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Kapitel 8
ОглавлениеEinsicht
Zusammengekauert saß Luna mit leerem Blick draußen auf der Sonnenliege und starrte unentwegt in die Ferne.
Jonathan ließ ihr die Zeit, die sie offenbar benötigte, um sich wieder zu beruhigen, und betrat erst eine Stunde später die Dachterrasse. Mit einer frisch aufgebrühten Tasse Tee in der Hand und bereit, jederzeit in Deckung zu springen.
»Schau mal, ich habe hier ein Friedensangebot«, sagte er mit leiser Stimme und stellte die Tasse neben ihr auf den Tisch.
Still nahm sie die warme, mit grünem Tee und einem Spritzer Honig gefüllte Tasse in ihre Hand und nippte daran. »Der Tee tut gut, danke.«
Jonathan, der wieder am Türrahmen der Dachterrasse gelehnt stand, tat es seiner Tochter gleich und schaute in die Ferne.
»Mein Verhalten vorhin tut mir leid«, sagte sie.
»Ist schon okay.«
»Warum dort? Warum ausgerechnet die Skinwalker Ranch und nicht Stonehenge? Oder sonst wo? Es gibt wirklich so viele Möglichkeiten.«
Sie fuhr sich mit einer Hand durch die wilden Locken und schaute sie zu ihm. Er wagte es kaum sie anzusehen und wippte unentwegt mit der Ferse seines rechten Fußes hin und her. Was soll das? Bereut er etwa seine Entscheidung? Wegen mir? Luna blinzelte einige Male. »Egal jetzt«, schniefte sie jede weitere Emotion weg. Sie hasste es ohnehin, dass man sie so sah. »Wenn du damals wirklich dahin bist, wirst du auch irgendwie ’nen Weg gefunden haben, mit dem du erfolgreich warst. Wir müssen halt verdammt vorsichtig sein, Leichtsinn ist das Letzte, was wir gebrauchen können.«
»Selbstverständlich.«
Luna erhob sich langsam von der Liege und begab sich mit dem Rest Tee in ihrer Tasse zu ihrem Dad an die Terrassentür. Sie zögerte einen kurzen Augenblick, doch dann legte sie ihren Kopf an seiner Schulter ab. »Wie geht’s weiter? Was ist dein Masterplan?«
»Wir müssen uns überlegen, wie wir am besten zur Ranch kommen. Du kannst nicht zufällig ein Portal dahin empfehlen?« Er schaute mit hochgezogener Augenbraue zu seiner Tochter hinunter, die seine Frage direkt mit einem Fausthieb in seine Rippen beantwortete.
»Sehe ich aus, wie ’ne scheiß Hexe? Hab ich ’ne magische Glaskugel? Oder nein, warte – ich singe einfach fröhlich Bibidibabidibuh, schwinge mit meinem Feenstab und zack sind wir dort!« Die Arme umher wedelnd versuchte sie hingebungsvoll die Choreografie einer guten Fee nachzuahmen.
Jonathan schmunzelte bei ihrem Anblick. »Na ja, ich dachte ja nur, schließlich bist du ja vom Sonnentor, das meine ich in Bolivien stehen müsste, auch irgendwie hierhergekommen, oder?«
»Tzz – ich bin getrampt! Hat mich ganze vierunddreißig Tage gekostet, hierherzukommen«, schnaubte Luna mit einem verächtlichen Unterton und trank in einem Zug den Rest ihres Tees.
»Verdammt, was?!« Seine Kinnlade hätte kaum tiefer sinken können. »Wieso hast du nicht angerufen oder so? Ich hätte dich abgeholt oder dir zumindest ein Ticket hierher gezahlt.«
»Ja, klar. Wo du mich vor einer Woche doch so herzlich an deiner Tür empfangen hast. Da hättest du sicher jeden Hebel in Bewegung gesetzt, um mich abzuholen, wenn ich angerufen und gesagt hätte: ›Hallo Daddy, hier ist übrigens deine noch ungeborene Tochter aus der Zukunft, aha, – ja, genau die, – ich bin übrigens gerade am Sonnentor gelandet, würdest du mich bitte abholen? Okay, cool, bis gleich!‹« Ein Kichern dicht gefolgt von einer finsteren Miene durchzog ihr Gesicht.
Jonathan wusste nur zu gut, wie recht sie hatte. »Touché, der Punkt geht an dich.«
»Und ein Ticket wäre ebenfalls schwierig geworden.« Die leere Tasse hin- und herschwenkend fuhr sie fort: »Versuch mal, ein Ticket für jemanden zu buchen, der faktisch nicht existiert. Ich hab ja keine gültigen Papiere oder so was, weißt du? Und ohne funktionierendes Na-Vi oder zumindest etwas Geld auch keine Möglichkeit, daran was zu ändern. Trampend über die Grenzen zu kommen, war da schon deutlich einfacher.«
»Hmm, das ergibt Sinn. Ist jedoch ein Problem. Ich sehe uns nämlich nicht nach Utah trampen.« Er schloss die Tür hinter sich. Da er der Meinung war, genug frische Luft geschnappt zu haben, warf er sich demotiviert in seinen Bürostuhl.
»Hey, überlass das Problem mit meinen Papieren ruhig mir. Ich kümmer mich drum. Wirst schon sehen«, versicherte sie ihm. »Wir treffen uns dann in ein paar Tagen am Berliner Flughafen vor dem Check-in. Ich werde aber wie gesagt etwas Geld brauchen, um das Problem zu lösen.«
»In ein paar Tagen? Was ist das denn für eine Angabe? Erwartest du jetzt, dass ich jeden Tag dahinfahre und schaue, ob du da bist?«
»Etwa ’ne Woche. Schneller geht es nicht.«
»Oh, das ist natürlich gleich viel präziser, vielen Dank.«
Luna schaute ihn verständnislos an. »Okay. Sagen wir Freitag um neun? Ist das dem Herrn so recht, ja?«
»Hmm, meinst du, dass das klug ist? Was, wenn diese Typen vom Grenzschutz wieder auftauchen? Ich finde, wir sollten zusammenbleiben«, murrte Jonathan nachdenklich.
Verdammt. Das kann ich jetzt gar nicht gebrauchen. »Das ist sogar sehr klug«, erwiderte Luna so optimistisch wie nur möglich. »Wenn die Greys schnallen, dass ich nicht mehr hier bin, lassen sie dich möglicherweise in Ruhe.«
»Und genau das, macht mir Sorgen. Denn wenn sie nicht hinter mir ...«
»Dad! – Ich komm klar«, unterbrach sie ihn bestimmend und hielt erwartungsvoll die Hand auf.
Jonathan kratzte sich an er Schläfe, während sein Gesicht grimmige Furchen zog. »Was, wenn sie dich finden?«
Dann haben die ein Problem, hätte sie am liebsten sagen wollen, stattdessen lächelte sie und sagte: »Das wird nicht passieren, keine Sorge. Du darfst nicht vergessen, dass ich durchaus weiß, was ich tue.« Ihr nachdenklicher Blick wanderte kurz durch die Luft. »Meistens«, ergänzte sie dann achselzuckend.
Jonathan seufzte resigniert und angelte sein Portmonee aus der Gesäßtasche. »Also gut. Wie viel brauchst du?«