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2.2 Studium

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Am 21. April 1804 begann der damals 15-jährige Carus an der Leipziger Universität sein Studium in Chemie, Physik und in der Botanik. In der Betrachtung seiner Studienzeit in Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten erläutert Carus seine Einstimmung mit Professoren, die die Naturwissenschaft sowie das wissenschaftliche Denken10 nicht als störend für die Geisteswissenschaften ansahen, wie es Kritiker bezüglich der Wissenschaft ausdrückten, obwohl nun vermehrt Gesetzmäßigkeiten der Natur nicht romantisch betrachtet wurden. Gegenteilig empfand Carus die Erfahrung als bewundernswert, wie die Natur nicht nur ihre volle Schönheit preisgebe, sondern zudem Gesetzmäßigkeiten des Wuchses folge.

Bis zu Beginn des Jahres 1806 konzentrierte sich Carus hauptsächlich auf den Bereich der Botanik. Auf diesem Gebiet fand er unter anderem in Georg Friedrich Kaulfuß (1786-1830) einen Studienkollegen, später Botanikprofessor in Halle, der ihm nicht nur für die Botanik durch den Besitz von zahlreichen Büchern und Sammlungen „nützlich geworden war“11, sondern führte ihn durch das Werk des Professors der Medizin in Göttingen Johann Friedrich Blumenbachs (1752-1840) „Handbuch der vergleichenden Anatomie“, an den Aufbau der Lebewesen heran.

Seine Vorliebe zur Botanik schwächte infolge dessen ab und die Anatomie begann einen größeren Stellenwert einzunehmen. Carus’ Interessengebiete wurden somit um einen weiteren Aspekt bereichert, deren Fülle zu einer Orientierungslosigkeit in der Wahl des künftigen Berufes führte. Zu viele Möglichkeiten boten sich ihm: Neben dem Studium an der Natur, dem Studium der Humanmedizin und der Möglichkeit in der bildnerischen Kunst tätig zu werden bot sich ebenso die Wahl zur Weiterführung der Färberei des Vaters.

In der Frage des Familienbetriebes war eine Entscheidung schnell getroffen, auch wenn sie Carus selbst, der dem Vater seine Entscheidung mitteilen musste, bedrückte: „Der Gedanke, mich der Besorgung eines Familiengeschäfts zu unterziehen, jetzt, nachdem ich die Freudigkeit der Wissenschaft, der freien Geistesübung an der Natur gekostet hatte – es hätte mich unglücklich gemacht, ich konnte es nicht!“12

Im Bereich der Kunst sah Carus keinerlei Basis für ein geregeltes Einkommen. Ohne es näher erläutern zu können, schien ihm dieser Bereich finanziell nicht erträglich und einzig als Luxus derjenigen, die dessen Werke betrachten und finanziell imstande waren, diese zu kaufen.

Da schließlich deutlich das Interesse an der Naturwissenschaft hervortrat, zog Carus seinen Onkel, Professor Friedrich August Carus, zu Rate. Mit dessen Hilfe er sich zum Studium der Medizin entschied, da dies mehrere Aspekte der Naturwissenschaft verband. Merklich am Studium gestört wurde Carus im Sommer durch die Kämpfe der Napoleonischen Kriege, die sich in das Heilige Römische Reich Deutscher Nation ausweiteten. Französische Soldaten, die im Land untergebracht werden mussten, quartierten sich auch in das Haus der Familie ein. Der zunächst beeindruckte Carus musste das Studium für kurze Zeit zurück stellen. Doch, so sein Wortlaut, gewöhnte er sich an den Krieg und dessen Begleiterscheinungen. Selbst einen positiven Aspekt konnte der angehende Arzt, der vermehrt Interesse für die Anatomie zeigte, dem Krieg abgewinnen: Da der Aufbau des menschlichen Körpers durch die Pathologie erforscht werden musste, versuchte er die Gelegenheit zu nutzen, die Leichen zweier, vom Kriegsgericht verurteilter Italiener, auszugraben und für seine Zwecke zu verwenden. „Die Sache schien leicht ausführbar, und in der nächsten Nacht beluden wir unsern Arbeiter mit dem nötigen Gerät zum Ausgraben und Abtrennen etwa eines Kopfes und einiger Glieder und zogen bei falbem Mondschein dahinaus, im vollen glühenden Eifer für unsere Wissenschaft, wenig daran denkend, dass uns in so rauer Zeit ein Unternehmen dieser Art doch leicht sehr übel hätte bekommen mögen.“13

Ein Versuch, der, wie sich jedoch vor Ort herausstellte, scheiterte, da der Professor der Anatomie diese Leichen bereits für die Untersuchungen der Universität hatte holen lassen.

Neben menschlichen Körpern nutzte der Student für seine Untersuchungen auch Tierkadaver, die er am Straßenrand fand, da diese seiner Ansicht nach14 einen dem Menschen ähnlichen anatomischen Aufbau hätten. Waren die Tiere größer, so dass er sie selbst nicht sofort transportieren konnte, war es ihm möglich, Angestellte der Universität dieser Aufgabe zu betrauen, um die Forschung zu Hause vornehmen zu können.

Ab dem Jahr 1807/08 war es ihm gestattet im Präpariersaal der Universität Sezierungen offiziell vorzunehmen. Carus selbst beschreibt an dieser Stelle, dass er keinerlei Probleme mit Gerüchen, gleich ob einer oder mehrerer Leichen oder derer abgetrennter Körperteile hätte. Seinem Ermessen nach schien er aufgrund dessen und wegen seines großen Interesses, im Bereich der Anatomie innerhalb eines Jahres über einen größeren Wissensstand zu verfügen, als sein Examinator.15 1809 begann der Student seine praktische Lehre im St.-Jakob- Hospital in Leipzig. Während dieser Zeit erkannte er positive wie auch negative Aspekte der Medizin: Zum einen machte er Erfahrungen mit dem Leid der PatientInnen und deren Klagen, zum anderen entstand durch ansteckende Krankheiten das Gefühl sich „für ein so hohes Ziel gleichsam selbst als Opfer [seines] Berufes darzubieten“.16 Er empfand sich somit als ein sich für das Volk opfernder Held.

Im Jahre 1810 ergab sich für ihn die Möglichkeit auch das Arbeiten in einer Arztpraxis kennen zu lernen. Der Mitbegründer der modernen Gynäkologie, Arzt in der Leipziger Entbindungsanstalt und Dozent Carus’ Dr. Johann Joerg (1779-1856) bot ihm eine Stelle in dessen Praxis an, die Carus dankend annahm. 17

Für den Studenten begann somit eine Nerven aufreibende Zeit, da dieser neben dem eigentlichen Studium nicht nur auf die körperlichen Leiden der Patienten, sondern auch auf deren Psyche näher eingehen musste. Ebenso waren Hausbesuche, selbst in der Nacht, Pflicht des Arztes.

Trotzdem fand Carus seine Offenbarung im praktischen Bereich und auch die Arbeit des Dozenten war für ihn interessant: Bot diese ihm die Möglichkeit durch den intensiven Kontakt eingehender mit Wissenschaftlern in der Materie zu forschen, sich auszutauschen und gelerntes sowie selbst Entdecktes weiter zu geben. Seine Arbeit hätte somit nicht nur im praktischen, sondern auch im theoretischen Sinn nützliche Dienste erweisen können.

Um die Berechtigung für eine Stelle als Dozent zu erhalten, war es für den Studenten unerlässlich, neben dem Doktortitel und der Magister liberalium artium, welche er am 24. März 1811 in der Philologie erhielt, zu habilitieren. Seine Habilitation mit dem Titel Specimen Biologiae generalis18 verteidigte er Mitte Oktober desselben Jahres, wobei diese, wie er selbst erklärt, nicht vollkommen schien und Irrtümer aufwies. So musste er, offen von ihm formuliert, einige gerechtfertigte Tadel erfahren.19

Nach der einstündigen Prüfung erhielt er die Erlaubnis, dozieren zu dürfen und es wurde ihm der Titel Magister legens verliehen. Um als Arzt arbeiten zu können, promovierte Carus schließlich am 20. Dezember 1811 an der medizinischen Fakultät mit der Dissertation De uteri rheumatismo20.

Carl Gustav CARUS

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