Читать книгу Ketzerei und Inquisition im Mittelalter - Jörg Oberste - Страница 24

Aus dem Prolog zur Lex Salica, dem salfränkischen Volksrecht

(hg. v. K. A. Eckhardt, MGH. Leg. nat. Germ. 4,2, S. 2ff.).

Der Franken geneigtes Volk, durch Gott den Schöpfer begründet, tapfer in Waffen, fest im Frieden, unerschöpflich im Rat […], [jüngst] zum katholischen Glauben bekehrt, frei von Ketzerei, suchte, während es noch am väterlichen Brauch festhielt, auf Eingebung Gottes, nach dem Schlüssel der Weisheit, strebte gemäß seiner Sitte nach Gerechtigkeit und bewahrte Frömmigkeit.

Innere Reform der Kirche

Hatte die westliche Kirche in der Nachfolge Chlodwigs den Arianismus nicht mehr als Bedrohung zu fürchten, so verstärkte sie ihre Bemühungen um Besserung des Klerus und um innere Reformen. Bei diesem Unterfangen diente der Ketzervorwurf nun zur Verunglimpfung unwürdiger oder ungehorsamer Kirchenleute. Diese Ausweitung des Ketzerbegriffs war bereits in der häresiologischen Literatur der Frühzeit angelegt, die, ihrerseits gestützt auf 2 Petr. 2,1 oder Apg. 8,9, theologische Irrlehre, spalterische Tendenzen und moralische Verwerflichkeit als Ausdruck ein- und desselben Vergehens angesehen hatte. Ein Bischofskonzil in Tours klagte im Jahre 567 verheiratete Priester der haeresis Nicolaitarum an. Dieselbe Versammlung brandmarkte auch die verbreitete Praxis, bei der sich Bischöfe für die von ihnen gespendeten Klerikerweihen bezahlen ließen, als Häresie. Wie bereits die alten Ketzerkataloge des 2. Jahrhunderts gebrauchten die Konzilsväter dafür den Begriff der haeresis Simoniaca, die an Simon den Magier gemahnte. Gregor von Tours zählt in seiner Chronik (um 570/75) eine Vielzahl von Beispielen unwürdigen Verhaltens seiner Standes- und Amtsgenossen auf. In seinen Augen war bereits der Ungehorsam gegenüber dem Bischof häretisch (Lib. II, 23, 68). Als erster Papst nahm sich Gregor der Große (590–604) des Kampfes gegen Priesterehe, Korruption und Ungehorsam in der Kirche entschlossen an. In Briefen an den Episkopat und die fränkischen Herrscher klagte er über die weite Verbreitung dieser Gravamina, die er mit Ketzerei gleichsetzte.