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bb) Grausamkeit

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Grausam ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein Attribut sowohl für Menschen als auch für Ereignisse. Ein Schicksal oder eine Krankheit – z.B. Krebs – können grausam sein. Ein Mensch wird als grausam bezeichnet, wenn er einen Hang zu Taten hat, die ihrerseits als grausam charakterisiert werden. In erster Linie ist es die grausame Behandlung anderer Menschen, die der Grund dafür ist, jemandem die Eigenschaft grausam zuzuschreiben. Grausame Tötungen sind neben grausamen Körperverletzungen in Gestalt von Folter, Marter, Tortur die ausgeprägtesten Erscheinungsformen grausamen menschlichen Verhaltens. Als eine Kombination aus überaus schmerzhafter Körperverletzung, seelischer Quälerei[172] und Tötung stellt sich die Definition des Mordmerkmals „grausam“ dar. Grausam tötet, wer dem Opfer besondere Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art zufügt und dies aus roher, gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung heraus tut.[173] Insbesondere langanhaltendes allmählich gesteigertes Leiden des Opfers ist ein typisches Grausamkeitsmerkmal.[174] Gewissermaßen die Umkehrung einer grausamen Tötung ist der „Gnadentod“, den der Täter dem Opfer – z.B. auch Tieren – „schenkt“, um es von einem langen Leiden zu erlösen („kurz und schmerzlos“) bzw. vor lang andauerndem Leiden zu bewahren. Das spezifisch grausame eines Tötungsakts kann sich auch gegen Dritte richten, z.B. wenn Kinder gezwungen werden, der Hinrichtung ihrer Eltern beizuwohnen. Die gefühllose und unbarmherzige Gesinnung des Täters kann auch auf diese Weise zum Ausdruck gebracht werden. Mordmerkmalsgemäß ist jedoch nur die Grausamkeit gegenüber dem Tötungsopfer. Wird dieses schnell und relativ schmerzfrei getötet, kann das immense seelische Leiden der Angehörigen, die dies miterleben müssen, aus dem Totschlag keinen Mord machen. Hat die Tat aber mordgleichen Unrechtsgehalt, kann sie als Totschlag in einem besonders schweren Fall mit lebenslanger Freiheitsstrafe schuldangemessen geahndet werden, § 212 Abs. 2 StGB.[175] Die grausamkeitsbegründenden Tatumstände müssen bei Vollzug der Tötungshandlung, also zwischen unmittelbarem Ansetzen (§ 22 StGB) und Vollendung vorliegen.[176] Grausamkeit – vor allem seelischer Art – im Vorbereitungsstadium (der Täter beschreibt dem Opfer vor der Tat in aller Ausführlichkeit, wie er es zu Tode foltern werde) vermag das Mordmerkmal nur zu begründen, wenn sie in die Phase der Ausführung des Tötungsaktes hineinwirkt.[177] Allgemein anerkannt ist, dass grausame Tötung auch in Form eines unechten Unterlassungsdelikts (§§ 211, 13 StGB) möglich ist. Denn als klassischer Fall grausamer Tötung gilt z.B. das Verhungernlassen eines Kleinkindes durch die Eltern.[178] Kein Mord ist eine ohne Tötungsvorsatz begangene grausame Körperverletzung, die in eine vorsätzliche Tötung übergeht, bei deren Vollzug Grausamkeitsmerkmale nicht mehr vorliegen.[179]

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