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Eberhard Bohn: der Mühlendoktor

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Eigentlich müsste man ihm ein Denkmal setzen. Und wenn, dann müsste es eine Mühle sein. Doch es wäre ihm nicht recht. Schon gar nicht zu Lebzeiten. Eberhard Bohn, geboren 1935, ist der Letzte seines Standes im Schwäbischen Wald: Er hat in jungen Jahren das Handwerk des Mühlenbauers gelernt.

»Die Leute meinen immer, das Mühlrad sei gleichbedeutend mit der Mühle«, sagt er knitz und milde lächelnd, wie es seine Art ist. Es stecke aber viel mehr Technik in einer Mühle: Förderanlagen für das Getreide, Einrichtungen zum Reinigen und Sortieren und selbstverständlich die komplizierten Mahlwerke. All das konnte er bauen. Allerdings kamen kleine Mühlen, wie er sie bauen konnte, aus der Mode, kaum dass er ausgelernt hatte. »Es gab in den 1950er-Jahren Programme der Bundesregierung, die das Stilllegen kleiner Mühlen finanziell belohnten«, erzählt er. »Man setzte alles auf Großmühlen, die in einer Stunde schafften, wofür ein kleiner Müller ein Jahr lang schuften musste.« Eberhard Bohn, der gemeinsam mit seinem Vater in Kirchenkirnberg bei Murrhardt den Mühlenbau betrieb, sattelte um: Man stellte nun landwirtschaftliche Siloanlagen her. »Mein Berufsleben hatte eigentlich kaum mit Mühlen zu tun, und doch kennen mich die Leute heute hauptsächlich als den Mühlenbauer.«

Denn an fast jede der Mühlen, die heute im Schwäbischen Wald noch funktionsfähig sind, hat er seine fachmännische Hand angelegt. Nachdem die Mühlen als Erwerbsquellen ausgedient hatten, sind die meisten in Vergessenheit geraten. Als man ihren Denkmalwert entdeckte, waren sie mehr oder minder hinüber. Da gab es im Schwäbischen Wald nur einen, der helfen konnte: Eberhard Bohn. Das hat er gern getan, immer in seiner Freizeit und mit vielen ehrenamtlichen Helfern, die die alte Technik noch verstanden haben. Dass man ihn Mühlendoktor nennt, damit kann er leben. »So haben die Menschen hier in der Gegend den Mühlenbauer genannt, wenn er kam, um eine Mühle zu reparieren«, sagt er. Man braucht wohl tatsächlich ein diagnostisches Gespür, um im komplizierten Räderwerk herauszuhorchen, wo es den Patienten zwackt und wo es klemmen könnte.

Als er noch jünger und fitter war, hat man ihn aus ganz Deutschland um Hilfe beim Restaurieren von Mühlen oder dem Bau von Wasserrädern gerufen. Dass es heute im Schwäbischen Wald einen jährlichen Mühlentag gibt, ist zu einem großen Teil seiner Initiative zu verdanken. Aus Altersgründen kann er heute nicht mehr selbst Hand anlegen beim Bau von neuen Rädern für alte Mühlen. Gut zwei Dutzend sind nach seinen Plänen entstanden, als er noch jünger war. Immerhin kann er noch Rat geben, wenn es irgendwo klemmt. Und fuchtig werden, wenn es die Jungen trotz seiner präzisen Erklärungen nicht hinbekommen.

Zunehmend hat er sich einer anderen Leidenschaft verschrieben, buchstäblich: Er schreibt auf. Er hat Geschichten, Sagen und Märchen aus der Murrhardter Gegend gesammelt und zu Papier gebracht. Gern erzählt er sie bei Lesungen, wo die Geschichten von Hexen und Hexenbannern den Zuhörern eine Gänsehaut ins Genick schauern. Er schreibt auch eigene Texte: in schwäbischer Mundart, Gedichte und Prosa. »Ich möchte gern unseren speziellen Dialekt festhalten. Das Kirnberger Schwäbisch stirbt mit uns Älteren aus«, sagt er. Ob Mühlräder oder Mundartbücher: Eberhard Bohns Werke nehmen uns mit in eine Zeit, die schon verwischt und die erinnernswert ist. Die jüngsten Bücher des vielfach begabten Eberhard Bohn sind: »Der Gänsjakob und andere Geschichten aus dem Schwäbischen Wald« sowie die Gedichtesammlung »Dr helle Bleedsenn? – Schwäbisch oifach so zemadichtet«.


55 Gründe, den Schwäbischen Wald zu lieben

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