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2.2.4 Gliederung von Bodendenkmälern

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„Was man unter ‚Quellen‘ begreift, hängt im allgemeinen von der jeweiligen Entwicklungsstufe der Wissenschaft ab; denn je mehr dieselbe sich ausgebildet hat, um so mehr hat sich ihr Material, hat sich der Kreis der Quellen erweitert“ (Bernheim$Bernheim, Ernst 1908, 253).

Dieses Zitat – weniger quantitativ, sondern qualitativ verstanden – gibt auch die Entwicklung der Bodendenkmalpflege oder allgemeiner der Archäologie trefflich wieder. Genügte der Archäologie noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die Dreigliederung nach ‚Siedlung – Grab – Hort‘, um ihr Material zu typisieren, erweist sich schnell die Unzulänglichkeit für den heutigen Bodendenkmalpfleger. Ihm reicht dieser Begriffsapparat keinesfalls aus, wenn man allein an Objekte wie historische Meilerplätze (zur Holzkohlegewinnung) und Flachsrösten (zur Textilvorbereitung) aus vorindustrieller Zeit oder Bunkerbauten des Westwalls und Konzentrations- und ZwangsarbeiterlagerZwangsarbeiterlager aus der Zeit des sogenannten Dritten Reich‚Drittes Reich‘s denkt und diese dem Schema zuweisen wollte.

Vielzahl und Vielfalt an unterschiedlichen Denkmälergattungen und auch deren weitere Zunahme insbesondere durch die ‚Archäologie der ModerneArchäologieder Moderne‘ (Deutscher Verband für Archäologie 2017), die im Wesentlichen den Zeitraum des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts abdeckt, hat dazu geführt, dass bis heute kein verbindliches Klassifikationsschema für Bodendenkmäler existiert. Dennoch gibt es natürlich verschiedene Ausgangspunkte für eine Systematisierung. Ein einfacher, aber keinesfalls trivialer Zugang geht vom PhänotypPhänotyp, also vom äußeren Erscheinungsbild aus. Wir unterscheiden obertägige von untertägigen Objekten, damit verbunden ist das Gegensatzpaar ‚sichtbar versus nicht-sichtbar‘. Für diese Klassifikation sprechen einige gute Gründe. Zunächst ist die Zuweisung auch dem Außenstehenden problemlos nachvollziehbar, wobei dieser dem Sichtbaren in der Regel eine größere Bedeutung zumessen wird – was vor dem Hintergrund einer inneren QuellenkritikQuellenkritik (Bedeutung und Erkenntniswert) allerdings nur im Einzelfall zutrifft. Durch Untersuchungen insbesondere im Rahmen der TrassenarchäologieArchäologieTrassenarchäologie bei sogenannten linearen Projekten haben wir auch Vorstellungen von der realen untertägigen Fundstellendichte in einzelnen Siedlungsräumen gewinnen können, wo die amtliche Bodendenkmalpflege bis dahin auf Mutmaßungen angewiesen war (siehe Kap. 3.5.4). Natürlich unterscheiden sich die Angaben regional, doch ist die Masse der archäologischen Denkmäler eindeutig untertägig, man geht von mehr als 95 % am Gesamtbestand aus, von dem (die Schätzungen gehen ein wenig auseinander) wohl erst weniger als 20 % bekannt ist. Hierzu zählen natürlich auch die Objekte der Unterwasserarchäologie (siehe Kap. 3.5.5).

Letztlich kann durch das skizzierte Klassifikationssystem auf Grundlage des PhänotypsPhänotyp (‚obertägig/untertägig‘ bzw. ‚sichtbar/nicht-sichtbar‘) der Gesamtbestand der Bodendenkmäler zugeordnet werden, ohne dass ‚Restmengen‘ verbleiben. Dennoch stößt diese Form der Klassifizierung unabhängig von ihrer geringen Spezifizierung an weitere Grenzen, wenn etwa ein einzelnes Bodendenkmal beide gegensätzlichen Merkmale aufweist. Dieses ist etwa der Fall bei vorgeschichtlichen Wallanlagen, da sie gleichermaßen obertägig (mit einem sichtbaren Wall) wie untertägig (mit einem nicht-sichtbaren, eingeebneten Graben) auf uns gekommen sind. Wenn man mehr Informationen zum einzelnen DenkmalDenkmal und seinem Charakter hat, sollte man daher zu anderen Klassifikationskriterien greifen. Deren Ausgangspunkt kann etwa die ursprüngliche Nutzung sein. So lässt sich funktional der Bestand an Bodendenkmälern – unabhängig vom Phänotyp – wie folgt gliedern (Kunow 1991, 48f.):

1 Bodendenkmäler als Grenzen (z.B. Pfahlreihen, Landwehren, Bunkerlinien etc.),

2 Bodendenkmäler als befestigte Siedlungsplätze (z.B. RingwallRingwall- und Burganlagen, burgi, Motten etc.),

3 Bodendenkmäler als unbefestigte Siedlungsplätze (z.B. Einzelhöfe, Dorfanlagen, Wurten, Höhlen, Werkplätze etc.),

4 Bodendenkmäler des Verkehrs/der Versorgung/des Handels (z.B. Straßen, Brunnen, Häfen, etc.),

5 Bodendenkmäler der RohstoffgewinnungRohstoffgewinnung (z.B. Pingen, Stollen, Steinbrüche etc.),

6 Bodendenkmäler der handwerklichen (industriellen) Produktion/des handwerklichen (industriellen) Gewerbes (z.B. Töpfereien, Kalköfen, Flachsrösten etc.),

7 Bodendenkmäler der landwirtschaftlichen Produktion/des landwirtschaftlichen Gewerbes (z.B. Altäcker, Hutungen, Darren etc.),

8 Bodendenkmäler des Kultes/der Religion/des Rechts (z.B. Grab, Gräberfelder, Heiligtümer, Kirchenanlagen, Richtstätten, Galgenhügel etc.),

9 Bodendenkmäler in militärischer/kriegerischer/staatlicher Verwendung bzw. Nutzung (z.B. SchlachtfelderSchlachtfelder, Schießanlagen, KonzentrationslagerKonzentrationslager etc.),

und hinzu kommen in einzelnen Bundesländern, wo paläontologische Denkmäler via Denkmalschutzgesetz einen besonderen Schutzstatus aufweisen (siehe Kap. 2.2.6),

1 Bodendenkmäler aus erdgeschichtlicher Zeit (Zeugnisse tierischen und pflanzlichen Lebens).

Wir bekommen damit eine Vorstellung von der Variationsbreite von Bodendenkmälern, wobei natürlich weitere Nutzungsformen hinzukommen oder bestehende ausgegliedert werden können. Um es auf eine knappe Formel zu bringen: Archäologische Denkmäler sind die ‚fossilierten Zeugnisse‘ menschlicher Aktivitäten aus historischer Zeit und reflektieren diese Vielfalt.

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