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c) Insbesondere: Richtervorbehalt
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Richtervorbehalte sollen für Fälle besonders schwerwiegender Grundrechtseingriffe fehlenden oder zu spät kommenden Rechtsschutz kompensieren.[1] Im Zusammenhang mit Grundrechtseingriffen bei Wohnungsdurchsuchungen begründet das BVerfG den verfassungsrechtlich vorgegebenen Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GG mit dem hohen Schutzgehalt dieses Grundrechts.[2] Im Rahmen des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 Var. 3 GG ist die Situation indes aus verfassungsrechtlicher Sicht schon mangels expliziter grundgesetzlicher Vorgabe eines Richtervorbehalts unklarer. Das BVerfG hat zwar in einer Entscheidung den einfachgesetzlich in § 12 FAG und § 100b StPO vorgesehenen Richtervorbehalt angesichts der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit des Richters auch im Hinblick auf die durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebotene Abwägung der sich bei Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis gegenüberstehenden Rechtspositionen für angemessen erachtet.[3] Ein allgemeines Erfordernis eines Richtervorbehalts in Fällen eines Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis hat das Gericht jedoch zu Recht nicht aufgestellt. Aus dem Wortlaut des Grundgesetzes ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte in diese Richtung. Nichtsdestotrotz ist mit Blick auf die erhebliche Bedeutung der durch Art. 10 Abs. 1 GG geschützten Rechtsgüter eine derartige prozedurale Flankierung im Rahmen der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich erforderlich.
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In diesem Zusammenhang böte sich möglicherweise aber auch eine Differenzierung nach der Eingriffsintensität an. So wäre es durchaus möglich, einen Richtervorbehalt nur dann als verfassungsrechtlich zwingend vorgegeben anzusehen, wenn der Inhalt der Kommunikation selbst betroffen ist und es nicht lediglich um Verkehrsdaten geht. Letztlich spielt diese Frage bislang aber keine Rolle, da in den entsprechenden einfachgesetzlichen Eingriffsermächtigungen stets ein Richtervorbehalt normiert worden ist. Speziell bei Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis zur Durchsetzung urheberrechtlicher Ansprüche wegen Rechtsverletzungen im Internet ist aber zu berücksichtigen, dass es sich beim Internet um das typische Medium der Rechtsverletzung handelt. Dementsprechend muss auch eine medienspezifische Reaktion möglich sein, so dass in diesem Fall aus verfassungsrechtlicher Sicht ein Richtervorbehalt möglicherweise nicht erforderlich ist und auch andere Kontrollverfahren – etwa unter Einschaltung der Bundesnetzagentur – denkbar sind.