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Zwei Freunde

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Warum ich gerne mit ihm war, hatte mit mir zu tun. Kann sein, ihm ging es ähnlich.

Es fing an, als die Anfänge an den schmalen Grat zu denken stießen, den der Mensch sich wünscht zu überschreiten. Ein bisschen anders sein, hat damit zu tun. Und jeder hatte sein Eigenes, von sich überzeugt sein zu wollen. Kann sein, wir sprachen nicht davon. Allein vielleicht der Gedanke, nicht anders zu können, machte unsere Nähe aus. Von der Zeit angezogen, die den Anschein vermittelt bekommen hat, ausgefüllt sein zu müssen, taten wir unser Bestes. Sie anstandslos mit Vergeudung auszustatten, war nur folgerichtig. So tranken wir uns in die Nächte und lachten herzerfrischend. Gegönnt wurde uns das nicht; denn das Leben ist bekanntlich nicht zum Lachen.

Als wir anfingen zu weinen, taten wir das jeder für sich und jeder auf seine Weise. Als hätten wir es nicht besser gewusst, hörten wir auf, etwas Besonderes zu sein. Er tat das sehr rigoros.

Manchmal rede ich noch mit ihm. Dann schaue ich ins Jenseits hinüber und sehe ihn schmunzeln. Wir trinken uns zu, und gestern erst las ich ihm eine Geschichte vor. Ich glaube, er mochte meine Geschichten. Einmal nahm er mich in den Arm. Eine Geste, die ihn sicher große Überwindung kostete; denn er schien für so was nicht gemacht. Er konnte umarmen, ohne es dich spüren zu lassen, das jedoch spürbar. Vielleicht fiel es mir deswegen so leicht, auch ihn zu mögen. Was ich wusste, ich hätte ihm noch Einiges sagen wollen. Im Leben kommt man oft zu spät, wie erst im Tod. Du hast dich zu wenig geöffnet, hätte ich sagen wollen, und du warst dir nie gut genug, und du hast geblutet. Das alles hätte ich noch sagen wollen. Und wenn ich jetzt Unsinn rede, kitschig werde, übertrieben in Gefühlen dusele oder sonst dir peinlich sein sollte, bist du der Einzige, der mich zurechtweisen darf.

Während ich mich öffne, mir gut genug bin und mich nach dem Blut der andern sehne, denke ich nicht an ihn. So als hätte ich nicht verstanden. In diese Momente einverleibt, glitzern Sterne, galoppieren weiße Pferde, locken Geschlechter. Festgekrallt im Sonnenaufgang tapern kleine Wünsche, werden groß. Und ich mit ihnen.

Es sei nicht richtig, ihn zu beneiden ... Manchmal höre ich seine Stimme, wenn ich so denke. Er klingt sehr gelassen. Dann beschließe ich, ihm etwas vorzulesen.

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