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Kapitel 9 Wiedersehen mit alten Bekannten

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Mit hängenden Schultern und gesenktem Blick bahnte sich Finn einen Weg durch das geschäftige Treiben, das zur Mittagszeit auf der Haupthandelsstraße herrschte. Zwar kam er hier nur schlecht voran, doch es war der beste und einfachste Weg aus der Stadt. Plötzlich rempelte ihn ein Mann an, der Finn ärgerlich anfuhr, >> Hey Junge, pass auf wo du hinläufst! << Finn wies die Anklage nicht zurück, nahm es hin und setzte seinen Weg durch das Gedränge fort. Seit seiner Niederlage fühlte er sich niedergeschlagen und einsam, alles war ihm gleichgültig. Warum sollte er sich noch dagegen stellen? Das Leid und die Angst, dass er überall erkennen konnte, bestätigte nur seine Entscheidung, die Stadt zu verlassen. Die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit drücke auf das Gemüt der Menschen und er wollte diese Last nur noch loswerden und ihr entfliehen.

Wieder passierte er eine Bettlerin mit drei Kindern, die ein paar verrostete Münzen in ihrem kaputten Becher liegen hatte. Als sie ihn flehend ansah, gab er ihr ein paar Münzen von seinem Geld. Er wusste, dass er sparsam sein musste, aber mit drei Kindern an ihrer Seite hatte diese Frau eine harte Zeit vor sich.

Als er seinen Weg fortsetzte, nahm er Gesprächsfetzen zweier Bauern auf, die im Umland arbeiteten und die Stadt mit Nahrung versorgten. Auch sie waren voller Sorge; Es sollte ein richtig harter und kalter Winter werden, der vor der Tür stand. Zudem waren ihre Felder noch immer nicht abgeerntet, da sie sich keine Helfer leisten konnten. Zu allem Überfluss war wohl ein anderer Getreidebauer spurlos verschwunden und sein Feld ebenfalls noch nicht abgeerntet. Dies war nur eins von vielen Problemen, die er auf seinem Weg bereits unzählige Male gehört hatte. Dementsprechend waren die Preise für Brot auch gestiegen und würden im Winter weiter in die Höhe schießen. Doch die meisten Bewohner der Stadt waren bereits mager und blickten gierig auf die frische Ware, die sicher hinter Schaufenstern angeboten wurde.

Doch über all dem Hunger, dem Leid und der Verzweiflung, die in der Stadt herrschten, lag noch etwas anderes. Die Angst vor den Dunklen. Er konnte die Leute beobachten, wie sie eilig und teilweise schon gehetzt ihren Besorgungen und Arbeiten nachgingen, bevor die Nacht aufs Neue hereinbrach, zusammen mit Tyrannus Schergen. Wer zufällig einen Bekannten traf, grüßte schnell und wandte sich dann wieder seiner Aufgabe zu. Zeit für Unterhaltungen hatten die Menschen nicht.

Auch viele Geschäfte schlossen schon vor Sonnenuntergang ihre Pforten und verrammelten teilweise ihre Fenster und Läden, sodass sie sich sicher in ihren Häusern und Hütten fühlten. Finn wusste, dass diese lächerlichen Maßnahmen die Dunklen nicht von einem Eindringen abhalten würden, aber er ließ den Leuten ihre Illusion. Was hätte er auch sonst tun können? Das letzte bisschen Hoffnung und Sicherheit, was manche noch in sich trugen, wollte er ihnen nicht nehmen.

Finn konnte dies alles nicht mehr ertragen, er wollte einfach nur noch raus aus Salyach. Die Stadt nahm ihm die Luft zum Atmen, er fühlte, wie sie ihn packte und zu erdrücken drohte, sodass nichts mehr von ihm übrig blieb. In seinen Augen war die gesamte Stadt wie eine Schlange, die ihren eisernen Würgegriff um alles Gute gelegt hatte, was es hier noch gab. Doch er würde sich endgültig von ihr befreien, das hoffte er zumindest.

Er beschleunigte seine Schritte, als die Läden und die Häuser am Straßenrand in immer größeren Abständen auftraten. Bald war er endlich raus aus der Stadt. Aber auch an der Stadtgrenze, wo weniger Betrieb herrschte, bot sich ihm das gleiche Bild wie im Zentrum. Hier drückte ebenfalls die Hoffnungslosigkeit die Menschen nieder, zwang sie in die Knie und ließ sie alles andere vergessen. Die Sorgen nahmen überhand und das Lebenswerte vergaßen die Leute. Auch er war einer von ihnen gewesen, doch das hatte sich jetzt geändert.

Einige Zeit später verschwanden auch die letzten Häuser und Hütten und wichen den bestellten Feldern, die rund um die Stadt angelegt worden waren. Mit einem Mal fühlte sich Finn frei. Es tat gut, alleine zu sein, keine Sorgen und Ängste mit sich herum zu schleppen. Die Last viel von ihm ab, wie ein Sack voller Steine, den er scheinbar den ganzen Weg auf seinen Schultern getragen hatte. Nun musste er sich um nichts mehr kümmern, seine Pflichten und Aufgaben waren wie weggeblasen, genau wie seine Sorgen und Ängste. Er konnte sein Glück kaum fassen und lachte laut auf, als er mit federndem Schritt seinen Weg fortsetzte. Bisher hatte er kaum die Stadt verlassen. Es hatte nie wirklich einen Grund dafür gegeben, nur das ein oder andere Mal hatte sein Vater darauf bestanden, ihm das Umland von Salyach zu zeigen.

Hier zwischen dem mannshohen Getreide fühlte er, wie sich seine Stimmung aufhellte und mit neuer Energie setzte er seinen Weg fort. Kurz überlegte er, einen Blick zurück auf die Stadt zu werfen, ließ es aber dann doch bleiben. Er wollte ein neues Kapitel im seinem Leben aufschlagen, da waren alte Erinnerungen nur belastend.

Immer weiter trugen ihn seine Füße durch die monotone Landschaft aus bestellten Feldern und dennoch bewunderte Finn die Schönheit des Getreides und der Natur, die in der Stadt nicht vorhanden war. In der Ferne am Rand der Felder konnte er kleine Hütten ausmachen, die meist neben großen Windmühlen standen, die sich immerzu drehten. Es war Erntezeit und anders als in der Stadt schufteten die Bauern hier draußen Tag und Nacht, um den Ertrag rechtzeitig von den Feldern zu holen. Er hatte beabsichtigt, einen Bauern nach einer Unterkunft für die Nacht zu fragen und er war zuversichtlich, dass ihn schon irgendwer aufnehmen würde.

Immer noch war er auf der Haupthandelsstraße, die hier jedoch schmaler und unbefestigt war. Hier trieben sich nur wenige Menschen auf der Straße herum, nur ab und zu begegneten ihm ein paar Feldarbeiter, die auf dem Rückweg in die Stadt waren. Sie grüßten nicht, als sich ihre Wege kreuzten und Finn erkannte, dass auch sie vor Einbruch der Nacht zurück in ihren Häusern sein wollten, in denen sie sich sicher fühlten. Jeder von ihnen hatte seine eigenen Sorgen, was kümmerte sie da schon ein verwaister Junge?

Finn war das nur Recht, er wollte so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich ziehen. Langsam wurde es spät und es dämmerte bereits, als er am Horizont die ersten Ausläufer des Wolkengebirges erkennen konnte. Um dieses Gebirge, das die Einöde des Landes Warrawick und den Wald der Illusionen trennte, rankten sich viele Mysterien und Legenden, doch Finn war nicht auf weitere Abenteuer aus. Er wollte nur weg von der Stadt, hatte kein bestimmtes Ziel vor Augen und wollte dort nächtigen, wo er sich gerade aufhielt. Weiter hatte er noch nicht gedacht, also würde er spontan entscheiden, wohin sein Weg führte, wenn es soweit war. Zudem war er jetzt sehr flexibel, da er nur das Nötigste eingepackt hatte, dass er bei seinem überstürztem Aufbruch gefunden hatte. Sein Schwert, das Geld, welches er von Nahiri bekommen und seine wenigen privaten Sachen, die er mit zu den Widerständlern genommen hatte, lagen gut verstaut in seinem Bündel. Zudem hatte er noch ein paar Kleinigkeiten eingepackt, die ihm das Leben erleichtern würden. Darunter waren eine Handvoll Fackeln, ein Wasserschlauch und ein Laib Brot, den er sich noch in der Stadt erworben hatte. Die Sonne war bereits zur Hälfte hinter dem Gebirge verschwunden, als Finn sich nach einer Unterkunft umsah. Die Kälte kroch in seine Glieder und ungeduldig lief er weiter die Straße entlang, bis er einen kleinen Feldweg fand, der sich bis zu einer Hütte mit angrenzender Mühle schlängelte. Finn bemerkte in seiner Eile jedoch nicht, dass die Windräder der Mühle im Gegensatz zu den Anderen still standen und sich nichts im Haus regte.

Ungeduldig lief Darian im Schlafsaal der Widerständler auf und ab. Noch immer verweilte Lucias und Sadalons Gruppe hier im Hauptquartier, erst am Abend im Schutz der Dunkelheit wollten sie zu dem Anwesen aufbrechen, um seine Mutter zu befreien. Auch sorgte er sich immer noch um Finn, der nach seinem verlorenen Kampf Hals über Kopf aufgebrochen war. Er hoffte nur, dass sein Freund eine sichere Unterkunft gefunden hatte und Nahiri gut auf ihn achtete. Julius, der während des gesamten Tages nicht von seiner Seite gewichen war, versuchte ihn ein weiteres Mal zu beruhigen, >> Darian, Lucia weiß, was sie tut, bald ist deine Mutter vor den Dunklen in Sicherheit. Sie werden sie bestimmt ohne Schwierigkeiten befreien können. << Und als ob er seine Gedanken gelesen hatte, fügte er hinzu, >> Und auch Finn wird es sicherlich gut gehen. Außerdem ist Nahiri immer in seiner Nähe. Er wird schon bald wieder zur Besinnung kommen. Auch in diesem Punkt wird Lucia Recht behalten. <<

Darian hob hilflos seine Arme, >> Ich werde mir solange Sorgen machen, bis beide wieder gesund hier im Hauptquartier sind. Außerdem bin ich mir bei Finn nicht so sicher. Lucia meinte, er würde nur etwas Zeit brauchen, aber ich habe ihn noch nie so unglücklich und gebrochen erlebt, nicht in all den ganzen Jahren. Ich hoffe, du behältst Recht und alles wendet sich zum Guten. <<

>> Das wird es. <<, bestätigte Julius. >> Und wenn es dich beruhigt, ich könnte dir spontan nicht sagen, wann sich Lucia das letzte Mal geirrt hat. Sie ist zwar noch jünger als Sadalon, aber sie plant vorausschauend und ist mindestens genauso Weise, wie der Schwertmeister. <<

Darian hielt kurz inne, als Julius Sadalon erwähnte, >> Du hältst viel von ihm, habe ich Recht? <<

>> Ja, er ist ein Mann, der Großes geleistet hat. Damals war er General des obersten Herrschers und rettete unzähligen Angestellten im Palast bei der Übernahme des Dämons das Leben. Auch hält sich hartnäckig das Gerücht, dass es erst Sadalon war, der die ganzen Bündnisse mit den anderen Völkern erst ermöglichte. <<

Ehrfürchtig betrachtete er den Schwertmeister nun mit anderen Augen, >> Und deswegen hat er sich dieser Organisation auch angeschlossen? <<

Julius nickte, >> So ist es. Als Tyrannus das Lebenswerk von Sadalon zerstörte, schwor der Schwertmeister Rache. Und er ist entschlossen, sein Schwur einzuhalten, glaub mir. <<

Bewunderung machte sich in Darian breit, doch ihn beschäftigte noch eine weitere Frage, >> Julius, was ist eigentlich aus den Bündnissen mit den anderen Völkern geworden? Stehen die Menschen noch im Kontakt mit ihnen? <<

Julius zuckte mit den Schultern, >> Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht genau. Die meisten Bündnisse zerbrachen, als Tyrannus sich auf den Thron der vereinigten Länder setzte. Manche Völker hatten Angst, dass es ihnen genauso ergehen würde wie den Menschen, also brachen sie den Kontakt ab und zogen sich von unserem Land zurück. Andere traf es genauso, wie uns. Wir sind nicht das einzige Volk, das die Dunklen und Tyrannus unterjocht haben. Aber wie es im Einzelnen um die andern Völker steht, kann ich dir nicht sagen. Doch wenn du etwas über die Waldmenschen im Norden erfahren willst, spreche mit Yako. Er kann dir genaueres über sein Volk erzählen und vielleicht auch über das ein oder andere Volk, welches mir nicht bekannt ist. Jedenfalls beneide ich ihn ein bisschen. Er ist schon viel herumgekommen, während ich nur hier fröhlich meine Kreise ziehe. <<

Darian lächelte. Im Gegensatz zu ihm war Julius voller Hoffnung und Frohsinn, er nahm alles positiv und mit einer Leichtigkeit, die bei ihm nicht so vorhanden war. Dafür bewunderte Darian den kleinen Vorteilsmagier.

Dann schreckte er auf, als er plötzlich hörte, wie Stühle im Gemeinschaftsraum über den Boden scharrten. Darian wollte Julius gerade davon in Kenntnis setzten, dass die Gruppe endlich aufbrach, doch dieser winkte ab, >> Selbst ohne meine Magie habe ich gehört, dass sie aufbrechen. <<, grinste er, >> Vertreibe dir die Zeit doch solange mit Yako. <<, schlug Julius noch vor, als er sich zum Gehen wandte. Darian wünschte ihm viel Glück und nickte. Erleichtert, dass die Dinge sich endlich in Bewegung setzten, viel eine gewisse Anspannung von ihm ab. Er machte sich auf Yako zu suchen, doch er hatte nicht vor, allzu viel Zeit mit ihm zu verbringen, wenn sein Plan funktionierten sollte. Er hoffte nur, dass die Widerständler es ihm nicht übel nehmen würden.

Finn war an der kleinen Hütte angelangt, doch auf sein wiederholtes Klopfen folgte keine Reaktion aus dem Inneren. Er wunderte sich, dass der Bauer, der hier lebte, zu solch später Stunde noch nicht im Hause war, oder hatte dieser nur Angst, dass die Dunklen bei ihm auf der Matte standen? >> Ich bin nur ein Junge, der eine Unterkunft sucht <<, rief er laut. Er versuchte, durch eines der verglasten Fenster zu spähen, doch im Inneren konnte er nur die Dunkelheit ausmachen. Stirnrunzelnd wandte er sich ab und wollte bereits die nächste Hütte suchen, als er voller Entsetzten bemerkte, wie zwei Dunkle den Feldweg zu ihm hochmarschierten. Hektisch suchte Finn nach einem Versteck. Erst wollte er sich ins Feld schlagen, doch die Spuren, die er hinterlassen würde, würden sie bemerken. Also versuchte er, in das Haus zu gelangen. Er rüttelte an der Tür und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sie nicht abgeschlossen, oder verriegelt war. Er wusste zwar nicht, was die Dunklen hier wollten, aber er hoffte verzweifelt, dass das verlassene Haus nicht ihr Ziel war.

In den ersten beiden Räumen, die er nach einem geeigneten Versteck absuchte, wurde er nicht fündig. Einer der Räume war eine Küche, die kaum Mobiliar beinhaltete, hinter dem er sich verstecken konnte und der andere kleine Raum entpuppte sich als Bad, das kaum groß genug für zwei Personen war. Also wählte er das letzte Zimmer, dass ein Bett beherbergte. Als er den kleinen Raum betrat, hielt er erschrocken inne, als er dort einen Mann liegen sah, der ihn anstarrte. Mehrere Schnittwunden verteilten sich über den ganzen Körper und eine bereits eingetrocknete Blutlache hatte sich auf dem Boden ausgebreitet. Aber schlimmer, als der Anblick war der Gestank, der ihn zurücktaumeln ließ. Fliegen und andere Insekten hatten sich bereits an der Leiche bedient, die den Kadaver noch übler erscheinen ließen. Das war zu viel für Finn und keuchend hastete er zurück in den Nebenraum. Doch hier war er den Dunklen ausgeliefert, also beschloss er schweren Herzen zurück in das Zimmer zu gehen und sich unter dem Bett zu verkriechen. Er durfte nur nicht die Beherrschung verlieren, die Dunklen durften nicht merken, dass er hier war. Letztendlich war seine Angst größer als die Übelkeit und sein Ekel. Er schob die Leiche, die vor dem Bett lag ein Stück zur Seite, damit er darunter kriechen konnte. Dort verharrte er einige Zeit, doch nichts schien sich zu rühren. Anscheinend wollten die Dunklen tatsächlich nicht in das Haus, also musste die Mühle ihr Ziel gewesen sein. Doch was wollten sie dort?

Dieser Mann, der tot vor ihm lag, war wahrscheinlich der vermisste Bauer, aber was hatte er getan, dass die Dunklen ihn hier ermordet hatten? Hatte er etwas gewusst, was nicht unter die Leute durfte?

Fieberhaft überlegte Finn, was er tun sollte, schließlich konnte er nicht ewig hier abwarten. Nach langer Überlegung beschloss er, zur Mühle zu gehen um herauszufinden, was die Dunklen hier wollten. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen, kroch unter dem Bett hervor und schlich mit schnellen Schritten aus dem Haus hinüber zur Mühle. Diese hatte zwar keine Fenster, durch die er spähen konnte, aber er fand genug Ritzen und Löcher im Holz, die ihm einen Blick ins Innere werfen ließen.

Überrascht sog er die Luft ein, als er in den Innenraum der Mühle blickte. Er konnte die beiden Dunklen erkennen, die an einem Tisch einem Mann gegenüber saßen, mit dem sie sich leise und energisch unterhielten. Um etwas verstehen zu können, schlich Finn um die Mühle herum und suchte sich ein Guckloch, das näher an dem Ort des Geschehens, aber noch außer Sichtweite des Eingangs lag. Auch diesmal wurde er schnell fündig, lauschte angestrengt und Gesprächsfetzen drangen an sein Ohr.

>>… setzten viel aufs Spiel, wenn Euer Trank nicht klappt, dann haben wir seine Mutter ebenfalls umsonst verloren und was bleibt uns dann noch? << Finn keuchte überrascht auf, sprachen sie etwa über Darians Mutter? Jetzt hörte er die Stimme des hageren Mannes, der mit dem Rücken zu Finn saß, >> Ich garantiere Euch, dass der Trank, den ich ihr bereits verabreicht habe, fehlerfrei ist und blendend funktionieren wird. Hier habt ihr noch das Gegenstück dazu. <<, er hob ein Gefäß hoch, in dem eine Flüssigkeit hellblau schimmerte. Die Dunklen beugten sich vor und musterten das Getränk, bis einer fragte, >> Und wie funktioniert es? <<

Scheinbar zufrieden antwortete der Mann etwas zuversichtlicher, >> Je näher ihr der Zielperson seid, die den Gegentrank in sich trägt, desto heller leuchtet die Flüssigkeit, es ist ganz einfach. Sobald die Flüssigkeit in die Blutbahn gelangt, könnt ihr sie aufspüren und sie alle töten! Achtet diesmal darauf, dass euch der Junge nicht wieder entwischt! <<

>> Und wie lange braucht Euer Trank, um in die Blutbahn zu gelangen? <<, fragte einer der Dunklen erneut. Kurz überlegte der hagere Mann, dann antwortete er, >> Etwa ein bis zwei Tage, es kommt auf die Person an. Ich denke, bei ihr geht es schneller, sie ist ja eher klein und zart. << Der Mann lachte. Mit dieser Antwort zufrieden, erhoben sich die Dunklen, >> Das wir nicht schon früher auf die Idee gekommen sind. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe…<<

Finn hatte genug gehört und flüchtete bereits wieder in das Haus. Wenn er nicht falsch lag, musste die magere Person Xian sein: Der Mann, dem Darian nicht über den Weg getraut hatte. Der Mann, der Darian den Dunklen ausgeliefert hatte und der Mann, der mit den Dunklen zusammenarbeitete, um die Widerständler auszulöschen und damit auch die letzten Hoffnungen zu zerstören.

Hier hatte Xian also sein Quartier bezogen und deswegen hatte der Bauer sterben müssen. Jetzt ergab alles für ihn einen Sinn. Und schlagartig wurde ihm bewusst, dass es falsch gewesen war, aus der Stadt zu laufen. Seine Freunde waren in Gefahr, sie brauchten ihn und er ließ sie einfach im Stich nur um von allen Sorgen loszukommen. Mit einem Mal fühlte er sich schuldig und schalt sich einen Narren für sein überstürztes Aufbrechen. Was hatte er sich denn bei alldem gedacht? Waren ihm seine Freunde nicht mehr wichtig? Anscheinend muss das neue Kapitel meines Lebens wohl noch warten, dachte er, war aber auch gleichzeitig froh darüber, dass er noch rechtzeitig zur Besinnung gekommen war, um die Widerständler zu warnen. Zudem erkannte er, dass er nicht ganz so hilflos war, wie er zuerst angenommen hatte. Er wartete noch einen Moment und vergewisserte sich, dass die Dunklen gegangen waren, dann öffnete er die Tür und glitt hinaus in die schwarze Nacht. Er musste es rechtzeitig zum Hauptquartier schaffen, bevor es zu spät war.

Im Schutz der Dämmerung schlichen Lucia und Sadalon voran. Sie verließen gemeinsam eine der kleinen Gassen und bogen auf die Haupthandelsstraße ein, welche zu dieser Stunde menschenleer war. Glücklicherweise waren sie auch noch keinem von Tyrannus Schergen über den Weg gelaufen, dennoch blieben sie weiter auf der Hut. Lucia wollte nicht nochmal ein Mitglied durch eine Mission verlieren, Sids Tod war für sie alle schwer genug. Sie hatte den Umgebungsmagier von klein auf selbst unterrichtet, er war wie ein Sohn für sie gewesen, den sie nie gehabt hatte. Sie gab sich die Schuld für Sids Tod, obwohl sie wusste, dass sie nichts anderes hätte für ihn tun können. Trotzdem fühlte sie sich schuldig. Sie leitete die Widerständler, also musste sie auch auf jedes einzelne Mitglied achtgeben und bei Sid hatte sie versagt. Doch sein Tod würde nicht sinnlos sein, dass hatte sie sich und ihm versprochen und sie war entschlossen, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Schweigsam schlichen sie weiter die Haupthandelsstraße entlang, hielten sich dabei immer an den Fassaden der Häuser, die mitunter reich verziert waren und guten Schutz boten, falls sich die Dunklen hier blicken ließen. Doch es war erstaunlich ruhig auf den Straßen und Gassen, für Lucias Geschmack etwas zu ruhig. Doch die Dunklen konnten nicht wissen, wann sie Sabella befreien würden, dennoch war sie beunruhigt und streckte immer erst ihren Geist aus, um sich zu vergewissern, dass hinter der nächsten Ecke kein Hinterhalt auf sie wartete.

Aber ihre Sorge blieb unbegründet und schließlich fanden sie sich vor einer halb verfallenen Mauer wieder, in der schon etliche Risse und Löcher waren und somit auch kein Hindernis mehr darstellte. Lange hatte sie mit Meister Sadalon über das Vorgehen diskutiert, sich das Gebäude von außen genauer angeschaut und Vermutungen angestellt, warum die Dunklen Sabella dorthin gebracht hatten. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war Sadalon nicht von seiner Theorie abgewichen, dass es sich um einen Köder handelte, um sie aus ihrem Versteck zu locken. Auch Lucia sah das ähnlich wie der Schwertmeister, deshalb sollte eine Gruppe ihr den Rücken decken, falls die Situation brenzlig werden würde. Da das Gebäude viele großflächige Fenster hatte, die eine ungehinderte Sicht ins Innere boten und kaum eines der Fenster verriegelt war, hatten sie ein Lichtsignal vereinbart, dass Lucias Gruppe im Notfall durch ein Fenster geben sollte, falls sie in Schwierigkeiten steckten.

Immer noch gemeinsam drangen die Gruppen durch ein Loch in der Mauer auf das Anwesen vor, in den Schutz einiger Sträucher. Von hier aus hatten sie einen guten Blick auf die meisten Fenster und gleichzeitig sicher vor den Blicken der Dunklen.

Ein letztes Mal schaute Lucia zu Sadalon, der ihr grimmig zunickte, dann schlich sie so leise, wie nur möglich bis an die Hauswand vor. Einen nach dem anderen winkte sie aus ihrer Gruppe heran und schließlich gelangten sie alle unbeschadet zu ihr. Soweit sie erkennen konnte, war im Haus immer noch alles ruhig. Heikel würde es sowieso erst werden, wenn sie ins Haus eindrangen. Der Putz bröckelte von den verfallenen Wänden, als sie sich langsam zur großen Eichentür vortasteten, die die Jahre besser überdauert hatte.

Zwei wildwachsende Büsche überwucherten zu beiden Seiten die massive Tür, doch auch dieses Hindernis hatte die Gruppe schnell überwunden. Dann deutete Lucia auf Julius, der mit einer raschen Handbewegung einen kleinen metallenen Draht hervorzauberte. Gekonnt widmete er sich dem verrosteten Schloss und nach einer Weile hörten sie ein leises Klicken. Triumphierend wich Julius ein Stück zur Seite, um Lucia wieder die Führung zu überlassen. Sie zischte der Gruppe noch eine letzte Warnung zu, dann zog sie ihr Schwert und öffnete mithilfe ihrer Magie eine Türhälfte, damit sie beide Hände zum Kämpfen frei hatte. Die Angeln quietschten und sie zuckte bei dem lauten durchdringenden Geräusch zusammen. Sie stieß einen leisen Fluch aus und ärgerte sich, dass sie nicht vorsichtiger gewesen war. Doch noch immer blieb es still und eine große Eingangshalle erstreckte sich vor ihnen in der Dunkelheit. Viel konnte sie nicht erkennen, doch auch hier hatte die Zeit ihre Spuren hinterlassen. Stirnrunzelnd betrachtete sie die halb verrosteten Ritterrüstungen, sowie die halb zerfetzten Wandteppiche mit unzähligen Emblemen, Wappen und Stammbäumen, ähnlich denen die ihre Familie ebenfalls besaß. Doch ihre Besichtigung wurde jäh unterbrochen, als sich zwei Gestalten aus der Dunkelheit auf sie stürzten. Ihre schwarzen Roben flatterten im Wind, nur der Gürtel hielt sie zusammen, als sie herumwirbelten und versuchten, Lucia zu überwältigen.

Geistesgegenwärtig hatte Lucia die ersten Schläge der Dunklen erfolgreich abgewehrt und sie ließ ihren Gegnern keine Chance, als ihre Gefährten in die große Empfangshalle stürmten, um ihr beizustehen.

Kaum lagen die Dunklen Tod auf dem Boden, öffnete sich eine Tür und zwei weitere schwarz-gewandte Gestalten mit aschfahler Haut betraten den Saal. Lucia lächelte, als sie ihre überraschten Gesichter sah. Doch ihre Gegner hatten sich schnell wieder gefangen und mit zwei großen Sätzen waren sie bei ihnen. Auch diese Beiden stellten kein Problem für die erfahrene Gruppe dar und im Nu gesellten sich die Beiden zu ihren toten Kameraden, die es sich bereits auf dem Boden gemütlich machten. Noch ein Gutes hatte es, dass die Dunklen aufgetaucht waren. Sie wussten jetzt, wo sie suchen mussten und entschlossen schritt Lucia auf die kleine Nebentür zu, die erst vor kurzer Zeit ausgebessert worden schien. Dicht hinter ihr folgten ihre Gefährten, die keinen Kratzer von dem vorherigen Kampf erlitten hatten. Fragend blickte sie in jedes einzelne Gesicht und alle bestätigten ihr, dass sie bereit waren, bereit herauszufinden, was sich hinter der Tür verbarg.

Entschlossen packte Lucia die kalte Klinke, drückte sie hinunter und zu ihrem Erstaunen erblickten sie eine weibliche Gestalt auf einem Stuhl, gefesselt und geknebelt in dem Zimmer, die sie mit Angst geweiteten Augen anstarrte. Ansonsten war der Raum leer, nicht ein einziges Möbelstück befand sich hier, auch keine Bilder hingen an den Wänden, alles wirkte wie leergefegt. Sabellas verzweifelter Blick traf ihren, dann gab sie sich einen Ruck und lief zu ihr, um sie von den Fesseln zu befreien. Die anderen gaben ihr Schutz und soweit schien die Situation unter Kontrolle. Doch Lucia war nicht ganz wohl zumute, sie hatte mit mehr Widerstand gerechnet, normalerweise ließen die Dunklen keinen Gefangenen so unbewacht. Auch Sabella beruhigte sich nicht, immer wieder schüttelte sie verzweifelt den Kopf doch als Gerron ihr den Knebel löste, brachte sie nur unzusammenhängende Worte hervor. Stirnrunzelnd betrachtete Lucia Sabella. Was beunruhigte die Frau nur? Prüfend streckte sie ihren Geist aus, vielleicht hatten sie ja etwas übersehen und tatsächlich stieß sie auf einen mächtigen Widerstand im Raum, den sie mit ihrer Magie nicht greifen konnte. Ihre Augen weiteten sich, als sie das Ausmaß der Illusion, welche sie alle umgab erkannte. Sie wusste, dass es zwecklos war, die Anderen noch zu warnen. Das war auch nicht mehr nötig, denn mit Entsetzten konnten alle erkennen, wie plötzlich etliche Dunkle überall im Raum sichtbar wurden. Starr verharrte die Gruppe an Ort und Stelle. Keiner sagte etwas, dann schlossen die Dunklen die Lücke zwischen ihnen und dem rettenden Fluchtweg und stürzten sich auf die kleine Gruppe, die sich ihnen wild entschlossen entgegenstellte.

Darian, der zusammen mit dem Waldmenschen Yako im Gemeinschaftsraum saß, fasste sich an den Magen und stöhnte laut auf, sodass Yako auch mitbekam, dass irgendetwas nicht stimmte. Besorgt schaute er Darian fragend an, >> Ist alles in Ordnung mit Euch? <<

>> Ich habe höllische Magenschmerzen! <<, stöhnte er und fasste sich wieder an den Bauch.

>> Habt Ihr irgendetwas Falsches zu Euch genommen? << Darian schüttelte den Kopf und tat so, als überlegte er, dann sagte er, >> Lucia hat mir und Finn vor einigen Tagen eine Bohne gegeben, die mit Magie zu tun hat. Sie… <<

>> Ich kenne die Bohnen, ich pflücke sie in den tiefen Wäldern Umbagors und verkaufe sie anschließend in der Stadt, zumindest habe ich das bisher getan. <<, sagte Yako, >> Also erzählt mir nichts über die Bohnen! Wenn sie wirklich wieder heraus will und Ihr Schmerzen habt, ist das kein gutes Zeichen. <<

Darauf hatte Darian gewartet und stieß gepresst hervor, >> Lucia meinte, wir sollen zu ihr kommen, sie kann mir mit der Bohne helfen. <<, wieder würgte Darian, um seine Schmerzen glaubhaft zu machen. Yako wusste, dass Darian einen Arzt benötigte, doch Lucia hatte ihm gesagt, dass er Darian im Quartier halten sollte. Sie hatte ihn im Vorfeld gewarnt, dass der Junge vielleicht ausbüchsen würde, doch an diese Situation hatte sie bestimmt nicht gedacht. Yako überlegte hin und her und beschloss schließlich, dass sie zu Lucia mussten, so schnell wie möglich. Vielleicht nicht in das Kampfgetümmel, aber sie konnten ihr wenigstens schon entgegenkommen.

>> Also gut, wir werden bei Sadalons Gruppe auf Lucia warten. <<, sagte Yako und erhob sich von seinem Stuhl. >> Wartet hier! <<, wies er ihn an, >> Ich hole kurz noch meine Ausrüstung. << Er verschwand im Schlafsaal und kam kurz darauf wieder. An seiner Seite hingen etliche Messer und ein großer Bogen zwischen seinen grazilen Schultern. Ein Mantel, der aus schwarzen und braunen Federn und Blättern bestand, flatterte hinter ihm her. Eine Halterung, die Yako aus Tierknochen selbst gemacht hatte, hielt den großen Umhang um den Hals, damit er nicht verrutschte. In seiner Hand hielt er ein Schwert, das noch in der Scheide steckte. Darian wunderte sich, dass der Waldmensch ein solches Schwert besaß, dann dämmerte es ihm, dass Yako sein Schwert genommen hatte und es ihm wortlos überreichte. Dann wandte er sich zum gehen und Darian blieb ihm dicht auf den Fersen. Als sie durch ein verlassenes Haus auf die Straßen gelangten, raunte Yako ihm zu, >> Bleibt dicht bei mir und leistet meinen Anweisungen folge, sonst seit ihr eher bei Kaschirik, als Ihr es Euch wünscht. << Darian nickte und fragte gar nicht erst, was Yako mit Kaschirik meinte.

Vorsichtig, aber dennoch zügig eilten sie durch die Gassen, bis Yako ihn unvermittelt auf den Boden warf. Verdutzt schaute Darian zu seinem Beschützer, der einen Finger auf seine Lippen legte. Schnell zog er Darian in einen Seiteneingang und presste ihn an sich. Dann warf Yako den Mantel über sie und kurz darauf hörte Darian Schritte, die erst lauter wurden und sich kurz darauf wieder entfernten. Mit grimmiger Miene warf Yako den Umhang wieder zurück und setzte seinen Weg fort.

Darian sah fragend zu dem Waldmenschen, doch eine Antwort blieb dem Jungen verwehrt. Schon bei ihrem kurzen Gespräch vorhin hatte er dem wortkargen Waldmenschen nur schwer seine Geschichten entlocken können und Yako hatte ihm vieles erzählt, was Darian bereits über die Umbagorwälder gehört hatte. Das hatte ihn nicht verwundert, da Yako kaum ins Detail ging, was den wissbegierigen Jungen doch etwas gewurmt hatte.

Doch seine Gedanken schweiften ab, Geschichten konnte er sich auch noch später anhören. Jetzt musste er zuerst seiner Mutter helfen, die immer noch in Gefahr schwebte. Sie liefen weiter wortlos durch die Gassen, bis sich plötzlich die Haupthandelsstraße vor ihnen auftat. Yako hatte sie direkt vor das Anwesen geführt und Darian fragte sich, wie er das vermocht hatte, da er die Stadt doch wohl schlecht kennen konnte. Zielstrebig überquerte er die Straße ohne sich zu vergewissern, ob irgendwelche Dunklen in der Nähe waren. Darian folgte ihm und fragte sich erneut, woher Yako wusste, dass keiner von Tyrannus Schergen in der Nähe war. Er hielt an einem Loch, das in der Mauer klaffte, welche an ein großes verfallendes Anwesen grenzte. >> Dort hindurch! <<, befahl er dem Jungen. Als er auf die andere Seite gelangte, wurde er urplötzlich gepackt und ein Schwert wurde drohend auf ihn gerichtet. Eine kleine Lampe blendete ihn und das Schwert und die Umklammerung, in der er sich befunden hatte, verschwanden. Er blinzelte ein paar Mal, damit seine Augen sich wieder an die Dunkelheit gewöhnten und verschwommen nahm er Sadalon war, der ihn ärgerlich anstarrte.

>> Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht hierher kommen? Du bringst uns alle damit unnötig in Gefahr! Ich dachte, du bist wenigstens vernünftiger, als dein Freund! << Darian wollte sich gerade verteidigen, doch Yako, der ebenfalls durch das Loch geschlüpft war, kam ihm zuvor, >> Der Junge kann nichts dafür, seine Bohne kommt hoch und liegt falsch im Magen. <<

Prüfend betrachtete der Schwertmeister Darian von oben bis unten. >>Ist das so? <<

>> Ja, auf einmal habe ich Magenkrämpfe bekommen. <<, jammerte der Junge.

>> Ich kenne mich ein bisschen mit den Bohnen aus und hielt es für angebracht, Lucia entgegen zu kommen.<< , rechtfertigte sich nun auch Yako, >> Wir hatten niemals vor, in das Anwesen zu gelangen, doch glaubt mir, je früher Lucia die Bohne richten kann, desto mehr Chancen hat der Junge. << Nachdem Yako geendet hatte, wurden Sadalons Züge weicher. >> In Ordnung, ihr wartet hier. Yako, Ihr gebt weiterhin auf Darian Acht. << Der Waldmensch nickte nur und gesellte sich zu Darian, der sich ärgerte. Er war schon so weit gekommen, da wollte er hier nicht vor dem Anwesen Wurzeln schlagen, während seine Mutter dort drinnen in Gefahr schwebte. Doch weiter als bis hierher hatte er nicht geplant, er musste sich spontan etwas überlegen, doch ihm viel partout nicht ein, wie er ohne Sadalons Erlaubnis in das Anwesen gelangen konnte.

Plötzlich erschien Joshua wie aus dem Nichts neben Sadalon, >> Ich glaube, Lucia braucht unsere Hilfe! <<, sagte er ruhig und deutete auf ein kleines Licht, das kaum sichtbar aus einem der Fenster leuchtete. Sadalon kniff seine Augen zusammen, dann erkannte er es ebenfalls und befahl seinem Trupp, >> Vorwärts, Lucia steckt in Schwierigkeiten! <<

In der Villa tobte der Kampf und Lucias Gruppe wurde immer mehr in die Enge getrieben, da die Dunklen in der Überzahl waren und überall zu sein schienen. Zwar konnten sie nicht wirklich zusammen kämpfen, sowie Sadalon es sie gelehrt hatte, aber auch als Einzelkämpfer waren ihre Gegner nicht zu unterschätzen. Zum Glück hatte sie fähige Schwertkämpfer in der Gruppe und bisher hatte sich noch niemand ernsthaft verletzt, soweit sie die Lage überblicken konnte. Dennoch würde es nur eine Frage der Zeit sein, bis der Erste aus ihrer Gruppe fiel.

Das musste Lucia verhindern und wehrte entschlossen einen Angriff nach dem anderen ab. Zurückschlagen konnte sie nicht, da sie es mit mehreren Gegnern gleichzeitig aufnehmen musste. Noch hatte sie keine Gelegenheit gehabt, dass Lichtsignal zu geben, da sie zu weit weg vom Fenster entfernt stand und sich auf ihre Gegner konzentrieren musste. Doch irgendwie mussten sie Sadalon ein zu Hilfe holen. Zum Wiederholten Mal wehrte sie einen Schwertstreich ab und duckte sich unter einem anderen hindurch, der sie um Haaresbreite verfehlte. Sie blutete bereits aus einigen kleineren Schnittwunden, denen sie jedoch kaum Beachtung schenkte. Wieder und wieder prallte Schwert an Schwert und Lucia suchte verzweifelt nach etwas, dass sie mit ihrer Magie hätte nutzen können. Sie haben den Raum wohl nicht ohne Grund geleert, dachte sie grimmig.

Dann bemerkte sie Götz, der in der Nähe eines Fensters verbissen gegen mehrere der Dunklen kämpfte. Vielleicht konnte er das Signal an Sadalon geben, doch erst einmal musste sie ihre Gegner abschütteln oder sie zumindest auf Abstand bringen, um die Lampe aus einer ihrer Taschen heraus zu holen.

Doch wieder wurde sie von ihren Gegnern gestört und zum wiederholten Male wehrte sie einen Schlag ab, wirbelte herum und wollte gerade den Angriff erwidern, als ein neuer Gegner nach ihr Schlug. Im letzten Moment konnte sie sich noch mit einem Sprung nach hinten retten, doch schon wieder hatte sie Boden zwischen sich und dem Fenster gelassen. Immer weiter wurde sie zurückgedrängt, bald würde sie mit dem Rücken zur Wand stehen, dann hätte sie keine Fluchtmöglichkeiten mehr, was ihr Ende bedeutete. Auch die Dunklen wussten dass und trieben sie geduldig Stück für Stück nach hinten.

Verzweifelt streckte sie abermals ihren Geist soweit sie konnte nach irgendetwas Brauchbarem aus und wurde tatsächlich fündig. Im Boden waren mehrere Dielen locker, die sich durch die Zeit und die Feuchtigkeit verformt hatten. Sie schalt sich einen Narren und ärgerte sich, dass sie so etwas nicht schon früher bemerkt hatte. Vielleicht können wir damit das Blatt noch wenden, dachte sie und sie fasste neuen Mut. Sie parierte weitere Schläge der Dunklen und konzentrierte sich zunehmend auf die lockeren Dielen. Dann zog sie mit ihrer geistigen Kraft an dem vermoderten Holz und ließ es anschließend gegen ihre völlig verdutzten Gegner knallen, die beide Bewusstlos zusammensackten. Endlich hatte sie einen Moment Pause und griff hektisch in eine ihrer Taschen und kramte eine kleine viereckige Schachtel hervor, die auf einer Seite verglast war.

Kaum hielt sie es in der Hand, sprangen zwei weitere Dunkle heran, die kurze schnelle Angriffe durchführten, die Lucia aber erfolgreich abwehren konnte. Anscheinend waren ihre Gegner so auf sie fixiert, dass sie nicht merkten, wie eine weitere Diele von hinten gegen ihre Köpfe knallte. Lächelnd sprang sie über die Dunklen hinweg und rief laut Götz Namen, der kurz entschlossen seinen Gegner zur Seite trat und sich erwartungsvoll zu Lucia drehte, die ihm die Lampe zuwarf.

Lucia wartete nicht auf das Resultat und vertraute auf Götz, der im nächsten Moment an dem Fenster war und das Signal platzierte. Erleichtert sprang Lucia zu Julius, der mächtig unter Druck gesetzt wurde. Der kleine Vorteilsmagier sah nicht gut aus, auch er hatte zwei Gegner vor sich stehen, die immer wieder auf ihn eindroschen. Eine lange, tiefe Schnittwunde zog sich quer über seine Stirn und schränkte seine Sicht ein, da ihm das Blut in die Augen lief. Kurz entschlossen warf sich Lucia auf den näher stehenden Gegner, den sie ohne Probleme niederstreckte. Sichtlich erleichtert wandte sich Julius an den verbliebenen, der weiter verbissen versuchte, einen Treffer zu landen. Lucia war sich sicher, dass Julius mit nur einem Gegner den Sieg erlangen würde. Also versuchte sie, das Kampfgetümmel zu überblicken und ihren anderen Gefährten zu helfen, um die es kaum besser stand. Doch ihr Blick blieb an einem Dunklen haften, der reglos in einer Ecke stand und sich nicht am Kampfgeschehen beteiligte. Sie vermutete, dass dies der Dunkle war, der diese mächtige Illusion projiziert hatte und sprintete kurz entschlossen auf ihn zu. Egal was er vorhatte, dieser Gegner war nicht zu unterschätzen und im Kampf unheimlich wertvoll für die Dunklen und musste somit aufgehalten werden.

Doch kurz bevor sie ihn erreichen konnte tauchte ein anderer Dunkler auf und baute sich vor dem Illusionisten auf. Aber Lucia ließ sich nicht aufhalten. Jetzt war sie es, die dem Gegner keine Chance zum Angriff gab. Sie nutzte sie eine Unaufmerksamkeit des Dunklen, der kurz darauf zu Boden stürzte und sich nicht mehr rührte. Bedrohlich stand sie nun vor dem Dunklen, der sie immer noch nicht bemerkt hatte. Kurz entschlossen stieß sie ihm ihr Schwert in den Leib und jäh wurde ihr Gegner aus seiner Konzentration gerissen und krümmte sich vor Schmerz. Ein weiterer Schwertstreich beendete sein Leben und als sie sich erneut dem Kampf widmete, stellte sie fest, dass die Anzahl der Dunklen gesunken war. Auch die übrigen Kämpfer stellten dies entweder mit Entsetzen oder Erleichterung fest, doch niemand der beiden Parteien gab sich geschlagen. Gerade wollte Lucia Nahiri zu Hilfe eilen, als sie aus dem Augenwinkel bemerkte, wie ein Dunkler auf Sabella zustürmte. Sie war zu weit entfernt, als dass sie hätte eingreifen können und entsetzt musste sie mit ansehen, wie der Dunkle mit erhobenem Schwert ihr immer näher kam.

Mit einem letzten Verzweiflungsakt streckte sie ihren Geist aus und drückte mit ihrer Magie Sabellas Stuhl zur Seite, sodass der Dunkle sie um Haaresbreite verfehlte. Noch einmal würde der Dunkle sich nicht mehr täuschen lassen, also rannte sie ihm entgegen und riss den Dunklen um, der gerade ein weiteres Mal zum tödlichen Schlag ausgeholt hatte. Beim Aufprall verloren beide ihre Schwerter, die den Boden entlang schlitterten. Dann versetzte der Dunkle ihr einen Tritt, der sie durch die Luft schleudern ließ. Sie landete hart, rappelte sich aber schnell wieder auf, als der Dunkle heran rauschte und einen tiefen Abdruck seiner Faust da hinterließ, wo sie gerade noch gelegen hatte. Wieder holte der Dunkle zum Schlag aus, den Lucia nicht kommen sah. Abermals wurde sie durch die Wucht der Vorteilsmagie nach hinten geschleudert und fasste sich an die Schulter, die ihr Gegner getroffen hatte.

Dann entdeckte sie ihr Schwert, das neben ihr lag, und erhob sich erneut, um sich ihrem Gegner entgegenzustellen, der zu ihrer großen Verblüffung ebenfalls wieder sein Schwert in den Händen hielt. Sie wollte gerade auf ihn losstürmen, als die Tür sich öffnete und Sadalons Gruppe mit Kampfgeschrei in den Raum stürmte. Erleichtert über die Verstärkung, griff sie wieder an.

Yako, der draußen mit Darian verharrte, rümpfte die Nase. >> Hier stimmt etwas nicht. <<, sagte der Waldmensch misstrauisch und trat zögerlich näher an das verfallende Anwesen heran. Darian, der aus Yako immer noch nicht schlau wurde, sah ihn fragend an, wunderte sich aber über nichts mehr. Yako tat einen weiteren Schritt nach vorne, zog die Augenbrauen zusammen und begab sich schließlich gänzlich aus der Deckung. Kurz entschlossen folgte Darian ihm mit einem Achselzucken, immerhin hatte Sadalon ihm befohlen, bei Yako zu bleiben, der auf ihn aufpassen sollte.

Der sonst so ruhige Waldmensch wurde mit einem mal ganz nervös und wieder und wieder rümpfte er die Nase, als ob etwas Unangenehmes in der Luft hing. >>Was ist denn los? <<, fragte Darian, der ungeduldig von einem Bein auf das andere trat. >> Ich glaube, in diesem Raum, befinden sich nicht die einzigen Dunklen. Einen Stock über ihnen befinden sich ebenfalls noch Dunkle. <<

>>Noch mehr Dunkle? <<, stieß Darian hervor, dessen Magen sich nun wirklich zusammenzog.

>> Ja, ich werde versuchen, sie aufzuhalten, es sind nicht allzu viele aber genug, um dem Kampf die entscheidende Wendung zu geben. << Yako zückte entschlossen zwei seiner langen Messer, die an seiner Seite baumelten und eilte vorwärts. Darian folgte ihm zögerlich, doch bevor er Yako einholen konnte, drehte sich dieser noch einmal um und rief dem Jungen zu, >> Ich möchte, dass Ihr im Schutz der Büsche auf Lucia wartet! <<

>>Aber ich kann helfen! <<, rief Darian zurück, doch Yako war schon verschwunden. Unschlüssig, was er jetzt tun sollte, setzte er einen Schritt Richtung Haus. Dann gab er sich einen Ruck und lief Yako hinterher. Nun, da er schon hier war konnte er auch zur Befreiung seiner Mutter beitragen, wie er es geplant hatte. Zielstrebig schritt er auf eine Seitentür zu, aus denen unverkennbares Kampfgeräusch drang, doch bevor er die Tür öffnen wollte, zögerte der Junge. Seine Hand verharrte auf dem kalten Türknauf, den er schon umschlossen hatte, aber noch brachte er es nicht über sich, in den Raum zu treten. Plötzlich drang ein Hilferuf an sein Ohr, der aus dem oberen Stockwerk kam. Erschrocken drehte sich der Junge zur vermoderten Treppe, die in der Mitte der Eingangshalle nach oben führte und konnte eine Gestalt erkennen, die es mit drei Dunklen gleichzeitig aufnahm.

Entsetzt beobachtete er, wie Yako an der Seite getroffen wurde, doch der Waldmensch biss die Zähne zusammen und kämpfte tapfer weiter, obwohl man sehen konnte, dass er keine Chance gegen seine Gegner hatte.

Plötzlich keimte eine unvorstellbare Wut in Darian auf und entschlossen griff er zu seinem Schwert, das noch an seiner Seite in der Scheide steckte. Insgeheim hatte er gehofft, dass er nicht davon Gebrauch machen müsste. Er wollte niemanden verletzten, er wollte nicht töten, letztendlich wollte er in Frieden leben, gemeinsam mit den Leuten, die ihm lieb und teuer waren, doch in diesem Moment wurde Darian klar, dass er sich dieses Gut, erst einmal erkämpfen musste.

Er nahm noch einen letzten tiefen Atemzug, dann rannte er mit gezücktem Schwert die Treppe hoch, um Yako zu helfen, der schwer atmend fast am Ende seiner Kräfte war. Jetzt würde sich zeigen, ob Sadalon Recht behalten hatte und was er schon imstande war, zu leisten. Mutig wehrte er den ersten Streich seines Widersachers ab, der sich von Darians auftauchen nicht beirren ließ. Schon setzte der Dunkle zu einer weiteren Attacke in Brusthöhe an, die Darian im letzten Moment parieren konnte. Er war erstaunt über die Härte und Schnelligkeit des Hiebes, ließ sich jedoch nichts anmerken. Er hoffte, dass er und Yako noch ein bisschen durchhalten konnten, bis weitere Hilfe kam. Mit höchster Konzentration gelang es Darian, ein Schlag nach dem anderen zu parieren. Doch seine Arme wurden immer schwerer und jeder abgewehrte Schlag kostete Kraft, die sein Gegenüber anscheinend im Übermaß hatte. Als er einen raschen Seitenblick zu seinem Mitstreiter erhaschen konnte, sah er, dass es um Yako nicht viel besser bestellt war. Er blutete bereits aus vielen Wunden und konnte sich nur mit höchster Not gegen die beiden Dunklen wehren.

Verzweiflung machte sich in Darian breit. Wenn einer von ihnen fiel, hatten sie verloren und lange würden sie nicht mehr durchhalten können. Wieder prallte Metall auf Metall, als er den nächsten tödlichen Hieb abwehren konnte. Zurückschlagen konnte er nicht, er musste all seine Energie darauf verwenden, nicht getroffen zu werden. Die Schläge des Dunklen wurden immer schneller und präziser, so schien es Darian jedenfalls. Ihm musste etwas einfallen, doch seine ganze Aufmerksamkeit richtete sich auf seinen Gegner. Er dachte an Sadalons Training. Er durfte sich nur nicht aus der Ruhe bringen lassen nicht verzweifeln und in Panik geraten. Er konnte nur weiter hoffen, dass der Kampf unten bald vorbei war, sie jemand hörte und ihnen zu Hilfe eilte.

Im Erdgeschoss war der Kampf beinahe vorbei, doch Lucia blickte sich mit besorgtem Blick um. Viele Widerständler saßen oder lagen verletzt auf dem Boden und hielten sich ihre Wunden, nur in den Ecken des Raumes kämpften noch ein paar Schwarze erbittert um ihr Leben. Wäre Sadalon und seine Truppe nicht gewesen, würden sie höhere Verluste haben, dessen war sie sich sicher. Ärgerlich wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, der ihr Gesicht hinunter rann, als sie den Schwertmeister im Raum erblickte. Auch Sadalon schien sie gesucht zu haben und eilte mit schnellen Schritten auf sie zu. Auch er war sichtlich erschöpft und Schweißgebadet, da sich der kleine Raum automatisch durch die vielen Menschen und die Bewegung aufgeheizt hatte. Ein Sorgenvoller Blick, den Lucia nur zu gut kannte, huschte über sein Gesicht und ließ sie nichts Gutes erahnen. >> Lucia, du musst schnell nach draußen, Darian hat Probleme mit seiner Bohne. Er wartet in der Deckung mit Yako. <<

>> Danke Sadalon! Kümmere du dich um Sabella und die Verletzten! Sie sollen so schnell wie möglich von hier verschwinden, hast du verstanden? Wer weiß ob die Dunklen nicht noch einen Hinterhalt geplant haben. Es gibt immer noch ein paar Ungereimtheiten, über die ich mir nach wie vor den Kopf zerbreche. <<

>> Verstanden, ich stoße dann an der Mauer zu dir! <<, rief der Schwertmeister ihr noch zu, dann hastete sie schon aus dem Raum, um sich Darian zu widmen.

Draußen angekommen suchte sie die beiden, konnte sie jedoch nicht finden. Besorgt streckte Lucia ihren Geist in alle Richtungen aus, doch sie stieß nirgendwo auf geistigen Widerstand, der verhinderte, dass sie Kreaturen wie Gegenstände beherrschen konnte. Ratlos rannte sie zurück ins Haus, sie wollte Sadalon über den Verbleib der Beiden fragen, als sie wie Darian zuvor, Kampfgeräusche aus dem oberen Stockwerk vernahm.

Mit zwei großen Sätzen erklomm sie die eingetretene Treppe und streckte abermals ihren Geist aus und bemerkte zu ihrem Schrecken mehrere Auren. Sie hetzte durch einen kleinen Flur und fand Darian neben Yako, die sich mit letzter Kraft gegen drei Dunkle verteidigten. Yako wankte und Blutete stark aus mehreren Schnittwunden und auch Darian hatte schon den einen oder anderen Kratzer abbekommen, hielt sich aber erstaunlich gut gegen seinen Widersacher. Doch auch ihm sah Lucia an, dass er am Ende seiner Kräfte war. Entschlossen zog sie ihre schmale Klinge und stürzte sich auf die Dunklen. Dankbar wichen Yako und Darian etwas in den Hintergrund. >> Zieht euch zurück, ich werde schon mit ihnen fertig. <<, rief sie den Beiden zu, doch weder Darian noch Yako wich gänzlich von Lucias Seite. Da die Beiden ihre Flanken deckten, brauchte sie sich kaum auf die Defensive beschränken und griff ihren Gegner frontal und mit voller Wucht an. Darian, der verbittert weiter Schlag um Schlag abwehrte, kam ums staunen nicht herum. Er bewunderte Lucias anmutigen und präzisen Kampfstil, mit dem sie bald den ersten Dunklen niederstreckte. Sie bewegte sich leichtfüßig und bot kaum ein Ziel für die beiden verbliebenen Dunklen, die trotzdem nicht vom zurück wichen, als ihr Kamerad fiel. Dann zog sich Lucia etwas zurück und mit entsetzten stellte Darian fest, wie ihre Schläge langsamer wurden und sie sich nur noch auf die Verteidigung beschränkte. Auch die Dunklen bemerkten diesen Wandel und griffen triumphierend wieder an. Was sie jedoch zu spät bemerkten, waren die herunterfallenden Trümmer des Dachstuhls, die auf die Dunklen niedergingen. Einer war sofort Tod, ein anderer versuchte sich schwer verletzt aus den Trümmern zu befreien, doch Lucias Klinge bereitete dem verbliebenen Dunklen ein schnelles Ende. Erleichtert und vollkommen erschöpft ließ Darian sein Schwert sinken. Der Boden knarrte, als er sich an Lucia wendete, >> Danke, ohne dich hätten wir das nicht geschafft. <<

>> Ich bin froh, euch hier noch rechtzeitig gefunden zu haben. <<, seufzte Lucia. Dann wandte sie sich an Yako, >> Ich bin Euch ebenfalls zu Dank verpflichtet. Ich denke, diese drei Dunklen hätten Hilfe geholt, sobald sie gemerkt hätten, dass wir unten Siegreich gewesen wären. <<

>> Es war Zufall, dass ich diese Kreaturen hier wahrgenommen habe, dennoch scheinbar ein glücklicher Zufall. << Lucia nickte ihm zu, >> Unten wartet Sadalon, er kümmert sich um die Verletzten. Geht zu ihm und lasst Euch von ihm verarzten. <<

>> Danke. Ich stehe in Euer beider Schuld. Eines Tages werde ich mich dafür revanchieren. <<, sagte Yako und schenkte Darian einen Blick, den der Junge nicht zu deuten vermochte.

>> Jetzt zu dir. <<, sagte Lucia und trat einen Schritt näher an Darian heran. Der Boden ächzte unter ihren Füßen und Darian sah verlegen zur Seite. >> Sadalon, sagte mir, dass du… <<, weiter kam sie nicht, plötzlich gaben die Dielen unter ihren Füßen nach und mit einem lauten Knall stürzten Darian und Lucia in die Tiefe. Nach einem kurzen Fall prallte Darian hart auf einen weiteren Dielenboden, stellte aber verblüfft fest, dass die Trümmer aus dem Dachstuhl, die ihn vermutlich erschlagen hätten, in der Luft schwebten und wie von Geisterhand in eine Ecke geworfen wurden. Mit schmerzenden Rippen erhob er sich mühsam und dankte Lucia im Stillen, dass sie so schnell reagiert und sie alle damit gerettet hatte. Als Darian sich im Zimmer umblickte, erkannte er, dass Lucia nicht nur sein Leben gerettet hatte, sondern auch das von unzähligen weiteren Widerständlern, die überall verteilt im Raum standen. Alle starrten Lucia, die neben Darian gelandet war, mit großen Augen an, welche sich ebenfalls mühselig erhob und den Staub von ihren Sachen abklopfte.

Auch Sadalon entdeckte er im Raum, der bereits weiter fleißig Anweisungen für den Rückzug verteilte.

Dann endlich sah er seine Mutter, die bereits von ihren Fesseln befreit worden war und stürmte erleichtert auf sie zu. Er ignorierte dabei jegliche Schmerzen und er konnte sein Glück kaum fassen, als sie sich überschwänglich umarmten. Kurz verweilten sie in dieser Haltung, lösten sich auf Lucias drängen aber wieder, als sie zum Rückzug aufbrechen mussten. >> Ich bin so froh, dich wiederzuhaben! <<, flüsterte Sabella ihrem Sohn ins Ohr, der kein Wort über seine Lippen brachte und einfach dieses kostbare Gefühl des Glückes auskostete. >> Xian sagte mir, du seist bei einem Überfall von Banditen ums Leben gekommen. Ich hatte bereits alle Hoffnung aufgegeben, dich noch einmal zu sehen. <<

Tränen schossen ihr in die Augen, als sie ihren Sohn ein weiteres Mal an sich zog. >> Ich habe alles in meiner Macht stehende getan, um dich wiederzukriegen. << stammelte Darian, der nun auch endlich seine Sprache wiedergefunden hatte. Dann lösten sie sich voneinander und überglücklich starrte Darian in das Gesicht seiner Mutter, die sich eine weitere Träne aus dem Augenwinkel wischte und Darian anlächelte.

>> Jetzt lass uns hier mit den anderen verschwinden. <<, sagte Darian und nahm seine Mutter an die Hand. >> Im Hauptquartier werde ich dir alles erzählen, dort können wir ungestört und in Ruhe über alles weitere Reden. <<

Gemeinsam verließen sie das kleine Zimmer in dem alten Gebäude und machten sich mit den restlichen Mitgliedern der Widerständler auf den Weg nach Hause.

Sein Hochgefühl und seine gute Laune wurde nur etwas gedämpft, als er den blassen Yako bemerkte, der wegen ihm erst in diesen Kampf gezogen war. Er musste sich für sein schamloses Verhalten beizeiten bei dem Waldmenschen entschuldigen, das nahm er sich fest vor. Auch Finn bereitete ihn noch Sorgen, da er nach wie vor nichts von ihm gehört hatte. Als sie im Garten an die Mauer gelangten, kam Lucia nochmals zu Darian und Unbehagen breitete sich plötzlich wieder in dem Jungen aus.

>> Das tut mir Leid Lucia, ehrlich…<<, stammelte er, >> aber, die Bohne hat sich noch nicht bemerkbar gemacht. Vorzutäuschen, ich hätte Probleme damit, war meine einzige Chance, euch zu helfen. << Missmutig verschränkte die Anführerin der Widerständler ihre Arme vor der Brust, >> Darüber müssen wir noch im Quartier sprechen. Morgen nach dem Frühstück suchst du bitte meine privaten Räume auf. >> Das heißt, ich kann morgen nicht bei Meister Sadalon trainieren? << Ein weitere Blick von Lucia genügte, um Darian zum Schweigen zu bringen. Voller Schuldgefühle senkte er den Kopf, >> Ich werde da sein. << Doch zu diesem Gespräch würde es am nächsten Tag nicht kommen.

Die Legende der Aspekte

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