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a) Der Zirkel der Kreditschöpfung
ОглавлениеSein Wachstum bewerkstelligt das Finanzkapital in der Hauptsache nicht mit eigenem Geld. Es verdoppelt sein Leihgeschäft in umgekehrter Richtung: Es verschafft sich fremdes Geld, indem es nach Möglichkeit jedem, der welches hat, mit Zinszahlungen die Verfügungsmacht darüber abkauft.3)
Auch damit trifft es auf ein lebhaftes Bedürfnis der kapitalistischen Geschäftswelt: Dieselben Firmen, die es als Einbuße an der Produktivkraft ihres Kapitals verbuchen, wenn es in Form fertiger Ware herumliegt und seine Verwandlung in erneut verwendbare liquide Mittel sich hinzieht, finden sich in ihrem Drang zu permanenter Geldvermehrung ebenso ausgebremst, wenn eingelaufene Gelderlöse ungenutzt herumliegen, weil sie für die Fortführung oder Erweiterung des Geschäfts noch nicht benötigt werden. Dafür, dass auch solche Gelder – und überhaupt jeder nicht akut benötigte Geldbetrag – als Kapital Verwendung finden, sorgt das Finanzgewerbe, indem es sich das Verfügungsrecht darüber kauft und damit wirtschaftet, als wäre es sein eigenes Vermögen. Es verschuldet sich bei allen, die Geld übrig haben, um verleihen zu können, was die Geschäftswelt braucht. Dabei geht das Bankgewerbe davon aus, dass der Erfolg seiner Verleihgeschäfte, also der Geschäftserfolg seiner Kreditkunden die eigene Verschuldung rechtfertigt. Es übersetzt seine Macht über die Geschäftswelt, an deren Profitmacherei es sich bereichert, in die Potenz, für den Kredit zu haften, den es aufnimmt. Ein ertragreicher Zirkel: Indem das Finanzkapital sich die Verfügungsmacht über fremdes Geld kauft, verschafft es sich die Fähigkeit, auf eigene Rechnung Geld als Kapital zu verkaufen; durch den Verkauf dieser Ware und im Vertrauen darauf, dass aus der Potenz des Geldes wirkliche Erlöse werden, befähigt es sich dazu, sich die Verfügungsmacht über fremdes Geld anzueignen.
Das zweiseitige Geschäft der Kreditvergabe und Kreditaufnahme besteht also nicht darin, dass die Banken bloß sammeln und verfügbar machen, was ihre Kundschaft an verdientem Geld gerade übrig hat und ihnen zwecks besserer Verwendung anvertraut. Mit der Macht, die ihr absoluter, vom Gelingen der finanzierten Geschäfte abgelöster Rechtsanspruch auf Bedienung vergebener Kredite ihnen verleiht, werden sie in produktiver Weise aktiv. Auf hoher Stufe und in allgemeiner Form nutzen sie die Errungenschaft, die schon den kommerziellen Kredit zwischen Kaufleuten wachstumswirksam macht, nämlich im Vertrauen auf die Kontinuität und die beständige Zunahme der finanzierten Geschäfte mit Zahlungsversprechen zu wirtschaften, also die Macht des Geldes von seinem Vorhandensein zu trennen und in Geschäften wirken zu lassen, die das versprochene Geld schaffen. In der Sicherheit, dass es mit ihren Finanzgeschäften immer weitergeht, ‚schöpfen‘ die Banken Kredit, finanzieren Geschäfte nach Maßgabe ihrer Spekulation auf den kapitalistischen Geschäftserfolg, den sie damit in die Wege leiten; was die Geschäftswelt an Überschüssen erwirtschaftet, löst ein, was sie an Vorschuss in die Welt gesetzt haben. Der Prozess der Kapitalverwertung ist in der Ökonomie des Kreditgewerbes, das ihn mit der von ihm verwalteten Macht des Geldes in Gang setzt und hält, die Rechtfertigung ihrer Spekulation und die materielle Bestätigung der Potenz des Geldes, die sie wirken lassen.
So betätigt sich das Finanzkapital als Antreiber des Wachstums, des eigenen und darin eingeschlossen des allgemeinen. Es ist nicht befangen in der Rolle des Vermittlers, der mit all seiner Macht per Saldo doch nur umverteilt, was die Unternehmen im Grunde schon von sich aus geschaffen und an Geldmitteln ‚ausgeschwitzt‘ haben. Es fungiert vielmehr als der Wachstum generierende Ausgangs-, Ziel- und Endpunkt der Kapitalakkumulation in der modernen Marktwirtschaft. Diese Dienstleistung hat Konsequenzen nicht nur für den Umfang der Geschäfte, mit denen die Unternehmenswelt Geld verdient. Der Geschäftstätigkeit in Industrie und Handel ist damit auch ein verbindliches Ziel und anspruchsvolles Erfolgskriterium gesetzt: Sie haben die Schulden, mit denen das Finanzgewerbe wirtschaftet und sein Wachstum betreibt, in akkumulierendes Kapital zu verwandeln und so das Recht der von den Banken verliehenen Zahlungsversprechen auf Realisierung in einer gewachsenen Geldsumme einzulösen. Andernfalls versiegt mit der verselbständigten Macht des Geldes der Vorschuss, von dem eine Marktwirtschaft lebt.