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In der Folgezeit traf ich, auch in meiner Eigenschaft als Computertechniker, öfter mit Bellinda zusammen. Zwar war ich der Jüngste in der Mannschaft der Computerzentrale, doch bei uns muss jeder, ohne Ansehen der Person und seiner Dienststellung, überall einsetzbar sein. Daher wurde ich auch zur Gesamtfeldprogrammierung von »Bellinda Superstar« herangezogen.

Man hatte das Programm einfach nach dem Star genannt, um den sich zwölf Monate lang alles drehte. Eigentlich müsste ich sagen: nach dem zukünftigen Star, doch für mich war Bellinda von Anfang an etwas Besonderes.

Bei dem Programm, das mit der bei uns üblichen sporadischen Hektik durchgezogen wurde, ging es um Folgendes:

Die Gesamtpersönlichkeit Bellindas, ihr Verhalten, ihre Gesten, ihre Mimik, ihre Sprachgewohnheiten – all das und noch vieles mehr mussten eingespeichert werden, um schließlich nach Beendigung des Programms im Personality-Generator ein hundertprozentiges Bild der Person Bellinda zu ergeben. Das hört sich sehr kompliziert an, aber so schlimm war es eigentlich nicht. Es dauerte nur seine Zeit und verlangte eine ungeheuer konzentrierte Kleinarbeit.

Das fing damit an, dass Bellinda bei allen nur irgend denkbaren Bewegungen und Tätigkeiten des täglichen Lebens mit der E-Kamera beobachtet und das Ganze auf Magnetband aufgezeichnet wurde. Die Elektronik erlaubt schärfere Konturierung als der Film, und auch kleinste Details erfahren so eine einwandfreie Wiedergabe. Dazu noch wurde das Geschehen auf dem Einzollband gespeichert und nicht auf dem Viertelzoll, das wir eigentlich seit vielen Jahren auch professionell nutzen. Ich bin kein Techniker der magnetischen Aufzeichnung, aber wie die Kollegen mir das erklärt haben, scheint die Viertelzoll-MAZ aus schnitttechnischen Gründen für die Gesamtfeldprogrammierung weniger geeignet zu sein als das Einzollband.

Bei den Aufnahmen im Freien, in irgendwelchen Autos, Flugzeugen oder Eisenbahnabteilen, aber auch bei der Arbeit im Studio erwies sich Bellindas schauspielerische Begabung. Sogar die schwierigsten Rollen meisterte sie auf Anhieb mit einer Selbstverständlichkeit, die selbst alte Füchse im Fernsehgeschäft staunen machte. Ich konnte ihr immer wieder zusehen oder ihre Leistung auf den Bändern während des Schnitts beobachten; ich war ihr von Herzen zugetan, doch noch darüber hinaus war ich von ihren Fähigkeiten tief beeindruckt.

Diese Arbeit beanspruchte während der Dreharbeiten Bellindas volle Aufmerksamkeit; es war nicht leicht, den Wünschen der Regie, der Aufnahmeleitung, der Technik oder der Kamera immer gerecht zu werden. Oft ging es um winzige Kleinigkeiten, um Nuancen wie einen Augenaufschlag, ein Lächeln, ein Herabziehen der Mundwinkel.

Waren die Aufnahmen im Kasten, dann begann unsere Aufgabe. Jede Bewegungseinheit wurde in kleinste Aufbauteilchen zerlegt, sogenannte »Bits«, aus denen man umgekehrt wieder ganz neue Bewegungsabläufe zusammensetzen konnte, vorausgesetzt, man hatte vorher alle nötigen Bits gespeichert. Oft mussten neue Kameratermine anberaumt werden, da wichtige Zwischenglieder fehlten.

Diese Bits nun mussten nach Art, Rhythmus, Schnelligkeit, Bewegungsrichtung usw. klassifiziert und anschließend zum Verbleib in den Fixwertspeicher eingegeben werden. Von dort waren sie dann jederzeit abrufbereit.

Für Bellinda war das eine ungeheure physische, aber auch psychische Anstrengung; ihr wurde das Letzte abverlangt. Doch sie ertrug alles mit gleichbleibend guter Laune, ihre Kraftreserven waren erstaunlich.

Doch nach einem halben Jahr war es mit ihrer Kraft zu Ende. Sie konnte nicht mehr.

Die Welten des Jörg Weigand

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