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Kapitel 8. Die Suche nach einem Domizil

Mit der Rückkehr nach Amerika – es war immer noch Juli 1977 – kam neuer Druck auf, denn wir mussten bis zur Ankunft unserer Familien, Anfang September, Häuser finden, die hinsichtlich Lage, Ambiente und Größe unseren Vorstellungen entsprachen, andererseits aber auch das gegebene Limit unserer Gesellschaft nicht sprengen durften, die die Häuser aus wirtschaftlichen Gründen nicht mieten, sondern kaufen wollten.

Wir waren uns relativ schnell klar darüber, dass wir Deutschen möglichst nahe beieinander wohnen wollten und dass ein Bahnhof in der Nähe sein sollte. Die Gründe dafür lagen auf der Hand: Nach NYC konnte man aus verkehrstechnischen Gründen und aus Kostengründen nicht reinfahren und sich eine Garage mieten, also kam nur der Zug in Frage.

Da jede Familie nur einen Wagen von der Gesellschaft bezahlt bekam, hatten wir uns verabredet, dass nur ein Wagen benutzt wurde, um die Kollegen von zu Hause abzuholen, wir dann das Auto am Bahnhof parken und abends den gleichen Weg in umgekehrter Richtung zurück machen würden. So hatten unsere Frauen Autos zur Verfügung, mit denen sie ihre Besorgungen in der näheren Umgebung machen konnten.

Uns war allen klar, dass wir in den Massenwohnorten Brooklyn und Queens auf keinen Fall leben wollten, dafür reichte der Mut am Anfang unserer Amerikazeit noch nicht aus.

Manhattan hatte eigentlich nur unbezahlbare Wohnungen, aber keine Häuser mit Garten, die wir suchten.

Auf der anderen Seite des Hudson River lag der sehr schöne Staat New Jersey, auch Garden State genannt, den wir aber als mögliches Domizil nicht wirklich ins Auge gefasst hatten, obwohl Brücken, Fährschiffe und Tunnel New Jersey mit Manhattan verbanden.

So war klar, dass wir uns nur in Richtung Long Island oder nördlich von Manhattan umschauen wollten.

An den ersten Wochenenden fuhren wir rund um NYC die Gegend ab, um unser Lieblingsdomizil zu finden. Wir hatten sehr schnell herausgefunden, wo die schönen, leider z.T. auch unerschwinglich teuren Häuser lagen. Dabei wurde relativ schnell klar, dass die ganz attraktiven Gegenden rund um NYC mit fallender Entfernung zu Manhattan exorbitant im Preis stiegen.

So begannen wir auf Long Island, einer wunderschönen Halbinsel östlich von NYC, mit der Suche, stellten aber sehr schnell fest, dass die schönen Orte auf Long Island entweder zu weit entfernt oder/und zu teuer waren. Also wurde Long Island schnell begraben.

Als Nächstes hatten wir uns Connecticut vorgenommen, stellten aber sehr schnell fest, dass die Spielregeln die Gleichen waren wie für Long Island, also war das wieder nicht das Richtige.

Danach arbeiteten wir uns von Manhattan nach Norden vor. Es wurde sehr schnell sichtbar und klar, dass wir ein gutes Stück weiter nach Norden an der Bronx vorbeimussten, um eine schöne Wohngegend zu finden.

Wir fanden die Orte Scarsdale und Hartsdale, die eben auch direkt an der Bahnlinie nach NYC lagen, ausgesprochen attraktiv.

Wir hörten auch von unseren amerikanischen Kollegen, dass in Scarsdale unter anderem die Familie Kennedy, eine der reichsten und einflussreichsten Familien Amerikas, ein Anwesen hatte.

Mit dieser Aussage hätte uns eigentlich klar sein müssen, dass dieser Ort nicht unsere Preisklasse sein konnte. Der etwas weiter nördlich gelegene Ort Hartsdale hatte ein ähnliches Preisgefüge und so war klar, dass wir noch etwas weiter nach Norden mussten.

So landeten wir in White Plains, direkt an der Bahnlinie nach NYC gelegen, mit allen Schulen, riesigen Shoppingcentern rundherum und in einer sehr schönen Umgebung.

Das nächste Skigebiet lag eine gute Autostunde weiter nördlich, in den Bear Mountains.

Nordwestlich von White Plains war in ca. 30 Minuten Autofahrt der obere Hudson River, der in der Nähe von Tarrytown eine Breite von mehreren Kilometern hatte, wie ein großer See wirkte und eine Vielzahl von wunderschönen Wochenend-Ausflugsorten aufwies.

Östlich von White Plains, ca. 25 Minuten Autofahrt entfernt, war man am Long Island Sound, einer zum Nordatlantik gehörenden riesigen Bucht. Im Ort Rye gab es einen riesigen Freizeitpark, wie wir ihn von Deutschland und Europa noch nicht kannten. Es war klar, dass wir mit unserem knapp vierjährigen Sohn dort so manches Wochenende verleben würden.

Wir hatten einen jungen Kaufmann im Team, Wilfried, der sich um die Häuser kümmern sollte, während wir unserem Job im Büro nachgingen. Wilfried hängte sich an mehrere Makler und besichtigte Häuser. Abends fuhren wir noch manchmal in die Gegenden, in denen die vorab selektierten Häuser standen.

Wilfried wurde am Rande von White Plains fündig und unsere Gesellschaft war bereit, die Kaufpreise zu bezahlen. So einigten wir uns, wie unter guten Deutschen üblich, in der beruflichen Hackordnung, wer welches Haus beziehen durfte.

Wir landeten im Stone Wall Circle in einem wunderschönen Split Level Haus mit einem Grundstück von weit über 1000 m2 und herrlichen alten Bäumen. Diese Bäume liebten wir beim Einzug, da noch Sommer war und diese Bäume wunderschöne grüne Schattenspender waren. Nachdem einige Wochen später der Herbst dann Einzug hielt und wir Unmengen von Laub aufsammeln mussten, ging unsere Baumliebe deutlich zurück und wir fingen an, die damit verbundene Arbeit zu hassen.

Ich hatte mit meiner Frau und den anderen Familien meiner Kollegen vereinbart, dass sie alle Anfang September einreisen sollten, damit die älteren Kinder meiner Kollegen zum Schulbeginn am Start waren.

Am 1. September 1977 kamen meine Frau mit unserem 3- jährigen Sohn und die Frau eines Kollegen, namens Ursel, mit ihren zwei schon etwas größeren schulpflichtigen Kindern am JFK-Airport an. Es war einer dieser typischen NYC-Tage, extrem heiß und extrem feucht, bereits in die Dunkelheit übergehend.

Meine Frau sprach kein Englisch, während Ursel glücklicherweise fließend Englisch sprach, da sie längere Zeit als Au Pair-Mädchen in England gelebt hatte.

Wie es der Teufel so wollte, kam Ursel mit Kindern und ihren großen Koffern problemlos durch die Immigration, während der Zoll meine Frau mit ihren 3 großen Koffern, mit kleinem Kind und nicht Englisch sprechend in die Mangel genommen hatte. Irgendwann hatten es aber auch

Rita und Markus überstanden und waren nun auch offiziell in „meinem Amerika“ angekommen, Rita völlig am Ende. Wir fielen uns alle in die Arme und Rita, vor Erschöpfung und Glück über die wieder komplette Familie, musste erst einmal vor Spannung heulen und danach war wieder alles gut.

Für unsere beiden Familien hatten wir im Norden von NYC, in der Nähe der Häuser, ein Motel mit zwei nebeneinanderliegenden Zimmern mit Küche, angemietet, die unser Domizil bis zum Einzug in unsere Häuser sein sollten.

Wir verabredeten uns, hintereinander zu fahren, um gemeinsam im Motel anzukommen und die Wiederkehr mit einem Gläschen zu feiern. Zwischenzeitlich war es jedoch duster und in NYC um diese Zeit ein Höllenverkehr und so kam es, wie es kommen musste: Wir hatten uns verloren.

Ich glaubte zwar einigermaßen den Weg zu finden, verfuhr mich aber total.

Meine Frau hing halbtot im Beifahrersitz neben mir und mein kleiner Markus war völlig fit und aufgedreht und saß auf dem Schoß meiner Frau (Sicherheitsgurte und Kindersitze gab es damals noch nicht in Amerika oder sie wurden nicht benutzt) und fragte immer Papa, wie lange fahren wir noch und wohin fährst du.

Mit einstündiger Verspätung kamen wir dann zu unserem Motel und unser Leben als Familie begann in meinem Amerika.

Mein Amerika

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