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Kapitel 1

San Francisco, Hotelzimmer

27. August 2012, 08:00 Uhr

San Francisco war die letzte Station ihrer Amerika-Reise. Die Sonne erhellte das schlicht eingerichtete Apartment. Ivy schlief tief und fest, während Sebastian unter der Dusche stand.

Sie waren spät ins Bett gekommen. Es war der letzte Abend vor dem Abflug und er sollte gebührend gefeiert werden.

Die Sonnenstrahlen schienen ihr ins Gesicht. Nach einer Weile öffnete sie zaghaft die Augen. Sie reckte und streckte sich, setzte sich auf und ihre müden Augen wanderten umher. Die Räumlichkeit gefiel ihr, mit der kleinen Theke, den tiefen Fenstern und der Schiebetür, die zum Balkon hinausführte, von dem aus man das Meer sehen konnte.

Ivy stand auf, richtete ihre Boxershorts und ging zur Balkontür. Sie seufzte. Dass der Urlaub so schnell vorbei ging, hätte sie nie gedacht. Anfangs war sie skeptisch so lange von zu Hause und den Kindern weg zu sein. Und nun war schon alles vorbei. Das Plätschern der Dusche hörte auf und ließ sie aufhorchen. Sie beschloss, sich einen Kaffee zu machen, bis Sebastian zu ihr kam. Hinter der Theke gab es einen Wasserkocher sowie Instantkaffee. Er war nicht schlechter, als der im Speisesaal des Hotels.

Nachdem sie sich etwas Granulat unter dem aufgekochten Wasser mit Milch und Zucker verfeinert hatte, setzte sie sich auf die Terrasse und zündete sich eine Zigarette an. Es erinnerte sie an das vorherige Hotel in Las Vegas, welches an einer viel befahrenen Hauptstraße lag.

Auch wenn sich das Jetzige ebenfalls an einer Hauptverkehrsader befand, so war es doch bedeutend leiser.

Für einen Boulevard ist aber recht wenig los heute, dachte sie und runzelte die Stirn.

Sie sah die Strandpromenade entlang und vernahm das intensive Rauschen der Wellen – je nachdem wie der Wind wehte.

Dabei trieb die leichte Brise den typisch salzigen Geruch zu ihr herüber. Plötzlich ging die Schiebetür hinter ihr auf und Sebastian trat mit nassen Haaren aus dem Zimmer.

Er gab ihr einen Kuss, setzte sich und streichelte behutsam ihre Hand. Sein Blick wanderte zum Meer, dessen Rauschen ihn kurzzeitig nachdenklich stimmte.

»Wie spät ist es eigentlich?«, fragte sie.

Er schaute auf die schwarze Lederarmbanduhr, welche er von ihr zum fünfzehnten Jahrestag geschenkt bekam. »8:15 Uhr. Wir sollten unser letztes Hotelfrühstück genießen! Das Essen im Flugzeug war bis jetzt nicht der Renner«, bemerkte er und schmunzelte vor sich her.

»Wann geht der Flug?«, erkundigte sich Ivy, während sie die Zigarette im Aschenbecher ausdrückte.

»Um zwei, aber wir müssen zwei Stunden eher da sein«, erwiderte er.

Ivy nickte, zündete sich einen zweiten Glimmstängel an, nachdem sie einen Schluck Kaffee getrunken hatte.

Auch Sebastian nahm sich eine aus der auf dem Tisch liegenden Schachtel und inhalierte genüsslich den ersten Zug. »Wahnsinn, wie die Zeit vergangen ist. Sind wirklich schon achtzehn Tage um?«, staunte er nach einer Weile, ohne seinen verträumten Blick vom Meer abzuwenden.

»Ja, verrückt, oder?«, stutzte sie ungläubig. »Ich rufe meine Mutter an. Bei ihr sollte es jetzt schon Nachmittag sein, oder?«

Sebastian nickte.

»Die Kinder freuen sich bestimmt schon, dass wir bald wieder da sind«, fügte sie hinzu.

»Ja, aber du weißt, dass sie auf Werkseinstellung zurückgestellt sind«, lachte er. »Das wird eine harte erste Woche, wenn wir wieder da sind.«

Ivy lächelte. »Ja, das wird es«, bemerkte sie amüsiert. Sie holte ihr Handy hervor, scrollte im Telefonbuch und wählte die Nummer. Es klingelte ein paar Mal, doch dann brach der Anruf ab. Verwundert schaute sie auf ihr Smartphone und versuchte es erneut. Wieder klingelte es einige Male und wieder brach der ausgehende Ruf ab.

»Hmm, es geht nicht«, stellte sie verwundert fest. »Ich schreibe ihr mal eine Nachricht.«

Jetzt nahm Sebastian sein Mobiltelefon zur Hand und versuchte es mit der Nummer seiner Eltern. Bei ihm klingelte es ein paar Mal, und auch in seiner Verbindung wurde es plötzlich still. Er versuchte es erneut, aber diesmal klappte es endlich.

»Seger«, meldete sich seine Mutter, als sie den Hörer abnahm.

»Hey, Mutter! Wie geht’s euch?«, fragte er, sichtlich erleichtert.

»Hallo, Basti! Uns geht es gut. Müsst ihr heute wieder zurück?«

»Ja, der Flieger geht um zwei Uhr. Wir gehen jetzt gleich Frühstücken und dann packen wir zusammen. Nur gut, dass wir nicht alles mitgenommen haben, was wir eigentlich wollten.«

»Das glaube ich!« Am anderen Ende war ein Lachen seiner Mutter zu hören. »Ich war bei den Kindern. Die freuen sich schon riesig auf euch! Konrad hat fast jeden Tag ein Bild für euch gemalt.«

»Oh, da war er aber fleißig! Ivy hat versucht, ihre Eltern anzurufen, aber sie kommt nicht durch.«

»Das ist schon seit einigen Tagen so. Irgendwie ist da der Wurm drin! Und … stell‘ dir vor: Wir haben wieder eine Spanische Grippe, … oder so ähnlich!«

»Hä, was meinst du?«, reagierte er verwundert.

Ivy sah ihn stutzig an.

»Na, hast du davon noch nichts mitbekommen?«

»Entschuldige mal! Wir sind im Urlaub! Da beschäftige ich mich nicht mit Nachrichten«, hielt er lachend dagegen. »Erzähl mal!«, forderte er seine Mutter auf.

»Es hat plötzlich so viele Leute erwischt. Ist wohl eine Krankheit, die sich wie eine Epidemie rasend ausbreitet. Erst waren nur Spanien und Frankreich betroffen, jetzt auch Österreich. Und in China und Japan soll es ganz übel aussehen! Dort hat man schon die Flughäfen gesperrt. Außerdem wurden Quarantänezentren eingerichtet, um die Erkrankten zu isolieren!«, erzählte seine Mutter aufgebracht. »Mehrere Zeitungen schreiben, dass diese Seuche schon viel länger grassieren soll, als man uns glauben machen will! Stell‘ dir das mal vor!«, echauffierte sich Trude.

»Also wie Ebola?«, hakte Sebastian nach, während er sich nachdenklich am Kopf kratzte.

»Wird wohl so was Ähnliches sein«, mutmaßte sie. Ein schweres Seufzen bahnte sich seinen Weg durch die Leitung.

»Hmm, das werde ich mal recherchieren. Wir werden jetzt erstmal in aller Ruhe frühstücken, und dann sind wir schon bald wieder zu Hause!«

»Alles klar! Und passt mir beide gut auf euch auf!«

»Was soll schon passieren, wir fliegen doch nur. In Washington haben wir einen längeren Aufenthalt, aber da verlassen wir das Terminal nicht.«

»Dennoch! Passt auf euch auf! Hab euch lieb!«

»Wir dich auch! Bis bald!«

Er beendete das Gespräch, sah seine Frau an, die ihn verwundert anschaute und begann zu lächeln.

Sie erhob sich schulterzuckend, drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange und begab sich ins Bad.

Währenddessen sie unter der Dusche stand, googelte er auf seinem Smartphone die aktuellen Nachrichten. Ganz oben in der Liste fand er einige Berichte, die sich mit einer Krankheit befassten, die in Spanien, China, Japan, Frankreich, Kanada, USA und Afrika grassierte. Die Betroffenen klagten über extrem hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Er zuckte kurz mit den Schultern und legte sein Handy beiseite ohne den Artikel bis zum Ende gelesen zu haben. An seinem letzten Urlaubstag wollte er sich seine gute Laune durch derartige Nachrichten definitiv nicht verderben lassen.

Seufzend schaute er wieder auf das Meer und trank den letzten Schluck Kaffee aus Ivys Tasse. Er schüttelte sich. Viel zu süß, und wie immer hatte sie die Hälfte stehen gelassen, sodass er kalt geworden war. Am liebsten hätte er ihn sofort weggeschüttet, aber das war ein No-Go. Sie trank das Zeug selbst dann, wenn er eiskalt war. So war sie eben. Er kannte es nicht anders, seit fünfzehn Jahren. Und nicht nur dafür liebte er sie: Ohne ihren morgendlichen Kaffee war sie kein Mensch! Übel gelaunt und ungenießbar!

Er hatte sie damals während der Arbeit kennengelernt. Die Firma, in der er beschäftigt war, deckte das Dach des Kindergartens neu ein, indem Ivy als Sozialpädagogin ihre Anstellung hatte.

Sie hatte ihm auf den ersten Blick gefallen und er hatte es gewagt sie anzusprechen. Nach einigen Telefonaten und unzähligen Kurznachrichten war mehr daraus geworden. Er mochte ihre langen dunkelbraunen Haare und liebte die weiblichen Rundungen an ihr. Sowie ihre Grübchen, die sich bei jedem Lächeln auf ihren Wangen zeigten. Zwar hatten zwei Schwangerschaften ihren Körper nachhaltig verändert, aber an seiner innigen Zuneigung zu ihr hatte sich nicht das Geringste geändert – völlig gleichgültig, dass sie keine Konfektionsgröße achtunddreißig mehr trug.

Sebastian dachte über die letzten achtzehn Tage nach und schwelgte schmunzelnd in großartigen Erinnerungen. Und nun war dieser tolle Urlaub zu Ende, ohne dass die Kinder dabei waren. Wenngleich das einige ihrer Arbeitskollegen und Freunde nicht begrüßt hatten. Der Reisetermin war in die Schulzeit gefallen, und ihre Kleinen aus dem Unterricht zu nehmen war nicht möglich gewesen.

Während ihres Auslandsaufenthaltes hatten sie ihren Nachwuchs bei Sebastians und Ivys Eltern einquartiert – zeitweilig mal bei den einen, dann bei den anderen.

Er stand auf und ging dazu über die Koffer zu packen.

Ivy trocknete sich die Haare ab, als sie aus dem Bad kam. Auf dem Weg um das Bett herum, legte sie das Handtuch ab und zog sich ihre bereitgelegten Sachen an. Schmunzelnd beobachtete sie ihren Mann für einen Moment. »Das können wir doch nachher machen«, kam es von ihr gedämpft, als sie das T-Shirt anzog.

Er hob den Kopf und sah ihr verträumt dabei zu, wie sie ihre Haare kämmte. Die T-Shirts in seiner Hand legte er in den Koffer. Langsam schritt er um das Bett herum, um sie lange und innig in seine Arme zu schließen.

Sie sah in seine braunen Augen und grinste verschmitzt. Da war dieser sanftmütige Blick von ihm, in den sie sich verliebt hatte.

Er hatte sich im Laufe der Jahre ebenso verändert. Zwei Schwangerschaften hinterließen bei ihm merkbare Spuren: eine kräftigere Figur mit kleinem Bauchansatz. Ivys Gelüste auf Süßes und Deftiges, als sie in anderen Umständen war, sind regelrecht auf seine Hüfte übergesprungen.

Ivy liebte es, wenn sie des Abends ihren Kopf daran kuschelte und er mit ihren Haaren spielte. Ein Leben ohne ihn konnte sie sich nicht mehr vorstellen, denn so wie es lief, war es perfekt. Auch wenn es ihr auf die Nerven ging, dass er stets seine Sachen auf den Boden warf und es nie schaffte, den Müll rauszubringen. Oder dass er die Wurst und den Käse nicht wegräumte, nachdem er sich zum Frühstück für die Arbeit Brote geschmiert hatte. Aber all diese kleinen Laster vervollständigten das Ganze.

»Ich freue mich auf zu Hause«, seufzte er und küsste sie.

»Ich mich auch. Lass uns frühstücken.«

***

Lethal Vacation

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