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Kapitel 4 Schmerzen und Entscheidungen
ОглавлениеGewaltsam wurde Darian aus seinem unruhigen Schlaf gerissen. Kurz wusste er nicht, wo er war und sah sich benommen um, doch nach und nach liefen die Bilder des letzten Tages wieder durch seinen Kopf, der ordentlich brummte. Im Schlaf war er wohl zur Seite auf seinen Kopf gekippt und mit einer steifen Bewegung richtete er sich auf und rieb sich seine schmerzende Schulter.
Erst dann bemerkte er die beiden schwarzen Gestalten, die sich bedrohlich vor ihm aufbauten und ihn aus finsteren Augen ungeduldig anstarrten. Der Stab in der Hand des Linken hatte ihn wohl geweckt, das sagten zumindest die Schmerzen in seiner Hüfte. Auch sein Magen war bereits erwacht, der sich schon wieder bemerkbar machte.
>> Steh auf! <<, bluffte ihn einer der Wächter ungeduldig an und mühsam tat Darian, wie ihm befohlen wurde. Als er wackelig auf den Beinen stand, bemerkte er, wie klein er im Vergleich zu den Kreaturen vor ihm war. Zwar war er auch nicht allzu groß gewachsen, aber sie überragten ihn fast einen ganzen Fuß in der Höhe, was durch ihre Kapuzen, die sie übergestreift hatten, noch verstärkt wurde. Beide trugen die unverkennbare, schwarze Robe aus grobem Stoff, der ihren ganzen Körper verhüllte, aber dennoch nicht die Bewegungsfreiheit einschränkte. Ein schmaler Riemen bändigte die Robe an ihren Hüften, wo auch ihre Waffen befestigt waren.
Die Schwerter waren immer dieselben, hatte er jedenfalls bis gerade gedacht. Gezackte lange Klingen, die beinahe über den Boden strichen, breit am Schaft und spitz nach vorne zulaufend. Doch dem war nicht so. Ihm fiel auf, dass eines der Schwerter leicht gekrümmt war und seine Zacken an anderen Stellen hatte, als das andere Exemplar. So verhinderten sie, dass niemand ihrer Gegner sich auf sie einstellen konnte, dachte er. Falls sie überhaupt irgendwelche Gegner hatten, wovon eigentlich keine Rede sein konnte.
Die Dunklen waren die unangefochtenen Herrscher in der Stadt, viele fürchteten sie mehr als den Dämon, der nur eine indirekte Bedrohung für die meisten Einwohner darstellte.
Er selbst hatte die Dunklen zwar als Bedrohung wahrgenommen, war sich aber sicher, dass sie ihn niemals schnappen würden. Er hatte sich immer eingeredet, dass nur unachtsame Bürger gefangen genommen wurden, oder Verbrecher. Die Unglücklichen, zu denen er sich im Moment zählte, hatte er wohl vergessen, die jedoch bestimmt die Hälfte aller Gefangenen hier ausmachten.
Unsanft stießen ihn seine zwei Wächter aus seiner Zelle und trieben ihn den Gang hinunter. Darian hatte ein ganz mulmiges Gefühl im Bauch und wehrte sich mit seiner ganzen Kraft, aber vergeblich. Nach etlichen Schlägen mit dem Stab, gab er es auf, sonst hätten sie ihn sicher noch tot geprügelt. Vor einer Eisentür am Ende des Ganges machten sie Halt. Ein Blick aus einem gegenüberliegenden, vergitterten Fenster zeigte ihm, dass es Nacht war. Nur die zwei runden, großen Sterne warfen fahl ihrfahles Licht durch das kleine Fenster. Auch im Gefängnis brannte keine Fackel, die weiteres Licht spendete.
Endlich hatte der Dunkle ohne Stab, den richtigen Schlüssel aus seinem riesigen Bund herausgefischt und öffnete die schwerfällige Tür mit einem Quietschen. Dahinter wurde ein kleiner Raum, mit allerlei teuflischem Gerät sichtbar, dass Darian schaudern ließ. Ein weiteres Mal versuchte er zu entkommen, hoffnungslos. Sie zerrten ihn in den Raum hinein, voll Vorfreude auf das Kommende, das unausweichlich schien. Sie banden ihn an einen hölzernen Pfahl in der Mitte, der noch unscheinbar neben der Streckbank und einem Stuhl mit tausend kleineren aber auch größeren Nadeln wirkte.
Sein Herz rutschte ihm in die Hose, als sie ihre Kapuzen zurück zogen und ihn böse angrinsten. An der Wand, wo unendlich viele unterschiedliche Waffen hingen, holte einer der Beiden eine lange Peitsche hervor, die am oberen Ende stahlbesetzt war. Genüsslich ließ er sie durch seine Hände gleiten und stellte ihm das Folterwerkzeug ausführlich zur Schau. >> Keine Sorge Bürschchen, wir lassen es langsam angehen. << Mit einer Hand rollte er das qualvolle Instrument aus und mit seiner anderen umfasste er Darians Kopf und drehte sein Gesicht gewaltsam zur Seite zu der Bank und dem Stuhl. >> Oder willst du direkt mit den qualvollen Instrumenten beginnen? <<, fragte sein Peiniger.
Verzweifelt versuchte Darian sich loszureißen, doch es war zwecklos. Als der erste Hieb auf seinen Rücken fuhr, biss er die Zähne zusammen und versuchte seinen Schmerz zu unterdrücken, beim fünften Peitschenhieb war er gebrochen und seine Schreie hallten durch das ganze Gefängnis. Schlag auf Schlag zerschlissen sie abwechselnd seinen Rücken bis auf die Knochen. Der Schmerz steigerte sich bis ins Unerträgliche, doch er blieb bei Bewusstsein und ganz aufgegeben hatte er immer noch nicht. Er spürte, wie sich sein Hemd mit seinem Blut vollsaugte, zumindest an den Stellen, wo es nicht durch die Hiebe zerstört worden war. Glücklicherweise hatte er seine dicke Jacke als Kopfkissen benutzt, sie war unbeschadet und konnte ihm noch Wärme bieten. Wieder sauste die Peitsche gnadenlos auf ihn herab und er schrie wieder auf, vor Schmerz. An jedem Schrei, dem sie Darian entlockten labten sich die Dunklen, wie Geier an toten Tieren.
Nach einer Ewigkeit, wie ihm schien, hatten sie endlich genug und banden ihn los vom Pfahl. Mit verschwommener Sicht und kaum mehr bei Bewusstsein bekam er nur noch mit, wie sie ihn zurück in seine Zelle schliffen, die Kraft zum Gehen besaß er nicht mehr. Dann umfing ihn die Dunkelheit, die er schon sehnlichst erwartete. Das letzte, was er spürte, war seine Jacke, auf die er seinen Kopf kraftlos sinken ließ.
Finn zeigte sich sehr von dem Komplex aus den vielen Räumen, Höhlen und Gängen beeindruckt. Nahiri hatte ihm bereits die vielen Räume gezeigt, von dem Aufenthaltsraum über die Waffenkammer und den Übungsraum, der ihn besonders begeistert hatte, bis hin zum großen Schlafsaal, in dem jeder sein eigenes Bett, oder seine Hängematte besaß. Nur ein, zwei verschlossene Türen wurden ihm nicht geöffnet, aber er störte sich nicht weiter daran.
Denen, die sie über den Weg gelaufen waren, hatten sich ihm freundlich vorgestellt, doch Finn hatte die meisten der Namen schon wieder vergessen. Sicherlich würde er sie schon bald genug lernen, obwohl ihn der ein oder andere doch etwas einschüchternd entgegenkam. Zum Schluss der kleinen Führung hatte sie Finn hierher geführt, in die kleine Küche, die alle Mitglieder versorgen musste. Zum Glück hatten sie noch die Reste des Mittagessens aufstöbern können und nun machte sich Finn, der schon lange nichts mehr gegessen hatte, über den kalten Eintopf her.
Nahiri ließ sich davon nicht beirren und setzte ihre Ausführungen fort >> Wir beherbergen hier zurzeit knapp zweieinhalb Dutzend Mitglieder. Viele haben sich unserer Sache schon lange angeschlossen sind erfahren und gute Kämpfer. Lass dich nicht von ihren teilweise grimmigen Blicken einschüchtern, der Alltag ist hart und viele haben schon schlimme Dinge erlebt, doch im Grunde ihrer Herzen sind sie alle gute Menschen. Sie sind dieser Gruppe beigetreten, weil sie die Hoffnung auf eine Zukunft ohne die Unterdrückung von den Dunklen und Tyrannus noch nicht aufgegeben haben und dagegen kämpfen. Viele waren in einer ähnlichen Lage, wie du sie selbst erfahren hast und waren bereit, ihr altes Leben hinter sich zu lassen, um ein neues Kapitel zu beginnen. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, solchen Leuten zu helfen und mehr Anhänger für uns zu gewinnen, die ebenfalls kämpfen wollen, bis wir genug sind, um Tyrannus zu stürzen. Unsere Anführerin, die gleichzeitig die Begründerin dieser Organisation ist, hat sich einen Eid geschworen: Sie wird nicht eher ruhen, bis der dunkle Fürst vom Thron der vereinigten Länder gestoßen wird und die Unterdrückung ein Ende hat! Sie schwor es bei der Gründung der Widerständler. << Nahiri war aufgestanden und hatte die letzten Worte feierlich verkündet, während Finn den letzten Bissen hinunterschlang. >> Ein hohes Ziel habt ihr euch damit gesetzt und ich hoffe, dass es euch gelingen wird, ansonsten werden wir die Dunklen wohl niemals los. <<, sagte er verdrossen. >> Und Ihr habt Euch ebenfalls dieser Gruppe angeschlossen? Ist Euch auch etwas Ähnliches wie mir widerfahren? <<
>> Hey, du kannst ruhig die persönliche Anrede benutzen. Wir sind hier eine Art Familie, da brauchst du niemanden förmlich ansprechen, in Ordnung? Nein ich war nicht in einer Situation, wie du sie gerade durchlebst. Doch ich konnte es nicht ertragen, wie einer nach dem anderen in meinem Umfeld die Hoffnung verließ. Ich wollte nicht so enden wie sie, wollte gegen die Dunklen ankämpfen, wie, war mir egal. Also streunte ich nachts durch die Gassen, um Unschuldige zu retten und ihnen zu helfen, bis ich auf Lucia traf, die auf der Suche nach furchtlosen, neuen Mitgliedern war. Ich denke, es war Schicksal, dass sich unsere Wege kreuzten, damals, waren sie noch eine kleine Gruppe und ich schloss mich ihnen an. Und sieh nur, wie wir gewachsen sind, bald können wir den Dunklen die Stirn bieten und uns unser verlorenes Land zurückerobern. <<, ihre Augen strahlten, als sie von der Befreiung sprach. Finn sah dies alles zwar noch deutlich anders, doch wollte er Nahiri nicht die Laune verderben und lächelte zurück. Dann kam ihm ein anderer Gedanke, >> Ihr, oh ich meine du hattest mir versprochen, dass ich den Umgang mit dem Schwert erlernen werde? <<
>> Ja, wenn du dich uns anschließt, wirst du von Schwertmeister Sadalon unterrichtet. Er ist einer der besten, er diente dem Herrscher der vereinigten Länder und bildete die Soldaten am Palast aus. Damals war er ein Freund und die rechte Hand des Herrschers. Bei der Übernahme befand er sich ebenfalls im Palast und verhalf vielen zur Flucht, vor allem dem Personal des Herrschers. Man sagt, dass er gegen ein halbes Dutzend Dunkler gekämpft hatte, damit die anderen fliehen konnten und er ging als Sieger dieses Kampfes hervor. Er erzählte uns, dass der Herrscher ihn beim Fest zur Jahreswende nicht an seiner Seite haben wollte, warum, weiß nur der Tote höchstpersönlich. Reicht dir Sadalon als Ausbilder, oder soll ich mich nach einem besseren umschauen? << Sie grinste Finn an, der sichtlich beeindruckt über die Taten des Schwertmeisters schien. >> Nein, ich denke, er wird mir genügen. <<, gab er zurück. >> Sag mal, was ist jetzt eigentlich mit den Geschichten, über dieses Viertel, die anscheinend nicht stimmen? <<
>> Es ist ganz einfach. Lucia verbreitete sie, damit sich hier niemand umschaut und wir entdeckt werden. << Sie breitete die Arme aus, >>So haben wir hier ein ganzes Viertel für uns und können Zuflucht vor den Dunklen finden und ungestört Pläne schmieden. << Sie nahm das beschmutzte Geschirr und fing an, es abzuwaschen. >> Und, hast du schon eine Entscheidung getroffen? << fragte sie nach einigem Schweigen. >> Ja, mein Entschluss steht fest. Ich will Rache für den Tod meines Vaters und ihr könnt mir helfen. Zudem will ich euch unterstützen, im Kampf gegen die Dunklen. << sagte er entschlossen.
Nahiri strahlte. >> Das freut mich, dann herzlich Willkommen bei den Widerständlern. << Finn rümpfte die Nase. Also war es beschlossen, er würde hier bleiben und sich der Gruppe anschließen. Vielleicht, aber auch nur vielleicht würde es ihnen ja wirklich gelingen, Lucias Eid in die Tat umzusetzen. Er freute sich schon darauf, sie kennen zu lernen. Die Widerständler also. Er wunderte sich über den schlichten Namen. >> Hättet ihr nicht ein bisschen kreativer bei der Namensgebung sein können? ‘‘Die Widerständler‘‘ klingt nicht gerade nach einem bedrohlichen Namen. Wie wär’s denn mit ‘‘Krieger des Lichts‘‘, oder ‘‘Fackeln der Hoffnung‘‘? <<, überlegte Finn. Als Nahiri seine Vorschläge hörte, schmunzelte sie nur. >> Kaum in unserer Gruppe und sofort am Nörgeln. <<, amüsiert schüttelte sie den Kopf, >> Den Namen hab ich mir auch nicht ausgesucht, es war Lucias Entscheidung, diese Organisation so zu nennen und ich finde, es trifft perfekt die Absicht unserer Gemeinschaft. <<
>> Schon, aber du musst mir zustimmen, dass sich die Dunklen bei dem Klang dieses Namens nicht in die Robe machen werden. <<
>> Oh, keine Sorge, das werden wir schon noch einrichten. <<, erwiderte sie grimmig.
Als sie mit dem Abwasch fertig waren, stießen sie zu den anderen in den Gemeinschaftsraum, mit dem riesigen, runden Tisch der fast den ganzen Raum für sich beanspruchte. Dort war bereits ein Würfelspiel im Gange, dass Finn nicht kannte. Interessiert beobachtete er die Spieler, bis plötzlich ein kleinerer Mann aufsprang und jubelnd seine Hände in die Luft warf >> 21 Augen, ich habe gewonnen! Dann gebt mir mal eure Einsätze! << Missmutig fischten die Verlierer jeder eine Münze aus ihren Taschen und überließen sie dem kleinen Mann, der sich immer noch diebisch freute. >> Das war das letzte Mal, dass ich mit dir spiele! <<, grummelte ein großer stämmiger Mann mit tiefer Stimme in seinen Bart, der sich Finn als Götz Stiefelbinder vorgestellt hatte.
Er hatte sich diesen Namen merken können, da er noch nie jemanden, wie Götz gesehen hatte. Mit fast zwei Schritt überragte er jeden hier, Finn mutmaßte, dass er sich den Kopf an der niedrigen Decke stieß, wenn Götz eine aufrechte Haltung einnahm. Auch in der Breite übertraf er alle anderen, selbst Zorc kam mit seinen breiten Schultern nicht an diesen Riesen heran. Er hatte dichte, braune Haare, die sich zottelig über den Kopf verteilten, bis hinunter zum langen Bart, den Götz stolz präsentierte. Alles an ihm war etwas zu groß geraten, fand Finn, auch seine knollige Nase stach deutlich aus seinem Gesicht hervor. Ihm wollte er ganz bestimmt nicht im Kampf gegenüberstehen, und er war froh darüber, dass Götz auf ihrer Seite war.
Anklagend ballte er eine seiner Pranken zur Faust und wies drohend auf den Gewinner, der damit beschäftigt war, seine gewonnenen Münzen zu zählen
>> Du hast doch deine Würfel gezinkt! <<
Abwehrend hob der Kleine die Hände, doch sein Grinsen wich nicht aus seinem Gesicht>> Na, na, was unterstellst du deinem alten Kumpel denn? Ich muss nicht betrügen, ich habe einfach nur Glück, das müsstest du langsam aber mal wissen, mein lieber Götz. << Tröstend legte er ihm seinen Arm um die Schulter. Wie wär’s mit alles, oder nichts? Dein Vermögen und mein Vermögen, überlege es dir gut. <<, er zwinkerte ihm zu.
>> Damit du auch noch den Rest meines Geldes absahnen kannst? Nein, ich steige aus! << Götz verschränkte die Arme vor der Brust und warf einen düsteren Blick in die Runde. Der Kleine zuckte mit den Schultern >> Na gut, ich will dich ja nicht zu deinem Glück zwingen. << Dann wandte er sich an Finn und Nahiri >> Ah, dies ist also dein kleiner Freund, den du uns mitgebracht hast, Nahiri? Du musst wissen, solche Neuigkeiten verbreiten sich immer wie ein Lauffeuer. Du kannst mich Julius nennen. Möchte einer von euch Beiden vielleicht mitspielen? Jetzt, da mein Freund Götz nicht mehr mitspielt, ist wieder genug Platz am Tisch. <<
>> Willst du damit etwa sagen, dass ich dick bin? <<, grollte es bedrohlich hinter Julius. Dieser winkte ab >> Mein lieber Götz, nie würde ich so etwas behaupten. <<, lächelte er verschmitzt.
>>Das will ich ja wohl auch hoffen. << gab der Angesprochene beleidigt zurück.
>> Also, spielt ihr mit? <<, fragte Julius abermals.
>>Jeder von uns weiß, dass man dich nicht schlagen kann, Julius. Mit deinem Glück lege ich mich nicht an. <<, erwiderte Nahiri, womit alle Augen gespannt auf Finn lagen, der bis jetzt noch nichts gesagt hatte. Verlegen murmelte er
>> Nun gut, ein Spiel wird ja wohl nicht schaden. <<
>>Schön! <<, strahlte Julius, <<Nimm dir einen Stuhl und den Becher mit den Würfeln und setzte dich zu uns! Du bist mit den Regeln vertraut? << Finn verneinte, Julius sah ihn erst mit entsetzten Augen an, fing aber dann an, ihm die Regeln zu erklären >>Also schön, mir ist zwar noch niemand untergekommen, der 21 nicht kennt, aber irgendwann gibt es wohl immer ein erstes Mal. Also, Ziel des Spiels ist es, so nah wie möglich an 21 zu kommen. Jeder Spieler wirft seine sechs Würfel nacheinander, die nur er sehen kann. Jetzt muss man überlegen, ob man nahe genug an 21 ist und kann entweder setzen, weitergeben, oder aussteigen. Zudem kannst du, wenn deine Glückssträhne gut ist, auch einen oder zwei Würfel weglassen, Hauptsache, du kommst so nah wie möglich an 21. Wer am Ende mit den wenigsten Würfeln am nächsten dran ist, gewinnt den Einsatz. Das war’s schon, einfach, findest du nicht? Unser großer Freund neben mir, scheint bis heute noch Probleme mit den Regeln zu haben. <<, stichelte Julius Götz weiter an.
>> Na warte, dir werd ich es zeigen! Gebt mir einen Becher, ich glaube ich muss unser kleines Glücksschwein mal ausnehmen! <<, entschlossen zog Götz seinen Stuhl wieder an den Tisch und kramte eine Münze aus seiner Tasche hervor und knallte sie vor Julius Augen auf den Tisch. Gelassen sah er auf die Münze herab >> Mit einer Münze willst du mich ausnehmen? <<, fragte er amüsiert. >> Du musst wissen, ich bin ein sehr volles Schwein. <<, grinste er und schüttelte zum Beweis eine seiner Taschen, in der es rasselte. Doch auch Götz ließ sich davon nicht beeindrucken >> Spielen wir nun, oder bist du zu feige? <<
>> Also gut, Finn, du darfst anfangen. << sagte Julius. Zögerlich legte der Junge eine Münze auf den Tisch und warf seinen ersten Würfel. Vier Augen, damit konnte er erst mal zufrieden sein. Nun war Julius am Zug. Als er weiter gab, grinste er schon wieder über beide Ohren, was nichts Gutes bedeuten konnte. Finn rechnete kurz, und kam zu dem Schluss, dass er mindestens vier Würfel benötigte, um auf die vorgegebene Punktzahl zu kommen. Seine nächste Augenzahl war eine Eins und enttäuscht gab er abermals weiter und die Runde verging, ohne, dass jemand etwas setzte. Seine nächsten beiden Zahlen waren eine weitere vier und eine sechs, somit hatte er fünfzehn Punkte insgesamt und konnte mit dem fünften Würfel bereits 21 erreichen. Beherzt setzte er eine weitere Münze, Julius erwiderte seinen Einsatz und auch die anderen zogen mit. Eine dritte vier erschien und Finn erhöhte abermals. Das wurde Götz zu viel, der murrend ausstieg, genau, wie alle anderen, bis auf Julius. Er konnte schon fordern, dass sie jetzt aufdeckten, doch Finn entschied sich dagegen und würfelte als letztes eine drei und war somit bei 22 Punkten, was ihn innerlich aufjubeln ließ. Auch Julius schöpfte alle seine Würfel aus und schien zufrieden, mit seinem Ergebnis.
>> Dann zeig mal, was du hast, forderte der kleine Mann neben ihm und gespannt richteten sich alle Blicke auf seinen Becher, den er anhob und seine 22 Augen präsentierte. Respektvoll nickte er ihm zu und enthüllte sein Ergebnis, dass 20 Augen offenbarte. >> Gleichstand also. <<, grinste er und zog die Hälfte des Gewinns zu sich. >> Nicht schlecht für einen Anfänger <<, brummte Götz, >>Noch so ein weiterer Glückspilz, der uns ausnehmen wird, wie eine Gans. << Er schüttete den Kopf und erhob seine massige Gestalt. Wieder verschränkte er seine muskelbepackten Arme und stampfte in die Küche.
>> Keine Sorge, wenn Götz verliert, hat er immer schlechte Laune, doch die verfliegt mit der Zeit. Du wirst schon noch sehen, dass man mit diesem Bär von einem Menschen viel Zeit verbringen kann, glaub mir. <<, versicherte Julius Finn, der zögerlich den Rest des Einsatzes verstaute.
Der Junge hatte gar nicht mitbekommen, dass Nahiri aufgestanden war und sich gerade eindringlich mit Zorc unterhielt und immer wieder besorgt zu ihm hinüber sah. Als sie seinen Blick bemerkte, dankte Nahiri ihrem Gesprächspartner und eilte zu ihm, der sie fragend anschaute. >> Kann ich dich kurz mal sprechen, Finn? <<, fragte sie ihn nervös und wortlos zogen sich die Beiden in ein kleines Bad zurück, wo Finn sie erwartungsvoll anschaute. Nahiri blickte nur finster auf den Boden, als sie anfing, zu sprechen >> Dein Freund Darian ist heute nicht in der Schmiede aufgetaucht, stattdessen, suchten die Dunklen das Gebäude auf und verwüsteten alles, was nicht Niet und Nagelfest war. << Finns Magen zog sich erneut zusammen, eine schlimme Befürchtung breitete sich in ihm aus, doch er wollte Nahiri nicht unterbrechen.
>> Wir machten uns Sorgen um deinen Freund, also fanden wir seinen Wohnort heraus, wo ein Mann, ich vermute sein Vater, uns berichtete, dass Darian auf dem Heimweg letzte Nacht von Räubern ermordet worden sei. Vor allem seine Mutter war am Boden zerstört. <<
Wütend und den Tränen nahe, auch noch seinen besten und einzigen Freund, den er je gehabt hatte, zu verlieren, sackte er resigniert zu Boden. Doch sie war noch nicht fertig. >> Aber es stellte sich als eine Lüge heraus, es gibt keine Räuber in der Stadt, wie du weißt. Es ist nur ein Gerücht, dass wir verbreitet haben. <<
>> Aber was ist dann mit ihm geschehen? << fragend schaute Finn zu ihr hoch. Hoffnung keimte in ihm auf, dass Darian vielleicht doch noch lebte. Wenn dem so wäre, würde er alles in seiner Macht stehende tun ihn zu finden. >> Wir vermuten, dass die Dunklen ihn geschnappt haben und er sich nun im Gefängnis befindet, wo sie ihn foltern. Die Dunklen töten einen nicht sofort, sondern vergnügen sich erst an seinem Leid und Schmerz. Also kann es durchaus noch sein, dass Darian noch lebt. <<, stellte sie grimmig fest.
Ins Gefängnis zu kommen, würde schwer sein, vermutete Finn, der sich entschlossen aufraffte. Doch er musste es versuchen. Er hatte ihn schon Mal im Stich gelassen, das würde nicht noch einmal passieren. Nahiri erkannte den entschlossenen Gesichtsausdruck des Jungen und nickte ihm zu. >> Wusste ich es doch, dass du versuchen willst, ihn zu retten. <<, sagte sie, als ob sie seine Gedanken gelesen hatte. >> Ja, ich will es versuchen, obwohl ich nicht weiß, wie ich das anstellen werde. <<
>> Dann gehen wir wohl besser Mal zu Lucia. Schwierige Unterfangen sind ihr Spezialgebiet! << Sie lächelte grimmig, streckte zuversichtlich ihre Hand hervor und führte ihn zu einer, der verschlossenen Türen, hinter der sich die privaten Räume der Anführerin befanden.