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ОглавлениеKapitel 6
Dallas, Fort Worth International Airport
27. August 2012, 17:45 Uhr
Ein plötzlicher Ruck der Maschine ließ Ivy aus ihrem Schlaf aufschrecken. Sie riss die Augen auf und Sebastian hielt ihre Hand. Langsam beruhigte sie sich und schaute stutzig aus dem Fenster. Die Stadt kam immer näher.
»Stürzen wir ab?«, rief sie ängstlich und blickte sich nervös in der Kabine um.
»Nein, der Flieger wurde umgeleitet. Wir müssen in Dallas zwischenlanden«, antwortete Sebastian genervt.
»Was?! Wieso das? Aber dann verpassen wir den Anschlussflug nach Frankfurt!«, fuhr sie ihn erregt an.
»Beruhige dich bitte. Das wird sich sicher klären«, erwiderte er und tätschelte zärtlich ihre Hand. Er spürte, wie sie sich zu lockern versuchte. Trotzdem blieb eine gewisse Anspannung. Sebastian konnte nicht ahnen, dass sie über den Artikel und Telefonate nachdachte.
*
Nachdem sie gelandet waren, mussten alle Passagiere ihre Koffer vom Gepäckband holen und in der Wartehalle Platz nehmen. Die Reisegruppe setzte sich geschlossen an eine Fensterfront und sah von dort aus, wie die Flugzeuge auf die Startbahn rollten.
»Warum startet denn keins mehr?«, fragte Melanie stutzig.
Gespannt beobachtete die Gruppe das Treiben auf der Landebahn und die Fluggäste, die mit verwirrten, ängstlichen Blicken in die Wartehalle mit ihrem Gepäck kamen.
»Hm, keine Ahnung. Wann können wir denn weiterfliegen?«, wollte Klaas von den anderen wissen, bekam aber keine Antwort.
Rupert hatte Evelyn schützend in den Arm genommen und drückte sie an sich, während er angespannt zu den Menschenmassen sah.
»Ich werde schauen, ob ich jemanden finde, der weiß, was hier los ist«, schlug Thomas vor und war im Begriff loszulaufen.
»Nein, wir bleiben zusammen«, hielt Ivy dagegen. »Vielleicht geht es ganz schnell weiter.«
Thomas sah sie grübelnd an und ließ sich auf einer der freien Sitzflächen nieder.
*
Nach zwei Stunden dröhnte eine Ansage des Flughafens in verschiedenen Sprachen aus den Lautsprechern:
›Sehr geehrte Passagiere. Wir möchten Sie hiermit informieren, dass der Dallas Fort Worth International Airport mit sofortiger Wirkung auf Grund eines internationalen Flugverbotes geschlossen wird. Über weitere Maßnahmen werden wir Sie in Kürze in Kenntnis setzten. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.‹
Ein beunruhigendes Raunen war unter den Menschen zu hören, die sich über die Information unterhielten. Einige Passagiere nahmen ihr Gepäck und gingen zum Ausgang.
»Und jetzt? Was machen wir jetzt?«, fragte Elmar die anderen.
Christoph und Piet zuckten wortlos mit den Schultern.
Ava krallte sich an Jeromes Arm fest und sah ihn mit furchtsamem Blick an. Behutsam streichelte er ihre Wange und schenkte ihr ein gequältes Lächeln.
Sarah und Melanie versuchten, ihre Angehörigen zu erreichen.
Instinktiv griff Ivy zum Handy und wählte die Nummer ihrer Eltern. Nervös lief sie hin und her und war erleichtert, als ihre Mutter mit müder Stimme ans Telefon ging. »Mama, wir haben hier ein Problem. Unser Flug wurde umgeleitet und jetzt sitzen wir in Dallas fest. Sie sagten was von einem internationalen Flugverbot«, klagte sie aufgeregt sich durch ihre Haare fahrend und schaute sich Hilfe suchend um.
»In Dallas? Aber das ist nicht eure Flugroute!?«, echauffierte sich Marlene.
»Eben!«, bestätigte sie ihre Mutter. »Wir sitzen hier fest. Ich weiß nicht, wann wir hier wegkommen und ob überhaupt noch ein Flug geht … irgendwann.«
»Mach dir keine Sorgen. Das regelt sich. Die Kinder sind ja bei uns. Alles wird wieder gut«, versuchte sie ihre Tochter zu beruhigen.
Ivy hielt kurz inne und dachte an den Artikel in der Zeitung. »Mama, wenn es schlimmer wird mit dieser Seuche oder was auch immer … Holt euch bitte Hilfe von Trude und Walter. Nehmt die Kinder und fahrt zu ihnen. Egal was kommt. Okay?«, bat sie und ihre Mutter hörte die Angst aus ihrer Stimme sprechen.
Marlene blieb kurz stumm am anderen Ende. »Mach mir keine Angst«, sagte sie beunruhigt.
»Nein, Mama, das will ich doch gar nicht!«, beteuerte sie und rieb sich zweifelnd die Stirn. »Aber versprich mir, dass ihr auf die beiden aufpasst. Lasst nicht zu, dass euch was passiert. Okay? Wir kommen wieder nach Hause, sobald wir können«, versicherte Ivy und hörte einen tiefen beruhigten Seufzer von ihrer Mutter.
»Das machen wir. Wir versprechen es euch. Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch. Ich melde mich, sobald ich Neuigkeiten habe«, sagte sie und bevor sie weitersprechen konnte, brach das Telefonat ab. Verdutzt schaute sie auf das Display ihres Handys.
›Phone call cancelled‹, las Ivy. Angst stieg in ihr empor und sie schaute zu Sebastian, der ebenfalls seine Eltern versucht hatte anzurufen.
Er nahm Ivy in die Arme und drückte sie fest an seine Brust.
Evelyn bemerkte, dass der Anruf abgebrochen wurde, und zupfte nervös an Ruperts Ärmel. »Was sollen wir jetzt machen? Wenn die Flughäfen gesperrt sind, wo sollen wir denn jetzt hin?«, erkundigte sie sich ängstlich und sah ihren Mann erwartungsvoll an.
Rupert zuckte mit den Schultern und schüttelte ahnungslos den Kopf. »Ich werde mich umhören.«, erwiderte er, gab ihr einen Kuss und verließ die Gruppe.
Ängstlich schaute seine Frau ihm nach, bis er in der Menge verschwand.
Wenig später kam er frustriert ohne irgendwelche Neuigkeiten zurück.
*
Langsam wurde es gemächlicher in der Wartehalle. Die Leute bauten sich aus ihren Kleidungsstücken Betten für die Nacht, um auf dem Boden oder auf den Sitzen zu schlafen.
Rupert saß davor und döste vor sich hin, während Evelyn auf den Sitzgelegenheiten schlief. Die anderen hatten sich ihr Nachtlager aus ihren Sachen zurechtgemacht.
Ivy lag mit dem Rücken zu Sebastian auf der Seite. Zugedeckt mit ihren Jacken versuchte sie zu schlafen. Sie musste an früher denken, an ihre wilden, verrückten Festivalzeiten. Wie lange hatte ein Pavillon gehalten oder ein Zelt?, überlegte sie. Meistens wurde beides auf dem Veranstaltungsgelände gelassen, wenn man abreiste. Man kam mit vollgepacktem Auto hin und fuhr mit leerem wieder nach Hause. Ivy dachte an die Kinder. Das erste Mal einen langen Urlaub ohne sie und dann können wir nicht zurückfliegen. Wegen was auch immer.
Eine Sitzreihe hatte die Gruppe für sich beansprucht. Klaas schlug vor, die Wertsachen darunter zu verstauen. Er war der Auffassung, dass das Chaos ausbrechen würde, wenn es nicht bald ein paar Neuigkeiten für die Reisenden gab.
Das Licht der Wartehalle wurde gedämpft und versprühte eine beunruhigende Atmosphäre. Ivy drehte sich schnaufend auf den Rücken und starrte an die Schallschutzdecke des Wartebereichs.
»Versuch zu schlafen«, raunte Sebastian und strich ihr behutsam über die Wange.
Aber ihr Blick hatte die Decke fixiert und sie dachte angestrengt nach. »Was ist, wenn wir nicht mehr zurückkönnen?«, flüsterte sie.
Sebastian richtete sich mit schmerzenden Rücken auf und seufzte.
»Vielleicht träume ich auch nur und wache nicht auf. Was ist das für ‘ne Scheiße!«, fluchte sie und sah ihn grimmig an.
»Wir kommen schon wieder zurück«, beteuerte er zuversichtlich. »Selbst, wenn wir jetzt ein paar Tage hierbleiben, kommen wir zurück. Jetzt versuch‘ zu schlafen«, versicherte er und sah in das besorgte, Angst erfüllte Gesicht seiner Frau. Er wusste, dass ihr Bauchgefühl nichts Gutes verhieß und leider hatte dieses Gefühl sich meistens bewahrheitet in der Vergangenheit.
»Ich kann nicht! Mir tut meine Hüfte weh!«, klagte sie und spürte einen stechenden Schmerz in ihrer Lendengegend.
»Versuch es. Morgen früh wissen wir mehr. Glaub mir«, nickte er überzeugt, wofür er einen unzufriedenen Blick seitens seiner Frau erntete.
Ivy drehte sich wieder auf die Seite, rutschte auf ihrem improvisierten Bett hin und her bis nichts mehr drückte. Sebastian legte den Arm um sie.
Erst nach einer Weile gewann die Müdigkeit und sie glitten in einen unbequemen Schlaf über.
***