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4. Vertragsschluss bei der Vermarktung von Apps a) Apps von App Store-Betreibern
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Handelt es sich um Apps, die von den Betreibern des Stores selbst entwickelt wurden – zum Beispiel YouTube oder Google Maps (jeweils von Google) – kommt der Vertrag zwischen dem Betreiber und dem Anwender zustande. Der Betreiber des Stores ist also gleichzeitig der Anbieter. Das Bereithalten der App zum Download innerhalb eines App Stores durch den Betreiber des App Stores wird als Antrag auf Abschluss eines Vertrags über die dauerhafte Überlassung der App i.S.d. § 145 BGB62 verstanden. Der Anwender kann dieses Angebot durch einen Klick (oder Tipp) auf einen „Kaufen“- oder „Herunterladen“-Button im App Store annehmen. Geht damit die dauerhafte Überlassung der App gegen ein einmaliges Entgelt einher, so handelt es sich vertragstypologisch um einen Kaufvertrag gemäß § 433 BGB. Infolgedessen kann der Anwender der App somit bei Sach- oder Rechtsmängeln nach den §§ 434ff. BGB seine gesetzlichen Mangelhaftungsrechte gegenüber dem Betreiber geltend machen. Wird die App hingegen kostenfrei angeboten, handelt es sich jedenfalls dann um eine Schenkung nach § 516 Abs. 1 BGB, wenn die App ohne Zustimmung zur Verarbeitung personenbezogener Daten genutzt werden kann, die über die Erforderlichkeit zur Leistungserbringung oder zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten hinausgehen. Die Schenkung wird mit der Bewirkung der versprochenen Leistung gemäß § 518 Abs. 2 BGB vollzogen, mithin dem vollständigen Download der App. Eine davon abweichende Regelung in den Verkaufs- bzw. Nutzungsbedingungen der App Stores, die dem Anwender ausschließlich Nutzungsrechte einräumen will, ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.63
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Die Schenkung digitaler Produkte wird ab dem 1.1.202264 den besonderen Vorgaben des § 516a BGB n.F. unterliegen. Nach dessen Abs. 1 ist die Schenkung digitaler Produkte oder von Trägern, die einzig der Vermittlung digitaler Inhalte dienen (dazu ausführlich Kap. 7), von der Haftungsprivilegierung der §§ 523f. BGB ausgenommen, wenn die Schenkung die (Verpflichtung zur) Bereitstellung personenbezogener Daten i.S.d. § 312 Abs. 1a BGB n.F. durch den Verbraucher bedingt, also solcher Daten, die nicht zur Leistungserbringung oder zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten des Unternehmers erforderlich sind.
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Diese Gestaltung von § 516a BGB ist ein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber zwischen der Schenkung des digitalen Produkts (oder des körperlichen Datenträgers als Träger digitaler Inhalte) durch den Unternehmer als solcher und der darüber hinausgehenden Bereitstellung personenbezogener Daten durch den Verbraucher differenziert. Die Bereitstellung personenbezogener Daten ist damit aus Sicht des Gesetzgebers kein wirtschaftliches Gut im herkömmlichen Sinne, sondern lässt weiterhin die Möglichkeit einer unentgeltlichen Leistung durch den Unternehmer zu. Anderenfalls würde es sich, wenn der Unternehmer für die Zurverfügungstellung digitaler Produkte oder digitaler Inhalte personenbezogene Daten einfordert, bei dem Vorgang schon gar nicht um eine Schenkung handeln. Die Regelung in § 516a BGB muss man also so verstehen, dass die Bereitstellung der personenbezogenen Daten durch den Verbraucher eine nachgelagerte Folge der Bereitstellung des digitalen Produkts ist. Die Unentgeltlichkeit der Produktbereitstellung bleibt zunächst unberührt; denn der Verbraucher soll das digitale Produkt vom Unternehmer verlangen können. Zum Schutz des Verbrauchers ist jedoch die nachfolgende Bereitstellung der personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Nutzung des digitalen Produkts, soweit nicht funktionsnotwendig (siehe § 312 Abs. 1a S. 2 BGB), dann ein Entgeltäquivalent, welches die verbraucherschützenden Regelungen in den §§ 327ff. BGB in der Fassung ab dem 1.1.2022 auslöst (dazu ausführlich Kapitel 7.b)) Apps von Drittanbietern
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Werden Apps von Drittanbietern über den App Store bezogen,65 ist fraglich, ob ein Vertrag direkt mit dem Betreiber geschlossen wird oder ob dieser lediglich die Rolle eines Vermittlers zwischen Anbieter und Anwender übernimmt. Insoweit ist auf den objektiven Empfängerhorizont des Anwenders als Adressat des ihm im „App Store“ unterbreiteten Antrags abzustellen.66 Zu diesem Zeitpunkt hat der Anwender mit dem Betreiber regelmäßig einen Vertrag über die Nutzung des App Stores geschlossen, hat den App Store geöffnet und bekommt die jeweils angebotene App als Teil des Angebots in diesem App Store dargestellt. Der Anbieter der App wird gegenüber dem Anwender im Rahmen der Gestaltung der App Stores zwar erkennbar bekannt gemacht. Allerdings wird er nicht als „Verkäufer“ oder „Anbieter“ der App dargestellt, sondern in der Regel als deren „Veröffentlicher“ oder Entwickler. Es fehlt somit regelmäßig an einer Anbieterkennzeichnung nach § 5 Abs. 1 TMG. Auch die Pflichtinformationen nach § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a §§ 1, 3 EGBGB und § 312h Abs. 1 i.V.m. Art. 246c EGBGB werden dem Anwender gegenüber nicht bekanntgemacht. Der Erwerb einer App stellt sich aus Sicht des Anwenders so dar, als habe er es ausschließlich mit dem Betreiber zu tun. Infolgedessen kommt auch nur dieser als Vertragspartner in Betracht.67
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In diesem Licht sind Klauseln in den Nutzungsbedingungen der App Stores, die einen Erwerb der App direkt vom Anbieter begründen wollen, unwirksam. Schon die Einbeziehung einer solchen Klausel in den Vertrag scheitert wegen § 305c Abs. 1 BGB, solange dem Anwender durch den Aufbau und die Gestaltung des App Store eine andere Vorstellung von den Vertragsbeziehungen vermittelt wird, als sie den AGB der Betreiber zugrunde liegt. Darüber hinaus wäre eine solche Klausel auch nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Die Betreiber können nicht für sich in Anspruch nehmen, Vertreter der Anbieter zu sein. Es fehlt in diesem Zusammenhang an einer hinreichenden Erkennbarkeit des Willens, im fremden Namen zu handeln, so wie es § 164 Abs. 2 BGB verlangt (sog. Offenkundigkeitsprinzip). Abzustellen ist dabei ebenfalls auf den objektiven Empfängerhorizont.68 Schon daran scheitert es bei der weiterhin etablierten Gestaltung der App Stores. Mit dem Klick auf den „Kaufen“- oder „Herunterladen“-Button kommt daher ebenfalls ein Kauf- bzw. Schenkungsvertrag zwischen Betreiber und Anwender zustande. Ob dabei nach dem Klick noch eine zusätzliche Passwortabfrage erfolgt, ist unerheblich.69 Eine etwaige Passwortabfrage dient ausschließlich der Autorisierung des Bezahlvorgangs mit dem vom Anwender hinterlegten Zahlungsmittel und soll nicht den Vertragsschluss hinauszögern.70
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Im Ergebnis kommen auch beim Erwerb von Drittanbieter-Apps vertragliche Beziehungen ausschließlich zwischen dem Betreiber und dem Anwender zustande.71 Nach dem FG Hamburg kann dies selbst im Falle des In-App-Kaufes gelten, wenn keine hinreichende Information des Erwerbers über die Verkäuferstellung des Entwicklers vorliegt.72 In der Tat erscheint eine Differenzierung dann nicht geboten, wenn der Eindruck, welcher aufgrund des Erwerbs der App auf der Plattform des Betreibers erweckt wurde, nicht durch transparente Bekundungen vor Abschluss des Kaufvertrags erschüttert wird. Vielmehr darf der verständige Nutzer davon ausgehen, dass diese Zusatzleistungen, also der In-App-Kauf, ebenfalls wie die Grundleistung, also der App-Kauf, vom Plattformbetreiber erbracht werden.