Читать книгу Homilien über den ersten Brief an die Korinther - Johannes Chrysostomos - Страница 10

Fünfte Homilie.

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I.

26. 27. Sehet, Brüder, nur auf euere Berufung; da gibt es nicht viele Weise nach dem Fleische, nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme, sondern was vor der Welt thöricht ist, hat Gott erwählt, um die Weisen zu beschämen.

I. Der Apostel hat nun gesagt, daß das thöricht scheinende Werk Gottes die Weisheit der Menschen übertreffe; er hat sowohl aus der Schrift als aus der Erfahrung gezeigt, daß die Weisheit der Menschen Nichts mehr gelte; und zwar aus der Schrift mit den Worten: „Vernichten will ich die Weisheit der Weisen;“ aus der Erfahrung, indem er fragend fortfuhr: „Wo ist ein Weiser? wo ein Schriftgelehrter?“ Damit zeigte er zugleich, daß die Sache nicht neu, sondern alt sei, weil schon längst vorgebildet und vorhergesagt. „Denn es steht geschrieben,“ heißt es: „Vernichten will ich die Weisheit der Weisen. „Nebstdem bewies er auch, daß Dieses nützlich und zweckmäßig so geschehen sei. „Denn weil die Welt,“ spricht er, „vor Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, so gefiel es Gott, durch einen thöricht scheinenden Lehrvortrag die Glaubenden zu befeligen;“ und ferner: daß das Kreuz ein Beweis von unaussprechlicher Kraft und Weisheit sei, und daß das thöricht scheinende Werk Gottes die menschliche Weisheit weit übertreffe. Das beweist er nun hier neuerdings, nicht an den Lehrern, sondern auch an den Schülern selber. „Sehet,“ spricht er, „auf euere Berufung!“ Gott hat sich nicht nur ungelehrte Lehrer, sondern auch solche Schüler erwählt: „da gibt es nicht viele Weise nach dem Fleische,“ heißt es. Dadurch erscheint das Predigramt mächtiger und weiser, daß es Viele, und auch Ungelehrte überzeugte; denn es ist sehr schwierig, einen Unwissenden zu überzeugen, besonders wenn von wichtigen und erhabenen Dingen die Rede ist. Dennoch haben die Apostel Dieses gethan, und als Zeugen hievon ruft er sie selber auf: „Sehet nur, Brüder, auf euere Berufung!“ Gebt nur Acht, forschet nach! Daß ungelehrte Menschen so weise und Alles übertreffende Lehren angenommen haben, liefert den kräftigsten Beweis für die Weisheit des Lehrers.

Was heißt aber das „dem Fleische nach“? Es heißt dem Scheine nach, der irdischen Ansicht gemäß und nach weltlicher Bildung. Um nun aber nicht sich selbst zu widersprechen, — denn er hatte den Prokonsul, den Areopagiten und den Apollo bekehrt, und wir sahen auch andere Weise das Evangelium annehmen, — sagt er nicht: Es gibt keinen Weisen, sondern: „nicht viele Weise.“ Denn Gott hat nicht vorzugsweise die Ungelehrten berufen und die Weisen ausgeschlossen, sondern auch diese nahm er auf, aber von jenen weit mehrere. Warum denn Das? Weil der Weise nach dem Fleische voll Thorheit ist, und weil dieser der größte Thor ist, wofern er die schlechte Lehre nicht verlassen will. Wenn ein Arzt Andere in der Heilkunde unterrichten wollte, so würden Diejenigen, welche schon etwas Weniges davon verstehen und die Sache schlecht und verkehrt getrieben baben, hartnäckig darauf bestehen und sich nicht leicht eines Bessern belehren lassen; Diejenigen hingegen, die noch Nichts davon verstehen, würden seinen Unterricht willig aufnehmen; so geschah es auch hier: die Ungelehrten ließen sich leichter überzeugen; denn sie besaßen nicht jenen äussersten Grad von Thorheit, daß sie sich selber für Weise hielten. Denn die größten Thoren sind vorzüglich Diejenigen, welche mit der Vernunft untersuchen wollen, was sich nicht anders als durch den Glauben finden läßt. Gleichwie wir einen Schmied, welcher das glühende Eisen ohne Zange mit der bloßen Hand aus dem Feuer ziehen wollte, für ganz wahnsinnig halten würden, so machten es auch die Weltweisen, welche den Glauben verschmähend jene Dinge aus sich selber finden wollten. Deßhalb fanden sie denn auch Nichts von dem, was sie suchten. „Nicht viele Mächtige, nicht viele Vornehme;“ denn auch diese sind von Stolz aufgebläht. Nichts aber hindert so sehr die vollkommene Gotteserkenntniß, als der Übermuth und die Liebe zum Reichthum; denn diese Dinge bewirken, daß man nur das Gegenwärtige bewundert, um das Zukünftige sich nicht kümmert und, voll irdischer Sorgen, die Ohren verschließt. „Sondern was thöricht ist vor der Welt, hat Gott erwählt;“ und Das ist denn der kräftigste Beweis des Sieges, daß er durch die Unwissenden siegt.


II.

Denn die Schande für die Griechen wäre nicht so groß, wenn sie von Weisen wären besiegt worden; aber Das muß sie tief beschämen, daß Handwerker und gemeine Leute sie an Weisheit übertreffen. Darum sagt der Apostel: „um die Weisen zu beschämen.“ Das that aber Gott nicht allein hierin, sondern auch in andern Vorzügen des Lebens.

Und das Schwache von der Welt hat Gott auserwählt, um das Starke zu Schanden zu machen. Nicht nur Ungelehrte, sondern auch Arme, Niedrige, Unansehnliche hat er berufen, um die Mächtigen zu erniedrigen.

28. Und das Niedrige vor der Welt und das Verächtliche und das Nichtsgeltende hat er ausersehen, um Das, was viel gilt, in seinem Nichts darzustellen.

Und was nennt er das Nichtsgeltende? Die ganz Geringen, die für Nichts geachtet werden. Dadurch zeigte er seine große Gewalt, daß er die Hohen gestürzt hat durch Die, welche Nichts zu sein schienen. So spricht er auch anderswo:52 „Meine Kraft ist in der Schwachheit mächtig.“ Denn Das ist eine gewaltige Kraft, welche diese verachteten Männer, die nie den mindesten Unterricht genossen hatten, schnell mit himmlischer Weisheit erfüllte. Wir bewundern ja auch den Arzt, den Redner und alle Andern dann am meisten, wenn sie ganz unwissende Leute mit Erfolg unterrichten und belehren. Wenn nun schon die Bildung eines Unwissenden zur Kunstfertigkeit eine so große Bewunderung erregt, wie viel mehr die Bildung zu einer so hohen Weisheit? Das hat aber Gott nicht allein des Wunders halber gethan, noch um seine Macht zu zeigen, sondern auch um die Stolzen zu demüthigen. Daher heißt es oben: „Um die Weisen zu beschämen,“ um Jene, die viel gelten, in ihrem Nichts darzustellen;“ und hier wieder:

29. Damit kein Sterblicher vor Gott sich berühme.

Denn Gott thut Alles deßwegen, um den Hochmuth und Stolz zu unterdrücken, um der Ruhmsucht Einhalt zu thun; — und Ihr verharret noch darin? Er thut Alles deßwegen, auf daß wir Nichts uns, sondern Alles ihm zuschreiben. Und ihr nun, die ihr es bald mit Diesem, bald mit Jenem haltet, welche Verzeihung werdet ihr erlangen? Hat doch Gott, und zwar beim Anfang der Welt gezeigt, daß wir durch uns selbst nicht können gerettet werden! Denn auch damals konnten die Menschen nicht durch sich selber das Heil finden, sondern sie mußten durch die Betrachtung der Schönheit des Himmels, der Größe der Erde und der ganzen übrigen Schöpfung zum Schöpfer hingeführt werden. Dieß aber that er, um schon zum Voraus den künftigen Weisheitsdünkel zu unterdrücken. Gleichwie nämlich ein Lehrer dem Schüler gebeut, ihm stets zu folgen, und denselben, wenn er voreilig Alles aus sich besser wissen will, irre geben läßt, um ihm dadurch zu zeigen, daß er sich allein beim Studium noch nicht zu helfen wisse, und ihm dann wieder an die Hand geht: so wollte auch Gott im Anbeginne, daß die Menschen ihn durch den Anblick der Schöpfung erkennen sollten. Da sie aber nicht wollten, zeigte er ihnen, wie wenig sie aus sich selber vermöchten, und führte sie auf einem andern Wege zu sich: als Leitfaden53 gab er ihnen die Welt. Auch darein vertieften sich die Philosophen nicht, wollten Gott nicht gehorchen, noch auf diesem Wege, den er ihnen angewiesen, zu ihm kommen. Er zeigte ihnen also wieder einen andern Weg, der sie noch deutlicher, als der frühere, überzeugen sollte, daß der sich selbst überlassene Mensch sich nicht genüge. Denn damals konnten sie noch, geleitet von der Schöpfung, Vernunftgründe aufstellen und sich der Weltweisheit bedienen. Jetzt aber ist es nicht mehr möglich gerettet zu werden, wenn man nicht zum Thoren wird, d. h. wenn man nicht, losgesagt von aller Vernünftelei und Weltweisheit, sich dem Glauben in die Arme wirft. Das ist nun aber nichts Geringes, daß er nicht nur den Weg erleichterte, sondern zugleich auch dadurch die Krankheit des eitlen Ruhmes und des Hochmuthes aufhob: „damit kein Sterblicher sich rühme.“ Daher kam eben die Verirrung, daß sie sich weiser zu sein dünkten als die göttlichen Gesetze, indem sie Gott nicht so erkennen wollten, wie er es vorgeschrieben hatte. Darum lernten sie ihn gar nicht kennen. So beschah es auch im Anfange der Welt. Gott sprach zu Adam: Das sollst du thun, Das sollst du nicht thun. Dieser aber, der mehr zu finden wähnte, war ungehorsam und verlor auch Das, was er hatte. Gott sprach zu den später Lebenden: Bleibet doch nicht bei den Geschöpfen stehen, sondern erkennet aus diesen den Schöpfer! Diese aber forschten nach einer höhern Weisheit, als in den obigen Worten lag, und eröffneten tausend Irrgänge. Daher geriethen sie mit sich selbst und unter einander in Zwiespalt und fanden weder Gott, noch wußten sie etwas Zuverlässiges über die Schöpfung, noch hatten sie eine wahre und richtige Ansicht von ihr.

Darum schlug Gott abermals ihren Dünkel gewaltig zu Boden, indem er die Unwissenden zuerst auftreten ließ, um zu zeigen, daß der Weisheit von oben Alle bedürfen. Gott traf aber nicht allein in Betreff der Erkenntniß, sondern auch aller andern Dinge eine solche Einrichtung, daß die Menschen und alle übrigen Geschöpfe seiner durchaus bedürfen, um ihnen auch so die beste Gelegenheit zu bieten, unterwürfig und abhängig zu sein, und damit sie durch Widerspenstigkeit nicht zu Grunde gingen. Darum wollte er nicht, daß sie sich selber genügten. Wenn es sogar jetzt, da wir seiner bedürfen, Viele gibt, die ihn verachten: wie weit würden sie in der Verachtung geben, wenn Das nicht der Fall wäre? Daher benahm er ihnen allen Ruhm, nicht aus Mißgunst, sondern um sie dem daraus entstehenden Verderben zu entreissen.

30. Durch ihn aber seid ihr in Christo Jesu, der uns von Gott gegeben wurde zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung.

Die Worte: „durch ihn“ versieht der Apostel, meiner Meinung nach, hier nicht von dem Hervorrufen in’s Dasein, sondern vom Glauben, d. h. sie seien Kinder Gottes geworden, nicht aus dem „Geblüte“, nicht nach dem „Willen des Fleisches“. Glaubet also nicht, daß er euch verlassen habe, indem er euch den Ruhm genommen, denn er hat euch einen andern, größern Ruhm gegeben. Vor ihm darf man sich nicht rühmen. Ihr seid seine Kinder und seid dieß durch Christus geworden. Und nachdem er gesagt hatte: „Das Thörichte der Welt und das Niedrige hat er erwählt,“ zeigt er, daß sie von Allen die Angesehensten sind, da sie Gott zum Vater haben. Der Urheber dieses Adels aber ist nicht etwa irgend ein Mensch, sondern Christus, der uns weise, gerecht und Heilig gemacht hat. Das besagen nämlich die Worte:


III.

„Er wurde uns zur Weisheit gegeben.“

Wer ist also weiser als ihr, die ihr nach dem Willen Gottes nicht die Weisheit des Platon, sondern Christum selber besitzet? Was heißt aber Das: „von Gott?“ Da er Großes vom Eingebornen gesagt, spricht er auch von dem Vater, damit ja Niemand glaube, der Sohn sei unerzeugt. Wie er also davon sprach, daß Gott so Großes gethan, schrieb er das Ganze dem Sohne zu, indem er sagte, dieser sei uns gegeben worden zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und Erlösung. Hinwieder eignet er durch den Sohn Alles dem Vater zu, da er sagt: „von Gott.“ Warum sagte er aber nicht: „Er hat uns zu Weisen gemacht,“ sondern: „Er ist uns gegeben worden zur Weisheit?“ Um die Größe des Geschenkes anzuzeigen; es ist, als wenn er sagte: Er hat sich selbst uns geschenkt. Betrachte, welche Ordnung er einhält. Zuerst machte er uns nämlich zu Weisen, indem er uns vom Irrthum befreite; dann machte er uns gerecht und Heilig, indem er uns den heiligen Geist mittheilte, und so erlöste er uns von allen Übeln, so daß wir ihm angehören, natürlich nicht durch seine Wesenheit, sondern durch den Glauben. Anderswo sagt er, wir seien durch ihn gerecht geworden: „Er ließ Den, der von keiner Sünde wußte, für uns ein Schuldopfer werden, damit wir vor Gott gerecht würden.“54 Hier aber heißt es, er selber sei uns zur Gerechtigkeit geworden, so daß also, wer da will, in reichlichem Maße an ihm Theil nehmen kann. Denn nicht irgend ein Mensch, sondern Christus hat uns zu Weisen gemacht. Wer sich also rühmt, der rühme sich in ihm, und nicht irgend eines Menschen. Durch Christus ist Alles geschehen. Daher setzt Paulus nach den Worten: „der uns gegeben wurde zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und Erlösung,“55 hinzu:

31. Darum, wie die Schrift sagt: Wer sich rühmt, der rühme sich im Herrn.

Deßhalb ließ er sich auch so sehr aus gegen die Weisheit der Griechen, um gerade dadurch die Menschen zu bewegen, in Gott sich zu rühmen, wie es ja die Gerechtigkeit fordert. Denn wollen wir aus eigenen Kräften Das, was über uns ist, erforschen, so sind wir ganz thöricht und ohnmächtig. Zwar mag Jemand ein spitzfindiger Schwätzer sein; aber unmöglich kann er haltbare Lehren aufstellen; denn alle Vernunftbeweise, die wir so aus uns selber entwickeln, gleichen den Spinnengeweben. Einige sind gar in einen solchen Unsinn verfallen, daß sie die Wirklichkeit der Körperwelt leugneten und die Behauptung aufstellten, Alles sei anders, als es erscheine.

Also schreibe dir selbst Nichts zu, sondern bei Allem rühme dich im Herrn! Schreibe keinem Sterblichen Etwas zu! Denn wenn wir dem Paulus Nichts zuschreiben sollen, um soviel weniger dann anderen Menschen. Paulus sagt nämlich: „Ich habe gepflanzt, Apollo hat begossen, Gott aber hat das Gedeihen gegeben.“ Wer da gelernt hat, sich im Herrn zu rühmen, Der wird sich nie erbeben, sondern immer bescheiden sein und dankbar für Alles. Bei den Griechen aber ist es nicht so, sondern sie schreiben sich Alles selber zu. Daher vergöttern sie auch die Menschen: so sehr hat sie der Hochmuth erniedrigt.

Doch es ist nun Zeit, den Kampf gegen sie fortzusetzen. Wo blieben wir also gestern stehen? Wir sagten, es sei nach menschlicher Erwartung nicht möglich gewesen, daß die Fischer über die Philosophen siegten; und doch ist Dieß möglich geworden, woraus erhellet, daß es durch die Gnade geschah. Wir sagten, daß ihnen nicht einmal der Gedanke kommen konnte, so große Dinge auszuführen, und zeigten, daß sie nicht nur diesen Gedanken gefaßt, sondern auch mit leichter Mühe verwirklichet haben. Mit diesem Hauptpunkte unserer Rede wollen wir uns nun heute wieder beschäftigen, nämlich wie sie sich konnten in den Sinn kommen lassen, die ganze Welt zu besiegen, wenn sie nicht Christum, den Auferstandenen, gesehen hätten? Waren sie denn nicht bei Sinnen, daß sie ohne Grund und aufs Gerathewohl so Etwas dachten? Denn wahrlich, es übersteigt allen Wahnsinn, sich ohne Gottes Gnade einen solchen Erfolg zu versprechen. Wie aber konnten sie dieses Werk zu Stande bringen, wenn sie wahnsinnig und ausser sich waren? Waren sie aber bei Sinnen, wie Dieß die Thatsachen zeigten, wie konnten sie es wagen, ohne Beglaubigung vom Himmel und ohne göttlichen Beistand so gewaltige Kämpfe zu bestehen, Krieg zu führen zu Land und zu Wasser, die seit so langer Zeit bestandenen Sitten der ganzen Welt umzuwandeln? Wie konnten zwölf Männer Dieses wagen und so unerschrocken ausharren? Ja noch mehr: wie konnten sie erwarten, daß die Zuhörer ihnen Beifall zollen würden, da sie dieselben zum Himmel und zum Aufenthalte dort oben beriefen? Und wären sie auch berühmt, reich, mächtig und wohl unterrichtet gewesen, auch dann war es noch nicht wahrscheinlich, daß sie sich an ein so schwieriges Unternehmen gewagt hätten, wiewohl in diesem Falle ihre Erwartung einigen Grund gehabt hätte. Nun aber waren Einige von ihnen Fischer, Andere arbeiteten an Zelten, Andere waren in Zollbuden beschäftigt. Diese Beschäftigungen aber sind nun nichts weniger als geeignet, Jemandem hohe Weisheit beizubringen und erhabene Gedanken einzuflößen besonders wenn er kein Beispiel vor sich hat. Sie aber hatten nicht nur keine Beispiele, die ihnen einen guten Erfolg versprochen hätten, sondern sogar Beispiele vom Gegentheile, und die noch in frischem Andenken waren. Denn Viele, die nach Neuerungen trachteten, waren umgekommen. Ich rede da nicht von den Griechen, deren Zustand ganz bedeutungslos war, sondern von den Juden, die eben zu der Zeit nicht etwa mit zwölf Männern, sondern in großer Menge sich wider die bestehende Ordnung empörten. Denn Theudas und Judas, die zahlreiche Volksschaaren hatten, gingen mit ihren Anhängern zu Grunde; und die Furcht vor einem ähnlichen Loose war wohl geeignet, die Apostel zu schrecken, hätten sie nicht die volle Überzeugung gehabt, daß ohne göttlichen Beistand der Sieg unmöglich sei. Und wenn sie auch einen siegreichen Erfolg erwarten konnten: mit welcher Hoffnung bestanden sie so große Gefahren, wenn sie nicht auf das Zukünftige schämen? Und zugegeben, daß sie Hoffnung hatten zu siegen: welchen Gewinn konnten sie sich daraus versprechen, daß sie alle Menschen zu Dem hinführten, der, wie ihr sagt, nicht auferstanden ist?


IV.

Denn wenn heutzutage die Menschen, die wirklich glauben, sich für den Himmel und die zahllosen Güter nicht leicht der Gefahr unterziehen: wie sollten denn Jene so Vieles umsonst, ja sogar zu ihrem Nachtheile leiden? Wäre nicht geschehen, was wirklich geschehen ist; wäre Christus nicht in den Himmel aufgefahren, so mußten sie ja allerdings Gott beleidigen und tausend rächende Blitze von oben erwarten, da sie solche Dinge zu erdichten und Andern aufzuschwatzen versuchten. Hätten sie übrigens diesen Muth auch bei Lebzeiten Christi gehabt, so würden sie ihn nach seinem Tode eingebüßt haben. Denn wofern er nicht auferstanden war, mußte er ihnen als ein Betrüger und Versteller erscheinen. Wisset ihr nicht, daß, so lange der Kaiser oder der Feldherr lebt, auch ein schwaches Heer zusammenhält, hingegen, wenn jene gefallen sind, auch ein starkes Heer sich auflöst?

Welcher überzeugenden Gründe bedienten sie sich nun, als sie das Predigtamt übernehmen und die ganze Welt durchreisen wollten? Welche Hindernisse standen ihnen noch im Wege? Waren sie wahnsinnig (ich werde nicht aufhören, Dieß zu betonen), so konnten sie gar Nichts ausrichten: denn Wahnsinnigen gehorcht Niemand. Wenn sie aber, wie es denn wirklich der Fall ist, Ihr Unternehmen glücklick ausführten, so beweist dieser Erfolg, daß sie an Weisheit Alle übertrafen. Und wenn sie die Weisesten aller Menschen waren, so ist es klar, daß sie nicht so schleckthin an die Verkündigung des Evangeliums sich wagten. Denn was sollte sie wohl zu einem so gewaltigen Kampfe bewegen, wenn sie den auferstandenen Christus nicht geschaut hätten? Was hätte sie nicht davon abhalten müssen? Er hatte zu ihnen gesagt: Nach drei Tagen werde ich auferstehen — und hatte ihnen vom Himmelreiche geredet. Er hatte ihnen gesagt, daß sie nach Empfang des heiligen Geistes die Welt überwinden würden, und dazu noch unzählige andere Dinge, die alle natürlichen Kräfte übersteigen. Wenn nun Das alles nicht geschah, so mußten sie, wenn sie auch bei seinen Lebzeiten ihm glaubten, nach seinem Tode diesen Glauben aufgeben, falls sie ihn nicht auferstanden sahen. Denn sie mußten wohl sprechen: „Er hat gesagt: Nach drei Tagen werde ich wieder auferstehen, und ist nicht auferstanden; er hat versprochen, den heiligen Geist zu senden, und hat ihn nicht gesendet: wie sollen wir ihm nun in Betreff des Zukünftigen glauben, da das Gegenwärtige nicht eingetroffen ist?“ Wenn er nicht auferstanden ist, warum predigten sie denn, daß er auferstanden sei? — „Weil sie ihn liebten,“ sagst du. Aber sie hätten ihn nun als einen Betrüger und Verräther hassen müssen, weil er sie durch Vorspiegelung so großer Hoffnungen veranlaßt hatte. Heimath, Eltern und Alles zu verlassen, und weil er sie am Ende preisgegeben, nachdem er das ganze Judenvolk gegen sie aufgeregt hatte. Wäre die Sache nur ein Werk der Sckwachheit gewesen, so würden sie (ihm) Das verziehen haben; so aber mußte es als große Bosheit erscheinen. Denn er hätte die Wahrheit sagen und nicht den Himmel verheissen sollen, wenn er, wie Ihr sagt, ein sterblicher Mensch war. Demnach hätten die Apostel das Gegentheil thun, den Betrug aufdecken und ihn als einen Gaukler und Betrüger darstellen müssen. Denn so wären sie den Gefahren entgangen und hätten dem Kampfe ein Ende gemacht. Wenn die Juden den Soldaten Geld gaben, damit sie sagen sollten, die Jünger hätten den Leichnam gestohlen: welche Ehre würden nicht die Jünger geerntet haben, wenn sie gekommen waren und gesagt hätten: Wir haben ihn gestohlen, er ist nicht auferstanden? Sie konnten sich also Ehre erwerben und Lohn. Warum wählten sie nun dafür Schmach und Gefahren, wenn nicht eine göttliche Kraft, mächtiger als alles Dieses, sie überzeugte? Wenn wir dich noch nicht überzeugen, so bedenke auch Das noch! Hätte sich die Sacke nicht also verhalten, so würden sie, wenn auch noch so sehr dazu bereit, seine Lehre nicht verkündet, sondern verabscheut haben. Denn ihr wisset ja, daß wir nicht einmal die Namen solcher Betrüger hören mögen. Warum predigten sie nun seinen Namen? Etwa in der Hoffnung, durch ihn zu siegen? Gerade das Gegentheil hatten sie zu gewärtigen, nämlich daß sie, wenn sie auch siegten, dennoch verloren wären, da sie mit dem Namen eines Betrügers auftraten. Wollten sie aber das Geschehene verdecken, so mußten sie schweigen; denn dasselbe vertheidigen hätte ja nichts Anderes geheissen, als noch größern Kampf und Spott erregen. — Woher also kam es ihnen in den Sinn, solche Dinge zu erdichten? Denn was sie gehört hatten, war ihnen entfallen. Wenn sie aber zur Zeit, als sie noch Nichts zu befürchten hatten, Vieles vergaßen und an Manches nicht mehr dachten, wie der Evangelist sagt: mußten sie nicht Alles vergessen, da sie in so große Gefahr gerathen waren? Und was spreche ich von den Worten ihres Lehrers, da sogar die Liebe zu ihm bei ihnen allmälig abnahm aus Furcht vor den Dingen, die da kommen würden, worüber er ihnen denn auch Vorwürfe machte? Früher hingen sie beständig an ihm und fragten: Wo gehst du hin? Als er ihnen aber dann in langer Rede die Trübsale schilderte, die durch seinen Tod über sie kommen würden, erstarrten sie vor Furcht und verstummten. Höre nun, wie er ihnen Dieses verweist: „Keiner von euch fragt mich: Wo gehst du hin? sondern weil ich euch Dieses gesagt habe, hat Traurigkeit euer Herz erfüllt.“56 Wenn sie also bei der Erwartung, daß er sterben und auferstehen werde, so betrübt waren, hätten sie dann, wenn sie ihn nicht als Auferstandenen sahen, nicht vor Unmuth über einen solchen Betrug und aus Furcht vor den Dingen, die über sie kommen würden, wünschen müssen zu vergehen und in die Erde zu versinken?

Woher aber hatten sie denn die erhabenen Lehren? Jesus hatte ihnen gesagt, die höhern Wahrheiten würden sie erst später erfahren: „Ich habe euch noch Vieles zu sagen,“ sprach er, „aber ihr könnet es noch nicht tragen.“57 Also war das Übrige (d. h. was nicht gesagt wurde) höher. Einer der Jünger wollte nicht einmal mit ihm nach Judäa gehen, da er von Gefahren hörte, sondern sprach schwermüthig und den Tod erwartend: „Lasset uns auch hingehen, auf daß wir mit ihm sterben!“58 Wenn nun dieser, während Jesus noch bei ihm war, den Tod fürchtete und darum mitzugehen sich weigerte: was würde er dann ohne ihn und die übrigen Jünger nicht zu leiden erwartet haben? Und wirklich wäre der Vorwurf der Unverschämtheit begründet gewesen.59 Was hatten sie aber auch zu sagen, als sie auszogen zu predigen? Denn daß Jesus gelitten, war der ganzen Welt bekannt; denn er war an einem hohen Balken aufgehängt worden, Mittags, in der Hauptstadt und zur Zeit des höchsten Festes, bei dem besonders kein Israelite fehlen sollte. Von seiner Auferstehung aber wußte kein Fremder Etwas, und Das war für sie kein geringes Hinderniß. Andere davon zu überzeugen. Daß er begraben worden, war das allgemeine Gespräch, und daß die Jünger seinen Leichnam gestohlen hätten, sagten die Soldaten und sämmtliche Juden. Daß er aber auferstanden sei, Das wußte kein Fremder. Wie konnten sie nun hoffen, die ganze Welt davon zu überzeugen? Wenn die Soldaten trotz der Wunder, die geschehen waren, sich bereden ließen, das Gegentheil zu bezeugen: wie konnten die Apostel ohne Wunder die Auferstehung predigen und, ohne einen Heller zu besitzen, sich Hoffnung machen, die ganze Welt davon zu überzeugen? Hätten sie Dieses aus Ruhmsucht gethan, so würde Jeder die Lehre sich selber, nicht dem Verstorbenen, zugeschrieben haben. „Aber die Menschen würden ihnen dann nicht geglaubt haben.“ Und wem sollten sie wohl eher geglaubt haben, Jenem, der da ergriffen und gekreuzigt worden, oder Diesen, die den Händen der Juden entflohen waren? Warum aber, frage ich, verließen sie, die da das Evangelium verkünden wollten, nicht sogleich Judäa, um in die auswärtigen Städte zu gehen, sondern blieben noch in ihrem Lande? Wie konnten sie aber überzeugen, wenn sie keine Wunder wirkten? Wirkten sie aber Wunder, — und sie wirkten solche, — so war Das ein Werk der göttlichen Macht; wirkten sie aber keine Wunder und siegten dennoch, so war eben Das ein noch größeres Wunder. Kannten sie denn nicht die Juden und ihre ruchlosen Pläne und ihre mordsüchtigen Seelen? Den Moses wollten sie steinigen, nachdem er sie zu Fuß durch das Meer geführt, nachdem er einen so großen und herrlichen Sieg über die Ägypter, ihre Zwingherren, ohne Blutvergießen, durch das bloße Ausstrecken der Hand errungen, nachdem er ihnen das Manna verschafft und Wasserbäche aus dem Felsen bervorgelockt und so zahlreiche Wunder gewirkt in Ägypten, am rothen Meere und in der Wüste. Den Jeremias warfen sie in eine Cisterne, und viele Propheten ermordeten sie. Höre, was Elias nach jener furchtbaren Hungersnoth, nach jenem wunderbaren Regen und nach jener Flamme, die er vom Himmel herabkommen ließ, und nach jenem wunderbaren Brandopfer als ein aus ihrem Lande Verbannter spricht: „Herr, sie haben deine Propheten ermordet, deine Altäre zerstört; ich bin allein noch übrig, und sie trachten mir nach dem Leben.“60 Und dennoch haben diese Männer keine neue Verfassung eingeführt. Wie hätten nun die Apostel, die weit geringer waren als jene, einen solchen Plan fassen können? Sie lehrten ja eben dieselben Neuerungen, wegen welcher die Juden Christum gekreuziget hatten. Übrigens mochte es nicht so auffallend scheinen, daß Christus jene Neuerungen vorgetragen, als daß diese Männer Dasselbe thaten: denn von Jenem konnten sie denken, er habe es gethan, um sich einen Namen zu machen; diese aber mußten sie um so mehr hassen, weil sie für die Sache eines Andern gegen sie kämpften. — „Aber sie hatten die römischen Gesetze für sich.“ Diese standen ihnen vielmehr entgegen; denn es hieß: „Jeder, der sich zum Könige aufwirft, empört sich gegen den Kaiser.“61 Daher war schon der Umstand allein hinreichend, sie abzuschrecken, daß sie Schüler Desjenigen waren, den man für einen Aufwiegler hielt, und daß sie seine Partei zu stützen suchten. Was konnte sie nun noch ermuthigen, sich in so große Gefahren zu stützen? Und was konnten sie von ihm Glaubwürdiges sagen? Daß er gekreuziget worden? daß er von einem armen jüdischen Weibe, das an einen jüdischen Zimmermann verlobt war, geboren sei? daß er einem Volke entstamme, welches allen Menschen verhaßt war? Allein Das alles war nicht nur nicht geeignet, die Zuhörer zu gewinnen und anzuziehen, sondern im Gegentheile, alle gegen sich aufzubringen, besonders da ein Zeltmacher und Fischer so lehrte. Und Das alles sollten die Jünger nicht bedacht haben? Sind ja furchtsame Gemüther, und das waren die Jünger, immer geneigt, sich die Sache noch ärger vorzustellen, als sie wirklich ist! Woher konnten sie also die Hoffnung schöpfen, daß ihnen ihr Unternehmen gelingen werde? Mußten sie nicht vielmehr, da ihnen zahllose Hindernisse im Wege standen, alle Hoffnung aufgeben, falls Christus nicht auferstanden war? IV. Muß es nicht selbst den Einfältigsten einleuchten, daß sie ohne große und überschwengliche Gnade und ohne das Unterpfand der Auferstehung so Etwas nicht einmal denken, geschweige denn unternehmen und ausführen konnten? Wenn schon der Plan allein, ohne der Ausführung zu gedenken, so viele Schwierigkeiten bot und sie dennoch diesen Plan gefaßt und ausgeführt und über alle Erwartung Großes geleistet haben: so ist wohl Jedem klar, daß sie Alles nicht durch menschliche Kraft, sondern durch göttlichen Beistand bewirkt haben.

Solche Reden wollen wir nun nicht nur unter uns, sondern auch mit Andern führen; auf diese Art werden wir dann das Übrige leichter finden. Wähne nicht, daß eine solche Beschäftigung dich Nichts angehe, weil du ein Handwerker bist. Denn auch Paulus war ein Handwerker — ein Zeltmacher. „Aber er genoß“, heißt es, „auch einer hohen Gnade, und aus der Fülle derselben redete er Alles.“ Allein ehe er noch die Gnade empfangen, saß er zu den Füßen Gamaliel’s und wurde dadurch der Gnade theilhaftig, daß er eine der Gnade würdige Gesinnung bewies; und hierauf trieb er wieder sein Handwerk. Niemand schäme sich also seines Handwerkes; schämen sollen sich vielmehr die Müßiggänger, die umsonst ihr Brod essen, die eine zahlreiche Dienerschaft haben und, mehr als sich sagen läßt, aufwarten lassen. Denn durch fortwährende Arbeit sein Brod verdienen, Das ist eine Art von Weisheit: bei solchen Menschen ist die Seele reiner und der Geist stärker, während hingegen der Müßiggänger viel Unnützes redet, viel Unnützes thut und von Schlaffheit gefesselt den ganzen Tag mit Nichtsthun verbringt. Wer aber arbeitsam ist, wird sich nicht leicht etwas Unnützes beigehen lassen, weder in Werken noch in Worten noch in Gedanken; denn seine ganze Seele ist beständig auf die Arbeit gerichtet. Darum wollen wir Diejenigen, welche von ihrer Hände Arbeit leben, nicht verachten, sondern sie gerade deßhalb glücklich preisen. Denn, sage mir, welches Verdienst hast du wohl, wenn du das vom Vater überkommene Erbe in beständigem Müßiggang nutzlos vergeudest? Weißt du nicht, daß wir nicht alle einerlei Rechenschaft ablegen werden, sondern eine strengere Diejenigen, welche hienieden in größerm Wohlstand gelebt, eine mildere aber Diejenigen, welche mit Arbeit, Armuth und dergleichen zu kämpfen gehabt? Das geht klar hervor aus der Parabel von Lazarus und von dem reichen Manne. Du verdienst gerechten Tadel, wenn du deine Muße nicht auf etwas Nützliches verwendest; der Arme hingegen, der nebst seinen Arbeitsstunden die freie Zeit mit nützlichen Dingen zubringt, wird großen Lohn davon tragen. Du aber schützest beständig den Kriegsdienst vor und entschuldigest dich, daß du darum nicht Zeit habest. Diese Entschuldigung ist aber grundlos; denn auch Kornelius war Hauptmann, und der Kriegsdienst hinderte ihn nicht, ein tugendhaftes Leben zu führen. Wenn du den Tänzerinen und Schauspielern zuschaust und dein ganzes Leben auf dem Theater zubringst, so schützest du weder die Nothwendigkeit des Kriegsdienstes noch die Furcht vor den Befehlshabern vor; wenn wir dich aber zur Kirche rufen, dann gibt es tausend Hindernisse. Was wirst du aber sagen an jenem Tage, an dem du jene Flamme und die Feuerströme und die unauflösbaren Fesseln erblicken und das Zähne knirschen hören wirst? Wer wird sich an jenem Tage deiner annehmen, wenn du sehen wirst, wie der Handwerker, der ein frommes Leben geführt, aller Ehre genießt, du aber, der du dich in Seide kleidest und von Salben duftest, die unerträglichsten Qualen leidest? Was nützt dir da der Reichthum und der Überfluß? Und was schadet dem Handwerker die Armuth?

Damit uns dieses Unglück dereinst nicht widerfahre, so laß uns das eben Gesagte fürchten und unsere ganze freie Zeit auf nützliche Beschäftigungen verwenden! So werden wir Gott wegen der begangenen Sünden versöhnen, für die Zukunft Tugendwerke üben und dadurch des Himmelreiches theilhaftig werden durch die Gnade und Menschenfreundlichkeit u. s. w. Amen.

Homilien über den ersten Brief an die Korinther

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