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10) Portugal, Terras do Sado, 03. Juli 2007

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Im Raum war urplötzlich Stille eingekehrt. Ein halbes Dutzend Augenpaare beobachteten Jan interessiert, wie einen Clown im Zirkus, der dem gespannten Publikum ein atemberaubendes Kunststück aufzuführen verspricht. Die Anspannung in dem engen Raum schien fast greifbar zu sein.

Doch Jan wusste nicht, was er sagen sollte, oder welche Reaktion die Anwesenden von ihm erwarteten. Wie sollte er angemessen auf eine solche Behauptung reagieren? Die Tragweite dieser Entdeckung sprengte alles, was er sich in seinen kühnsten Träumen je ausgemalt hatte.

Seit Jahren beschäftigte er sich in seinem Beruf als Historiker mit der technischen Entwicklung der Menschen, aber etwas Vergleichbares war ihm bislang noch nicht begegnet. Es gab in der bekannten Menschheitsgeschichte nichts, das auch nur entfernt auf eine derart fortgeschrittene Zivilisation hingedeutet hätte. Nichts! Bereits seit Jahrhunderten durchsuchten die Menschen die Erde nach den Wurzeln ihrer Vorfahren. Niemals hatten sie etwas entdeckt, das dieser Kapsel auf dem Mond technologisch auch nur annähernd ebenbürtig gewesen wäre. Dieses Bild musste eine Fälschung sein! Ein fremdes Raumschiff auf dem Mond, von der Erde, Jahrtausende Jahre alt, nein, das war schlichtweg unmöglich!

„Wo befindet sich die Kapsel jetzt?“, fragte Jan letztendlich, vollkommen überfordert mit der Situation.

Patterson schüttelte bedauernd den Kopf. „Die Kapsel befindet sich immer noch dort, wo wir sie aufgefunden haben. Wir sind derzeit nicht in der Lage, ein Objekt dieser Größenordnung zu bergen. Die NASA verfügt weder über ein Raumschiff, das auch nur annähernd genügend Ladekapazität hätte, noch über die finanziellen Mittel, ein solches Raumschiff zu bauen.“

Er seufzte schwer. „Wir sind technologisch noch Jahrzehnte davon entfernt, ein Schiff ins All zu bringen, das diese Kapsel bergen könnte. Außerdem würde das dafür erforderliche Budget unbequeme Fragen aufwerfen.“ Er schüttelte resolut den Kopf. „Ich will es möglichst vermeiden, diese Entdeckung an die große Glocke zu hängen.“

„Wir stehen aber nicht mit leeren Händen da“, kommentierte Morden, „Die Astronauten haben praktisch alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Jedenfalls, soweit es ihre begrenzten Möglichkeiten zuließen.“

Patterson nickte. „Ihre Raumkapsel verfügte lediglich über einen begrenzten, knapp kalkulierten Treibstoffvorrat. Mit jedem zusätzlichen Kilo riskierte die Mannschaft, auf der Rückreise zur Erde mit leerem Tank im Weltraum zu stranden. Sie haben trotzdem versucht, möglichst viel zu retten.“

„Aber warum wurde die Kapsel nicht schon viel früher entdeckt?“, warf Jan fassungslos ein. „Bereits seit Jahrhunderten erforschen die Menschen mit ihren Teleskopen den Weltraum! Wie lange ist die Mondlandung jetzt her? 1973? Das ist fast 40 Jahre her! Der Mond ist doch nicht 40 Jahre unbeobachtet geblieben!“

Morden schmunzelte. „Nicht ganz. Es war 1972. Aber Sie haben Recht. Seit der Mondlandung wurde der Mond weiterhin erforscht, rund um die Uhr sozusagen. Allerdings hat seit 1972 kein Mensch mehr den Mond aus der Nähe gesehen. Sie sollten nicht vergessen, dass der Mond etwa 385.000 km von der Erde entfernt ist. Sogar Hubble, unser leistungsfähigstes Teleskop, kann auf diese Entfernung nur Objekte erkennen, die mindestens 60 Meter groß sind.“

„Die Mondoberfläche ist zudem nicht gleichmäßig gut kartographiert“, ergänzte Patterson. „Es wurden zwar einige Sonden entsandt, die zur Vorbereitung der Mondlandungen die Landeflächen im Detail aufnehmen sollten, aber selbst diese Bilder weisen lediglich eine Auflösung von 10 Meter pro Pixel auf.“

„Das sind Schwierigkeiten, mit denen wir seit der ersten Landung auf dem Mond zu kämpfen haben“, fügte Morden hinzu. „Neil Armstrong war 1969 dazu gezwungen, die computergesteuerte Landung auf manuell umzuschalten, um Felsbrocken von der Größe eines Mittelklassewagens auszuweichen, die auf den Bilder nicht zu sehen gewesen waren. So viel zum Thema Vorbereitung!“ Er schüttelte den Kopf. „Im Grunde kennen wir den Mond nur in der schimmernden Pracht, wie wir ihn von der Erde aus am Nachthimmel beobachten können; sein vernarbtes Antlitz, sein wahres Gesicht, haben bislang nur wenige gesehen.“

Morden lächelte überlegen. Er wirkte auf unangenehme Weise wie ein Lehrer, der einen Schüler vor der gesammelten Klasse tadelt. „Sie sehen also; mit einem Durchmesser von geschätzten neun Metern nimmt die Kapsel nicht einmal einen Pixel auf den Bildern ein.“ Er hob spöttisch die rechte Augenbraue. „Was machen wir uns vor!? Mit dem verfügbaren Bildmaterial vom Mond und all unseren technischen Möglichkeiten sind wir noch nicht einmal im Stande, unsere eigenen Landemodule ausfindig zu machen. Und dabei wissen wir mit Sicherheit, wo sie zu finden sind!“

„Aber trotzdem behaupten Sie, die Kapsel sei irdischen Ursprungs. Wenn Sie die Kapsel weder bergen, noch aus der Entfernung beobachten können, woher wollen Sie wissen, woher die Kapsel tatsächlich stammt?“, fragte Jan provokativ. Das Gefühl war irrational, aber auf einmal hatte er das dringende Bedürfnis, Morden sprachlos zu sehen.

„Wenn ich diese Frage beantworten darf, Mr. Morden“, fiel jedoch Patterson ins Wort, bevor Morden etwas sagen konnte. „Diese Frage lässt sich sehr leicht beantworten.“ Patterson drücke erneut ein paar Knöpfe auf seinem Notebook und eine weitere Reihe von Bildern flimmerte auf der Leinwand auf. „Der Pilot war noch an Bord“, erklärte er sichtlich mit sich zufrieden.

Die Bilder zeigten einen sterilen, weißen Laborraum. In Zentrum des Raumes waren ein metallischer Labortisch und ein Leichnam zu erkennen. Ein Mensch. Die Leiche trug keine Kleidung. Die Haut erinnerte Jan an seine alte Lederjacke. Sie war braun und spannte sich straff über den gesamten Körper, als hätte der Tote zu lange unter der Sonnenbank gelegen. Aus leeren Höhlen starrte der Leichnam in die Linse der Kamera, den Mund merkwürdig nach links verzogen, als würde er sich darüber beschweren wollen, auf diese menschenunwürdige Art bloßgestellt zu werden.

„Was Sie auf den Bildern sehen, ist die Obduktion des Piloten der Kapsel. Der Kommandant der Mission war zum Glück umsichtig genug, den Piloten zurück zur Erde zu bringen, auch wenn er es eher aus Gründen der Pietät tat.“

„Er wollte seinem Kollegen eine ehrenvolle Beerdigung zukommen lassen“, sagte Susanna leise. Sie hatte bisher geschwiegen, die ganze Unterhaltung jedoch mit Interesse verfolgt. „Eine sehr schöne Geste, wie ich finde.“ Sie schenkte Jan ein aufmunterndes Lächeln, als wollte sie ihm auf diese Weise Mut zusprechen, sich weiterhin dem unangenehmen Wortgefecht mit Patterson und Morden zu stellen.

„Und ein Glücksfall für die Wissenschaft!“, betonte Patterson mit kritischem Blick auf Susanna. Patterson schien Gefühlen nicht allzu viel Bedeutung beizumessen. „Der Leichnam war dank der fehlenden Witterung nahezu perfekt mumifiziert, als wäre der Pilot erst ein paar Monate vor Apollo 17 gelandet.“

„Damals ist die allmächtige NASA davon ausgegangen, den ersten Platz beim Wettrennen um den Mond an die Sowjetunion verloren zu haben“, lachte Morden, mit einem bissigen Blick in Richtung Patterson, als würde er es genießen, Seitenhiebe in seine Richtung auszuteilen. „Stellen Sie sich die Überraschung vor! Die NASA entdeckt eine fremde Kapsel auf dem Mond, nachdem die USA sich drei Jahre zuvor für eine Heldentat feiern ließ, die andere längst erbracht hatten. Eine Blamage! Ihr Versuch, diese Schande unter den Teppich zu kehren, hat uns zum Glück die Deckung verschafft, unbemerkt von der Öffentlichkeit unsere Forschungen zu betreiben.“

„Es hat nicht lange gedauert, bis die NASA ihren Irrtum eingesehen hat. Zu viele Faktoren passten nicht zu der Theorie, ein anderer Staat hätte zuerst einen Menschen auf den Mond gebracht.“ Das war das erste Mal, dass sich Black zum Thema äußerte. Jan drehte sich überrascht zu ihm um. „Die hoch entwickelte Technik der wenigen Gegenstände, die aus der Kapsel geborgen werden konnten, überforderte selbst die hellsten Köpfe der NASA“, fuhr er fort, „Keiner der verantwortlichen Wissenschaftler hatte jemals etwas Vergleichbares gesehen. Zumindest nicht Anfang der 70er Jahre. Inzwischen haben wir dank der gewaltigen Fortschritte in der Computertechnik etwas Boden gutgemacht. Mittlerweile haben uns die Gegenstände einiges über ihr Alter und ihre Herkunft verraten.“

Black bemerkte Jans Blick und lachte ein sehr charismatisches Lachen. „Wie sie sich denken können, bin ich der Mathematiker und Computerexperte dieses Unterfangens.“

Er zog eine gelbe Mappe aus seiner Tasche und schob sie Jan hin. Die Mappe enthielt ein paar Dokumente und weitere Fotos. „Leider gibt es noch genügend Fragen, auf die wir bislang keine Antworten gefunden haben. Was Sie auf den Bildern sehen können, sind Aufnahmen von einem der Ausrüstungsgegenstände, die aus der Kapsel geborgen werden konnten. Wir halten das Objekt für eine Art Computer, der mit den Hauptsystemen der Kapsel verbunden war. Allerdings haben meine Versuche, dem Gerät seine Geheimnisse abzubringen, noch nicht zum Erfolg geführt.“

Jan betrachtete das Bild. Das Foto zeigte ein flaches, steingraues Gerät, in das eine flache, schwarz glänzende Fläche eingelassen war; vermutlich handelte es sich dabei um einen Bildschirm. Allerdings waren nirgends Knöpfe oder eine Tastatur zu erkennen. „Ich finde, das Gerät sieht eher wie ein Fernseher aus.“ Er überlegte. Langsam dämmerte es ihm, worauf Black hinauswollte. „Aber wenn es tatsächlich ein Computer sein sollte, wie Sie sagen, sollte es eine Festplatte besitzen. Ein Datenträger zur Speicherung von Informationen, die sich theoretisch auslesen lassen müssten!“

„Richtig!“ Black wirkte zufrieden, dass Jan von selbst auf die Idee gekommen war. „Wir konnten tatsächlich einen Teil des Gerätes als Speichervorrichtung identifizieren. Sie ist sogar ähnlich strukturiert wie unsere Laufwerke und speichert wie unsere Festplatten Daten in einem Binärsystem.“

Susanna mischte sich ein. Ihr Lächeln verriet, wie oft sie unter solchen Diskussionen bereits hatte leiden müssen. „Ich bin mir nicht sicher, aber wenn Professor Seibling so viel von Computern versteht wie ich, sollten Sie das vielleicht näher erklären.“

Sie zwinkerte Jan zu. Jan bedachte sie im Gegenzug mit einem dankbaren Blick. Im Moment fühlte er sich ohnehin von allen Seiten überrannt und wollte nicht auch noch mit seinem Unwissen im Bereich der Informationstechnologie glänzen. Tatsächlich hegte er eher feindselige Gefühle gegenüber Computern, denn er verstand weder, wie sie funktionierten, noch taten sie in den in der Regel die Dinge, die er von ihnen erwartete.

Black nickte und malte demonstrativ eine 0 und eine 1 auf das Blatt Papier vor ihm, als beabsichtigte er, für Jan mit rudimentärem Grundschulwissen anzufangen. „Wie Sie sicherlich wissen, rechnen unsere Computer binär. Alle Informationen werden in Zeichenfolgen von Nullen und Einsen verarbeitet und abgespeichert. Sie tippen zum Beispiel ein ‚A’ in ihre Tastatur ein und der Computer interpretiert den Tastendruck in der Form einer Zahlenfolge von acht Einsen und Nullen. Warum ein Zeichen genau acht Stellen hat, dazu komme ich noch. Jedenfalls rechnen nicht nur unsere Computer binär, vielmehr ist das Binärsystem in unserem Universum universell und ebenfalls fundamentaler Bestandteil unseres Lebens.“

„An und Aus, zwei Hände, zwei Füße, wahr und falsch. Der Mensch wird ständig mit binären Situationen konfrontiert“, fügte Morden hinzu.

„So weit die Theorie“, erläuterte Black, „Jeder, der sich mit Informationen und der Frage beschäftigt, wie diese Informationen weitergegeben werden können, wird zwangsläufig auf die Mathematik und damit auf das Binärsystem zurückgreifen. Die Mathematik ist die elementarste Sprache überhaupt. Sie erklärt mit den Mitteln der Logik die Grundregeln der Welt auf einfachste Art und Weise.“

„Pioneer 10, eine der wenigen irdischen Sonden, die unser Sonnensystem verlassen haben, trägt eine Plakette, auf der die Menschheit sich verewigt hat, falls die Sonde eines fernen Tages auf intelligentes Leben stoßen sollte. Und auf dieser Plakette sind einige Informationen binär kodiert“, unterbrach Morden. „Sie sehen also, die binäre Sprache ist eine universelle Sprache der Kommunikation.“

Black nickte. „Allerdings hilft uns dieses Wissen bei unserem Problem nicht weiter. Wir haben ein Speichermedium, auf dem in endlosen Folgen Einsen und Nullen gespeichert sind. Wir wissen allerdings nicht, wo wir die Grenzen ziehen sollen, um aus den verteilten Zeichen Informationen zu extrahieren. Bei unseren heutigen Computern wurde relativ willkürlich die Zahl Acht als Grenze gesetzt, wie ich vorhin bereits erwähnt habe. Eine Folge von acht Nullen und Einsen entspricht einem Zeichen in unserem Alphabet, entsprechend einer Übersetzungstabelle, die jedem Computer dieser Welt bekannt ist. Leider können wir nicht nachvollziehen, ob die Konstrukteure dieses Gerätes die Grenze ähnlich gesetzt haben.“ Er deutete mit seinem Zeigefinger auf das Bild vor Jan.

„Hinzu kommt, dass wir das Alphabet dahinter nicht kennen. Wäre das Alphabet bekannt, könnten wir nach Mustern suchen. In unserem Alphabet ist das ‚E’ zum Beispiel der Buchstabe, der am häufigsten auftritt. Bei einer unbekannten Schrift, die einen deutschen oder englischen Text verschlüsselt, können wir zum Beispiel nach mehrfach auftretenden Mustern suchen, um auf die Zeichenfolge zu schließen, die das ‚E’ repräsentiert.“

„Heutige Algorithmen zur Codierung und Decodierung von Texten arbeiten auf ähnliche Art und Weise“, ergänzte Patterson. „Falls bekannt ist, mit welchem Thema sich die verschlüsselte Nachricht beschäftigt, können unsere Computer nach verschlüsselten Stichwörtern suchen, wie zum Beispiel nach Orten oder Personen, und auf dieser Basis Schritt für Schritt eine Übersetzungstabelle anfertigen.“

„Ohne dieses Wissen fehlt uns allerdings die Grundlage, die Festplatte zu entschlüsseln“, Black schüttelte den Kopf. „Wir kennen weder die Übersetzungstabelle, noch das Alphabet, das sich hinter den Zeichenkolonnen auf der Festplatte verbirgt. Alles, was wir tun können, ist raten. Allerdings waren wir bislang nicht sonderlich erfolgreich.“ Er lächelte schwach in dem Versuch, seine Enttäuschung herunterzuspielen.

„Aber das Gerät selbst müsste die Festplatte doch auslesen können“, mutmaßte Jan. „Schließlich können auch unsere Notebooks die Daten auf ihren Festplatten lesen, ohne dass wir sie vorher mühevoll übersetzen müssten.“

Black quittierte seine Bemerkung mit einem weiteren, anerkennenden Nicken. „Das haben wir ebenfalls versucht, allerdings ist die Zeit auf dem Mond nicht spurlos an der Technik vorüber gegangen. Zur Erinnerung, unsere letzte Schätzung geht von mindestens 8.000 Jahren aus, in denen das Gerät der Hintergrundstrahlung des Weltraums ausgesetzt war. Ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob die Daten tatsächlich noch intakt sind. Und selbst wenn, wir waren bisher nicht in der Lage, die Energiequelle zu rekonstruieren. Mit unseren eigenen Systemen scheint sie nicht kompatibel zu sein. Das Problem ist so simpel, stellt uns aber vor unüberwindbare Hürden: Uns fehlt die Energie, um das Gerät zum Laufen zu bringen.“

„Unsere Bemühungen waren allerdings nicht völlig umsonst.“ Patterson fing an, ruhelos im Raum hin und her zu laufen. Sein Blick war abwesend, als spräche er lediglich mit sich selbst, gedanklich in einer Zeit, die seit Jahren Vergangenheit war. „Etwas hat uns in die Hände gespielt, was wir aus eigener Erfahrung kennen, von unseren eigenen Computern, Ende der 80er Jahre. Der Fortschritt der Computer zu dieser Zeit war rasant, ihre Leistungsfähigkeit verdoppelte sich nahezu jedes Jahr, neue Technologien wurden im Jahreszyklus auf den Markt geworfen.“

Er stoppte seinen unruhigen Lauf und blickte Jan durchdringend an.

„Allerdings waren der frühen Computertechnologie natürliche Grenzen gesetzt. Ein Schwachpunkt war die Röhrentechnologie der Monitore. Zeigten die Monitore zu lange das gleiche Bild, brannte es sich in die Beschichtung des Bildschirms ein. Der Bildschirm zeigte in dem Fall dauerhaft ein schwaches Negativ des zuletzt angezeigten Bildes.“

„Aus diesem Grund wurde der Bildschirmschoner entwickelt. Es war ein einfacher Trick, diesen unerwünschten Nebeneffekt zu umgehen. Blieb ein Bildschirm zu lange unbewegt, schaltete sich der Bildschirmschoner ein. Das Bild blieb auf diese Weise in Bewegung und ein Einbrennen in die Bildschirmbeschichtung wurde vermieden“, vollendete Black.

„Und etwas ähnliches haben Sie auch bei unserem unbekannten Gerät gefunden!“, vermutete Jan.

„Richtig. Nachdem wir das Gerät in seine Bestandteile zerlegt hatten, entdeckten wir einen Bildabdruck, sobald der Bildschirm von hinten durchleuchtet wurde. Zwar handelt es sich nicht um Röhrentechnologie, wie bei unseren alten Monitoren, aber vermutlich war das Gerät sehr lange in Betrieb, bevor ihm der Saft ausging. Auf jeden Fall genügend Zeit, um uns das Geheimnis zu verraten, welches Bild es zuletzt dargestellt hat.“ Sichtlich angetan von der eigenen Leistung rief Patterson ein weiteres Foto auf seinem Notebook auf. „Das haben wir gefunden.“

Das schwarz-weiße Bild war unscharf, wie ein verwackeltes Foto aus einer antiquierten Kamera. Im Grunde war es nichts anderes als ein wirres Zusammenspiel von weißen, grauen und dunklen Flecken, aber dennoch war klar zu erkennen, was es zeigte. Eine Art Landkarte. Jan atmete tief ein. „Ein Landkarte!“, rief er aus. „Wo ist das?“

„Die iberische Halbinsel,“ bestätigte Black. „Der Küstenverlauf entspricht in etwa dem Meeresspiegel, den wir nach heutigem Wissensstand vor etwa 10.000 bis 12.000 Jahren erwarten würden. Ein weiterer Hinweis auf das Alter der Kapsel.“ Er grinste selbstzufrieden. „Was also zu sehen ist, ist eine Landkarte von Südwest-Europa auf einem Stand von vor etwa 11.000 Jahren. Das war das letzte Bild, das dieses Gerät anzeigte, bevor es sich für immer ausgeschaltet hat. Vermutlich handelt es sich bei dem Gerät um eine Art Navigationscomputer. Oder zumindest hoffen wir das.“

Mit dem Schatten seines Fingers kreiste Black auf dem Bild an der Wand eine dunkle Stelle auf dem Foto ein. „Sehen Sie diesen Punkt?“, fragte er demonstrativ. „Wie Sie leicht feststellen können, hebt er sich deutlich von der Umgebung ab, als wäre er auf dem Originalbild markiert gewesen.“

„Die Frage ist, warum? Warum war dieser Punkt so wichtig, ihn auf der Karte gesondert hervorzuheben?“, sinnierte Morden, obwohl er offensichtlich keine Antwort erwartete. „Im Grunde gibt es nur eine Antwort darauf: Wenn wir davon ausgehen, dass dieses Gerät der Navigation der Kapsel diente, dann ist dieser Punkt…“

„…der Zielpunkt der Landekapsel“, vollendete Jan.

Patterson zuckte mit den Schultern. „Oder der Startpunkt. Wie auch immer, wo die Kapsel tatsächlich her kam, oder wo sie hinwollte, können wir nicht mehr bestimmen. Dafür ist zu viel Zeit vergangen. Aber wir sind uns einig, an diesem Punkt mit unserer Suche anzusetzen.“

Die Akte Plato

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