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Schlussbetrachtung

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Anlässlich der Tage der Deutschen Kunst, die in München in den Jahren 1933, 1937, 1938 und 1939 rund um das Haus der Deutschen Kunst veranstaltet wurden, eröffnete ein Abbild der Athene den Umzug der verschiedenen Epochen der deutschen Kunst. Dem Publikum wurde so deutlich gemacht, dass die Griechen Germanen sind und dass ihre Kunst der nordischen Rasse angehört.

Dies war von vitaler Bedeutung. Wo sonst sollte man den Ausdruck und die Bestätigung für den herausragenden Rang der nordischen Rasse finden? Gewiss findet man auch im Mittelalter dafür Belege, etwa in Gestalt der Kathedralen, und in der Neuzeit bei Bach und schließlich bei den deutschen Philosophen der Gegenwart. Die frühen Epochen liefern dagegen nichts Brauchbares: Scherben von Tonkrügen und Holzreste von Pfahldörfern, die Himmler als begeisterter Erfinder der germanischen Vergangenheit von Scharen von SS-Archäologen dem Boden entreißen ließ. Hitler erregte sich über diese Grabungen: Wozu dienen sie, außer zum Beweis dafür, „daß wir keine Vergangenheit haben“? Lediglich zur Veranschaulichung der Rückständigkeit der Germanen und Germaniens taugten diese dürftigen Erzeugnisse.

Hitlers Blick wies in andere Richtung, und er argumentierte mit den Klima-Unterschieden zwischen Mittelmeerraum und Germanien. Der gemeinsame nordische Ursprung der Bewohner des einen wie des anderen Gebiets duldete keinen Zweifel und so wurde der Entwicklungsunterschied zwischen beiden Zonen der unterschiedlichen Sonneneinstrahlung und dem Temperaturunterschied zugeschrieben.

Hitlers Beziehung zur Antike war von einem kulturellen Minderwertigkeitskomplex geprägt, der des Öfteren nördlich der Alpen in Hinsicht auf das Prestige der mediterranen Vergangenheit zu konstatieren ist. Es genügte aber nicht, Erklärungen für die Rückständigkeit der Germanen zu finden. Hitler versah Griechen und Römer auch mit einer nordischen Genealogie, darin unterstützt von einer universitären Tradition, die seit dem 19. Jahrhundert derartige Auffassungen vertrat. Rassenkundler, Anthropologen und Historiker feierten so im Einklang mit der Führung von Partei und Staat einen blonden Augustus und einen Perikles mit blauen Augen. Auch auf diesem Feld beschränkte sich die Botschaft nicht auf den Bereich wissenschaftlicher Arbeiten. Sie wurde an den Münchner Festtagen in Szene gesetzt und in Schulen, Kasernen und der Partei unterrichtet. Auch hier war es Ziel des rassenkundlichen Diskurses, germanischem Stolz dadurch eine Grundlage zu verleihen, dass man das mediterrane Erbe annektierte; statt den Süden dem Norden noch länger gegenüberzustellen, schickte man sich an, ihn sich einzuverleiben. Das germanisch-nordische Blut hatte nicht nur einen Haufen Tonscherben und Holzhütten hervorgebracht, sondern unter milderem Klima und auf fruchtbareren Böden den Parthenon errichtet und Kulturen von hohem Rang.

Der Diskurs von Partei und Staat des Nationalsozialismus über das griechische und römische Altertum hatte einmal mehr eine tröstende und beruhigende Funktion, die dem durch die Niederlage von 1918 erschütterten Nationalstolz eine gewisse Aufhellung bot: Griechen und Römer wurden nachdrücklich eingeladen ins Pantheon der deutschen Kultur, in ein Walhalla, bestehend aus weltanschaulichen Gründungsdiskursen, aus schulischer und sonstiger Lehre sowie ihrer Verbreitung in allen möglichen Formen von Kunst und events.

Diese Annexion beschränkte sich nicht auf das Gebiet des Symbolischen, so wichtig diese auch war. Im April 1941 legitimierte der Diskurs über das Indogermanentum der Griechen die Invasion Griechenlands durch die Truppen des Reichs, die angesichts der Schwierigkeiten des italienischen Verbündeten herbeieilten. Das rassisch entartete und mit den Engländern verbündete griechische Volk verdiente es wohl nicht, über ein Land, ein Erbe und eine Kultur zu verfügen, deren Nießbrauch es zwei Jahrtausende innehatte, was sich aber aufgrund seines rassischen und politischen Niedergangs nicht länger aufrechterhalten ließ. Die deutschen Truppen taten nichts anderes, als ein Land und seine Kultur deren legitimen indogermanischen Besitzern zurückzugeben.

Wie wir im Fall der SS gesehen haben, ging diese Aufwertung und Propagierung des antiken Mittelmeerraums nicht ohne Auseinandersetzungen vonstatten. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten hatte bei den Germanentümlern, die vernarrt in sächsische Vorgeschichte und Runenalphabete waren, berechtigte Hoffnungen erweckt. Um ihre Ideen voranzutreiben, brachen diese eine Debatte über die Frage humanistischen Unterrichts vom Zaun.

Der Nationalsozialismus und die Antike

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