Читать книгу Die Legende der Aspekte - Jonas Schwarz - Страница 3

Prolog: Die Jahreswende

Оглавление

Die Legende

der

Aspekte

1

Dämon

von Jonas Schwarz

Raschek zögerte keinen Moment. Lautlos schlich er um den Palast des Herrschers herum zu einer Seitentür. Eine vertraute Gestalt öffnete ihm, doch statt einer Begrüßung bellte diese nur,

>>Ihr seid zu spät, die Anderen sind bereits da! << Raschek nickte nur grimmig und betrat das Zimmer, welches sich als Küche entpuppte, die den Palast versorgte.

>> Ihr seid der Letzte! Und jetzt los auf Euren Posten! << flüsterte er ungeduldig. >> Wir wollen doch nicht unpünktlich zum Fest kommen! << Ohne sein Gegenüber zu beachten eilte Raschek mit schnellen Schritten den langen Korridor, der wie leergefegt war, entlang die Treppe hinauf. Zielsicher näherte er sich dem Thronsaal, in dem der Herrscher mit seinem Volk bereits die Jahreswende feierte.

Raschek öffnete eine Tür und gelangte schließlich auf einen Sims oberhalb des Saals, auf dem normalerweise die Wachen patrouillierten, doch auch hier war er alleine. Er duckte sich in den Schatten der Brüstung und begutachtete den ganzen Thronsaal, ohne selbst gesehen zu werden. Unter ihm war das Fest beinahe auf seinem Höhepunkt. Die Leute tanzten und schmausten von dem köstlichen Buffet, das sich meterlang durch den Raum zog, oder schwatzen mit Gleichgesinnten.

Weiter hinten im Raum konnte er den Herrscher ausmachen, der auf seinem Thron Platz genommen hatte, dem Thron der Vereinigten Länder. Jeder der vertretenen Rassen hatte sein Wappen in die vergoldete Lehne gravieren lassen, insgesamt waren es sieben an der Zahl.

Mit Abscheu betrachtete er jedes dieser Wappen. Er wollte sie alle vernichten, doch er zwang sich zur Geduld. Seine eigene Rasse, die aus dem Ödland stammte, war in diesem Bündnis nicht vertreten. Doch dieses Bündnis würde schon bald zerbrechen und sie würden sich erheben, dessen war er sich sicher. Doch alles zu seiner Zeit. Er zwang sich nochmals zur Ruhe und zog besonnen eine kleine Lampe unter seiner pechschwarzen Robe hervor und spähte auf die andere Seite der Halle und wartete auf das vereinbarte Signal.

Immer noch konnte er keine Wachen ausmachen, wahrscheinlich störten sie hier nur. Feinde hatte der Herrscher ebenfalls kaum welche, da er es geschafft hatte, fast alle Länder unter seinem Banner zu vereinigen. Bereitwillig waren sie alle diesem Bündnis beigetreten, da sie sich daraus eine Menge Vorteile erhofften.

Bis auf uns, dachte er und verzog seinen Mund zu einem Grinsen. Er befand, dass dieses Bündnis ein Zeichen von Schwäche war. Jeder war auf den jeweiligen Partner angewiesen und konnte sich nicht selbst schützen. Allen voran die Menschen suchten Verbündete, wo sie nur konnten, doch damit war jetzt ein für alle Mal ein Ende.

Am Ende würden sie sich über allem erheben. Es war bereits immer so, dass die Starken über die Schwachen herrschen sollten und nicht umgekehrt.

Immer noch starrte er auf die andere Seite, konnte aber noch nicht das Signal ausmachen. Nervös spielten seine Hände an dem Knauf seines gezackten Schwertes, welches er Tag und Nacht bei sich trug. Es war sein wichtigstes Werkzeug für den heutigen Abend und er freute sich schon auf dessen Einsatz.

Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit sah er endlich, wie ein kleines Licht aufleuchtete. Er antwortete zur Bestätigung, indem er die kleine Lampe etwas nach rechts schwenkte und das Signal hastig weitergab.

Als er die Lampe wieder verstaut hatte, machte er sich zum Sprung bereit. Die Musik hatte aufgehört zu spielen und der Herrscher hatte sich erhoben um ans Rednerpult zu treten. Er dankte den Göttern für das vergangene Jahr und bat sie um ein weiteres neues ertragreiches Jahr.

In diesem Moment spannte Raschek seine Muskeln an und sprang in die Menge. Unbeschadet landete er mit seinem Schwert voraus auf einer Frau, die das Pech hatte, unter ihm zu stehen.

Aus dem Augenwinkel sah er seine Mitstreiter, die ebenfalls aus ihren Verstecken kamen und sich in die Menge stürzten. Mühelos fällte er einen nach dem anderen und verängstigt schrien die Leute auf, die ihm zu nahe kamen. Bald herrschte komplettes Chaos in dem Thronsaal und einen Augenblick später erlosch das gesamte Licht. Raschek störte es wenig, er konnte im Dunkeln sehen, wie beinahe jeder seiner Art.

Unbeeindruckt kämpfte er sich weiter durch die hilflosen Menschen hindurch, wer ihm den Weg versperrte, wurde mit einem Schwertstreich ausgeschaltet. Sein Ziel war der Herrscher, der wie erstarrt am Rednerpult stand. Seine Fingernägel krallten sich in das edle Litaitschiholz aus dem Norden der vereinigten Länder und Schweißtropfen rannen sein Gesicht hinunter. Ängstlich versuchte er etwas im Dunkeln zu erkennen, brachte aber nicht den Mut auf, um seine Wachen zu rufen. Vielleicht, entkam er ja unbemerkt. Raschek sah den Herrscher und lächelte. Was waren die Menschen bloß für ein schwaches Volk.

Mit einem letzten, ungeheuren Satz sprang er direkt vor den Herrscher, der ihn ängstlich bemerkt hatte. Er genoss die Macht, die er spürte, die Macht seinen Gegner in Angst und Schrecken zu versetzten, mit ihm Katz und Maus in der Dunkelheit zu spielen.

Genug, dachte er, hob kurz entschlossen sein Schwert und machte dem Leben des sagenhaften Herrschers, der alle Völker unter seinem Banner vereint hatte (wie es auf den Straßen so schön hieß) ein Ende.

Alles verlief so, wie Tyrannus es geplant hatte. Zufrieden lächelte Raschek, machte kehrt und wollte zurück in die Menge stürzen, als plötzlich die Fenster hinter dem Thron barsten. Eine Gestalt wurde sichtbar und flog durch eines der kaputten Fenster in den Thronsaal und landete direkt neben ihm.

Rach’zah’basch Arkansis al Tyrannus war nie unpünktlich und auch heute konnten sie sich auf ihn verlassen. Mit seinen zweieinhalb Schritt Größe überragte er Raschek um Längen und auch alles andere an ihm war mehr als beeindruckend und selbst er musste bei dem Anblick der großen Hörner, die seinem Kopf entsprangen und sich in die Höhe wanden, den langen großen, feuerroten Augen, die ihn zu durchdringen schienen und der geschuppten Haut, die jede Stelle seines Körpers umschloss, zusammenzucken. Zwischen seinen Schulterblättern hingen zwei riesige, graue, fledermausartige Flügel, die er nach der Landung zusammengefaltet hatte und auch seine Klauen mit den gespitzten Fingernägeln wirkten furchteinflößend.

Raschek verbeugte sich tief vor dieser Kreatur, die erst ihn zufrieden musterte und dann den toten Herrscher, der ihm zu Füßen lag. Als Tyrannus fertig war, stieg er über den Leichnam und nahm den Platz hinter dem Rednerpult ein. Noch bevor die Fackeln an den Wänden in einem gespenstischen Rot aufleuchteten, konnten die verbliebenen Menschen seine gewaltige Aura spüren und Angst und Hoffnungslosigkeit machte sich in ihnen breit. Auch Raschek wurde davon berührt, ließ sich jedoch nichts anmerken.

Stille kehrte in den Raum ein und jeder verharrte starr auf seiner Position, als sie Tyrannus erblickten. Amüsiert über das, was er sah, lächelte er. Auch in Raschek breitete sich Genugtuung aus und er freute sich über ihren Erfolg.

Jedem einzelnen blickte Tyrannus in die Augen, viele fielen auf die Knie, bettelten um Gnade, oder wandten sich ab. Nicht einer hielt seinem Blick stand.

Als er feststellte, dass die gesamte Aufmerksamkeit auf ihm ruhte, donnerte seine Stimme durch den Palast und erschütterte die Wände

>>Euer Herrscher ist tot und ihr jämmerlichen Gestalten konntet es nicht verhindern! Ab dem heutigen Tag werde ich Herrscher über das Reich sein und ihr alle werdet mir dienen! << Niemand protestierte und Raschek war mehr als zufrieden. Sie hatten ihr Ziel erreicht, der Thron gehörte ihnen und sie hatten die gesamte Herrschaft, zumindest in den meisten Teilen des Gebietes.

Anfangs war es etwas schwer gewesen, das Ödland zu vereinen, aus dem er stammte, da dieses am größten war und die unterschiedlichsten Völker beherbergte. Nach fast einem ganzen Jahrzehnt hatte Tyrannus es geschafft und alle dort lebenden Völker für sich gewonnen und ihren Unmut auf die vereinigten Länder geschürt.

Er selbst hatte viele Leute bestechen und manipulieren müssen doch letztendlich hatten sich die Mühen gelohnt, die anderen Völker lagen ihnen zu Füßen. Nach und nach hatten sie einzelne Länder infiltriert und heute überall zugeschlagen und die Vertreter des Herrschers gestürzt. Auch hier in Salyach der Hauptstadt der Menschen war dies geglückt.

Als Tyrannus endete, wandte er sich wieder an Raschek, der sich ebenfalls nicht gerührt hatte.

>>Schaff mir diesen Abschaum vom Hals! Verjage sie in die Stadt, dort wird sich der Tod ihres Herrschers wie ein Lauffeuer verbreiten! << Raschek nickte nur und bedeutete seinen Kameraden, die Ein- und Ausgänge frei zu machen. Noch rührte sich keiner der Menschen. Sie alle hatten bereits Geschichten über das Ödland und seine Völker gehört, doch niemand wagte sich dorthin. Der Abenteurer, der sich dennoch dorthin aufmachte und alle Warnungen seiner Freunde in den Wind warf, ward nie mehr gesehen worden. Aus Geschichten und Legenden kannten die Menschen dennoch Rascheks Volk, mit den schwarzen Roben und der grauen, fahlen Haut. In den Erzählungen wurden die menschenähnlichen Kreaturen schlicht, die Dunklen genannt. Die Legenden bezeichneten sie als hinterlistig und eigensinnig, nur ihren Zielen folgend. Auch hieß es, dass sie sich der Magie bedienen konnten, was sie noch furchteinflößender und mächtiger darstellte.

Doch eine solch absonderliche Kreatur wie Tyrannus hatte bisher noch niemand der verbliebenen Menschen je zu Gesicht bekommen, geschweige denn etwas von ihm gehört.

Dann durchbrach der Erste den Bann und rannte mit panischen Schreien durch die Tür. Viele folgten ihm, bis der Palast bis auf wenige Personen, die immer noch starr vor Angst waren und sich nicht rührten, menschenleer war. Raschek wurde das Warten auf diejenigen, die nicht flüchteten überdrüssig, weshalb er sein Schwert zog und die verbliebenen Menschen niederstreckte. Als er sein Werk vollendet hatte, schritt er zurück zu Tyrannus, verbeugte sich noch einmal kurz und sprang hinaus durch ein Fenster, in die Nacht.

Teil 1

Die Widerständler

Die Legende der Aspekte

Подняться наверх