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8. OSTEOPATHIE ALS SCHULE DER MEDIZIN

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The Journal of the Science of Osteopathy (1), 1900, S. 53–58.

Dr. George F. Shrady im Medical Record, New York, eine ganze Reihe von Leitartikeln über die Osteopathie geschrieben. Offenbar durchläuft dieses Thema in seinem Geist die Stadien der Evolution. Es fängt damit an, dass die Osteopathie „[…] ein Mischmasch aus Unsinn“ gewesen sei. Dann wurde sie zu Massage und jetzt gilt sie als voll ausgereifte Praktik der Medizin. Dieser Positionswechsel wird allerdings nur vorgenommen, um sich gegen die Osteopathie zu stellen und sie zu bekämpfen: Betrug, Scharlatanerie, Unwissenheit und Dummheit scheinen bei der Beschreibung Synonyme für diese neue Entwicklung zu sein.

In der Hauptsache teilen wir Dr. Shradys Einschätzung der osteopathischen Position, wobei wir allerdings seine als verächtliche Beiwörter verwendeten Adjektive und Substantive eliminieren.

„Ein Osteopath gibt vor, durch manuelle Mittel viele Arten von Krankheit zu diagnostizieren und zu behandeln, und unterwirft sich nicht der Beschränkung, unter jemand anderem zu arbeiten.“

Der Masseur praktiziert unter der Leitung und unter dem moralischen und rechtlichen Patronat eines regulären Arztes. Und Dr. Shrady scheint der Meinung zu sein, der Osteopath solle es auch so halten. Er glaubt offensichtlich, das Praktizieren von Medizin bestehe

„[…] im Aufstellen einer Diagnose und im Verschreiben einer Behandlung.“ Und weiter: „Wir sollten auf jeden Fall sicherzustellen versuchen, dass jeder, der vorgibt, auf seine eigene Verantwortung und Initiative hin einen Kranken oder Verletzten auf irgendeine Weise zu behandeln oder ihm etwas zu verschreiben, dazu gezwungen wird, einen bestimmten Wissensstandard in Fächern wie Anatomie, Physiologie und Geburtshilfe zu erreichen, welches Therapiesystem er auch immer vertritt.“

So sieht es das Gesetz in Illinois vor, das zwischen Behandlung mit und ohne innere Medikation unterscheidet. Es geht aber noch nicht weit genug. Obgleich es anerkennt, dass Krankheiten auch mit einer nicht-medikamentösen Methode geheilt werden können, diskriminiert es zugunsten der Medikamentenmethode. Wir halten das für illegal bzw. für verfassungswidrig. Beseitigen Sie diesen Fehler, und das Gesetz von Illinois ist perfekt.

Dr. Shrady konzediert offensichtlich, dass es verschiedene therapeutische Systeme geben kann. Dies gesteht auch die Osteopathie zu. Ihr Ziel ist es nicht, dass Allopathen oder Homöopathen per Gesetz ausgeschlossen, sondern vielmehr dass Osteopathen per Gesetz eingeschlossen werden. Das osteopathische System ist unabhängig und unverwechselbar. Wie schon unsere Definition verdeutlicht, schließt die osteopathische Schule alles ein, was gemeinhin auch zum Praktizieren von Medizin gehört, nämlich Diagnose, Therapie und Chirurgie.74 Und diese bilden zusammen die drei Faktoren eines neuen und eigenständigen Heilungssystems. Was erbeten wird, ist ein freies und offenes Feld mit dem gleichen Qualifikationsstandard wie die anderen Schulen der Medizin und Chirurgie. Das Gesetz von Illinois macht die Osteopathie aber zu einer Unterabteilung der Medizin, wie es etwa auch Medikamententherapie und Geburtshilfepraxis sind, und das ist es mit Sicherheit nicht, was wir als unser verfassungsmäßiges Recht einfordern. Die Verfassung der verschiedenen Staaten garantiert, dass es keinerlei Diskriminierung unter den verschiedenen Schulen oder Systemen des Heilens geben darf. Wir hoffen, dass Dr. Shrady bei dem Versuch mithelfen wird, dieses Ergebnis zu erreichen, das nicht mehr ist als das nackte Minimum an Gerechtigkeit. Es wird keinerlei Vergünstigung erbeten, sondern einfach nur das, was rechtens ist. Die Wissenschaft wird nicht untergehen.

Einer unserer Abonnenten fragt: „Ist Ihre Anschauung von Medizin nicht neu?“ Er meint damit natürlich unsere Anschauung, dass Medizin nicht gleichzusetzen ist mit Medikamenten, sondern dass jede Form von Behandlung Medizin ist. Hier die Meinung von Richerand, Professor der Medizin an der Universität von Paris und Chefchirurg am dortigen St.-Louis-Krankenhaus, in einem 1811 veröffentlichten Werk:

„Medizin, die von einigen als die Kunst des Heilens, von anderen richtiger als die Kunst der Behandlung von Krankheiten bezeichnet wird, kann man definieren als jene Kunst, mit der sich Gesundheit erhalten und Krankheit heilen bzw. erträglicher machen lässt. Die Medizin wird in allen ihren Teilen durch die Physiologie erhellt und kann keinen sichereren Führer haben. Infolge einer Missachtung dieses viel versprechenden Führers blieben Therapie und Materia medica lange im Nebel von Konjekturen und Hypothesen gefangen. Ärzte sollten nie auch nur für einen Augenblick vergessen, dass sehr viele Krankheiten in einer Unordnung der vitalen Funktionen bestehen, und all ihre Anstrengungen darauf richten, Sensibilität und Kontraktilität in ihre natürlichen Zustände zurückzubringen.“

Dr. De Lys, der Richerands Werk ins Englische übersetzt hat, kommentiert diese Aussage in einer Fußnote zur 1819 erschienenen dritten Auflage der Übersetzung so:

„Alle Krankheiten bestehen in physischer Unordnung wie Auflösung der Kontinuität, Dislozierung, organische Veränderungen – beispielsweise Polypen, Aneurysmen und andere Leiden, die sich aus einem organischen Leiden und aus der Strukturveränderung ergeben – oder auch in vitalen Läsionen wie Fieber, Ataxie usf.“

Richerand spricht an anderer Stelle von

„[…] Synergien oder aggregierten Bewegungen, die auf ein Ziel zulaufen und sich aus den Gesetzen der Sympathie erhegen.“

Sie erzeugen, wie er sagt, allgemeine Krankheiten und die meisten lokalen Krankheiten.

„Durch sie und durch diese Art organischen Aufruhrs kämpft die Natur erfolgreich und befreit sich selbst von dem krankheitserregenden Prinzip bzw. von der Ursache der Krankheit; und die Kunst, diese Vorgänge anzuregen und zu leiten, liefert das Material für die bedeutendsten Lehren der Praxis der Medizin. Ich habe die Begriffe ,leiten‘ und ,anregen‘ verwendet, weil man die Intensität und Kraft dieser Bewegungen manchmal verstärken, manchmal abschwächen, und manchmal auch anregen muss, wenn die Natur, von Krankheit überwältigt, nahezu reaktionsunfähig ist. Dieser letzte Umstand gehört zu den Krankheiten der gefährlichsten Art, sofern wir jene mit einschließen, bei denen die Anstrengungen der Natur, obwohl sie sich durch einen gewissen Grad an Energie auszeichnen, ohne Verbindung oder Zustimmung sind und in ihrem Verlangen nach Kohärenz enttäuscht werden […] Leben besteht in der Wirkung von Stimuli auf die vitalen Kräfte.“ 75

Besser kann man sie nicht ausdrücken, jene Anschauung von Medizin, die wir akzeptieren – nämlich das Behandeln einer Krankheit oder des in einem kranken Zustand befindlichen Körpers, indem man die Krankheitsursache beseitigt und die Erholung zum oder in Richtung Normalzustand unterstützt, wobei dieses Behandeln auf physiologischen Linien erfolgen muss. Das ist Osteopathie.

Es häufen sich Beweise dafür, dass jeder Teil des Körpers durch irgendeine Art peripherer Stimulation erreicht werden kann. Wie Abrams entdeckt hat, bewirkt ein posterior über den unteren Lungenrändern angewendetes Ätherspray, dass diese sich um 8–10 Zentimeter senken. Das bedeutet also, dass Hautreizung eine Dehnung der Lungen auslöst. Dies hilft bei der Differenzialdiagnose von Atelektasen bei manifester Bronchopneumonie. Im ersten Fall ruft die Hautreizung eine Lungendehnung hervor, indem sie die regionale Trägheit aufhebt, wohingegen im zweiten Fall die Trägheit bestehen bleibt. Die gleiche Methode kann bei Atelektasen therapeutisch zum Stimulieren pulmonaler Dilatation verwendet werden.


Unter der Überschrift „Die menschlichen Nerven mit der Hand massiert“ veröffentlichte das Ohio State Journal am 13. März Folgendes:

„Zu den großen Fortschritten, über die man im neuen Jahrhundert berichten wird, gehört eine ganz neue Art der Behandlung menschlicher Krankheiten durch direkte Massage der Nerven. Im deutschen Bonn wurden drei Patienten, die man, nachdem sie den Wirkungen von Äther ausgesetzt worden waren, durch gewöhnliche Mittel nicht reanimieren konnte, dank Wirkung von Nervenerschütterung über dem Herzen wiederbelebt. Einer der entscheidungsberechtigten Behandler hatte, als der Patient schon in den letzten Atemzügen lag, diesen – rundum erfolgreichen – Lebensrettungsversuch unternommen.

In der Postgraduiertenschule in New York wird diese Entdeckung nun in der elektrischen Abteilung genutzt. Wie sich gezeigt hat, sind die bislang zur Stimulation der Nervenkraft verwendeten elektrischen Batterien gar nicht erforderlich, denn deren Wirkung lässt sich besser durch die Hand erzielen. Mit fabelhaftem Geschick lokalisiert der Elektrowissenschaftler die Nerven mittels seines Fingers und klopft den Fleck dann ganz sanft, bis Leben in den schlaffen Körper zurückkehrt. Es ist allerdings notwendig, dass der Arzt gründlich mit jedem Nerv vertraut ist, bevor er seine Kunstfertigkeit anwendet, um mittels Nervenvibrationen neues Leben zu verleihen. Dies eröffnet eine Spezialdisziplin in der medizinischen Praxis, die der medizinischen Profession ebenso großen Nutzen bringen wird wie den Kranken.

Es gibt bestimmte Beschwerden, etwa Pneumonie, Tuberkulose, Typhusfieber und verschiedene Kinderkrankheiten, bei denen eine Behandlung mit Medikamenten wenig gebracht hat. Bei diesen Krankheiten tobt stets ein Kampf zwischen der Konstitution des Patienten und den Angriffen des Feindes. Alles, was man bislang tun konnte, war, die Kraft des Patienten aufrechtzuerhalten und ihm zu helfen, eine siegreiche Schlacht zu führen.

Hier bringt die neue Entdeckung der Nervenschwingungen einen unschätzbaren Vorteil, denn diese unterstützen den Patienten beim Kampf, indem sie ihm die Muskeln eines starken, gesunden Mannes verleihen.

Die Nerven sind kraftlos vor Erschöpfung. Und der Patient befindet sich kurz davor, in jenes Koma zu fallen, welches auf einen erfolglosen Kampf mit tödlicher Schwäche folgt. Ihm stark tonische Medikamente verabreichen, ist in dieser Situation wie das Absägen der Masten eines sinkenden Schiffs. Es hält zwar sozusagen noch etwas länger Leben im Rumpf, hinterlässt den Patienten aber in noch schlechterer Form und damit noch weniger widerstandsfähig gegen die Angriffe der Krankheit. Die Nervenschwingungen wirken hingegen so, wie es die eigene Natur des Kranken tun würde, wenn sie die Kraft dazu besäße. Den Nerven wird neues Leben verliehen, ohne dabei die schwindenden Energien des Patienten irgendwie zu belasten. So wird das gesamte System regeneriert, und der Kranke erhält Kraft, um die Schlacht neu aufzunehmen, bis die Krise überstanden ist und seine eigene Kraft ausreicht, um ihn ins Rekonvaleszentenstadium zu bringen.

Die Verfechter dieser neuen Behandlungsmethode behaupten auch, dass man durch sie der Entdeckung des Quells ewiger Jugend näher gekommen sei als durch die Anwendung aller sonstigen bislang bekannten Mittel. Durch Massieren der Nerven kann man bei alten Menschen das Blut dazu bringen, mit erneuter Kraft durch die Adern zu kreisen, erschöpfte Gewebe werden durch vitalisierende ersetzt und die durch Nervenkraftverlust bedingten Schwächen werden gebannt. Der trägen Zirkulation der bejahrten Person wird neues Leben verliehen, das Herz schlägt wieder kräftig und vital, die Verdauungsorgane erfüllen, befreit von der Notwendigkeit, dem Nervengewebe eine direkte Wirkung mitzuteilen, ihre Funktion mit verstärkter Aktivität. Und wer schon ,gelb und verdorrt‘ war und sich auf ein jämmerliches Alter einzustellen begann, zeigt plötzlich wieder junge Triebe.

Es ist allerdings eine anstrengende Arbeit, die Nerven des Patienten zu massieren. Und was der Patient gewinnt, verliert der Behandler bis zu einem gewissen Grad. Selbst Ärzte, die sich der nützlichen Eigenschaften dieser ziemlich aufwendigen Behandlungsmethode durchaus bewusst sind, zögern deshalb, ihre Patienten darüber zu informieren. Die Anwendung von Nervenschwingungen nimmt nämlich beachtlich mehr Zeit in Anspruch als das Ausstellen von Rezepten. Ein Arzt, der seine Patienten durch die Anwendung dieser Methode begleitet, kann nicht mehr als acht oder 10 Fälle täglich behandeln, während Rezepteschreiben erlaubt, eine Praxis zu führen, in die täglich bis zu 80 Patienten kommen.

Man hat vorgeschlagen, eine Institution zu gründen, die sich ausschließlich mit dem Studium und der Praxis dieses neuen Therapeutikums beschäftigt. Dort könnte man Patienten behandeln und beobachten, um den Fortschritt der neuen Wissenschaft so sicher wie möglich zu machen. Und Mediziner, die diese neue Behandlungsmethode erlernen möchten, hätten eine zentrale Einrichtung, wo sie ihre gesamte Energie auf das Studium konzentrieren können.

Die Nervenschwingungen sind nur Praktikern wie etwa dem alten Dr. Sayre bekannt, der selbst nach dieser Methode behandelt hat. Dr. George Schoeps, Halsund Nasenspezialist, wendet die Schwingungen nach der Kauterisierung an, um die folgende Entzündung zum Abklingen zu bringen. Dr. H. V. Barclay sagt in einem Beitrag mit dem Titel Die Behandlung chronischer Herzerkrankungen durch Bäder und Bewegung, der in der Medical Times vom März 1899 erschien: ,Die Vibration über dem Bereich des Herzens und der Druck auf den Vagusnerv erfolgen, um einen gezielten Einfluss auf das Herz selbst auszuüben. Teilweise wird die Wirkung natürlich durch den Hautkontakt hervorgerufen, aber der Effekt ist derart ausgeprägt, dass es unvernünftig wäre zu leugnen, dass die Wirkung durch direkten Einfluss auf die Herzzentren sowie durch eine reflektorische Antwort der kardialen und vasomotorischen Zentren im Gehirn erzeugt wird.‘

Zu einem falschen Schluss kam hingegen Dr. W. F. Morton mit seiner Behauptung, er könne die Nervenschwingungen durch elektrische Batterien auslösen. Dr. J. Mortimer Granville aus London beweist in seinem Buch Nervenschwingung und Erregung intelligent und schlüssig, dass das Nervengewebe zwar ein guter elektrischer Leiter ist, dass Elektrizität jedoch keinesfalls Nerven zum Vibrieren veranlassen.

Es gibt wahrscheinlich nur einen Arzt im Land, der diese Methode umfassend anwendet und sie zu seiner Spezialität gemacht hat, wobei er sie weder durch Medikamente noch durch Elektrizität noch durch zusätzliche Massage ergänzt. Ihm verdanken wir auch das Wissen darüber. Er selbst wurde in diese Praktik eingeführt durch einen hoch angesehenen älteren Kollegen, der diese Behandlung für sich, seine Frau und zwei seiner Patienten wünschte. Mit diesen Patienten begann sein ständig wachsender Erfolg. Nach mehr als acht Jahren Praxis kann der Doktor nun stolz und wahrheitsgemäß behaupten, dass er nie einen Patienten durch Tod verloren hat. Die Behandlung erwies sich als äußerst wertvoll bei Tendenz zu Apoplexie, weil sie die Wände der kleinen Blutgefäße stärkt, die Zirkulation reguliert und dadurch jeden Schlag dieser fürchterlichen Krankheit verhindert.

Wie mächtig die Methode ist, lässt sich beispielsweise aus jenen drei Operationsfällen in Bonn, Deutschland, ersehen, über die vor einigen Jahren in der New York Tribune berichtet wurde: Als die betreffenden Patienten nach einer Narkotisierung mit Äther und Chloroform nicht mehr zurückgeholt werden konnten, versuchte es ein Assistent 35 Minuten lang mit einer Anwendung von Nervenschwingungen über dem Herzen. Man unternahm diesen Versuch, nachdem alle anderen Bemühungen versagt hatten, und war erfolgreich: In jedem der drei Fälle wurde der Patient ins Leben zurückgebracht. Und das Herz nahm seine normale Arbeit wieder auf.

Ein bekannter europäischer Arzt, Dr. A. Kellgren, hielt 1888 vor den Chirurgen der Kaiserlich-Österreichischen Marine in Tula eine Reihe von Vorträgen über Manuelle Nervenbehandlung (gedruckt und veröffentlicht auf Anordnung des Marinesekretärs). Er berichtete insbesondere von positiven Ergebnissen, die durch die Anwendung der Nervenschwingungen bei Lungen-, Herz- und Magenerkrankungen, bei Metriose, Endometriose, Blutungen und Atonie des Uterus, bei Neuralgie, Ischias, Migräne und Kinderlähmung, bei Leber(Gallensteinen), Nieren- und Blasenproblemen erzielt wurden. Seiner Erfahrung nach bewirkt diese mechanische Methode, die nicht von Maschinen ausgeführt werden darf, Folgendes:

(a)Stärkung der Nervenenergie

(b)Linderung des Schmerzes

(c)Kontraktion der kleinen Blutgefäße

(d)Muskelimpuls zur Kontraktion

(e)Zunahme der Drüsensekretionen

Es kann nicht den leisesten Zweifel geben, dass wir mit der Nervenschwingung eine äußerst mächtige Waffe gegen das Fortschreiten nahezu aller Krankheiten des Nervensystems und ein sicheres Heilmittel für diese Krankheiten besitzen. Ein weiterer Vorteil dieser Behandlung ist ihre direkte Wirkung auf das Nervengewebe, wodurch die Verdauungsorgane als Medium geschont werden.“

Wir haben diesen Artikel ganz zitiert, um auf einige Punkte hinzuweisen.

(1)Er veranschaulicht den zuvor erwähnten Punkt, dass es eine Tendenz zu Therapien gibt, die keine Medikamente verwenden. Dahinter steht das Bestreben, zu den Methoden der Natur zurückzukehren.

(2)Er verdeutlicht die allgemeine Unkenntnis bezüglich der Existenz der Osteopathie und ihrer Ansprüche als Heilungssystem.

(3)Er zeigt sehr klar den Vorteil der manuellen Manipulation, jener auf wissenschaftlicher Grundlage basierenden Methode der osteopathischen Behandlung. Der Autor zeigt auf, dass ein Bedarf besteht für diese medizinische Spezialdisziplin und ebenso für eine Schule und ein Krankenhaus, wo dieses neue Heilungssystem vor allem in Bezug auf seine richtige Anwendung erforscht und praktiziert werden kann. Im Feld gibt es bereits Hunderte von angesehenen Praktikern dieser Kunst sowie verschiedene Schulen, in denen sie als unverwechselbares System gelehrt wird.

Der Autor scheint zu glauben, es gehe hier allein um Nervenschwingungen und die Methode bestehe in Massage. Beides trifft jedoch nicht zu. Die manuelle Manipulation wirkt

(1)anpassend im Fall der Dislozierung eines Gewebes oder Organs;

(2)stimulierend oder inhibierend auf jede Kraft, jede Flüssigkeit oder jedes Gewebe des Körpers.

Die direkte oder indirekte Stimulation eines Nerven kann auf diesen Nerv, auf die Nervenzelle und – durch die Verbindung der Nervenzelle sowie über die Muskelbefestigungen der Nerven – auch auf andere Nerven eine erregende oder hemmende Wirkung ausüben. In all diesen Fällen geht es, obgleich eine Veränderung in den Schwingungseigenschaften des Nerven oder Muskels von Bedeutung sein kann, nicht allein um Schwingung, sondern auch um jene modifizierte Aktivität im betroffenen Gewebe, die zu Verminderung des Schmerzempfindens, Stärkung der Nervenkraft, Dilatation oder Kontraktion der Blutgefäße, Zunahme oder Abnahme des Rhythmus eines Organs wie Herz oder Leber, der Muskeln oder der sekretorischen bzw. metabolischen Funktionen sowie der absorbierenden Kräfte bestimmter Gewebe-, Drüsen- oder Membranzellen führt.

Der Autor scheint überdies zu glauben, diese Idee werde lediglich von wenigen Menschen vertreten und angewendet. Wir haben aber Beweise, dass sie weithin anerkannt ist. So stellt etwa die im Königlichen Zentralinstitut von Stockholm durchgeführte manuelle Behandlung eine Systematisierung dieses Prinzips in Europa dar, und in Amerika wird es von der Osteopathie auf einer physiologischen Grundlage repräsentiert. Auch in vielen anderen Gegenden hat dasselbe Prinzip Anerkennung gefunden – nehmen wir beispielsweise die Methode von Brandt und Ziegenspeck, die manuelle Behandlung in der Gynäkologie anwenden, oder Lucas Championnieres Methode der beweglichen Chirurgie. Sie alle zeigen zum einen den von Medikamentensystemen wegführenden Trend in der Denkweise, zum anderen die Entschlossenheit, ein System auf einer gänzlich physiologischen Grundlage aufzubauen, wie wir es in der Osteopathie finden. Das bedeutet zweifellos neues Leben für das Nerven- und Muskelgewebe, neue Kraft für ein träges zirkulatorisches System und Ökonomie in den Verdauungsapparaten, ohne dass mit Hilfe von Medikamenten die Lebenskraft abgezogen wird.

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