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Augustinus

Augustinus (*354 in Thagaste, †430 in Hippo Regius) war Sohn eines heidnischen römischen Provinzialbeamten in Nordafrika und einer überzeugten Christin. Nach seinen autobiografischen Bekenntnissen schloss er sich um 373 den Manichäern in Thagaste an, denen er bis zur enttäuschenden Disputation mit dem Manichäerbischof Faustus im Jahre 382 als Hörer anhing. Die Begegnung mit Ambrosius von Mailand führte ihn nach 384 auf den christlichen Weg. Seit 391 beteiligte er sich als Kleriker, seit 396 als Bischof im nordafrikanischen Hippo Regius am Kampf der Kirche gegen häretische Donatisten, Pelagianer und Manichäer. Bereits sein erster theologischer Entwurf, Über den wahren Glauben (389/91), richtete sich gegen die dualistische Überhöhung des Bösen, das er als wesenlos hinstellt. In seinen Psalmenkommentaren und der Summe De doctrina christiana (396–426) entwickelte er die systematischen Grundlagen für Bibelexegese und Predigt. In seinem dogmatischen Hauptwerk De trinitate legt Augustinus positiv die gültige katholische Trinitätslehre aus, die er auch bei der Abwehr manichäischer und arianischer Lehren weiterentwickelt (zum Beispiel Contra Faustum). Sein wichtigstes Werk gegen die Häresien, De haeresibus (nach 420), blieb unvollständig. Dennoch bot der hier ausgearbeitete Katalog von 88 Ketzereien der mittelalterlichen Häresiologie ein festes Fundament.

Donatisten

In seiner langen Amtszeit als Bischof hatte sich Augustinus vor allem auch mit den in Nordafrika stark verbreiteten Häresien der Donatisten und Pelagianer zu befassen. Die Donatisten (nach einem Priester Donatus, †um 313) traten erstmals in der Regierungszeit Konstantins I. in Erscheinung. Ihre Bewegung blieb auf Nordafrika beschränkt und ging auf eine unterschiedliche Bewertung der zurückliegenden Christenverfolgungen zurück. Donatus und seine Anhänger sahen in jenen Christen, die sich während der diokletianischen Verfolgung unter Todesandrohung an heidnischen Opfern beteiligt hatten, Verräter am christlichen Glauben. Brisant war dies, weil viele Kleriker und Bischöfe in Nordafrika zu dieser Gruppe zählten. Indem die Donatisten die Gültigkeit der von – in ihren Augen – unwürdigen Priestern gespendeten Sakramente anzweifelten und zu Wiedertaufen übergingen, traten sie in offene Konkurrenz zur katholischen Kirche. Noch zu Augustins Zeiten befanden sich viele nordafrikanische Gemeinden im Zustand des Schismas, das erst durch ein energisches Einschreiten der staatlichen Gewalt im 5. Jahrhundert beendet werden konnte. Im Mittelalter tauchte während des Investiturstreits die Frage der Gültigkeit von Sakramenten aus der Hand simonistischer Priester wieder auf. Und auch im 11. Jahrhundert brandmarkte die katholische Mehrheit die gegen die Gültigkeit plädierenden Reformer als häretische Donatisten.

Pelagius

Eine elitäre Kritik am Gemeindechristentum der nachkonstantinischen Zeit stammte vom römischen Asketen Pelagius (†um 418), mit dem sich Augustinus in mehreren Schriften auseinandersetzte. Führende christliche Gelehrte, etwa Paulinus von Nola (†431), schätzen Pelagius wegen seiner strengen Lebensweise. Sein Pauluskommentar erregte allerdings bei Augustinus und Hieronymus theologische Bedenken; ein Konzil nordafrikanischer Bischöfe verwarf im Jahre 411 die Lehren des Pelagius und seines Anhängers Cälestius als häretisch. Pelagius hatte in Abwehr der manichäischen Lehre von der guten und bösen Natur die ausschließlich gute Natur des Menschen, aber auch dessen Willensfreiheit und ethische Verpflichtung zum Guten postuliert. Indem er die Verantwortlichkeit des Einzelnen für die eigene Erlösung betonte, geriet Pelagius in Konflikt mit der augustinischen Gnaden- und Prädestinationslehre. Gegen seine Verurteilung durch die Synode von Mileve 416 appellierte Pelagius an den römischen Bischof, der das Urteil jedoch in letzter Instanz bestätigte. Im 5. Jahrhundert festigte sich der römische Primat in Lehrfragen innerhalb der christlichen Kirche. Die bereits durch Theodosius I. geförderte Vorrangstellung des römischen Bischofs stützte sich wesentlich auf das Argument der Petrusnachfolge. Als erster hatte Innozenz I. (402–417) die westlichen Kirchen ermahnt, sich in Glaube, Liturgie und Disziplin der römischen Kirche zu unterwerfen, da diese von Petrus gegründet worden sei. In der Folgezeit kam dem Papsttum, unterstützt durch Konzilien und weltliche Herrscher, die zentrale Rolle bei der kirchlichen Ketzerverfolgung zu. Noch zu Lebzeiten Augustins entbrannten für ein weiteres Jahrhundert unter dem Namen Semipelagianismus neue Streitigkeiten über die Gnadenlehre: Vor allem im gallischen Mönchtum fanden sich Anhänger dieser Richtung, die zwar die augustinische Erbsünde anerkannte, jedoch die menschliche Willensfreiheit auch in Glaubensfragen betonte.

Monophysiten

Das auf den Konzilien von Nizäa und Konstantinopel I gegen Arius gefundene Glaubenssymbol der Wesenseinheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist hatte nicht alle christologischen Zweifel beseitigt. Zwar hatte sich mit den ersten beiden allgemeinen Konzilien der Glaube an die Göttlichkeit des Sohnes als Dogma durchgesetzt, doch in der östlichen Theologie stritten besonders die Schulen von Antiochia und Alexandria weiterhin um das Verhältnis von Gott und Mensch beziehungsweise Logos und Mensch in der Person Jesu Christi. Der griechische Kirchenvater Gregor von Nazianz (†um 390) sprach erstmals von zwei vollständigen Naturen in Christus. Diese für die antiochenische Schule kennzeichnende Scheidung zwischen Gott und Mensch hatte zur Folge, „dass die göttlichen Eigenschaften des Logos nicht ohne weiteres auch vom Menschen Jesus ausgesagt werden konnten“ (W. Pannenberg). Dieses Problem beherrschte das dritte allgemeine Konzil in Ephesus (431), das die konkrete Frage zu klären hatte, ob Maria als „Gottesgebärerin“ oder nur als „Christusgebärerin“ zu bezeichnen sei. Gegen die Auffassung des Patriarchen Nestorius von Konstantinopel (†451) legte sich das Konzil darauf fest, Maria habe einen „Gottesmenschen“ geboren und dürfe daher „Gottesgebärerin“ genannt werden. Während Nestorius und seine Anhänger auch nach ihrer Verurteilung in Ephesus eine eher äußerliche Verbindung von Gott und Mensch in Jesus Christus (der Mensch Jesus als Tempel der Gottheit) vertraten, legte sich der aus der Schule von Alexandria stammende, theologisch versierte Abt Eutyches darauf fest, durch die Inkarnation werde aus den beiden Naturen eine einzige. Diese als Monophysitismus (griech. mone: ‚einzig‘ – physis: ‚Natur) bezeichnete Lehre wurde zwar durch eine weitere Synode in Ephesus im Jahre 448 zunächst bestätigt, doch – genauso wie die Aussagen des Nestorius – durch das drei Jahre später abgehaltene vierte allgemeine Konzil in Chalkedon (451) als Ketzerei verurteilt. Papst Leo I. (440–461) hatte in einem Lehrschreiben im Vorfeld des Konzils gegen die Synode von Ephesus Stellung bezogen und die für die weitere Christologie verbindliche Formel von den zwei Naturen Christi und ihrer Einheit in der Person geprägt. Die Definition von Chalkedon stellte heraus, dass in Jesus Christus beide Naturen vollständig in einer Person und Hypostase wirksam seien, mithin weder vermischt (Eutyches) noch getrennt (Nestorius).

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