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Untergrund und Revolution- Die Arbeit von Marisa Elena ROSSI

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ROSSI versucht, die beiden Organisationen auf zwei Ebenen zu analysieren: Nach einer historisch- qualitativen Analyse der Theorie und Praxis werden im zweiten, empirischen Teil Gründe für die Entstehung, das Fortbestehen und die Auflösung der Gruppen gesucht. Ansatz und Inhalt dieser Studie sind aus verschiedenen Gründen zu kritisieren.

Neben der sehr dünnen Kontextualisierung, die unterschlägt, dass der Terrorismus der RAF und der BR eben genau in dieser historischen Konstellation entstehen (und auch wieder verschwinden) konnte, ist der laxe Umgang mit historischen Details sehr ärgerlich. So wird behauptet, bei der Baader- Befreiungsaktion der RAF 1970 hätte es einen Toten gegeben, was eben sowenig stimmt wie die Behauptungen, die RAF habe zur Geldbeschaffung in der Frühphase bis 1972 Entführungen durchgeführt oder sie habe den Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenckmann erschossen.

Neben solchen Details begeht ROSSI aber auch methodische Fehler: So entgeht ihr die theoretische Entwicklung der RAF, weil sie auf eine Längsschnittanalyse verzichtet und sich statt dessen vorwiegend auf eine Schrift Horst Mahlers bezieht, die – im Gefängnis ohne Rücksprache mit der Gruppe geschrieben- die Meinung eines Einzelnen, aber zu keiner Zeit den Diskussionsstand innerhalb der RAF geschweige denn deren Praxis darstellte. Konnte sie auch nicht, denn die Verhaftung Mahlers in der Frühphase der RAF verhindert, dass er in seinen Schriften die Entwicklung der Gruppe abbilden kann. Es ist ein grundsätzliches Dilemma, dass sich diejenigen Autoren, die sich auch mit der Theorie der RAF auseinandersetzen, meist an Mahlers Text abarbeiten, weil aus ihm all die griffigen Zitate stammen, mit denen man die RAF moralisch diskreditieren konnte, weil sie die größte Angriffsfläche bieten.

Der empirische Teil krankt an der- wie ROSSI z.T. einräumt- sehr fragwürdigen Datenerhebung. Alle Aussagen über die soziale Zusammensetzung einer im Untergrund operierenden Gruppe können nur Aussagen über die erreichbaren Mitglieder, die Gefängnisinsassen, sein und damit über die Frage, wer sich am leichtesten hat erwischen lassen.

Darüber hinaus gelten die Daten für jeweils alle klandestinen Gruppen eines Landes; kann man der Argumentation bezüglich der Hegemonie der untersuchten Gruppen für die RAF in Deutschland vielleicht noch folgen, so ist die Subsumtion aller linksradikalen Aktionen von einigen Hundert verschiedenen Gruppen auf das Konto der Brigate Rosse schlicht unseriös. Dass trotzdem einige Ergebnisse der empirischen Untersuchung evident sind, sagt m.E. noch nichts über die Zuverlässigkeit der Methode aus. Für diese Arbeit ist daraus der Schluss zu ziehen, dass Methoden der empirischen Sozialforschung für den Untersuchungsgegenstand ungeeignet sind.

Terrorismus in Deutschland und Italien: Theorie und Praxis der RAF und der BR

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