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Unfreie im mykenischen Griechenland

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Archäologische Befunde

Die archäologischen Quellen erlauben leider nur vage Rückschlüsse auf die sozialen Verhältnisse jener Epoche. Einzelne Funde und Befunde lassen aber auf die Existenz niedrig gestellter und möglicherweise unfreier Personen schließen. So wurden etwa zahlreiche einfache Erdgruben- und Steinkistengräber, die oft nur wenige und ärmliche Beigaben besaßen, als die Bestattungen von Angehörigen der Unterschicht sowie von Sklaven interpretiert. In manchen Fällen mag dies durchaus zutreffend sein, in anderen haben wohl eher lokale Traditionen und ein gewisser Konservatismus den Ausschlag zur Wahl dieser Grabformen gegeben. Dies wird dadurch bestätigt, dass auch einfache Erdgruben- und Steinkistengräber mit reicheren Beigaben aufgedeckt werden konnten. Auch beigabenarme Bestattungen in den Zugangswegen (Dromoi) von Kuppel- und Kammergräbern sind als Bestattungen mykenischer Sklaven und als Hinweis auf die Praxis der Totenfolge im spätbronzezeitlichen Griechenland angesprochen worden. Bei beigabenlosen Bestattungen in Erdgruben innerhalb von Kuppelgräbern (Tholoi) – etwa in Dendra oder Thorikos – hat man ebenfalls an Sklaven gedacht, die ihren Herren mitgegeben wurden. Freilich muss eine solche Interpretation unsicher bleiben, und auf keinen Fall war ein solcher Brauch üblich und verbreitet, denn dafür sind entsprechende Nachweise zu selten.

Sklavendarstellungen

In der altägäischen Kunst gibt es überdies eine Reihe von Darstellungen, die als Bildnisse sozial niedrig stehender Personen, bei denen es sich auch um Unfreie handeln mag, gedeutet werden können. All diesen Abbildungen, die sowohl in der Vasenmalerei als auch auf Fresken auftauchen, ist gemeinsam, dass die entsprechenden Personen stets deutlich kleiner wiedergegeben sind. Zwar könnte es sich jeweils auch um die Darstellung von Kleinwüchsigen, Kindern oder Jugendlichen handeln, wahrscheinlicher ist aber, dass die reduzierte Körpergröße der abgebildeten Personen durch ihren sozial niedrigeren Status bedingt ist. Dies wird durch die partielle Nacktheit mancher dieser Figuren noch unterstrichen. Dazu kommt, dass diese Personen durch ihre Tätigkeit als Diener charakterisiert und somit von niederem Rang sind, so etwa auf dem sog. Sunshade Krater aus Enkomi (Abb. 1). Ob es sich bei all diesen Figuren jedoch um freie Dienstboten oder um Sklaven gehandelt hat, lässt sich aufgrund der Ikonographie nicht sicher entscheiden. Klarer ist die Aussage der mykenischen Linear B-Texte, die eindeutig die Existenz von Unfreien in den frühgriechischen Staaten belegen.

Abb.1 Auf dem Fragment eines Kraters aus Enkomi aus dem 14. Jh. v. Chr. ist ein Streitwagen mit zwei Personen darauf dargestellt. Hinter dem Wagen befindet sich eine hoch gewachsene Person, deren herrschaftliche Erscheinung durch ein Schwert unterstrichen wird. Es handelt sich wohl um einen aristokratischen Krieger. Hinter dem Mann ist eine weitere Person dargestellt, die einen Gegenstand in der Hand hält, der zunächst an eine Spitzhacke erinnert. Aufgrund ikonographisch verwandter Beispiele aus klassischer Zeit kann dieses Objekt als Schirm identifiziert werden. Gezeigt wird also in deutlich verringerter Körpergröße ein Diener oder Sklave, der seinen Herrn beschirmt.

Stichwort

Linear B

Eine der bedeutendsten Errungenschaften der Mykener war die Entwicklung einer Silbenschrift, des auf der Grundlage der minoischen Schriften geschaffenen sog. Linear B. Dieses entstand wohl nach der mykenischen Machtübernahme im 15. Jh. v. Chr. auf Kreta, verbreitete sich dann aber rasch auch auf dem griechischen Festland. Die Texte wurden in der Regel in Tontafeln geritzt, einzelne Worte wurden aber auch mit Pinsel und Farbe auf Tongefäße gemalt. Die Erhaltung der Texte ist den Brandkatastrophen zu verdanken, in denen die mykenischen Paläste untergingen, denn durch diese Feuer wurden die Tontafeln gebrannt und konserviert. Es handelt sich beim Linear B um eine Silbenschrift, die aus 90 phonetischen Silbenzeichen sowie rund 160 Ideogrammen sowie Zahlzeichen und Zeichen für Maßeinheiten besteht. Die Sprache, die mit dieser Schrift geschrieben wurde ist eine frühe Form des Griechischen.

In den frühgriechischen Linear B-Texten ist bereits ausdrücklich von Sklaven die Rede. Männliche Sklaven werden als do-e-ro bezeichnet, Sklavinnen als do-e-ra. Dies entspricht den klassischen griechischen Termini doulos und doule. Einige wenige Texte (KN B 822, KN B(1) 988) dokumentieren den Verkauf von Sklaven. Genannt werden in diesen Texten jeweils die Namen der Unfreien, der Käufer und der Verkäufer. Es sind aber wohl keine Verkaufsurkunden, da auf diesen weitere Angaben wie etwa der Preis zu erwarten wären. Vielmehr handelt es sich wahrscheinlich um die Registrierung dieser Käufe im Archiv des Palastes, der in irgendeiner Weise an diesen Transaktionen beteiligt gewesen sein muss. Die Tafel PY An 607 deutet darauf hin, dass ein unfreier Status bereits erblich war. Die Sklaven werden in Zusammenhang mit der Metallverarbeitung, der Viehzucht sowie dem Ackerbau als auch im kultischen Umfeld erwähnt. Woher die Sklaven kamen und wie sie in Unfreiheit geraten waren, kann nicht mehr festgestellt werden. Eine Sonderstellung könnten jene Männer und Frauen einnehmen, die als Sklaven bzw. Sklavinnen einer Gottheit verzeichnet sind; bei ihnen muss unklar bleiben, ob es sich tatsächlich um Unfreie handelte oder vielmehr um religiöse Funktionäre, die nur im übertragenen Sinn „Sklaven“ genannt wurden. Neben den explizit als Sklaven angesprochenen Personen nennen die Linear B-Texte (vor allem aus Pylos) eine große Zahl von abhängigen Arbeiterinnen, die neben Tätigkeiten im Haushalt auch mit der Herstellung von Textilien befasst waren und die mit Nahrungsmitteln versorgt wurden. Bemerkenswert ist der Umstand, dass einige dieser Arbeitsgruppen durch Ethnika charakterisiert sind, die allesamt in den nördlichen bzw. östlichen Mittelmeerraum verweisen. Die Frauen werden etwa als Lemnierinnen, Knidierinnen oder Milesierinnen bezeichnet und wurden entsprechend als Gefangene aus Kriegs- oder Beutezügen in der Ostägäis oder dort gekaufte Sklavinnen interpretiert. Ihre exakte Stellung lässt sich jedoch ebenso wenig sicher klären wie der Status von Personengruppen, die in den Texten als bestimmten Funktionären, Würdenträgern oder Gottheiten „gehörig“ bezeichnet werden.

Sklaverei in der Antike

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