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d) Qualifikationen

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§ 221 Abs. 2 StGB normiert zwei Qualifikationen, die an sehr unterschiedliche Umstände anknüpfen: In der Alternative Nr. 1 ist es die Verletzung einer gesteigerten Fürsorgepflicht des Täters, die den Unrechtsgehalt der Tat erhöht. In der Alternative Nr. 2 bewirkt das Umschlagen der konkreten Gefährdung in eine effektive schwere Schädigung der Gesundheit eine Steigerung des Erfolgsunrechts. Bedenken mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) weckt die Fassung des § 221 Abs. 2 Nr. 1 StGB: Verbrechensstrafe trifft den Vater oder die Mutter, der/die die Aussetzung zum Nachteil des eigenen „Kindes“ begeht. Dass diese Eltern-Kind-Beziehung nicht auf leibliche Kinder beschränkt ist, sondern auch adoptierte Kinder umfasst, ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut mit hinreichender Klarheit.[301] Fraglich ist indessen, ob mit dem Merkmal „Kind“ auch eine Altersgrenze verbunden ist. Die naheliegende Bezugnahme auf § 176 Abs. 1 StGB, wo als „Kind“ eine „Person unter vierzehn Jahren“ definiert wird, findet in der Literatur nur wenig Anklang. Eine einheitliche Eingrenzung des geschützten Personenkreises existiert nicht. Das Spektrum der Vorschläge ist breit und reicht von: „Das Alter des Kindes spielt keine Rolle“[302] über „Jugendliche im Sinne des § 1 Abs. 1 JGG“[303] bis zur Anlehnung an § 176 Abs. 1 StGB.[304] Da die elterliche Personensorgepflicht erst mit Volljährigkeit des Abkömmlings endet, spricht die ratio der Norm für Grenzziehung bei Vollendung des 18. Lebensjahres.[305] Dies müsste allerdings vom Gesetzgeber durch Einfügung des Wortes „minderjähriges“ klargestellt werden. In der jetzigen Fassung spricht der Wortlaut klar für die restriktivere Sichtweise und Übernahme der Legaldefinition des § 176 Abs. 1 StGB. Der Kreis der geschützten Personen der zweiten Alternative des § 221 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist altersmäßig nicht begrenzbar.[306]

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§ 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB normiert ein erfolgsqualifiziertes Delikt.[307] Da hinsichtlich des qualifizierenden Schädigungserfolges Fahrlässigkeit ausreicht (§ 18 StGB), handelt es sich dem materiellen Unrechtsgehalt nach um einen speziellen Fall der fahrlässigen Körperverletzung. Zwischen der zum Grundtatbestand gehörenden konkreten Gefährdung und der schweren Gesundheitsschädigung muss ein Gefahrverwirklichungszusammenhang bestehen. Da nur die schwere Gesundheitsschädigung „des Opfers“ relevant ist, kommen tatbegleitende Schäden, die z.B. Retter anlässlich der Bergung des Opfers erleiden,[308] erst bei der Strafzumessung zur Geltung. Auch wird die Möglichkeit eines (untauglichen) erfolgsqualifizierten Versuchs an einem vermeintlichen Opfer ausgeschlossen (dazu näher unten Rn. 68).

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Eine graduelle Steigerung des Erfolgsunrechts, das die Qualifikation des § 221 Abs. 2 Nr. 2 StGB trägt, bildet den Strafschärfungsgrund des § 221 Abs. 3 StGB. Auch dieser Tatbestand ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt.[309] Der Tod der in hilflose Lage versetzten oder in hilfloser Lage im Stich gelassenen Person muss sich als Verwirklichung der konkreten Lebensgefahr darstellen, die der hilflosen Lage immanent war. In subjektiver Hinsicht genügt fahrlässige Verursachung des Todeserfolges, § 18 StGB.

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