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cc) Habgier

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Habgier ist das Streben nach Mehrung des eigenen Güterbestandes bzw. Vermögens.[113] Diese Intention ist isoliert gesehen nicht verwerflich. Gewinne zu erzielen ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren einer dynamischen Wirtschaft, die das Kernstück kapitalistischer Gesellschaftssysteme westlichen Musters ist. Rechtlich akzeptabel sind aber nur faire und rechtskonforme Methoden der Vermögensmehrung. Es müssen die „Spielregeln“ des Wettbewerbs eingehalten werden. Bei Bestehen eines Anspruchs auf die Vermögensmehrung gibt es in einem Rechtsstaat legale Mittel zur Erlangung des begehrten Objekts. Töten um der Vermögensmehrung willen geschieht deshalb überwiegend, wenn der legale Weg zum Ziel versperrt ist, weil das Objekt einem anderen zusteht und das Recht den Zugriff darauf verbietet. Der typische Mord aus Habgier ist deshalb der Raubmord.[114] Generell setzt das Mordmerkmal Habgier voraus, dass die erstrebte Bereicherung eine rechtswidrige ist. Wer einen Anspruch gegen den leistungsunwilligen Schuldner eigenmächtig mit Gewalt durchzusetzen versucht und bei der Auseinandersetzung dem Gegner mit bedingtem Tötungsvorsatz eine tödliche Verletzung zufügt, hat einen Totschlag begangen, aber keinen Mord.[115] Umstritten ist, ob als „Habgier“ auch die Abwehr der Durchsetzung von Forderungen, als Mord also die Tötung des Anspruchsberechtigten, qualifiziert werden kann. Beispielhaft ist etwa die Tötung des eigenen Kindes oder der geschiedenen Ehefrau, um die Last der Unterhaltsverpflichtung abzuwälzen.[116] Vgl. BGHSt 10, 399: „Der Angeklagte hat Th. G. zu töten versucht, um von der Unterhaltslast für das von ihr erwartete Kind freizukommen. Hierin findet das Schwurgericht ein Handeln aus Habgier“. Für die Einbeziehung in das Mordmerkmal spricht, dass der Gesamtwert des Vermögens nicht nur durch Zufluss von Gütern, sondern auch durch die Verhinderung von Verlusten erhöht werden kann. So sieht es auch der BGH: „Habgier bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch ein übertriebenes Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen. Wer nicht einmal davor zurückschreckt, ein Menschenleben aus diesem Beweggrunde zu töten, der zeigt ein Gewinnstreben, das in seiner Rücksichtslosigkeit das gewöhnliche Maß weit übersteigt. … Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob der Täter einen tatsächlichen Gewinn erzielen oder nur Aufwendungen vermeiden will. Denn in beiden Fällen geht er in der gleichen rücksichts- und gewissenlosen Weise darauf aus, seine Vermögenslage zu verbessern.“[117] Allerdings ist im Fall der Aufwendungsvermeidung das Ziel des Täters nicht „mehr“, sondern nur „nicht weniger“ Vermögen als er vor der Tat tatsächlich hat. Der Täter will einen Verlust abwenden, einen Vermögenszuwachs erstrebt er nicht. Eine beabsichtigte Vermögensmehrung kann man lediglich bei Zugrundelegung des hypothetischen – geringeren – Vermögens nach Erfüllung der Forderung bejahen. Gewiss folgt daraus nicht zwingend ein geringerer Strafwürdigkeitsgehalt. Zu bedenken ist aber, dass der Mordtatbestand restriktiv ausgelegt werden muss, und zwar in Bezug auf alle Mordmerkmale. Da selbst nach dem BGH nicht jedes, sondern nur „übertriebenes“ Streben nach wirtschaftlichen Vorteilen das Strafwürdigkeitsniveau des Mordes erreicht, sollte Habgier im Falle der Tötung zur Abwendung einer Vermögensbelastung verneint werden.

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