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Vorwort

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„Ich komme gerne in diese Gemeinde. Irgendwie sind die hier so ganz anders. Nein, es sind weniger die Gottesdienste, auch nicht die Predigt, am wenigsten ist es der Gesang. All das kann ich in den anderen Kirchen auch haben und zum Teil in weit besserer Qualität. Hier ist es irgendwie der Gesamteindruck. Ich fühle mich hier willkommen, angenommen und ernst genommen.“ Helges Worte über die Gemeinde meines guten Freundes Jens-Peter liegen mir immer noch im Ohr. Nein, er sei noch kein Gemeindeglied und er würde sich auch noch nicht als Christ verstehen. Aber er habe schon den Eindruck, dass sein Interesse am Glauben immer größer werde. Und gebetet habe er auch schon öfter. „Die Menschen hier ermutigen mich, verstehen Sie, und Mut zum Leben braucht man heutzutage, wissen sie“, sagte er mir.

Was Helge da an der besagten Gemeinde so schätzt, ist die gelebte Kultur dieser Gemeinde. Offensichtlich herrscht in ihr so etwas wie eine Atmosphäre des Willkommens, die dem Gast das Gefühl vermittelt, richtig angekommen zu sein. Um den Aufbau einer solchen Kultur des Willkommens und ihrer Bedeutung für die Evangelisation der christlichen Gemeinde geht es in diesem Buch. Meine Grundthese ist, dass effektive Evangelisation der Gemeinde nicht nur von der Intensität der missionarischen Verkündigung, sondern auch von den Rahmenbedingungen abhängt, in denen die evangelistische Verkündigung stattfindet. Mit anderen Worten: Das rechte Wort am falschen Ort wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein Gehör finden. Große Kompetenz gepaart mit einem schlechten Charakter führt in den seltensten Fällen zu den gewünschten Ergebnissen. Und eine Gemeindekultur, die auf ihre Gäste abstoßend wirkt, ist wenig geeignet, Menschen einzuladen, Gott in ihrer Mitte kennenzulernen.

Das sind eigentlich allgemein bekannte Wahrheiten. Sieht man sich aber die Praxis des Gemeindebaus und der Evangelisation näher an, dann fällt auf, wie wenig die meisten Gemeinden in ihre wahrgenommene Identität investieren. Nicht nur in einer Gemeinde wurde ich den Eindruck nicht mehr los, dass man sich um alles Mögliche kümmere, nur nicht um die Atmosphäre, die man verbreitet. Weil diese aber überall da, wo Menschen leben, automatisch entsteht, entstehen auch jene selten bewusst von den Beteiligten wahrgenommenen Faktoren, die dem Fremden als positiv oder negativ auffallen und damit über Interesse an der Gemeinde oder Desinteresse entscheiden. Dabei muss eine Gemeinde nicht tatenlos zusehen, wie ihre Kultur ihre Besucher abstößt. Alles Angelernte und unbewusst über Jahre Praktizierte kann auch wieder abgelegt werden. Gemeindekulturen sind nicht in Stein gemeißelt. Doch wer sie verändern will, der wird sich vorher dessen bewusst werden müssen, wie die Gemeindekultur im Augenblick aussieht. Nur wer den Ist-Zustand erkannt hat, kann den Prozess der Veränderung einleiten.

Damit sind die Absichten dieses Buches recht deutlich formuliert worden. Ich will das Phänomen der Gemeindekultur, hier auch Gemeindecharakter genannt, beschreiben und seine Bedeutung für den Gemeindebau und die Gemeindeevangelisation unterstreichen. Weiter geht es mir um Verfahren, wie man den Gemeindecharakter ermittelt. Und schließlich geht es um den positiven Aufbau einer evangelistischen Kultur der Gemeinde – einer Kultur, die den Fremden abholt, annimmt und zum Glauben an Jesus Christus führt. Ich bin überzeugt, dass der Aufbau einer solchen Kultur des Glaubens wesentlich zur Erneuerung der evangelistischen Kraft der Gemeinden in der gelebten Postmoderne beitragen kann. Die Erfahrung von Helge und mit ihm manch anderer mir gut bekannter Freunde, die anfangs Kirche und Glauben radikal ablehnten und heute zu eifrigen Nachfolgern Jesu Christi geworden sind, bestätigen meine Annahme.

Johannes Reimer,

Bergneustadt, im Herbst 2012

Hereinspaziert!

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