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Champagnerluft: wie sie den Dichter inspirierte

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Dem Kerner begegnet man im Württembergischen fast auf Schritt und Tritt. Zum Beispiel, wenn man ein Viertele des fruchtigen Weißweins aus dem Neckar- oder Remstal genießt. Ausgeschenkt wird er gewiss auch in Welzheim, das für seine gute Luft berühmt wurde. Ihren Namen trägt die Weißweinsorte nach einem Vielbegabten: Justinus Kerner, Arzt, Okkultist und Poet. Auch diesem Kerner, Justinus, begegnet man im Schwäbischen Wald immer wieder.

Als Medizinstudent war Kerner einer der Köpfe der romantisch gestimmten Schwäbischen Dichterschule, zu der unter anderem auch Gustav Schwab und Ludwig Uhland gehörten. Auf die Romantik des Schwäbischen Walds kam Justinus Kerner durch seine Berufstätigkeit als Arzt. Zwischen 1812 und 1815 war er Amtsarzt in Welzheim, wurde dann Oberamtsarzt in Gaildorf und wechselte 1819 nach Weinsberg, wo er bis zu seiner Pensionierung blieb. Einige Quellen schreiben ihm zu, er habe für das Welzheimer Klima den Begriff »Champagnerluft« geprägt. Das ist allerdings nur eine Sage. Erst 100 Jahre nach Kerners Welzheimer Zeit war in einem Reiseführer zu lesen: »Wie leicht wandert sich’s hier oben, 500 Meter über dem Meer, in der ozonreichen, staubfreien, prickelnden Champagnerluft.« Auf Justinus Kerner hat das prickelnde Klima wohl auch inspirierend gewirkt: Er hat in seiner Welzheimer Zeit gemeinsam mit Schwab und Uhland zwei Gedichtesammlungen veröffentlicht. Einer der Lieblingsplätze des Dichters war die Wieslaufschlucht mit der tief im Tal liegenden Klingenmühle. Sie wurde Inspiration zum Gedicht »Der Wanderer in der Sägmühle«. Die Kulisse ist bis heute vorhanden: Man muss nur vom Parkplatz bei der Laufenmühle einige Hundert Meter talwärts gehen, und die Mühle steht wie eh und je wildromantisch am rauschenden Bach.


Die Klingenmühle in der Wieslaufschlucht

Gut möglich, dass Kerners Schriften damals schon als Tourismuswerbung funktionierten. Noch zu seinen Lebzeiten zog es die ersten Erholungssuchenden nach Welzheim. Die Anreise war nicht einfach: Da Welzheim erst spät, im Jahr 1911, einen Bahnanschluss erhielt, kam man nur mit Pferdewagen oder per pedes in die Oberamtsstadt Welzheim, die auf 520 Meter Höhe liegt. Als die Eisenbahn endlich auch Welzheim erreichte, kurbelte sie den »Fremdenverkehr« enorm an. Wochenends brachten voll besetzte Züge die Ausflügler und Erholungssuchenden umsteigefrei aus Stuttgart in den Luftkurort. Die Geschichte wiederholt sich: Heute kann man an Sonn- und einigen Feiertagen wieder wie die Sommerfrischler von einst anreisen. Die Schwäbische Waldbahn schnauft mit Museumszügen, abwechselnd mit Dampf- oder Diesellok, von Schorndorf durchs Wieslauftal hinauf nach Welzheim. Wer seine Zeitreise in die Sommerfrische zu Fuß fortsetzen möchte, steigt am Haltepunkt Tannwald aus und spaziert auf dem neuen »Feenspuren«-Premiumweg »Römerwald«. Es gibt eine Menge zu sehen auf der 5,6 Kilometer langen Runde: unter anderem Mammutbäume, landschaftstypische Gewässer und die hübsche Hagmühle mit gemütlichem Biergarten, der sonntags geöffnet hat. Welzheims archäologisches Glanzlicht, das rekonstruierte römische Ostkastell am ehemaligen Limes, ist nur einen kleinen Abstecher vom »Römerwald«-Weg entfernt.

»www.feenspuren.de/roemerwald

55 Gründe, den Schwäbischen Wald zu lieben

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