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Wulfila

Bischof Wulfila (* um 311, †um 383) legte den Grund für die gotische Schriftsprache, indem er eine Bibelübersetzung in der Volkssprache anfertigte. Seine Vorfahren stammten aus Kappadokien. Zuerst nur auf eine kleinere Gemeinde im Donaugebiet beschränkt und alsbald durch die westgotischen Herrscher ganz unterbunden, erzielte Wulfilas Mission erst in seinen letzten Lebensjahren eine größere Wirkung. Nach ihrer Niederlage gegen die Hunnen im Jahr 375 siedelten die Westgoten geschlossen auf oströmisches Reichsgebiet über. Veranlasst durch die proarianische Haltung des oströmischen Kaisers Valens (364–378), traten König Fritigern und mit ihm die meisten Westgoten um 376 zum arianischen Christentum über. Nach der Regierungsübernahme des katholischen Kaisers Theodosius I. (379–395) trat Bischof Wulfila auf dem Ökumenischen Konzil von Konstantinopel (381) vergeblich gegen eine allgemeine Verurteilung des Arianismus ein. Allerdings sicherte der zweite Kanon des Konzils den föderierten Germanenkönigen die Kirchenherrschaft in ihren Gemeinschaften zu. Damit wurde die Grundlage für den Fortbestand einer arianischen Gentilkirche bei Goten und Wandalen gelegt.

Beeinflusst durch ihre westgotischen Verwandten, übernahmen im späten 4. Jahrhundert auch die ostgotischen Herrscher aus dem Haus der Amelungen und im frühen 5. Jahrhundert Burgunder, Wandalen und andere kleinere Gentilverbände der Germanen die arianische Version des Christentums. In ihren neuen Territorien standen sie damit einer großen katholischen Bevölkerungsmehrheit von Römern und Provinzialromanen gegenüber. Aus politischen Erwägungen arrangierten sich die neuen Militärherrscher in aller Regel schnell mit den lokalen Eliten, unter ihnen Bischöfe und Äbte der katholischen Kirche. Eine Ausnahme bildete in dieser Hinsicht nur das Wandalenreich in Nordafrika (429–533), dessen arianische Herrscher die Entfremdung kirchlichen Besitzes, Amtsenthebungen katholischer Kleriker und Repressionen gegen die katholische Bevölkerung zuließen. Im ostgotischen Italien (493–553) genossen Katholiken und Juden hingegen eine freie Ausübung ihrer Religion; auf politischer Ebene kam es – allen konfessionellen Unterschieden zum Trotz – zu einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Hof Theoderichs in Ravenna und den römischen Stadteliten unter Führung des römischen Bischofs. Ähnliche religiöse Verhältnisse herrschten im aquitanischen Westgotenreich mit seiner Hauptstadt in Toulouse (418–507), wo beispielsweise der Kult des Stadtheiligen Saturninus von den neuen Herren gefördert wurde. Zwar kam es gelegentlich zu Spannungen zwischen den germanischen Herrschern und lokalen Bischöfen, unter ihnen auch Cäsarius von Arles (502–542), doch lagen die Konfliktpunkte eher im politischen als im religiösen Bereich. König Alarich II. (485–507) leitete im Jahre 506 eine Bischofssynode in Agde, auf welcher der katholischen Kirche weitreichende Bestandsgarantien gegeben wurden.

Von katholischer Seite sind die Aufforderungen zur Zusammenarbeit gewiss nicht immer sorglos aufgenommen worden. In der frühen Phase der germanischen Expansion waren noch verstärkte Anstrengungen katholischer Bischöfe zur Evangelisation ihrer Gemeinden unternommen worden. Zwar blieben theologische Traktate gegen die Arianer in dieser Zeit in Gallien die Ausnahme (der Ketzerkatalog des Mönchs Vinzenz von Lérins erwähnt die Arianer nur in einer langen Liste alter Häresien), doch gibt es eine Reihe von Hinweisen aus der pastoralen Praxis. Die Viten der Bischöfe Honoratus und Hilarius von Arles oder die Briefe des Bischofs Faustus von Riez legen Zeugnis davon ab, wie der gallische Episkopat im 5. Jahrhundert mit Predigt- und Visitationsreisen, der Einrichtung von Landpfarreien und der Gründung von Heiligtümern gegen die Ausbreitung der arianischen Häresie ankämpfte. Auch Hilarius von Arles (430–449) predigte nach Auskunft seiner Vita ohne Unterlass, „um die giftigen Irrtümer der Häretiker zu beseitigen“ (Vita Hilarii 14). Allein im Bistum Tours hatte sich die Anzahl der Landkirchen während des 5. Jahrhunderts auf insgesamt 22 fast vervierfacht. In Aix stellte sich Bischof Basilius dem arianischen Gelehrten Modahari zu einem Streitgespräch, in welchem der katholische Bischof nach Auskunft seines Amtsgenossen Apollinaris Sidonius den Sieg davon getragen habe.

Diese Beispiele pastoralen Wirkens in Gallien dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Bischöfe als Vertreter des lokalen Adels und als Autoritäten in den alten Civitates in aller Regel in die politische Pflicht nehmen ließen und mit den neuen germanischen Militärmachthabern an einer Stabilisierung der Verhältnisse arbeiteten. So hatte sich in seiner langen Regierungszeit Erzbischof Cäsarius von Arles (502–542) nacheinander mit westgotischen, burgundischen, ostgotischen und fränkischen Herren auseinanderzusetzen. Politisch erwirkte er trotz der schnell wechselnden Herrschaftsverhältnisse den Schutz für die katholische Kirche und Bevölkerung; kirchlich trat er unablässig für eine Reform des Klerus und der Seelsorge ein; theologisch engagierte er sich gegen den Semipelagianismus monastischer Kreise in Marseilles und Lérins, bezeichnenderweise jedoch nicht offen gegen den arianischen Glauben. Überhaupt rief das homöische (arianische) Bekenntnis der germanischen Eroberer keine zahlreichen theologischen Reaktionen hervor. Die Schrift De gubernatione Dei des Presbyters Salvianus von Marseille (†nach 470) verdient in diesem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, da sie die Erfolge der „häretischen Barbaren“ über die katholischen Romanen nicht verkennt, sondern als Gottesstrafe für moralisches Fehlverhalten seiner Landsleute deutet. Salvianus berichtet, die Arianer hielten die Katholiken ihrerseits für Häretiker.

Taufe Chlodwigs

Wie Cäsarius von Arles begrüßte zu Beginn des 6. Jahrhunderts der katholische Erzbischof Avitus von Vienne (494–518) als Metropolit im arianischen Burgunderreich den Aufstieg des katholischen Frankenkönigs Chlodwig. Avitus konnte sich sogar ein euphorisches Glückwunschschreiben an den soeben getauften Herrscher leisten, in dem er offen seiner Hoffnung auf die Ausbreitung des katholischen Glaubens Ausdruck verlieh.

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