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Zwei junge Zollbeamte, ein Mann und eine Frau, fragten höflich, was sich in den Tüten hinten im Auto befinde. Er öffnete die Heckklappe, und die junge Frau nahm die Tüten mit dem Wein aus dem Kofferraum, stellte sie auf den Boden und zählte die Kartons. Sie gab das Ergebnis an ihren Kollegen weiter – neun Liter – und bemerkte, dass er die Quote überschritten habe. Moen erklärte, er habe die Absicht gehabt, die Waren zu verzollen, die Zollstation sei jedoch unbedient gewesen. Verstohlen blickten sich die beiden Zollbeamten an, und die Beamtin sagte:

»Dürfen wir uns den Wagen mal etwas genauer ansehen?«

Moen konnte es nicht verweigern, hatte auch keinen Grund dazu, und zuckte mit den Schultern:

»Aber gern.«

Sie öffnete das große Ablagefach im Boden von Moens Kombi, wandte sich an ihn und sagte, er habe nicht nur die Quote überschritten, sondern es handele sich nun um ein ernstes Vergehen. Ihr Oberkörper hob sich, so dass Moen sehen konnte, worum es ging. Im Bodenfach lagen sechs Kartons Rotwein, was die Gesamtzahl auf neun erhöhte.

Moen konnte seinen eigenen Augen kaum trauen. Wo um alles in der Welt kam das her? Hilflos sah er die Zollbeamten an.

»Sie werden sicher nicht glauben, wenn ich Ihnen sage, dass ich nicht wusste, was da im Fach lag. Tatsächlich habe ich nur drei gekauft, und meine Quittung hier beweist das.«

Er langte in seine Jackentasche und zeigte ihnen die Quittung. Sie schüttelten nur den Kopf. Der Mann fragte, welche Absicht mit dem Schmuggel verbunden sei. Moen überraschte sich selbst und sagte: »Es geht nur um eine kleine Betriebsfeier.« Er dachte, das hörte sich vertrauenswürdig an, und die beiden Beamten zogen sich ein Stück zurück und konferierten.

Ergebnis: Beschlagnahme der Ware und eine gebührenpflichtige Verwarnung, die drakonische Ausmaße hatte und an Ort und Stelle akzeptiert werden musste. Moen fiel es nicht schwer, die Verwarnung zu akzeptieren, zumal er schon eine rechtliche Verfolgung und einen Riesenskandal befürchtet hatte. Er unterschrieb, nahm den Zahlschein entgegen und blickte sich in Erwartung von Zuschauern um, die womöglich Zeugen der Misere geworden waren, bemerkte jedoch lediglich den dunklen Range Rover, der jetzt draußen vor dem Grenzcafé parkte. Er verspürte den Impuls, Wagen und Fahrer genauer zu beobachten, doch die beiden Zollbeamten betrachteten ihn mit verschränkten Armen, als wären sie gespannt zu sehen, was er nun vorhatte.

*

Eine halbe Stunde später folgte die Reaktion. Er hielt an der Abzweigung zum Gulltjern an und blickte auf seine zitternde rechte Hand. Noch war die Gefühlsaufwallung gut versteckt irgendwo im Körper, drohte jedoch jeden Augenblick hervorzubrechen. Er stieg aus dem Wagen, atmete ein paarmal durch, taumelte einige Schritte zum See hinunter und übergab sich. Er ging in die Hocke und gewann nach und nach die Fassung zurück; er wusch sich das Gesicht im See, trank aus der hohlen Hand und zündete sich anschließend eine Zigarette an.

Eine weitere Stunde später parkte Moen den Wagen in der Hesselbergs Gate in Grünerløkka. Er ging zu Lillemors Café, wo seine Lebensgefährtin Gudny Leirvaag auf den Schmuggelwein wartete. Er versuchte, sich auf die Konfrontation einzustellen, die seiner dort drinnen harrte. An der Tür zum Café blieb er stehen. Das Lokal war dunkel, Moen sah auf die Uhr. An der Tür hing ein Zettel. »Bis auf Weiteres geschlossen.« Moen rief seine Lebensgefährtin auf dem Handy an. Sie war zu Hause und wartete auf ihn.

Einige Minuten später betrat er die Wohnung. Gudny Leirvaag saß in einem Sessel im Wohnzimmer und hielt ein Glas in der Hand.

»Hallo, Knut.« Leicht schwankend erhob sie sich. »Die letzte Truppe hält die Bastion. Ich hol dir auch ein Glas.«

Ohne seine Jacke auszuziehen, setzte Moen sich aufs Sofa und beobachtete, wie sie sein Glas mit Whisky füllte. Sie sah ihn fragend an.

»Du siehst furchtbar aus. Was ist denn passiert?«

Moen legte die gebührenpflichtige Verwarnung vor sie auf den Tisch.

»Das ist passiert. Gehe ich recht in der Annahme, dass du den Wein gar nicht gebraucht hast?«

Sie antwortete nicht sofort, starrte vor sich hin und hatte eine Miene aufgesetzt, in der er ein Lächeln um den Mund auszumachen glaubte.

»Es tut mir leid, dass ich dich in so eine Situation gebracht habe. Erst nachdem ich vorhin mit dir gesprochen hatte, wurde mir klar, dass das Rennen gelaufen ist.« Sie nippte an ihrem Drink. »Andererseits, lieber Knut, können wir nicht so weitermachen wie im letzten Jahr. Jetzt müssen wir beide von vorne anfangen. Vielleicht ist es das Beste für uns.«

»Was soll das heißen, von vorne anfangen? Meine Karriere ist fast zu Ende.«

»Was für ein Blödsinn. Eigentlich tue ich dir doch einen Gefallen.«

»Wovon redest du? Du tust mir einen Gefallen? Ich hab die besten Jahre meines Lebens für den Beruf geopfert, und nun soll es auf diese Weise enden? Was glaubst du denn, wie mir jetzt zumute ist?«

Gudny Leirvaags Augen wurden schmal.

»Glaubst du etwa, ich weiß nicht, was du getan hast? Bjørn Hansen hat mir erzählt, dass du einen Job abgelehnt hast, bei dem du zwei- oder vielleicht dreimal so viel Geld wie jetzt verdienen könntest. Ich würde dann nicht einmal arbeiten müssen, und uns würde es besser gehen.«

»Hat er dir auch erzählt, um was für einen Job es sich handelte?« Moen biss die Zähne zusammen.

»Er hat dir einen guten Job angeboten. Hast du nicht schon genug für die Gesellschaft getan?«

Moen schüttelte den Kopf.

»Ein verwöhnter Reicher, der wegen unbewiesener Unterstellungen im Fernsehen glaubt, er würde von jemandem verfolgt? Nein, vielen Dank.«

»Du redest von deinen Gefühlen? Und was ist mit mir? Ich hab hier mit dem Café alleine gesessen, während du drei Viertel des Jahres irgendwo im Hotel gewohnt hast. Was glaubst du, wie mir zumute war, wenn wir Bjørn Hansen besucht haben? Eine eigene Firma, in der Frau und Kinder arbeiten. Villa in Nordstrand, Ferienhütte in Nakholmen und Kvitfjell und ein dickes Boot auf dem Fjord. Was hast du denn nach über zwanzig Jahren bei der Kripo vorzuweisen? Es darf doch wohl noch erlaubt sein, mal etwas an sich selbst zu denken und zu überlegen, wie unser Leben aussehen könnte, wenn wir unsere Karten anders ausspielten. Es ist noch nicht zu spät, weder für dich noch für mich.«

Augenblicklich resignierte Moen. Niemals würde er diese Diskussion gewinnen. Immer war er davon ausgegangen, ein Dach über dem Kopf und zwei gute Jobs für sie und ihn reichten aus, doch schon damit hatte er sich wohl getäuscht. Und jetzt hatten sie zwar noch ein Dach über dem Kopf, aber keine zwei guten Jobs mehr. Er nahm einen großen Schluck aus dem Glas.

»Okay. Ich nehme einen Tag nach dem anderen. Mir bleibt keine Wahl, aber was hast du jetzt vor?«

»Bjørn hat mich mit einem Anwalt bekanntgemacht, der mir dabei helfen soll, den Betrieb abzuwickeln. Danach werde ich mich wohl nach einem Job umsehen. Warten wir’s ab.« Gudny Leirvaag lächelte. »Weißt du was? Ich hab fast ein bisschen gute Laune. Meinst du nicht, das könnte ganz spannend werden?«

Moen blieb ihr die Antwort schuldig. Er zog seine Jacke aus, leerte das Glas und legte sich mit dem Rücken aufs Sofa.

Die Stadt mit dem großen Herzen

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