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Kapitel 7 Stahl und Magie

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Eine Woche nach seiner Befreiung fühlte Darian sich bereit, am Schwertkampftraining teilzunehmen. Die meisten blauen Flecken waren verschwunden, nur seine Rippe schmerzte noch ein wenig, besonders, wenn er tief Luft holen musste. Dagegen waren seine Zehen schon komplett geheilt, dank Yakos Gebräu, welches er ihm Tag für Tag verabreicht hatte.

Jetzt, da er endlich aus seinem Bett durfte, war er voller Tatendrang und grämte sich, dass er erst jetzt mit dem Training beginnen konnte. Obwohl Finn ebenfalls an der Seite verletzt worden war, hatte dieser schon früher mit dem Unterricht begonnen. Zwar konnte er sein linkes Bein immer noch nicht vollends belasten, aber wenn Finn sich durch jede Trainingseinheit kämpfen konnte, dann würde ihm das auch gelingen. Zumal sein Freund nun schon etwas Vorsprung auf ihn besaß und ohnehin geübter war als er, was ihn doch etwas wurmte.

Schon immer hatten sich die Beiden in jeder erdenklichen Disziplin miteinander gemessen und zumindest im Schwertkampf hatte Darian immer den Kürzeren gezogen. Er versuchte seine Niederlagen so sportlich wie möglich zu nehmen, doch sein Ehrgeiz, Finn zu schlagen, war bereits immer da gewesen.

Also hatte er sich aus seinem Bett gequält und war am Vorabend zu Meister Sadalon gegangen und hatte ihn gefragt, ob er bei dem morgigen Training einsteigen könnte. Der Schwertmeister hatte zugestimmt und ihn nach einer Waffe gefragt, die er für die Ausbildung benötigte, doch verlegen musste Darian verneinen. Er hatte noch nie eine Waffe besessen, dafür waren sie zu arm gewesen. Er hatte sich immer eine von Meister Hiram geborgt, wenn er Finn und ihm erlaubt hatte, ein kleines Duell auszufechten.

Darauf hatte Sadalon geantwortet, dass sie sich vor dem Training im Gemeinschaftsraum treffen würden.

Er war schon früh am Morgen aufgestanden und konnte es kaum erwarten, endlich eine eigene Waffe in den Händen zu halten. Bereits über eine halbe Stunde wartete Darian unruhig am vereinbarten Treffpunkt und endlich erschien der grauhaarige Meister an der Tür und durchquerte den Gemeinschaftsraum.

Sadalon war schon alt, Darian wusste nicht genau, wie alt, aber er hatte bereits Schlachten für den Herrscher der Vereinigten Länder geschlagen, die schon lange zurück lagen. Dementsprechend zogen sich einige Narben über seinen geschundenen Körper und die Weisheit und Erfahrung, die er all die Jahre gesammelt hatte, spiegelten sich in seinen grünen wachsamen Augen wieder. Auch an Falten mangelte es dem Schwertmeister nicht, zumindest sein Gesicht wirkte doch schon etwas runzelig. Zwar war Sadalon alt, dennoch war er in einem gepflegten äußerlichen Zustand, alles schien seine Ordnung zu haben. Seine weißen Haare hatte er nach hinten gekämmt, der Bart war gestutzt und auch seine Kleidung war im Gegensatz zu Darians vorbildlich sauber.

Trotz seines Alters, hielt Sadalon sich gerade und aufrecht und es lag nicht ein Hauch von Unentschlossenheit oder Zweifel auf seinen Zügen.

Bei dem Jungen angekommen, tauschten sie den morgendlichen Gruß aus und Sadalon öffnete unter angestrengtem Ächzen die widerspenstige Tür, die mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert war. So viel er wusste, besaßen nur wenige Mitglieder den Zugang zu dem kleinen Rüstraum und der Schwertmeister war einer von ihnen.

Als sie die kleine muffige Kammer betraten, staunte Darian nicht schlecht, als er das zusammengetragene Waffenarsenal erblickte. Bögen, Äxte, Lanzen und vor allem Schwerter in allen erdenklichen Größen und Formen hingen überall an den Wänden oder befanden sich ordentlich in unzähligen Regalen. Darüber hinaus waren hier auch Rüstungsteile und andere nützliche Ausrüstung vorhanden. Fackeln und Seile, Rucksäcke, Wasserschläuche, Schaufeln und vieles mehr hing hier an den Wänden, sowie Werkzeuge aller Art schien hier mindestens einmal vorhanden.

Der Junge wunderte sich, wie so viel in dem kleinen Raum Platz fand.

Ehrfürchtig betrat er diesen und Sadalon stellte sich herausfordernd in die Mitte und breitete beide Arme aus.

>> Was du hier siehst, ist der ganze Stolz der Widerständler. Du wirst nichts finden, was es an Waffen nicht gibt. <<, er ließ seine Arme wieder sinken und wandte sich mit fragendem Gesichtsausdruck an den Jungen, >> Also, womit kämpfst du am liebsten? Oder was wäre wohl von Vorteil für dich? << Sein Blick wanderte prüfend über Darians Körper. Unsicher erwähnte dieser, >> Ich habe schon ein bisschen Erfahrung mit dem Schwert. Ich habe mit Finn zusammen hin und wieder in der Schmiede von Meister Hiram trainiert. <<

>> Ha! <<, lachte der Schwertmeister, >> Noch so ein Bursche, der denkt, im Umgang mit einer Klinge fähig zu sein! Oh nein, wenn du genauso gut bist, wie dein Freund hast du nicht die leiseste Ahnung, wie man eine Klinge vernünftig führt. Dennoch wird ein Schwert wohl die beste Wahl sein - vorerst. << Er überlegte kurz und ergriff dann eine etwas schmalere Klinge aus dem Regal und reichte sie dem verdutzten Jungen. >> Wie liegt das Schwert in der Hand? << Darian umschloss den Griff und wog das erstaunlich leichte Schwert in seinen Händen und nickte zufrieden. >> Es fühlt sich gut an. <<

>> In Ordnung, du kannst es behalten. Pflege es gut und nutze es weise. Behalte immer im Hinterkopf, dass auch Waffen nur Werkzeuge sind, keine Spielzeuge. Ich gebe es dir in Erwartung, dass du verantwortungsvoll mit der Klinge umgehst. <<

>> Ich werde Euch nicht enttäuschen! <<, sagte Darian entschlossen und packte die Klinge, die er immer noch ehrfurchtsvoll in seinen Händen hielt, fester. Riesiger Jubel über den Besitz seines ersten eigenen Schwertes breitete sich in ihm aus. Voller Freude hatte er gar nicht gemerkt, wie Sadalon ihm noch die passende Scheide reichte. Hastig nahm er sie entgegen und band sie an seinem Gurt fest.

>> Du solltest noch etwas über dieses Schwert erfahren, bevor du damit kämpfst. Die Klinge ist aus einem besonderen Stahl, der schwerer zerstört werden kann. Wie du siehst, ist sie etwas länger als gewöhnlich, weshalb du eine größere Reichweite damit hast und dir somit deine Feinde auf Abstand halten kannst. Außerdem kannst du das Schwert sowohl mit einer, als auch mit zwei Händen führen, was eine gewisse Flexibilität nach sich zieht. <<, er hob einen Finger und schaute dem Jungen eindringlich in die Augen, >> Wisse um die Vor- und Nachteile deines Schwertes, dann ist dir der Sieg gewiss! Nur wer sein Werkzeug kennt, kann auch richtig damit umgehen. << Darian sog die Worte des alten Mannes begierig in sich auf. Er dankte dem Schwertmeister und rückte zufrieden alles zurecht. Wenn seine Mutter ihn jetzt nur sehen könnte!

Er dankte Meister Sadalon noch ein letztes Mal und schritt mit Stolz geschwellter Brust aus der kleinen Rüstkammer geradewegs zu dem Übungsraum, wo ihn Finn verschlafen erwartete. Stolz präsentierte er ihm seine neue Klinge und sein Freund nickte anerkennend. >> Das ist ein gutes Schwert. << Prüfend strichen seine Finger über den blanken Stahl und Finn musterte die Klinge, wie es Hiram schon unzählige Male gemacht hatte. Dabei sahen sich Vater und Sohn verblüffend ähnlich, bemerkte Darian schmunzelnd. Als seine Finger über den Schaft des Schwertes glitten, entdeckten die Jungen ein vertrautes Symbol, das im Stahl eingeprägt worden war. >> Schau mal, das ist eine von Vaters geschmiedeten Klingen. <<, sagte Finn aufgeregt und auch Darian erkannte jetzt das eingravierte Symbol. >> Du hast Recht. Denkst du, Sadalon hat es mir absichtlich gegeben? <<

>> Hm, ich bin mir nicht sicher. <<, gab Finn zurück, >> Jedenfalls hat er dir nicht einfach zufällig ein Schwert in die Hand gedrückt. << Er grinste und auch Darian ließ sich von seiner Freude anstecken.

>> Wer weiß? Was ich aber mit Sicherheit weiß, ist dass ich dich schon bald besiegen werde! <<, rief Darian herausfordernd, griff sein Schwert und hielt es ihm angriffslustig entgegen. Finn ließ sich davon nicht beeindrucken und hob eine Augenbraue. >> Du willst mich besiegen? <<, fragte der Junge mit gespielter Überheblichkeit, >> Du hast doch nicht den Hauch einer Chance! << Mit diesen Worten zog auch Finn sein Schwert und wollte sich bereits auf Darian stürzen, als Sadalon den Raum betrat und die Jungen jäh unterbrach.

>> Bevor hier irgendeiner gegen irgendjemand kämpft, ist noch viel zu tun. << Dem Schwertmeister folgten zwei weitere Schüler, die schon etwas länger im Training waren und gesellten sich zu Finn und Darian. Hinzu kam noch ein älterer Mann, den sie ebenfalls zusammen mit Yako und Darian aus dem Gefängnis befreit hatten. Auch dieser Mann hatte sich Lucias Organisation aus Dankbarkeit angeschlossen und absolvierte nun anscheinend ebenfalls den Unterricht des Schwertmeisters. Darian kannte nur ihre Namen, sie hatten sich ihm vorgestellt, mehr aber auch nicht.

Sie stellten sich in eine Reihe, sodass Sadalon jeden seiner Schützlinge im Blick hatte und begrüßte sie noch einmal, dann begann der Unterricht.

>> Heute werden wir die Grundhaltungen noch ein weiteres Mal üben! <<, schallte seine mächtige Stimme durch den Raum. Dann richtete er das Wort an die erfahreneren Schüler, >> Also, wer kann den Neuen eine Grundstellung zeigen? << Eine etwas kleinwüchsige junge Frau mit langen, roten Haaren, die sie zu einem Zopf zusammen gebunden hatte, trat vor und führte der Gruppe eine Verteidigungshaltung vor, bei dem ihre Füße versetzt zueinander standen, eine Schulter etwas nach vorne ragte und sie ihre Arme mit dem Schwert diagonal zu ihrem Körper hielt.

>> Einwandfrei, Livia! <<, lobte der Meister sie, worauf die Angesprochene ihre Haltung beendete und sich zurück in die Reihe stellte.

Dann trat ihr Partner vor, der ebenfalls in Livias Alter war und sich Darian mit Gerron vorgestellt hatte. Er war größer als sie und Darian konnte erkennen, wie die Muskeln unter seiner Haut spielten, als er eine weitere Position einnahm. Auch diese Haltung befand Sadalon für perfekt und er selbst zeigte ihnen einige Weitere. Die beiden Jungen hörten aufmerksam zu, achteten genau auf die Bewegungen des Meisters und wenig später gingen sie die Grundstellungen selbst langsam durch und versuchten auf jede Kleinigkeit zu achten.

Der Schwertmeister behielt sie dabei genau im Auge und korrigierte sie oft bei ihren Versuchen, was die Jungen sehr frustrierte. Mal war ein Arm nicht genug angehoben, dann war ein Fuß wieder falsch gesetzt, oder das Schwert war im falschen Winkel platziert. Als Sadalon Darian bereits das Gefühlte hundertste Mal korrigierte, sah er verstohlen hinüber zu Livia und Gerron, die in einem anderen Teil des Übungsraumes trainierten, der beinahe so groß wie der Gemeinschaftsraum war. Wie es schien, hatten sie ihre Ausbildung fast beendet und ehrfurchtsvoll sah er, wie sie in schneller Abfolge auf mehrere Ziele, die eigens dafür hergestellt waren, eindroschen. Ihre Bewegungen waren fließend, elegant und vor allem präzise. Jeder Schlag landete genau dort, wo er beabsichtigt war.

Sein Blick kreiste weiter durch den Raum. Neben ihm mühte sich der hagere, großgewachsene Mann, ebenfalls sichtlich ab und genau wie bei ihnen, musste der Schwertmeister oftmals bei ihm einschreiten und seine Haltung verbessern. Finn schnitt schon etwas besser ab, da er schon ein paar Trainingseinheiten absolviert hatte. Sadalon musste ihn nicht ganz so oft verbessern und es fehlte ihm höchstens an einigen Stellen noch an Perfektion und Erfahrung, die mit der Zeit noch kommen würde. Auch war er schon schneller geworden und besaß einen sicheren Umgang mit dem Schwert und hielt es bei jeder Haltung so von sich, wie es ihm Sadalon vorschrieb.

Darian war von Finn beeindruckt, wie viel er in einer Woche gelernt hatte und er hoffte, dass er genauso gut vorankam. Auch der Schwertmeister war sichtlich zufrieden und lobte ihn zwischen den Übungen.

Seufzend wandte er sich wieder seinen eigenen Haltungen zu, die noch unsicher und unbeholfen wirkten und übte verbissen weiter.

Nach einer Gefühlten Ewigkeit hatte Sadalon dann genug gesehen und sie stellten sich wieder in einer Reihe auf.

>> Das habt ihr alle gut gemacht! Jetzt kommt etwas Bewegung ins Spiel. Zu den gelernten Haltungen, die euch vor Angriffen schützen sollen, lernen wir dazu noch die Möglichkeiten des Angriffs. Zuallererst müsst ihr wissen, dass jeder Schlag, jeder Hieb und jede Attacke auf bestimmte Weise pariert werden kann. Wenn euer Gegner nach euch sticht, könnt ihr beispielsweise seine Waffe weg schlagen. Wenn er einen Schlag über Kopf ausführt, könnt ihr diesen blocken, indem ihr die Position einnehmt, die wir ebenfalls gerade wiederholt oder neu gelernt haben, verstanden? << Sadalon führte die Haltung abermals vor und ein zustimmendes Raunen ging durch die Reihe. Zufrieden nickte der Schwertmeister und fuhr mit seinem Vortrag fort, >> In Ordnung. Livia und Gerron werden jetzt einen Übungskampf darbieten. << Er wandte sich zu dem Paar, dass außen stand, >> Macht euch schon mal fertig. Und nicht, dass ihr mir ein Rüstungsteil vergesst! <<, rief er ihnen noch hinterher, als sie ihr Rüstzeug holen gehen wollten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder den Verblieben zu. >> Also, ich möchte, dass ihr euch den Kampf genau anschaut und selber die Angriffsschläge erkennt und diese anschließend, so gut ihr könnt, ebenfalls vollführt. <<, der grauhaarige Meister zupfte an seinem Bart und die Gruppe wartete darauf, dass die beiden Kämpfer zurückkamen.

Es dauerte nicht lange und Livia und Gerron betraten in voller Kampfmontur das unterirdische Zimmer und nahmen ihre Positionen auf einem eigens dazu markierten Feld ein. Sadalon erklärte ihnen die Regeln und läutete den Kampf anschließend selbst ein. Darian, aber auch Finn und der hagere Mann betrachteten gebannt das Schauspiel, das sich ihnen bot. In schneller Abfolge klirrten ihre Schwerter aufeinander und Darian konnte kaum erkennen, wie sie ihre Klingen schwangen. Das Ziel war, ihren Gegner zu entwaffnen, zu Boden zu bringen, oder aus dem eingegrenzten Bereich zu befördern. Doch beide Kämpfer wichen keinen Millimeter zurück und es schien ein ausgeglichener Kampf zu sein.

Dann endlich kristallisierte sich ein Schlag heraus und Darian ahmte ihn so gut wie möglich nach, indem er beide Beine nebeneinander stellte und sein Schwert senkrecht über seinem Kopf hielt. Der Schwertmeister nahm dies zur Kenntnis und nickte ihm zu, worauf Darian sein Schwert wieder sinken ließ und sich weiter auf den Kampf konzentrierte. Auch Finn erkannte viele Schläge und stellte sie alle nach, auch der hagere Mann bemühte sich sein Bestes zu geben.

Nach etlichen weiteren Schlägen, die die Beiden noch vollführten, entwaffnete Livia ihr Gegenüber und Sadalon erklärte den Kampf für beendet.

Die Kämpfer schüttelten sich die Hände und nahmen ihre ursprünglichen Positionen ein. Unter ihren Lederrüstungen und Kettenhemden konnte Darian erkennen, dass sie sich ganz schön ins Zeug gelegt hatten. Sie atmeten schnell und flach und Schweiß strömte aus allen Poren ihrer Körper. Doch das schien weder Livia noch Gerron etwas auszumachen. Sadalon sprach ein großes Lob an die Zwei aus und verkündete, dass der Unterricht für sie beendet sei. Sichtlich erschöpft wandten sich Livia und Gerron ab, verabschiedeten sich aber noch von dem Rest der Gruppe.

>> In nicht allzu ferner Zeit werdet ihr genauso gut kämpfen können, wie Livia und Gerron. <<, richtete er das Wort an die Verbliebenen. Eine letzte Aufgabe habe ich noch für euch, dann könnt ihr ebenfalls gehen. Finn, du übst weiter deine Angriffsschläge an den Zielen. << Finn nickte kurz und machte sich an die Arbeit.

>> Darian, Alrik ihr stellt euch gegenüber. Ich möchte, dass jeder von euch abwechselnd zuerst einen Angriff andeutet, aber diesen noch nicht vollführt. Derjenige, der gerade nicht angreift, sucht die beste Methode, um den Schlag eures Gegenübers zu blockieren. Dann darf der Angreifer die Attacke ausführen und wir werden sehen, was passiert. << Die Beiden taten, wie ihnen geheißen und stellten sich einander gegenüber, wobei Alrik, so hieß der Entflohene, Darian um einen ganzen Kopf überragte. Als er in das Gesicht des älteren Mannes blickte, konnte er auch bei ihm noch die Spuren der Folter erkennen, die er durchgemacht haben musste. Der Vollbart, mit dem er so wild nach seiner Befreiung ausgesehen hatte, war verschwunden. Genau wie Yako, war auch Alrik mager, was er mit einem langen weitem Hemd zu verbergen versuchte.

Alrik startete den ersten Angriff. Er hob das Schwert über seinen Kopf und verharrte in dieser Position. Darian reagierte, indem er sein Schwert waagrecht ebenfalls in Kopfhöhe hielt. Sadalon, der das ganze Spektakel penibel genau betrachtete, nickte kurz und Alrik ließ sein Schwert auf den Jungen niedersausen. Der Hieb endete an Darians Stahlklinge, doch ein zittern in seinen Armen blieb und er musste fester zupacken, damit sein Schwert nicht aus der Hand fiel. Dann war er mit einem Schlag an der Reihe und hielt sein Schwert diagonal, seitlich von seinem Körper. Sein Schlag würde einen Bogen beschreiben, der sich quer über die Brust von Alrik ziehen würde, falls er den Schlag nicht blocken konnte.

Der dürre Mann reagierte, indem er sein Schwert ebenfalls diagonal hielt, nur das seine Spitze nach unten zeigte. Dabei achtete er darauf, dass die Klinge seine Brust schützen würde. Wieder schien Sadalon zufrieden und ließ Darian gewähren, doch seine Waffe kam nicht weit und prallte an der Waffe seines Gegenübers ab. Auch dieses Mal vibrierte seine Klinge und er hatte wieder Probleme, sie in seiner Hand zu behalten.

>> Du musst sie fester packen! <<, bemerkte der Schwertmeister, der das Geschehen weiter aufmerksam verfolgte. Darian nickte und wandte sich wieder Alrik zu, der an der Reihe war. Es folgten weitere Schläge und Haltungen, bis sie immer schneller wurden. Darian dachte nicht viel über die Sache nach und verließ sich mehr auf seinen gesunden Menschenverstand und seinen Instinkt, die ihn selten im Stich ließen. Nur hin und wieder musste Sadalon die Schläge unterbrechen, falls sich einer der Beiden irrte. Schweigsam kämpften sie weiter, bis Meister Sadalon die Übung beendete. Anerkennend reichte Darian seinem Gegenüber die Hand, >> Das hat Spaß gemacht. Ich hoffe, wir können diese Übung bald mal wiederholen. <<

>> Das hoffe ich auch. <<, erwiderte Alrik, der sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn wischte.

>> Puh, was bin ich fertig. Ich könnte jetzt glatt wieder ins Bett fallen! <<, raunte Finn, der zu ihnen gestoßen war und ebenfalls schwitzte.

Amüsiert sah Darian zu seinem Freund, der sich gerade ein paar verklebte Haare aus seinem Gesicht strich. >> Ein wahres Wort. Mir geht es genauso. <<

>> Ich habe hin und wieder mal zu euch rüber gesehen und ihr wart nicht schlecht für den Anfang. <<, grinste Finn.

>> Das hoffe ich auch, schließlich muss ich dich bald mal wieder schlagen. <<, erwiderte Darian.

>> Du wirst mich niemals Schlagen, egal, wie sehr du dich anstrengst! <<, gab Finn entschlossen zurück. Bevor Darian etwas dazu sagen konnte, unterbrach sie der Schwertmeister, der sie streng musterte, >> Quatschen und euch gegenseitig kaputt kämpfen könnt ihr nach dem Training! Also bringt den Laden noch auf Vordermann, dann seid ihr für heute entlassen! <<

>>Ja Sir! <<, antworteten sie im Chor und begannen mit dem Aufräumen. Als sie fertig waren, verließen sie den Übungsraum und machten sich fertig, für das gemeinsame Frühstück mit den restlichen Mitgliedern der Widerständler.

Nach dem Frühstück gingen die Mitglieder ihren Tagesaufgaben nach. Darian und Finn waren davon nicht ausgeschlossen, da sie nun fester Bestandteil der Widerständler waren. Und so mussten sie das Quartier sauber halten, Nachrichten und Botschaften überbringen, in der Küche beim Zubereiten des Essens helfen, sowie Besorgungen in der Stadt tätigen. Bei letzterem musste aber vor allem Darian vorsichtig sein, da sie vermuteten, dass die Dunklen immer noch nach ihm suchten.

Doch es tat den Jungen gut, wieder raus aus dem dunklen, muffigen Unterschlupf zu kommen, sich mal wieder unter die Leute zu mischen und das warme Licht der Sonne auf ihrer Haut spüren. Wie Götz bereits erwähnte, es tat gut an die frische Luft zu kommen und sich dort etwas zu bewegen.

In der Stadt tätigten sie meist irgendwelche Einkäufe für die Gruppe, oder hörten sich nach Klatsch und Tratsch auf den Straßen um, da an vielen Gerüchten meist doch etwas Wahres war. Das hatte Julius zumindest behauptet. Er und der meist übellaunige Götz begleiteten die Jungen oft in die Stadt, wogegen niemand etwas einzuwenden hatte. Auch Darian hatte sich, genau wie Finn, schnell mit den beiden gegensätzlichen Personen angefreundet. Ihm gefiel Julius quirlige aufmunternde Art, aber auch Götz konnte ihn nicht durch sein ewiges Gebrumme verschrecken. Zumal er meistens auch nur gegen seinen kleinen flinken Freund aufmurrte, dem es ein offensichtlicher Spaß war, den Hünen jede freie Sekunde seiner Zeit zu ärgern. Es war ein ewiger Wettstreit zwischen den Beiden, dass aber die tiefe Freundschaft zeigte, die sie zueinander pflegten.

Ansonsten, wenn Julius und Götz sie mal nicht begleiteten, schlossen sie sich mit Nahiri zusammen, oder machten sich alleine auf den Weg in die Stadt, da sie den verworrenen Weg aus den Tiefen des verlassenen Armenviertels bald gut kannten.

Oft kreisten die Gedanken der beiden Jungen um die Widerständler und insgeheim bewunderte Darian ihre Gefährten und dessen Mitglieder, die den Mut aufgebracht hatten, sich dieser Organisation anzuschließen und damit ihr Leben aufs Spiel setzten. Er selbst hatte zwar ebenfalls diesen Schritt unternommen, doch er war mehr gezwungen gewesen sich den Widerständlern anzuschließen, da er kaum eine andere Wahl gehabt hatte.

Auch bewunderte er das Ziel und die begangenen Taten dieser kleinen, aber dennoch wirksamen Gruppe. Sie hatten schon vielen Menschen in Not geholfen, ihr Wille war ungebrochen und sie waren allesamt entschlossen, die Dunklen wieder zurück ins Ödland zu schicken und Tyrannus zu stürzen, obwohl sie in dieser Hinsicht noch wenig Erfolg aufzuweisen hatten.

Trotzdem zweifelte niemand an ihrem Sieg, welcher früher oder später kommen sollte, dessen waren sie sich alle sicher. Egal, wen die Jungen fragten, in jedem von ihnen loderte die Hoffnung, das Land von Tyrannus und seinen Schergen zu befreien.

So vergingen etliche Tage und bald merkte Darian, dass sich das morgendliche Training bei Sadalon bezahlt machte. Er wurde sicherer und schneller im Umgang mit seiner Klinge, die er hegte und pflegte wie seinen Augapfel. Auch war er im Schwertkampf bereits beinahe so gut wie sein Freund und oft erlaubte Sadalon ihnen, gegeneinander zu kämpfen. Zwar unterlag Darian Finn in den meisten Duellen, die jedes Mal aufs Neue erbittert ausgefochten wurden, aber er merkte auch, dass er Finn immer weiter an seine Grenzen trieb.

Auch körperlich bauten die Jungen Muskeln auf, da der Schwertmeister sie nicht nur den Schwertkampf trainieren ließ, sondern ihnen auch ohne die Waffe in der Hand alles abverlangte. Diese Stunden waren besonders schweißtreibend und anstrengend für Darian und er war jedes Mal kurz davor, aufzugeben. Doch sein Wille und sein Stolz halfen ihm durch jede Prüfung, die der Schwertmeister ihnen auferlegte.

Zusätzlich zu dem morgendlichen Training, welches sie täglich absolvierten, mussten sie einmal in der Woche auf eine Art Trainingsmission quer durch das verlassene Armenviertel und ausgedachte Aufgaben des Schwertmeisters erledigen. Meist waren es Gegenstände, die sie suchen und in Sicherheit vor möglichen Gegnern bringen mussten. Die Gegner, die den gesuchten Gegenstand verteidigten, waren oft Livia und Gerron oder andere Mitglieder der Organisation. Sie versuchten es ihnen dabei so schwer wie möglich zu machen.

Auch heute mussten Darian, Finn und Alrik, der weiterhin am Training teilnahm auf eine Mission. Wie üblich hatte Sadalon ihnen den Ort und den Weg dorthin beschrieben, ihnen aber nicht gesagt, welchen Gegenstand sie suchen sollten. Die Beschreibung, die Sadalon ihnen gegeben hatte, passte auf jedes Haus im verlassenen Armenviertel: Heruntergekommen, ein Fenster vernagelt, das andere zerstört, mit beschädigter Tür. Für Darian sah jedes Haus so aus, aber glücklicherweise hatte der Schwertmeister ihnen darüber hinaus noch eine Wegbeschreibung mit auf den Weg gegeben. Zwar konnte er sich nicht alles davon merken, aber er hoffte, dass die anderen seine möglichen Lücken füllen konnten. Das Einzige, was sie selbst auswählen konnten, war ihre Ausrüstung. Zu ihren Waffen, die sie mitnahmen kamen oftmals noch Fackeln, etwas Proviant und anderes nützliches Werkzeug hinzu. Auch eine Schaufel hatten sie schon dabei gehabt.

Als sie fertig ausgerüstet waren, brachen sie auf. Von diesen Missionen war Finn immer hellauf begeistert und er freute sich jedes Mal wieder, wenn Sadalon sie mit Hinweisen und einer Aufgabe im Gepäck losschickte, weshalb er auch oft die Führung übernahm. Darian dagegen tat diese Übungen als Zeitverschwendung ab. Lieber hätte er stattdessen trainiert, um in seinen Kampftechniken schneller und besser zu werden. Je mehr Zeit verstrich, desto ungeduldiger wurde er. Er wollte bereit sein, falls sie seine Mutter fanden, er wollte bei ihrer Befreiung helfen, doch das konnte er nicht, wenn er hier nur seine Zeit vergeudete.

Ärgerlich kickte er einen Stein zur Seite, als sie an einer Kreuzung Halt machten und überlegten, in welche Richtung ihr Ziel lag. Darian hatte schon lange die Orientierung verloren, ihm war das aber herzlichst egal und es interessierte ihn auch nicht, er wollte nur schnell den Gegenstand finden und endlich wieder zurück ins warme Quartier. Wenn die Stunden es noch zuließen, könnte er dort weitere Übungen mit dem Schwert absolvieren.

Sie waren nun bereits schon etliche Stunden unterwegs, hatten sich auch schon verlaufen und noch immer war der Zielort nicht in Sicht. Immer tiefer führte sie Finn in das verlassene Armenviertel hinein und Darian wunderte sich aufs Neue, wie groß und komplex dieses Viertel einmal gewesen war.

>> Ich denke, wir müssen weiter geradeaus! <<, hörte er Finn grübeln, >> Oder doch nach rechts abbiegen? <<

Alrik, der ihre Situation gelassen betrachtete, war sich ebenfalls nicht sicher, >> Ehrlich gesagt hätte ich auf den linken Weg getippt. <<, murmelte der hagere Mann ratlos. Beide wandten sich dann Darian zu und Finn fragte, >> Darian, was denkst du? <<

Auch er hatte keine Ahnung, >> Lasst uns erst mal weiter geradeaus laufen, vielleicht finden wir den Wetterhahn noch. Obwohl mir langsam meine Zehen abfrieren! << Seine Gefährten nickten und sie überquerten die Straße. Kurze Zeit später stieß Finn aufgeregt und freudig einen triumphierenden Schrei aus und deutete auf einen kleinen verrosteten Wetterhahn, der windschief auf einem Dach quietschend seine Kreise drehte. Auch Alrik freute sich über diese Entdeckung und Darian stieß ebenfalls einen Seufzer der Erleichterung aus. Bald hätten sie ihr Ziel erreicht und könnten endlich den Rückweg antreten. Sie liefen noch ein Stück und Darian ließ wieder seine Gedanken kreisen. Abermals fragte er sich, was ihm diese Übung bringen sollte. Sadalon hatte ihnen gesagt, dass dies eine Simulation für echte Missionen wäre und dadurch ihre Aufmerksamkeit, ihr Zusammenhalt und auch der Schwertkampf trainiert werden würde. Darüber hinaus hatte der Meister ihnen noch weitere Dinge aufgezählt, die Darian jedoch bereits wieder verdrängt hatte. Er war sowieso gegenteiliger Meinung und wusste nicht, was sie hieraus lernen konnten. Und das bisschen was sie lernten, hätten sie sich auch im Übungsraum aneignen können.

Wieder wurde er aus seinen Gedanken gerissen, diesmal war es Alrik, der etwas entdeckte und es ihnen lautstark mitteilte. Er zeigte auf ein verfallenes Haus, das perfekt auf Sadalons Beschreibung passte und innerlich jubelte nun auch Darian, sie waren endlich am Zielort.

>> So und ab jetzt keinen Murks mehr! <<, zischte Finn ihnen zu und pirschte sich langsam die Häuserwand entlang. Alrik und Darian taten es ihm nach, obwohl sie sich beide nicht ganz so geschickt wie Finn anstellten. Alriks Fuß berührte ausversehen ein Holzbrett, das lose an eine Wand gelehnt war. Dieses fiel mit einem lauten Knall zu Boden. Spätestens jetzt wussten ihre Gegner, dass sie hier waren. Entschuldigend sah er Finn an, der Alrik wütend anstarrte. Doch der Junge ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schlich bis zu der Tür, die noch völlig intakt zu sein schien. Sie begutachteten die Tür und anhand der Scharniere stellte er fest, dass sie sich nicht wie üblich nach innen öffnete, sondern in entgegengesetzter Richtung. Dann bedeutete er seinen Gefährten, ihre Waffen zu ziehen und griff beherzt mit einer Hand nach der Klinke und mit der anderen an seine eigene Waffe. Auf ein Zeichen, dass Darian und Alrik ihm gaben, zog er an diese auf, doch zu seinem Erstaunen bewegte sich diese kein Stück, also drückte er instinktiv und die widerspenstige Tür gab nach. Im Haus waren bereits zwei voll gerüstete maskierte Gestalten aufgestanden und warteten mit gezückten Waffen auf das Trio. Finn mutmaßte, dass es sich um Livia und Gerron handeln musste und kurz entschlossen stürzte er sich auf die kleinere Gestalt, da Gerron ihm körperlich doch überlegen war. Sollten sich Darian und Alrik um Gerron kümmern, dachte Finn.

Auch Darian blieb nicht untätig und gemeinsam mit Alrik an seiner Seite griffen sie den hochgewachsenen Mann an. Hinter den Verteidigern konnte Darian eine kleine Schatulle aufblitzen sehen, die sie wahrscheinlich bekommen sollten. Also versuchte er seinen Gegner aus der Verteidigung zu locken, indem er sich etwas nach hinten fallen ließ. Alrik verstand seinen Plan und zusammen lockten sie Gerron weg von der Schatulle und eine Gasse bildete sich zwischen den beiden Kämpfen. Ein schneller Seitenblick zu Finn zeigte ihm, dass sein Freund erheblich größere Probleme hatte als sie, doch gleich würde es vorbei sein. Er sammelte seine Kräfte, parierte noch einen von Gerrons Schlägen und sprintete los zu dem Kästchen. Doch als er danach greifen wollte, verschwand es, als wäre es nie da gewesen und eine weitere Person schwang sich von einem Querbalken hinunter, der die Reste des verbliebenen Daches stützte.

Darian war sichtlich überrascht von dieser Wendung und nur mit größter Mühe konnte er die Schläge seines unbekannten Gegners parieren oder ausweichen. Unter normalen Umständen hätten sie sowieso keine Chance gehabt, doch die Verteidiger hatten nicht die Anweisung von Sadalon, sie in Stücke zu schlagen, sondern die Angreifer gewähren zu lassen und selber weniger Initiative zu zeigen, da es keine Übung für die Verteidiger sein sollte. Doch auch, wenn sich ihre Gegner nicht vollends ins Zeug legten, hatten sie Probleme, gegen sie zu bestehen, was Darian auch nicht weiter verwunderte, da sie erst vor kurzem mit dem Training begonnen hatten.

Schlag um Schlag musste Darian zurückweichen und zu allem Überfluss hatten sie den Gegenstand immer noch nicht lokalisieren können. Hektisch sah er sich abermals im Raum um. Endlich blieben seine Augen in der hinteren rechten Ecke haften. Dort in der Ecke lag eine kleine unscheinbare Box und der Junge war sich sicher, dass diese Box der Gegenstand war, den sie benötigten. Darian lächelte. Die Verteidiger waren diesmal clever gewesen, doch ihn hatten sie nicht überlisten können. Unwillig musste er eingestehen, dass ihm die Übung doch etwas Spaß bereitete. Jetzt musste er nur noch zum Kästchen kommen, doch sein unbekannter Gegner drängte ihn immer weiter zurück. Seinen Gefährten erging es nicht besser, auch sie hatten mit ihren Gegnern zu kämpfen. Fieberhaft überlegte er, wie er an das Kästchen kommen konnte, doch ihm viel keine Lösung ein.

Neben ihm stieß Alrik einen leisen Fluch aus. Er wurde von Gerron getroffen und somit besiegt. Seine Rüstung schützte ihn zwar vor gröberen Verletzungen, doch es war ärgerlich für sie, denn nun, da Alrik besiegt war, mussten sie in Unterzahl kämpfen. Darian schwang sein Schwert, als hinge sein Leben davon ab, doch sein Gegner blockte alle seine Angriffe und erwiderte seine Hiebe. Lange konnte er den Angriffswellen nicht mehr standhalten und nun eilte Gerron seinem Gegner noch zu Hilfe. Mit einer letzten verzweifelten Tat, versuchte er sich von seinem Gegner zu befreien, doch sein Vorhaben scheiterte und schließlich sah er sich zwei Gegnern gegenüber. Dann ging alles ganz schnell. Darian war nicht imstande, zwei Klingen auszuweichen und wurde an der Seite getroffen. Gerron bremste den Schlag noch etwas ab und seine Rüstung verhinderte Schlimmeres, aber jetzt war auch er besiegt. Fluchend ergab er sich und gesellte sich zu Alrik, der das Duell interessiert vom Rande verfolgt hatte. Aufmunternd klopfte er dem Jungen auf die Schulter, >> Beim nächsten Mal machen wir es wieder besser. Oh, da kommt ja auch Finn! << Darian wandte sich wieder dem Kampfgeschehen zu und sah, dass sie verloren hatten. Mit hängenden Schultern und gesenktem Blick trottete Finn zu ihnen hinüber und stieß einen Seufzer aus, >> Da haben wir wohl verloren, hm? <<

>> Mach dir nichts draus, es war ja nur eine Übung, außerdem haben wir uns doch ganz gut geschlagen! <<, versuchte es Alrik auch bei Finn. Dieser winkte ab, >> Wir sind kläglich gescheitert! Wir haben nicht einen Gegner ausschalten können und haben den Gegenstand ebenfalls nicht erlangen können. <<

>> Obwohl die Täuschung schon ziemlich gemein war. <<, warf Darian ein. >> Wäre der falsche Gegenstand echt gewesen, hätten wir gewonnen! <<

>> Nun, das war eure heutige Lektion! <<, sagte die Gestalt gegen die Darian gekämpft hatte und zog sich die Maske aus dem Gesicht. Zum Vorschein kam Nahiri, die sich kurz darauf ihre Haare schüttelte. >> Ich hasse diese Dinger, sie zerstören die ganze Frisur und schränken einem noch die Sicht ein! <<, murrte sie. Gerron und Livia, die ebenfalls ihre Masken abzogen, stimmten ihr zu.

>> Also? <<, fragte Finn erwartungsvoll, >> Was war unsere heutige Lektion? <<

>>Das nicht immer alles so ist, wie es scheint. Eure Augen und die anderen Sinne können euch Streiche spielen, auf sie ist nicht immer Verlass. <<, sagte Nahiri. Verärgert rümpfte Finn die Nase, >> Und wie bitte sollen wir dann noch irgendwas einschätzen, wenn wir uns nicht mehr auf unsere Sinne verlassen können? <<

>> Nun, leider gibt es da kein wirkliches Mittel gegen. Ihr müsst auf Fehler achten, auf Unstimmigkeiten. Auf Dinge, die normalerweise anders sind, wie zum Beispiel die Scharniere, die falsch angebracht waren. << Sie nickten und auch Finn hatte keine weiteren Fragen mehr. Dann regte sich Livia, die fröstelnd die Arme um ihren Körper schlang, >> So und jetzt lasst uns zurück ins Quartier, wenn ich hier noch länger verweile, frieren meine Füße fest! << Die Übrigen stimmten ihr zu und gemeinsam machten sie sich wieder auf den Heimweg durch das verlassene Armenviertel. Nahiri erzählte ihnen unterwegs etwas über Magie im Kampf und im Allgemeinen. Gespannt lauschten die Jungen ihren Erzählungen und löcherten sie mit etlichen Fragen. Abwehrend hob sie die Hände und bedeutete ihnen, mit Lucia darüber zu sprechen, sie hatte mehr Wissen und konnte ihnen besser ihre Fragen beantworten, denn Nahiri wusste selbst kaum Antworten auf manche Fragen, die die Jungen ihr stellten.

Wieder im Quartier berichteten sie Meister Sadalon von ihrer Mission, wobei Finn erzählte und Darian und Alrik ergänzten. >> Dieses Mal hat es ganz schön lange gedauert, bis wir den Zielort erreichten. <<, startete Finn seinen Bericht, >> Dann wollten wir das Haus stürmen und die Verteidiger überraschen, doch Alrik und die Tür vereitelten diesen Plan, da diese sich trotz der außen stehenden Scharniere nach innen öffnen ließ. So konnten wir Livia und Gerron nicht überraschen und es entstand ein erbitterter Kampf. Zuerst waren wir in der Überzahl und Darian schaffte es, zu dem Gegenstand durchzudringen, doch er musste feststellen, dass dieser nur eine Illusion war. <<

>> Außerdem überraschte mich Nahiri, nachdem die Schatulle plötzlich verschwunden war. Zwar habe ich die echte Schatulle entdeckt, konnte diese aber nicht erreichen. <<, fügte Darian hinzu.

>> Genau, und nachdem Alrik geschlagen worden war, waren Darian und ich leichte Beute. <<, fuhr Finn fort. Sadalon hatte sich alles in Ruhe angehört und nickte zufrieden, >> Nahiri hat euch bereits gesagt, worauf ihr demnächst achten sollt? << Die Gruppe bejahte und stellvertretend übernahm Finn das Wort, >> Wir werden in Zukunft vorsichtiger sein und mehr auf solche Sachen achten. <<

>> Und ich werde demnächst härter trainieren, um besser zu werden! <<, fügte Alrik entschlossen hinzu, >> Außerdem tut es mir Leid, dass wir wegen mir verloren haben. <<, schuldbewusst senkte er den Blick und diesmal munterte Darian den schlaksigen Mann auf, >> Ach, das war doch nicht deine Schuld. Außerdem war es das erste Mal, dass wir es nicht geschafft haben. <<

Alrik nickte, sah aber immer noch nicht glücklich aus, >> Vielleicht, aber dennoch hätte ich Gerron in Schach halten müssen. Ihr habt es bei euren Gegnern ja auch geschafft. <<

>> Schluss damit! <<, unterbrach Sadalon Alrik, >> Heute solltet ihr scheitern, damit ihr euch nicht noch einmal überrumpeln lasst! Dies sollte euch zeigen, dass Magie ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Waffe ist- vor allem im Kampf. Ich möchte, dass ihr in den nächsten Tagen Lucia aufsucht. Sie wird euch das Nötigste erklären, damit ihr auf alles weitere vorbereitet seid! Denn ich warne euch jetzt schon, die Dunklen beherrschen fast alle einen Pfad der Magie und scheuen sich nicht, diesen zu benutzen! <<

>> Wir werden Euren Rat beherzigen, Meister. <<, ergriff Finn erneut das Wort. Sadalon nickte zufrieden und entließ sie wieder aus seiner Obhut.

Eigentlich hatte Darian vorgehabt, noch ein paar Übungen zu absolvieren, aber er wollte mehr über Magie erfahren, also machte er sich direkt nachdem Sadalon sie entlassen hatte, zusammen mit Finn auf zu Lucias privaten Gemächern.

Behutsam klopften die Jungen an und wie beim ersten Mal öffnete sich die Tür von selbst. Darian lief ein Schauder der Ehrfurcht über den Rücken, als er erneut das Zimmer betrat. Wieder konnte er Lucias ganze Aura im Raum spüren. Wie schon beim letzten Mal saß sie an dem schweren, massiven Tisch, der den meisten Platz im Raum beanspruchte.

Sie war in eines der vielen Pergamente vertieft, als Finn und Darian ihr gegenüber Platz nahmen. Lucia machte keine Anstalten, von ihrem Pergament aufzusehen und die Jungen wollten sie nicht unterbrechen, also nahmen sie den Raum, der mit vielen einzigartigen Dingen vollgestopft war, in Augenschein.

Von der Decke hing ein prachtvoller Kronleuchter, der mit vielen Fabelwesen verziert war. Sie konnten ganze Schlachten auf dem metallischen Ring erkennen, der die vielen Kerzen hielt.

Hinter Lucia standen unzählige kleine Miniaturschiffe auf einem Regal, die alle ebenfalls prachtvoll und detailreich geschmückt waren. Jeder Mast, jede Fahnenstange und jede Holzdiele der Schiffe war zu erkennen. Wie jemand so etwas Kleines bauen konnte, war Finn und Darian schleierhaft. In einem anderen Teil des Raumes stapelten sich allerlei Schmuck und andere kleine Gegenstände auf einem Regal, welche sie nicht zuordnen konnten. Unter den vielen Ringen, Ketten und Armreifen fanden sich auch kleine Schatullen, Boxen und Kästchen wieder, manche unscheinbar und schmucklos, andere dafür umso prächtiger. Zu gerne hätten die Jungen einen Blick ins Innere der Boxen geworfen, doch ohne Lucias Einwilligung wollten sie ihre Sachen nicht einfach anrühren.

An einer weiteren Wand prangte ein großer Teppich mit vielen Mustern und einem Bild in der Mitte. In dem Bild war ein Baum zu erkennen und etliche Namen und Gesichter, die Lucia ähnelten, konnten die Jungen ausmachen. Auch Lucia war dort auf einer Astgabel neben einer weiteren Person abgebildet. Darauf war eine Dame zu erkennen, die etwas älter als Lucia schien. Finn kniff die Augen zusammen, um den Namen unter dem Bild, besser lesen zu können, doch aus der Entfernung war ihm das nicht möglich.

Aber dass die Anführerin der Widerständler ihren Stammbaum kannte und dass dieser noch in einem Teppich, der die ganze Wand einnahm, eingewebt war, ließ Darian und Finn darauf schließen, dass Lucias Familie wohlhabend war. Doch warum hatte sich Lucia für diesen Weg entschieden?

Sie bestaunten noch etliche weitere kleine Wunder in dem Zimmer, bis Lucia plötzlich von ihrem Dokument aufblickte und es zu den Anderen legte. Dann lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück und blickte die Jungen erwartungsvoll in die Augen.

>> Also, Finn und Darian, was kann ich für euch tun? Gibt es etwas Neues von deiner Mutter? <<

>> Nein, wir sind wegen einer anderen Sache hier. <<, stammelte Darian, der sich überrumpelt fühlte.

>> Aha. Worum geht es dann? Seid ihr unzufrieden, unglücklich? Oder fehlt euch irgendetwas? <<, fragte sie mit ruhiger Stimme.

>> Nein, das ist es nicht. <<, versuchte es jetzt Finn, dem es genauso wie Darian erging, >> Wir sind glücklich hier, die Leute behandeln uns mit Respekt und Sadalon bildet uns aus, alles so, wie Ihr gesagt habt. Vielmehr haben wir heute eine Lektion von Nahiri und dem Schwertmeister gelernt. <<

Lucia zog eine Augenbraue hoch, >> Und die wäre? <<

>> Magie! <<, antwortete Darian und seine Augen begannen zu leuchten,

>> Wir sollten zu Euch kommen, da Ihr am meisten über die Magie wüsstet. <<

>> Sadalon hat uns hierher geschickt. <<, warf Finn noch hinterher.

>>Ansonsten wärt ihr nicht gekommen? <<, belustigt zuckten die Mundwinkel der Anführerin nach oben. >> Früher oder später kommen alle zu mir, um etwas über die Geheimnisse der Magie zu erfahren. Aber Sadalon hat Recht, es ist ebenfalls wichtig für eure Ausbildung. <<, sie hielt kurz inne um nachzudenken und gespannt warteten Finn und Darian, dass Lucia fortfuhr.

>> Wie erkläre ich es euch denn am besten? <<, murmelte sie leise. Nach einigem Grübeln ermatteten ihre Züge und sie holte einmal tief Luft. >> Also schön, fangen wir zuerst mit dem Elementarsten an. Die Magie folgt vier Pfaden, die jedem nur erdenklichen Bereich im Leben abdecken. Sie sind unabhängig voneinander, dennoch besteht eine bestimmte Rangfolge unter den vier Pfaden. << Neugierig rutschten die Jungen näher an den Tisch, damit ihnen auch nichts entging.

>> Am stärksten ist der Pfad der Umgebungsmagie. Mit ihm kann der Magier, wie der Name schon sagt, seine Umgebung beeinflussen, indem er mit seiner Kraft an etwas zieht, oder gegen etwas drückt. Wie genau das klappt, sollte euch nicht interessieren, doch kann man damit Unglaubliches vollbringen. Der Umgebungsmagier kann alles um sich herum beeinflussen nur Lebewesen sind davon ausgeschlossen. Das heißt, er kann eure Körper nicht hin und her schleudern, oder andere Sachen damit anstellen. Die natürliche geistige Barriere verhindert so etwas. Ansonsten sind keine Grenzen gesetzt, auch wenn etwas mit normaler Muskelkraft nicht bewegt werden kann, kann die innere Kraft der Magie auch solche Hindernisse überwinden. Ihr seht also, dass dieser Pfad sehr mächtig ist, weshalb nur wenige Geschöpfe auf der Weltenscheibe diese Art des Zaubers beherrschen und Ausführen können. Ich selbst habe das Glück, eine Umgebungsmagierin zu sein und auch Sid war einer. <<

Fragend blickte Darian zu Finn, einen Sid kannte er nicht, obwohl sich ihm alle vorgestellt hatten und er mittlerweile die meisten Mitglieder beim Namen kannte. Finn blickte bedrückt zu Boden und klärte seinen Freund auf, >> Sid war ebenfalls dabei, als wir dich aus dem Gefängnis geholt haben. Er und Lucia haben einige der Dunklen aufgehalten, damit wir fliehen konnten. Dabei ist Sid umgekommen. <<

>> Sein Verlust ist tragisch, da er ein guter Mann und dazu noch ein fähiger Magier war. Er fehlt uns sehr, aber daran können wir jetzt nichts mehr ändern. Doch wir müssen zu einem späteren Zeitpunkt trauern, jetzt erst mal zurück zum Wesentlichen. << Lucia gab sich einen Ruck und nahm eine aufrechte Haltung ein und demonstrierte ihre Gabe, indem sie einen kleinen Würfel vor ihren Augen schweben ließ. Dann fiel der Würfel zurück auf die Tischplatte und sie fuhr fort. >> Der zweite und etwas schwächere Pfad, ist die Substanzmagie und kommt häufiger bei Menschen vor. Ihr müsst wissen, dass nicht nur Menschen, oder andere Rassen diese Gabe besitzen können, auch Tiere und Pflanzen greifen manchmal auf magische Gaben zurück. Beispielsweise ziehen einige Pflanzen schädliche Stoffe aus der Luft und wandeln sie in ihrem Inneren zu Gift um, um sich zu verteidigen. Die meisten Menschen, die über die Gabe der Substanzmagie verfügen, handeln ähnlich, nur das dieses Verfahren außerhalb ihres Körpers passiert. Ein Substanzmagier kann bestimmten Stoffen neue Eigenschaften hinzufügen oder diese entfernen und so unterschiedliche Dinge damit anstellen. Auch hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt, man kann zum Beispiel Wasser fest werden lassen, Schmuck zu Kraftspeichern umformen, oder die Haut härter werden lassen. Doch je ausgefallener der Ausgangsstoff, desto mehr muss man ihn verändern. Und dazu braucht ein Substanzmagier viel Geschick und vor allem andere Stoffe, die die gewünschte Eigenschaft bereits besitzen. Deshalb hantieren viele dieser Art mit etlichen Flüssigkeiten und Stoffen und sind daher auch Meister der Zaubertränke. Wir haben leider keinen Substanzmagier in unseren Reihen, aber Darian, du kennst einen. << Verblüfft schaute der Junge sie an, dann ging ihm ein Licht auf, >> Xian ist ein Substanzmagier, oder? << Lucia nickte und mit einem Mal wurde ihm klar, warum all diese Flüssigkeiten und toten Tiere in dem geheimen Keller lagerten. Xian brauchte sie für seine Tränke. Dann breitete sich ein flaues Gefühl in seinem Magen aus, als ihm Bewusst wurde, wie mächtig Xian war. Bestimmt hatte er durch irgendein Getränk auch seine Mutter verführt, vorstellen konnte er es sich bei ihm. Jetzt, wo er die neuen Informationen hatte, wollte er seine Mutter umso mehr aus den Klauen dieses Mannes befreien und er hoffte, dass die Suchtrupps bald Erfolg haben würden. Lucias Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.

>> Die dritte Art der Magie ist ziemlich häufig vertreten. Julius, sowie fünf weitere Mitglieder der Widerständler beherrschen den Pfad der Vorteilsmagie. Im Gegensatz zu den ersten beiden Pfaden ist diese Art etwas plumper, aber genauso hilfreich und wirkungsvoll. Die Vorteilsmagie bezieht sich nur auf die ausübende Person und sie stärkt und verbessert die körperlichen, sowie geistigen Fähigkeiten des Handelnden. Beispielsweise kann ein Vorteilsmagier bei einem Sturz aus großer Höhe seine Knochen stärken, sodass diese nicht brechen. Zudem können sie weiter und höher springen, oder ihre Sinne schärfen. Auch den Geist kann man mit dieser Art von Magie stärken, man wird dadurch wacher, hat einen schärferen Verstand und prägt sich leichter und schneller Dinge ein. Die einfachste Art dieser Anwendung ist das Stärken der Muskeln, aber ein raffinierter Vorteilsmagier beherrscht viel mehr Tricks, um euch zu überwältigen, also seid vor ihnen besonders auf der Hut. Viele der Dunklen üben diesen Pfad der Magie aus, weshalb sie so gut im Dunkeln sehen können und schneller sind, als normale Menschen.

Besonders im Kampf ist Vorteilsmagie nützlich, sie kann entscheidend für den Ausgang eines Duells sein, also seid vorsichtig! <<, Lucia hatte sich bei ihren Worten vorgebeugt und sah ihnen eindringlich in die Augen. Eine kurze Pause trat ein, dann lehnte sich die Magierin wieder zurück.

>> Am besten ihr fragt Julius mal nach seinen Fähigkeiten. Ich denke er wird euch gerne einige Tricks zeigen. Doch bevor ihr jetzt aufspringt, erzähle ich euch vorher noch etwas über den letzten und wenn ihr so wollt schwächsten Pfad der Magie, der seltsamerweise etwas seltener vorkommt, als die Vorteilsmagie. Nahiri beherrscht den letzten Pfad fast perfekt und das muss ein Illusionsmagier auch. Sie erzeugt Trugbilder, weshalb dieser Pfad schlicht Illusionsmagie genannt wird. Dieser Magier erschafft Trugbilder aus dem Nichts um seine Gegner somit zu täuschen und zu verwirren. Damit verschaffen sich die Magier oft viele Vorteile und auch vor ihnen solltet ihr vorsichtig sein. Sie erzeugen falsche Schatullen, die eure Aufmerksamkeit erregen, oder Scharniere, die euch Täuschen, ihr habt es in eurer heutigen Übung selbst erfahren. Doch das Schwierige dabei ist es, diese Illusionen aufrecht zu erhalten. Achtet auf Kleinigkeiten, die euch seltsam erscheinen und auf Unstimmigkeiten. Kein Magier ist perfekt und wenn ihr wisst, wonach ihr suchen müsst, könnt ihr jede Illusion enttarnen. <<

Finn und Darian, die gebannt zugehört hatten, nickten bedächtig. Diese Informationen mussten sie erst mal verarbeiten, aber Lucia war noch nicht fertig. >> Ein paar Dinge sind da noch, die ihr Wissen müsst. Jede Art von Magie benötigt eine innere Kraft, die nicht unerschöpflich ist. Diese innere Kraft hängt von jeder einzelnen Person ab und bestimmt den Wirkungsgrad des Zaubers, weshalb auch Magie ihre Grenzen hat. Wenn keine Kraft mehr vorhanden ist, kann dies bis zur geistigen Erschöpfung führen und im schlimmsten Fall kann dies euer Tod bedeuten. So, das sollte heute erst einmal genügen, oder habt ihr noch weitere Fragen? <<

Zögerlich begann Darian zu sprechen, >> Nun ja, eine Frage habe ich noch. Wie kann man herausfinden, ob man eine magische Gabe besitzt? <<

Lucia lächelte. >> Die Frage hätte ich mir denken können. Wartet hier! << Sie erhob sich von ihrem Platz, lief in ein angrenzendes Zimmer und kam mit einem Glas zurück, indem längliche weiße Stangen steckten. Solche Stangen, die zudem noch etwas runzelig wirkten und leicht gebogen waren, hatte Darian noch nie gesehen, geschweige denn etwas von gehört. Auch Finn runzelte bei diesem Anblick die Stirn. Triumphierend stellte Lucia das Glas auf den Tisch. >> Dies sind Quatriusbohnen. Sie sind sehr selten und wachsen tief im Norden, mitten im Waldgebiet Umbagor, wo sie nur schwer zu erreichen sind. Yako handelt mit ihnen und ist deshalb in die Stadt gekommen. Sie bringen ein Vermögen und viele adlige Leute in der Stadt zahlen eine Menge Gold dafür, doch Tyrannus und die Dunklen wollen nicht, dass sie in die Hände der Menschen geraten, da sie die einzigen Magier bleiben wollen. Das ist auch der Grund, warum sie Yako eingekerkert hatten. << Lucia schraubte den Deckel ab und holte zwei Bohnen aus den Glas hervor und überreichte sie den Jungen. >> Schluckt sie und in wenigen Tagen werden wir feststellen, ob und über welche Gabe der Magie ihr verfügt. <<

>> Und wie wissen wir, wie sich das Ergebnis zeigt? <<, anders konnte Finn seine Frage nicht formulieren und unsicher starrte er die längliche Bohne an, die in seiner Hand lag. <<

>> Nachdem ihr sie unzerkaut geschluckt habt, wird sie sich für einige Zeit im Magen festsetzen. Irgendwann wird euch Übelkeit überkommen und ihr werdet die Bohne wieder hochwürgen. Anhand der Farbe und der Intensität werden wir dann feststellen können, ob ihr über Magie verfügt, oder nicht. Gleichzeitig aktiviert dieser Vorgang eure magischen Fähigkeiten. <<

Immer noch verunsichert, ob sie die Bohnen wirklich schlucken sollten, wanderten ihre Blicke zwischen Lucia und dem merkwürdigem Gewächs hin und her. Darian wusste noch nicht so recht, ob er das Risiko eingehen sollte, doch dann überwiegte seine Neugier und er stopfte sich die längliche Bohne entschlossen in den Mund und schluckte sie unter einigem Würgen hinunter. Finn tat es ihm kurz darauf nach und zufrieden wandten sie sich wieder Lucia zu. >> Gut. Sobald ihr irgendwelche Übelkeit verspürt, kommt unverzüglich zu mir, da es mitunter zu Schwierigkeiten kommen kann. Doch seid unbesorgt, solange ich da bin, wird euch in dieser Hinsicht nichts geschehen. Sobald die Bohne dann wieder draußen ist, wird sich alles Weitere klären. <<

Sie dankten Lucia und ließen sie bald darauf wieder alleine.

Es war schon spät, doch Darians Weg führte noch einmal in den Übungsraum, in dem er noch ein wenig alleine trainierte. Finn dagegen hatte genug vom Schwertkampf und gesellte sich zu den Anderen im Gemeinschaftsraum. Dort spielte, lachte und amüsierte er sich noch eine Weile. Er konnte Darian ruhig etwas aufholen lassen. Allmählich wurde es später und einer nach dem anderen wünschte ihm eine gute Nacht. Es wurde ruhiger, bis plötzlich Götz völlig außer Atem in den Gemeinschaftsraum platzte. Hektisch sah er sich um, >> Ich muss mit Darian sprechen, wir haben seine Mutter gefunden! <<

Die Legende der Aspekte

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