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Kapitel 3 Ängste und Trauer

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Darian erwachte zitternd mit schmerzenden Hand- und Fußgelenken. Immer noch war er in diesem abscheulichen Raum, wo Xian ihn festgekettet und zurückgelassen hatte. Allmählich bekam er taube Arme und Rückenschmerzen von seiner ungünstigen Position. Er hatte jegliches Zeitgefühl verloren, doch wahrscheinlich war es schon morgen und er hätte schon längst zur Schmiede gemusst. Das war aber jetzt sein geringstes Problem, erst mal musste er versuchen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu entkommen. Er könnte versuchen Xian zu überwältigen wenn er ihn losband. Falls er ihn überhaupt losbinden würde. Oder er versuchte zurück in ihre Hütte zu gelangen, doch wen könnte er um Hilfe bitten? Niemand würde ihm glauben, auch nicht seine Mutter, Xian kontrollierte sie irgendwie, wahrscheinlich durch irgendeinen Trank, dessen war er sich jetzt sicher. Wozu sonst hatte er sich hier unten eine kleine Küche des Grauens eingerichtet? Und was plante der Tränkemixer noch? Diesen ganzen Aufwand betrieb er doch nicht nur, um Sabella zu betören, da gab es einfachere Wege, dessen war er sich sicher. Vielleicht glaubte ihm Finn oder Meister Hiram, ihnen konnte er alle seine Sorgen anvertrauen. Wenn er hier heraus kam würden die Beiden seine Ansprechpartner sein und ihm seine Geschichte abkaufen. In dieser Hinsicht war Darian zuversichtlich und zusammen würden sie Xian schon vertreiben. Mit grimmiger Entschlossenheit wartete er auf das Erscheinen seines Widersachers, der sich bis jetzt noch nicht wieder hatte blicken lassen. Zudem machte sich sein Bauch immer stärker bemerkbar, er brauchte endlich wieder eine Mahlzeit.

Plötzlich hörte er leise Stimmen. Komischerweise kamen diese nicht aus der Richtung des Ganges, sondern aus einer Wand hinter einem Regal. Also kam Xian nicht alleine. Auch so wäre es schon schwer gewesen, sich gegen ihn durchzusetzen aber gegen zwei oder drei Widersacher hatte er vor allem in seinem geschwächten Zustand keine Chance. Doch wusste er jetzt, dass es noch einen geheimen Gang gab, der wahrscheinlich zum Tageslicht führte. Und da das Armenviertel sowieso unübersichtlich, und ein leer stehendes Haus nichts Ungewöhnliches hier war, besaß Xian das perfekte Versteck für seine Machenschaften. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum er sich so für Sabella interessiert hatte, überlegte Darian. Die Stimmen kamen näher und auf einmal klappte das gesamte Regal nach hinten in die Dunkelheit und Xian betrat zusammen mit zwei Dunklen den Raum. Als Darian sie sah, verkrampfte sich sein Magen und er musste unwillkürlich an den letzten Abend denken, doch er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Stattdessen tat er so, als wäre er ganz benommen und gerade erst wach geworden. Vielleicht waren seine Gegner so unachtsamer, sodass sich eine einfache Gelegenheit zur Flucht bot. Erst mal musste er aber abwarten was sie mit ihm vorhatten.

Mit einem triumphierenden Lächeln wandte sich Xian zu ihm >> Wie du siehst, habe ich dir zwei meiner Freunde mitgebracht, bei denen du in Zukunft herumlungern kannst, vorausgesetzt, sie lassen dich am Leben. << höhnte er. >> Übrigens, deiner Mutter habe ich erzählt, dass du bei einem Raubüberfall gestorben wärst, die Gute trauert schon um dich. Jetzt hat sie nur noch mich, aber ich werde sie nicht enttäuschen, oh nein! << abermals zeigte Xian seine Zähne.

>> Eines Tages wirst du für deine elenden Taten büßen, darauf gebe ich dir mein Wort! << stieß Darian mit zusammengepressten Lippen hervor. Voller Zorn versuchte er sich von seinen Ketten zu befreien, die sich nur noch mehr in seine ohnehin schon schmerzenden Gelenke bohrten und Darian aufschreien ließ.

Kopfschüttelnd drehte sich Xian zu den Dunklen, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten. >> Ihr könnt ihn mitnehmen, ich habe keine Verwendung für ihn. Ich hoffe, er leidet! << Stumm nickten die Kreaturen und erlösten ihn von seinen Fesseln. Endlich wieder frei, strich er sich über seine wunden Gelenke, doch Zeit zur Erholung blieb ihm nicht. Sofort spürte er eine schwere Hand auf seiner Schulter, die ihn unsanft nach vorne drückte. Ein Dunkler beugte sich drohend zu ihm hinunter. >> Je weniger du dich wehrst, desto weniger wird es schmerzen. << versprach er mit tiefer Stimme. Widerwillig und ohne Xian eines Blickes zu würdigen ließ er sich von seinen Wächtern hinein in den Gang hinter das Regal führen. Dann kratzte die geheime Tür wieder über dem Boden und es wurde stockduster. Den Dunklen schien das nicht zu stören und unbeeindruckt trieben sie ihn im gleichen Tempo voran. Also konnte er nun sicher sein, dass sich die Gerüchte über die Kreaturen aus dem Ödland als Wahr erwiesen. Tatsächlich konnten sie im Dunkeln genauso viel erkennen, wie bei Tageslicht. In seinen Augen wurden Tyrannus Schergen dadurch noch gefährlicher und bedrohlicher als ohnehin schon. Er hatte gehört, dass sie alle einmalige Schwertkämpfer waren, kaum zu besiegen. Zudem waren sie schnell und leise, wie der Wind und konnten unglaublich hoch und weit springen. Ihm kamen noch weitere überragende Eigenschaften in den Sinn und das machte seine Situation umso hoffnungsloser.

Widerstandslos ließ er sich weiter durch die dunklen Gänge treiben, welche allmählich nach oben führten. Er war ziemlich beeindruckt von diesem Tunnel. Ob Xian ihn gefunden oder selbst gegraben hatte?

Allmählich wurde es heller und der Weg endete abrupt vor einer Holzwand. Ohne Zögern trat einer seiner Bewacher vor und legte seine Hand auf das Holz, welches sich wie von Geisterhand zur Seite schob und ein verlassenes Zimmer preisgab. Schweigend betrat das Grüppchen den Raum und Darian musste seine Augen zusammenkneifen, damit er nicht von dem hellen Schein der Sonne geblendet wurde, die schon hoch am Himmel stand. Auch die Dunklen schienen sich erst an das Licht gewöhnen zu müssen, denn auch sie hielten kurz inne und zogen ihre Kapuzen tiefer ins Gesicht.

Er war länger als gedacht in Xians Gefangenschaft gewesen, wie sich nun herausstellte und er wurde immer hungriger. Als sie ihren Weg fortsetzen, stellte er verblüfft fest, dass die Gasse verlassen war. Normalerweise herrschte im Armenviertel reger Betrieb, doch hier waren die Häuser heruntergekommen und die Fenster verrammelt. Überall türmte sich Abfall und Schrott und keine Menschenseele war hier anzutreffen. Unbeirrt setzten die Dunklen ihren Weg fort durch ein regelrechtes Labyrinth aus kleinen, schmalen Gängen, die Darian überhaupt nicht kannte. Dann ging ihm ein Licht auf. Handelte es sich hierbei vielleicht um das verlassene Armenviertel, in dem es des Nachts spuken sollte? Auch hielten viele Bewohner der Stadt dieses Viertel für verflucht und man munkelte, dass das Böse hier sein Unwesen trieb. So hatte man nach und nach dieses Viertel verlassen und sich ein neues Quartier errichtet und schließlich war das neue Armenviertel entstanden. Ihn hatte es nie wirklich interessiert, was über diesen Teil der Stadt gesagt wurde, jedoch hatte er auch nie den Drang verspürt, es zu erkunden, er musste sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen.

Nach etlichen weiteren Gassen, in denen immer das gleiche Bild herrschte, gelangten sie schließlich zurück in den bewohnten Teil der Stadt und schlagartig wimmelte es vor Menschen. Als sie die Dunklen und ihn bemerkten, wichen sie erschrocken zurück, um ihnen nicht in die Arme zu laufen und mitleidige Blicke lagen auf ihm.

Darian wusste, dass er keine Hilfe erwarten konnte, zu groß war die Angst, selbst in Gefangenschaft zu geraten, oder den Zorn auf sich zu ziehen. Die meisten waren sowieso schon so weit gebrochen, dass sie nicht im Traum daran dachten Widerstand zu leisten. Wiederwillig gestand er sich ein, dass er nicht entkommen konnte. Die Dunklen würden ihn zu Tode foltern, aus seiner ausweglosen Lage gab es kein Zurück mehr. Ein letztes Mal wandte und drehte er sich vergeblich in den Klauen der Monster. Er konnte sich nicht befreien, also ließ er sie gewähren.

Sie schleppten ihn weiter zu dem Hinrichtungsplatz, an dem das Gefängnis und der Hauptsitz der Dunklen grenzten. Tyrannus hatte ihnen die Aufsicht über die Stadt erteilt, er selbst hatte seinen Sitz im Palast, unweit der Stadt auf einem Hügel. Sie führten ihn vorbei an den Galgen, an denen Verbrecher und Gesetzlose wegen ihrer Missetaten aufgehängt wurden. Manch einer freute sich auf dieses fast schon tägliche, makabere Ereignis.

Zielstrebig zogen sie ihn in Richtung Gefängnis. Vielleicht würde er auch öffentlich hingerichtet werden, nachdem seine Peiniger ihren Spaß mit ihm gehabt hatten, obwohl er unschuldig war. Darian verwettete sein letztes Hemd darauf, dass die meisten die dort saßen nicht schuldig waren, sondern ebenfalls bloß unglücklich geschnappt worden waren. Zur falschen Zeit am falschen Ort, wie man so schön sagte, genau wie er.

Eine Welle des Gestanks empfing ihn, als sie das kleinere Gebäude neben dem Rathaus betraten. Sie passierten zwei Wächter die ihnen zunickten und gingen einen düsteren Gang mit vielen Zellen rechts und links entlang. Eine Welle des Gestanks umfing ihn. Es roch nach Schweiß, Fäkalien und Verwesung und aus manchen Zellen drangen verzweifelte Rufe zu ihm, die um Essen, Hilfe und Erlösung flehten.

Auch Darian ließ sich von dieser Verzweiflung anstecken und ließ seinen Kopf auf die Brust sinken. Unsanft wurde er in eine Zelle geschubst, mit einem Knall fiel die Tür ins Schloss und er war allein.

Darian begutachtete seine ungemütliche Unterkunft. Ein vergittertes kleines Fenster oberhalb der Wand spendete fahles Tageslicht, ansonsten lag etwas fauliges Stroh auf dem Boden verteilt. Seufzend ließ er sich an einer dicken Steinmauer nieder und wartete auf sein Ende.

Zur gleichen Zeit weinte Finn über den Verlust seines Vaters. Nachdem die drei unbekannten Personen ihn vor dem Dunklen gerettet hatten, war er ohne ein Wort des Dankes wieder durch die Gassen gerannt, um seinem Vater beizustehen. Als er ihn schließlich fand, waren seine Gegner verschwunden und Meister Hiram lag reglos auf dem Boden. Er war neben ihm auf die Knie gesunken, hatte Verzweifelt nach einem Lebenszeichen gesucht, doch das Herz seines geliebten Vaters stand still. Blut hatte sich auf dem Boden ausgebreitet und durchtränkte seine Hose, doch das war Finn egal. Die Trauer brach wie eine Flut über ihn herein und drohte ihn fortzureißen und zu ertränken. Er brach in ein lautes Schluchzen aus und blieb reglos neben der Leiche seines Vaters sitzen. Er wusste nicht mehr wie lange er dort gesessen hatte. Irgendwann hatten die drei Personen ihn gefunden und von Hiram weg gezehrt und nur mit vereinten Kräften war es ihnen gelungen, Finn zurück zur Schmiede zu bringen. Keiner sagte ein Wort, doch sie blieben bei dem Jungen, der in dieser Nacht seinen Vater verloren hatte. Bis zum Morgen weinte Finn über den schrecklichen Verlust, dann raffte er sich zusammen und presste ein leises Wort des Dankes hervor.

Die drei Personen, zwei Männer und eine Frau, setzen sich zu ihm. Alle Drei schienen ebenfalls sehr mitgenommen über den Tod von Hiram, immer wieder schüttelten sie nur die Köpfe.

Später, es war bereits Mittag, brach Finn das Schweigen >> Was wolltet Ihr diese Nacht von un… << er schluckte und unterdrückte einen weiteren Schluchzer >>… mir? << Tröstend legte die Frau ihm einen Arm um seine Schulter und zog ihn liebevoll zu sich. Finn ließ sie gewähren. >> Dein Vater machte die besten Waffen der ganzen Stadt. Er kennt uns und wir wollten ihm einige seiner Stücke abkaufen. Jeder von uns benutzt eine seiner Klingen, wie du auch an unseren Schwertern erkennen kannst. << Sie zog ihre Waffe aus der Scheide und er konnte das Wappenzeichen seiner Familie auf dem Ansatz der Klinge erkennen. >> Mit Stolz tragen wir diese Schwerter und auch wir bedauern den Tod deines Vaters sehr. Er war ein wirklich guter Mann. Außerdem sind wir zu dem Entschluss gekommen, dir ein Angebot zu machen. Wir möchten dir gerne helfen. << Argwohn mischte sich nun in seine aufgewühlten Gefühle >> Wie wollt Ihr mir denn helfen? Meine Ausbildung zum Schmied ist noch lange nicht vollendet und ich denke nicht, dass einer von Euch diese Kunst so gut beherrscht wie mein Vater. << Wieder musste er an die Leiche denken. Was hatte ihn nur ihn diese Situation gebracht, fragte er sich verzweifelt. War sein Tod wirklich nötig gewesen? Abermals drohte ihn die Trauer zu überwältigen, die Frau bemerkte das und versuchte ihn mit dem Gespräch weiter abzulenken

>> Nun das Angebot, was wir dir unterbreiten wollen geht eher in eine andere Richtung. Komm mit uns, wir haben Unterkunft, genug Nahrung und Geld. Ich verspreche dir, dass du nichts bereuen wirst. Zudem können wir dir beibringen, wie man mit einem Schwert umgeht, sodass du dich selbst gegen die Dunklen verteidigen kannst. Und wenn es dir bei uns nicht gefällt, kannst du immer noch umkehren. Außerdem ist die Schmiede kein sicherer Ort mehr, sie wissen von dir und Hiram und es ist gut möglich, dass sie zurückkommen werden und dir einen Mord oder ähnliches unterstellen. <<

Finn wurde blass im Gesicht, als er sich vorstellte, dass die Dunklen erneut Jagd auf ihn machen würden, doch Sekunden später unterdrückte er seine Ängste >> Sollen sie ruhig kommen, diesmal werde ich nicht weglaufen, wie ein Feigling! << Die Frau schüttelte den Kopf >> Du unterschätzt die Dunklen. Aber wir können dir helfen, Vergeltung für den Mord an Meister Hiram zu üben! <<

Noch einmal durchlief Finn die Möglichkeiten die ihm offen standen und er sah ein, dass er wirklich Hilfe benötigte. Alleine könnte er sich kaum durchschlagen und auch für Lönning oder Darian wäre er nur eine zusätzliche Last, die sie nicht benötigten. Außerdem hatten diese drei Kämpfer ihn vor den Dunklen gerettet. Hatte er dennoch etwas von ihnen zu befürchten? Ihr Angebot hörte sich verlockend an und nach langem Überlegen willigte er schließlich ein >> Ich bin einverstanden, doch sollte es mir nicht gefallen, bin ich ganz schnell wieder weg. << Dann merkte er, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hatte >> Mein Name ist Finn. <<

>> Ich heiße Nahiri, das sind Zorc und Varek. << gab Nahiri zurück. >> Du wirst es nicht bereuen, dich uns anzuschließen. <<

Gedankenverloren nickte Finn ihr zu und erhob sich von seinem Stuhl, auf dem er die halbe Nacht verbracht hatte. Nun kam Bewegung in die Gruppe und Zorc und Varek machten sich dran, die verbliebenen Waffen im Raum einzusammeln und in einen großen Sack zu stecken. Finn protestierte nicht, als er das bemerkte und schlurfte die Treppe hinauf, wo immer noch der gedeckte Tisch auf ihn wartete. Hunger hatte er aber keinen mehr, obwohl er immer noch keinen Bissen zu sich genommen hatte. Traurig schaute er sich noch einmal um, so viele gemeinsame Erinnerungen steckten in diesen Räumen. Von klein auf hatte es nur ihn und sein Vater gegeben, eine Mutter hatte er nie gehabt und hatte auch nie nach ihr gefragt. Er war voll und ganz mit seinem Vater zufrieden der ihn großzog und alles Wichtige lehrte. Jetzt war er allein und eine unbekannte Sehnsucht nach einer Mutter durchdrang ihn.

Er schloss die Augen und atmete tief durch, verschwand in seinem Raum, wo er die wichtigsten Sachen in einen Beutel packte. Er besaß nicht viel außer einem Buch, dass sein Vater ihm zum Lesen lernen mitgebracht hatte, einen Ring, den ihm Hiram aus Metallstücken angefertigt hatte und einen kleinen Behälter aus Porzellan, das wahrscheinlich von seiner Mutter stammte. Porzellan zeugte normalerweise von Reichtum, da es sehr selten und teuer war, weshalb Finn die Schatulle wie seinen Augapfel hütete. Behutsam legte er alles in seinen Beutel, zudem noch ein paar Kleider zum Wechseln und das Geld von seinem Vater für schlechte Zeiten. Als er fertig war, betrachtete er ein letztes Mal sein Zimmer und stieg dann entschlossen die Treppen hinunter zur Schmiede, wo Nahiri schon auf ihn wartete. Sie reichte ihm einen prall gefüllten Sack voll Gold >> Das entspricht ungefähr dem Wert der Schwerter, wir wollen sie nicht klauen, sondern dir abkaufen. Bist du damit einverstanden?? << Finn wog den Sack in einer Hand und nickte zufrieden >> Danke, das ist mehr als genug. Aber wenn ich jetzt sowieso bei euch Unterschlupf finde ist das genug an Bezahlung. << Er warf den Beutel zurück zu Nahiri, die zum ersten Mal lächelte >> Du bist deinem Vater ziemlich ähnlich. Und nun lasst uns hier verschwinden, bevor die Dunklen zurückkehren! << Sie verließen die Schmiede und liefen Richtung Haupthandelsstraße, bis Finn abrupt stehen blieb. Seine Begleiter drehten sich verdutzt zu ihm >> Hast du etwas vergessen? << fragte Varek.

>> Ja ich habe ganz vergessen, meinem Freund Darian, der ebenfalls in der Schmiede gearbeitet hat, Bescheid zu geben. Eigentlich hätte er auch schon längst an der Schmiede sein müssen. <<wunderte er sich.

>>Keine Sorge, wir werden jemanden schicken der deinen Freund informiert. << versicherte Nahiri ihm und verfiel wieder in einem Laufschritt. Finn betrachtete sie nachdenklich. Trotz des Todes schien sie aufrichtig, gutherzig und unbeschwert, was man schon aus ihrer Haltung und ihrem federndem Schritt lesen konnte. Sie war dünn und schlank und ziemlich hochgewachsen für eine Frau und überragte sogar die beiden Männer an ihrer Seite. Unter ihrem Hemd, das leicht ihre Figur betonte konnte er ein Kettenhemd in der Sonne glitzern sehen. Darüber trug sie eine dicke Lederjacke und ein Gürtel war um ihre Taille befestigt, an der sie ihr Schwert gebunden hatte. Sie hatte schöne lange blonde Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden waren der über ihren Rücken hinunterfiel. Ihre warmen braunen Augen spendeten Trost und Zuversicht und ihre zierliche Nase und der schmale Mund fügten sich perfekt in ihr makelloses Gesicht, das allerdings auch ein paar Falten aufwies. Finn schätze ihr Alter auf das von Lönning, der etwa Mitte 30 sein musste.

Zorc war dagegen deutlich älter, seine Haare färbten sich bereits grau und auch die Anzahl der Falten war deutlich höher. Er hatte eine spitze Nase und große Augen und machte einen eher missmutigen Blick und als er Nahiri fragte, antwortete diese nur mit einem glockenhellen Lachen, dass Zorc immer so missmutig drein schaue. Das reichte ihm und er nahm Abstand von dem breitschultrigen Mann, der ihn immer wieder musterte.

Auch Varek war ein ruhiger Geselle. Er war etwas schmaler als sein Gefährte, doch noch etwas jünger. Ihm standen Geduld und Erfahrung ins Gesicht geschrieben. Aufmerksam beobachtete er die Umgebung auf mögliche Gefahren. An seiner Tunika hing für jedermann sichtbar sein langes, schmales Schwert und die Leute hielten respektvollen Abstand zu ihm. Auch seine Glatze war auffällig, dafür waren ihm die Haare ins Gesicht gerutscht, ein prächtiger Bart prangte dort.

Einen solchen Bart hatte auch Hiram besessen und wieder wurde er an die Schmiede erinnert, in der er sein bisheriges Leben verbracht hatte. Jetzt schon vermisste er die Schwertkämpfe mit Darian und die Arbeit am Blasebalg zusammen mit seinem Vater. Wieder vergoss er ein paar Tränen, wischte sie aber schnell in seinen Ärmel, die Anderen sollten ihn nicht für einen Schwächling halten. Er hoffte, dass Darian eine neue Stelle fand, schließlich musste er seine Mutter versorgen. Außerdem war er heute nicht pünktlich bei ihm aufgetaucht und das war ganz und gar nicht seine Art. Er sorgte sich um seinen Freund, hoffentlich ging es ihm gut.

Sie erreichten die Haupthandelsstraße und überquerten diese in das Armenviertel. Verwundert fragte Finn sich, wo wohl ihr Quartier lag. Immer tiefer folgten sie den Gassen durch das Viertel, bis sie plötzlich auf eine verlassene Straße bogen. Ihm wurde ganz mulmig, als er erkannte, dass sie geradewegs auf das verlassene Armenviertel zusteuerten. Er hatte lauter schreckliche Geschichten darüber gehört. Geister und Flüche waren die hauptsächlichen Argumente, sich fern von hier zu halten. Er hoffte, dass sie keinem Geist über den Weg liefen und trotz der Sonne fröstelte es Finn. Als Nahiri den nervösen Jungen sah, legte sie ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter >> Keine Sorge, dir wird nichts passieren. Alles, was du über dieses Viertel gehört hast, ist nicht wahr, ich werde es dir später erzählen. <<

Finn nickte und sie setzten ihren Weg fort. Irgendwann, Finn hatte es aufgegeben sich die unzähligen Biegungen zu merken, stoppte sie und steuerte ein verfallenes Häuschen an. Die Spuren der Zeit hatten, wie überall in dem Viertel, ihr Werk getan und überall lag der Staub auf den Böden. Sie betraten das Haus und Nahiri kniete sich in die Mitte des einzigen Zimmers, das einen Holzboden besaß und lockerte ein paar Dielen. Darunter kam ein Zugang zum Vorschein und Mühelos kletterte sie mitsamt Gepäck in das Loch, ihre Begleiter folgten. Auch Finn fasste sich ein Herz und stieg in das muffig riechende Loch. Es ging stetig bergab, bis er einen größeren Gang erreichte, der nun waagrecht verlief. Dort warteten die anderen Drei auf ihn, Varek huschte nochmal nach oben um den Eingang wieder sicher zu verschließen, dann folgten sie dem Tunnel. An den Wänden hingen Fackeln, die ihnen den Weg leuchteten.

>> Richtig gemütlich habt ihr es hier unten allerdings nicht. << sagte Finn.

>> Man gewöhnt sich dran, außerdem finden uns hier die Dunklen nicht. << gab Zorc zurück.

>> Was habt ihr denn getan, dass ihr Euch vor Tyrannus Schergen verstecken müsst?? Seid ihr etwa Räuber? <<

Amüsiert lächelten alle drei. >> Nein keine Sorge, sind wir nicht. << Mittlerweile waren sie an eine weitere diesmal massivere Tür angelangt und Nahiri klopfte dreimal. Die Tür öffnete sich und Nahiri betrachtete Finn ernst und eindringlich >> Wir sind die Widerständler! <<

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