen aus dem Kofferraum und trug sie nach oben in die Wohnung. Es war mittlerweile schon spät geworden. Pia bereitete das Abendbrot vor. Sven schien keinen Appetit zu haben. Vermutlich war im noch schlecht vom vielen Trinken. Hoffentlich war ihm das eine Lehre und er vermied es, in Zukunft das Zeug anzurühren.
Pia suchte passende Kleidung für den kommenden Arbeitstag heraus, hängte alles an die Garderobe und ging kurz darauf unter die Dusche. Mit Sven zu reden machte heute Abend keinen Sinn mehr. Zudem war sie total müde, da sie das Fahren im Dunkeln sehr angestrengt hatte. Sie sagte Sven kurz und knapp »Gute Nacht« und ging zu Bett. Sie sorgte sich um Sven. Es war ihm nicht zu wünschen, dass er durch diesen unliebsamen Zwischenfall wieder in sein altes Trinkverhalten zurückfiel. Pia hatte noch nie Probleme mit Alkohol. Sie trank meistens nur bei Feierlichkeiten. Bevor Sven zu ihr zog, hatte sie keinerlei alkoholische Getränke im Haus, sei denn Freunde kamen zu Besuch, dann kaufte sie welche ein. Sie dachte noch lange Zeit über das missglückte Wochenende in Recklinghausen nach, bis ihr schließlich vor Erschöpfung die Augen zufielen.
Am nächsten Morgen, als der Wecker sie aus dem Tiefschlaf riss, sah sie sich irritiert im Schlafzimmer um. Erstaunt stellte sie fest, dass das Bett neben ihr unberührt geblieben war. Pia war sichtlich verärgert, schließlich hatte sie sich nicht volllaufen lassen am Vortag, sondern Sven. Wieso bestrafte er sie jetzt mit Missachtung? Ihre Stimmung war nicht die allerbeste, als sie ins Bad ging und dabei einen Blick in die Küche warf. Zu ihrer Überraschung kam ihr Kaffeeduft entgegen. Sven hatte bereits den Frühstückstisch gedeckt, Brötchen beim Bäcker besorgt und frischen Orangensaft ausgepresst. Das heiterte ihre Stimmung schlagartig auf. Sie ging zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.
»Pia, es tut mir leid, was ich getan habe. Ich schäme mich entsetzlich! Entschuldige bitte, es wird nicht mehr vorkommen. Versprochen!«, sagte Sven reumütig und schaute ihr dabei tief in die Augen.
Pia wurde es unter seinen Blicken, die Bände sprachen, ganz heiß. Aber so einfach wollte sie ihm es auch nicht machen. Zudem hatte sie nur noch dreißig Minuten zur Verfügung, dann musste sie zu ihrer Arbeitsstelle fahren. Sie befreite sich sachte aus seinen Armen und nahm ihm gegenüber am Frühstückstisch Platz.
»Sei mir nicht böse, aber ich muss gleich zur Arbeit. Die Zeit reicht noch aus, um gemütlich mit dir zu frühstücken. Wir reden heute Abend«, sagte Pia versöhnend.
»Kein Problem, ich muss auch in Kürze weg.«
Gemeinsam verließen sie nach der ersten Mahlzeit des Tages das Haus und verabschiedeten sich voneinander. Sven wartete auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf den Bus. Pia stieg in ihr Auto und winkte ihm noch einmal zu, bevor sie um die nächste Straßenecke bog.
Als sie nach einem anstrengenden und stressigen Arbeitstag nach Hause kam, fand sie Sven schlafend im Wohnzimmer auf dem Sofa vor. Sie beugte sich über ihn und glaubte Alkohol zu riechen war sich aber nicht vollkommen sicher. Warum war er um diese Uhrzeit schon zu Hause? Für gewöhnlich kam er erst zwei Stunden später als sie von der Arbeit.
Behutsam rüttelte sie ihn wach. Er sah sie aus geröteten Augen an und setzte sich mühsam auf.
»Pia, du bist schon da!«, sagte er verschlafen.
»Wieso bist so früh zu Hause?
»Mir war übel und da habe ich zeitiger aufgehört«, erwiderte er.
»Was hast du denn?«
»Mir ist den ganzen Tag schon unwohl und ich musste mich mehrmals übergeben. Wenn es mir morgen immer noch so schlecht ist, gehe ich zum Arzt und lasse mich krankschreiben.«
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist, dich arbeitsunfähig schreiben zu lassen! Du hast gerade erst deine Probezeit hinter dir!«, sagte Pia besorgt.
»Mach dir keine Sorgen. Womöglich ist es nur eine harmlose Magenverstimmung. Bestimmt geht es mir morgen früh besser!«
Pia schenkte seinen Worten keinen Glauben, da sie nicht ausschließen konnte, dass er erneut Alkohol getrunken hatte. In der Wohnung fand sie jedoch keinerlei Spirituosen oder sonstige Hinweise, die auf einen Rückfall schließen ließen. Sie ließ Sven in Ruhe. Pia verbrachte den Abend vor dem Fernseher, aber ihre Gedanken waren nicht bei dem Spielfilm, den sie sich soeben ansah. Sie sorgte sich immens um Sven. Hoffentlich hatte er am Wochenende keinen Rückfall erlitten. Für Pia war das Thema Alkoholismus absolutes Neuland. Sie hatte sich noch nie mit Alkoholmissbrauch auseinandersetzen müssen, da es in der Vergangenheit keinen Grund dafür gab. All ihre Freunde und Bekannten hatten bislang kein auffälliges Trinkverhalten an den Tag gelegt. Es wurde stets nur bei Festen oder anderen Anlässen gelegentlich Mal etwas über den Durst getrunken, was die meisten am nächsten Tag bereits bitter bereuten. Höllische Kopfschmerzen und Übelkeit gehörten in keiner Weise zu ihrer Tagesordnung. Deshalb vermied sie es grundsätzlich mehrere hochprozentige Getränke durcheinanderzutrinken und spätestens dann aufzuhören, wenn es genug war. Wie sagt man: »Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist!«
Pia ging ohne ihn zu Bett. Sven bestand darauf auf der Couch zu nächtigen, da der Weg zur Toilette näher wäre als vom Schlafzimmer aus, falls ihn die Übelkeit nochmals heimsuchen sollte. Außerdem gab er vor, sie nicht in ihrer Nachtruhe stören zu wollen.
Besonders erbaut war sie von dieser Situation keineswegs, nahm es aber vorerst hin. Am nächsten Morgen machte Sven keinerlei Anstalten, das Haus zu verlassen. Er gab vor, dass ihn immer noch ein Brechreizgefühl plagt und er sich angeblich mehrere Male während der Nacht übergeben musste. Pia zweifelte an der Aufrichtigkeit seiner Worte, da sie in der vergangenen Nacht kaum ein Auge zugetan hatte. Er hatte ein einziges Mal die Toilettenspülung betätigt und keinesfalls mehrmals. Da war sie sich vollkommen sicher, weil sie das Geräusch auch im Schlafzimmer mühelos hören konnte.
Mit einem unbehaglichen Gefühl verließ sie das Haus und fuhr zur Arbeit. Es fiel ihr ausgesprochen schwer sich während der Dienstzeit zu konzentrieren.
Wie erwartet fand sie Sven am Abend zu Hause vor. Erneut beschlich sie das seltsame Gefühl er habe getrunken, denn seine Augen hatten einen merkwürdigen Glanz und waren leicht gerötet. Seine Artikulierung war ebenfalls nicht klar und deutlich. Vielleicht kam das durch sein Unwohlsein. Sven erklärte ihr, dass der Arzt einen Magen-, und Darmvirus diagnostiziert habe. Das bedeutete für ihn als freiberuflicher Mitarbeiter, dass er keinen Lohn für die Fehltage bekam. Pia war äußerst besorgt, dass er nicht in sein altes Verhaltensmuster abrutschte. Sven war in den kommenden Tagen kaum ansprechbar. Er war deprimiert und starrte Löcher in die Luft. Wenn sie sich zu ihm gesellte, wurde er nervös und fahrig. Er rastete sofort aus, wenn sie ihn ansprach. Sie versuchte ihn links liegen zu lassen und hoffte inständig, dass er bald wieder auf der Höhe ist.
In den kommenden Wochen bestätigte sich Pias Verdacht, dass Sven trank. Als sie von der Arbeit nach Haus kam, erwischte sie ihn mit einer bis zur Hälfte geleerten Flasche Metaxa in der Hand in der Küche. Seine Augen waren glasig und er nahm ihre Anwesenheit gar nicht wahr. Ihre schlimmsten Befürchtungen hatten sich leider bestätigt. Sie versuchte mit Engelszungen auf ihn einzureden, aber all ihre Bemühungen blieben erfolglos. Ob Sven überhaupt ein Wort von dem Gesagtem wahrnahm, wagte sie zu bezweifeln. Er schien weit ab von der Realität zu sein und nahm sein Umfeld kaum noch wahr.
Die Lage spitzte sich von Tag zu Tag mehr zu. Sven trank hochprozentigen Alkohol und das flaschenweise. Als sie ihm wutentbrannt das Getränk wegnahm und den Inhalt in die Toilette kippte, sprang er auf und wurde fuchsteufelswild. Er fuchtelte mit den Armen herum, als wäre er nicht mehr bei Sinnen. Außer sich vor Wut griff er nach seiner Lederjacke und verließ laut tobend mit torkelnden Schritten die Wohnung. Er blieb stundenlang von zu Hause fern und Pia war äußerst beunruhigt. Sie hatte stets Angst, dass ihm in diesem Zustand etwas Schreckliches zustoßen könnte. Wenn er dann endlich spät in der Nacht nach Hause, war er dermaßen abgefüllt, dass sie es vorzog, einen großen Bogen um ihn zu machen. Er verkroch sich nach den Sauftouren stets im Wohnzimmer und nächtigte auf dem Sofa. Pia hielt jede Nacht die Luft an, dass er beim Rauchen nicht die Bude in Brand steckte. Paradoxerweise passierte gottlob nichts.
Pia war ratlos und verzweifelt, da sie keinerlei Erfahrung im Umgang mit alkoholisierten Menschen hatte. Eine innere Stimme warnte sie eindringlich davor, von Sven Abstand zu halten, wenn er volltrunken war. Er bekam jeden Satz, den sie zu ihm sagte sofort in den falschen Hals und er sah sie mit einem hasserfüllten Blick an, der Bände sprach. Das war dann ein Grund mehr für ihn, erneut mit dem Trinken anzufangen und sie zum Sündenbock zu machen. Aus Angst zog sie sich immer mehr von ihm zurück und versuchte ihm aus dem Weg zu gehen, um weitere unliebsame Konfrontationen zu vermeiden.
Pias Nächte waren ruhelos und Schlaf fand sie nur noch äußerst selten. Das hatte natürlich Auswirkungen. Am Arbeitsplatz konnte sie sich kaum noch konzentrieren, da ihr unentwegt vor Erschöpfung die Augen zufielen. Sie war dermaßen unruhig, weil sie sich fortwährend die Frage stellte, was Sven jetzt tat.
Zu Hause erwarteten sie ununterbrochen andere Probleme, die sie nicht mehr fähig war, aus eigener Kraft zu bewältigen. Sven benötigte dringend Hilfe. Er war auf dem besten Weg, ihr beider Leben an die Wand zu fahren.
Da sie Sven liebte, wollte sie mit ihm den Kampf gegen den Alkohol aufnehmen. Eine Trennung von Sven zog sie keinesfalls in Betracht, da sie Sven als liebenswerten Menschen kennen- und lieben gelernt hatte. Er war ein zärtlicher und einfühlsamer Liebhaber, der all ihre Wünsche erfüllte. Es war für sie unvorstellbar, dass sich seine guten Charaktereigenschaften zwischenzeitlich einfach in Luft aufgelöst haben sollten. Irgendwo tief in ihm schlummerten immer noch die positiven Eigenschaften, die nur wieder an die Oberfläche kommen mussten. Ihr war es ein Rätsel, wie ein Mensch sich in so kurzer Zeit dermaßen zu seinem Nachteil verändern konnte.
Pia nahm sich deshalb vor, alles Erdenkliche für Sven zu tun, damit er den Weg aus der Alkoholsucht herausfand. Sie hoffte, dass er bald wieder zu sich selbst fand und endlich von dem Teufelszeug loskommt. Wie folgenschwer diese Entscheidung sein würde, ihm zukünftig hilfreich zur Seite zu stehen, konnte Pia derzeit noch nicht ahnen.
Nach den Saufexzessen zeigte Sven sich stets reumütig und kam bei ihr förmlich angekrochen, um sie um Verzeihung zu bitten. Er schämte sich dann wegen des übermäßigen Alkoholkonsums und wie er sich Pia gegenüber verhalten hatte. Er fiel vor ihr auf die Knie und beteuerte ihr mit Tränen in den Augen, dass er in Zukunft alles dafür tun wird, um keinen Alkohol mehr zu konsumieren. Sven gestand ihr, dass ein Leben ohne sie unvorstellbar wäre und das er sie nicht verlieren wollte.
Anfangs nahm Pia ihm noch die Beteuerungen ab, aber kaum waren einige Tage vergangen, wurde Sven erneut fahrig, seine Hände zitterten und er bekam Schweißausbrüche. Er wanderte dann voller Unruhe getrieben durch die Wohnung, wie ein Tiger im Käfig. Wenig später hielt er es nicht mehr aus und ging. Dann war er für Stunden verschollen.
Pia sorgte sich entsetzlich um ihn. Wenn er nach seinen Streifzügen wieder auftauchte, hatte er stets für genügend Nachschub gesorgt. Mittlerweile schämte sich Pia vor den Nachbarn, denn sie befürchtete, dass Svens Zustand auch den anderen nicht verborgen blieb.
Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sein Hausarzt dahinterkam, was es in Wirklichkeit mit seinem Gesundheitszustand auf sich hatte. Sven schien offenbar über kolossales schauspielerisches Talent zu verfügen, um den Arzt dermaßen überzeugend gegenüberzutreten, dass er jedes Mal wieder mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach Hause zurückkehrte. Noch hatte er zehn Tage Gnadenfrist bis seine Krankmeldung auslief. Was dann?
Svens Arbeitgeber hatte schon mehrmals versucht ihn telefonisch zu erreichen, aber leider vergebens. Sven ließ sich stets verleugnen. Er war zu feige selbst mit seinem Chef zu sprechen und überließ das Pia. In der Firma fielen Terminarbeiten an, die keinen Aufschub duldeten, deshalb rechneten sie jeden Tag fest mit der Rückkehr von Sven. Pia war es leid, unaufhörlich für Sven lügen zu müssen.
Durch die häufigen Krankschreibungen und den ständigen Alkoholmissbrauch setzte Sven seine Arbeitsstelle aufs Spiel. Sie suchte verzweifelt nach einer Lösung, um Sven helfen zu können. Pia war total ahnungslos, wie sie ihn unterstützen konnte. Sie sah tatenlos mit an, wie er jeden Tag ein Stückchen mehr abrutschte und ihr entglitt. Pia gewann den Eindruck, dass er sich selbst aufgegeben hatte und er nur noch in den Tag hineinlebte, ohne sein Umfeld wahrzunehmen. Sein derzeitiger Tagesablauf - wenn man es so nennen darf - bestand überwiegend aus Saufen, Rauchen und Schlafen. Die Körperhygiene litt auch unter dem Alkoholproblem. Oftmals stank er zehn Meilen gegen den Wind nach Alkohol. Er war unrasiert, ungekämmt und vom Duschen hielt er auch nichts mehr. Ein äußerst besorgniserregender Zustand, der sehr zu wünschen übrig ließ.