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Der vierte Schlüssel: Entwicklung

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Alle Dinge unterliegen einem individuellen Entwicklungsprozess, der für jedes Objekt eine spezifische Eigenzeit hat. Das »Ergebnis« dieses Prozesses ist Reife.

Was bezeichnen wir als Entwicklung? Auf der Ebene des Einzelnen bezeichnet Entwicklung einen Prozess, der zur Vertiefung unseres Bewusstseins und unserer Bewusstheit führt. Je weiter diese Entwicklung voranschreitet, desto tiefer verstehen wir uns selbst und die Welt, die uns umgibt. Dabei entfaltet sich unser Bewusstsein unter günstigen Bedingungen kontinuierlich. Bei Kindern können wir den Wechsel verschiedener Entwicklungsstufen noch relativ gut erkennen. Im Erwachsenenalter laufen Entwicklungsprozesse hingegen subtiler ab und sind schwerer zu beobachten. Wird unsere Entwicklung blockiert, kann unser Leben in die Krise geraten.

Die buddhistische Psychologie sieht unser Bewusstsein als einen Garten an, den wir zu pflegen haben. In diesem Garten verbergen sich verschiedene Samen. Samen der Freude, der Achtsamkeit, der Wut und viele andere mehr. Jeder einzelne dieser Samen hat seine eigene Entwicklungsgeschwindigkeit und braucht speziellen Dünger wie Geduld oder Aufmerksamkeit, um sich zu entfalten. Für diese Entwicklungslogik gilt es innerhalb von Slowing down ein Gefühl zu entwickeln. In uns beginnt eine Idee oder ein Entschluss zu wachsen und zu reifen. Eine Bekanntschaft entwickelt sich in eine Freundschaft. Durch geschicktes Gärtnern schaffen wir günstige Bedingungen für die harmonische Entwicklung unseres Bewusstseins und unserer Beziehungen.

Sind wir gute Gärtner? Geben wir uns, unseren Kindern, unseren Projekten und Mitarbeitern die nötige Zeit und günstige Rahmenbedingungen zu Reifung und gesunder Entwicklung? Vieles in unserer Gesellschaft ist unreif. »Ich habe alles zu früh gemacht«, bekennt die französische Schauspielerin Sophie Marceau, die als Teenager mit dem Film »La Boum« weltbekannt wurde. Alles immer früher zu tun, das ist ein Credo unserer Zeit. Die kollektive Ungeduld ist groß. Viele Produkte in der Computerbranche werden nicht mehr bis zur Marktreife entwickelt, sondern den Anwendern unreif zugemutet. Wir wollen nicht warten, sondern bereits heute die Früchte einer Entwicklung genießen, die noch gar nicht stattgefunden hat oder vielleicht nie stattfinden wird. Sei es in unseren Beziehungen, unserem Beruf oder an der Börse.

Zu reifen bedeutet nicht, stehen zu bleiben. Reifen heißt geduldig Phase für Phase zu durchlaufen. Unsere Fähigkeiten veredeln sich durch Übung und gipfeln in Meisterschaft. Wir zwingen uns und andere nicht, die eigenen Grenzen zu überschreiten.

Entwicklung ist immer auch Abschied. Das, was früher vertraute Heimat war, muss aufgegeben und verlassen werden. Vorurteile, Meinungen, Theorien überleben sich. Arbeitsverhältnisse und Beziehungen, die uns keine Entwicklungschance mehr bieten können, lockern sich und lösen sich vielleicht mit der Zeit auf.

Entwicklung findet im Wechsel von Tun und Lassen statt. Im chinesischen Weisheitsbuch I Ging kennt man die Bilder des Rückzugs, des Wartens und der Sammlung. Sie bezeichnen Zustände des bewussten Lassens, des Nicht-Tuns. Ohne diese Phasen ist eine ausgewogene Entwicklung nicht denkbar. Neue Erfahrungen harmonisch in unser Leben zu integrieren, geht nur mit Zeit.

Entwicklung braucht Vorbilder. Ohne inspirierende Menschen ist es schwieriger, unser eigenes Potenzial zu sehen und zu entwickeln. Es ist eine große Freude und ein wertvolles Geschenk, hoch entwickelte, weise Menschen zu kennen und von ihnen zu lernen. Sie können uns den Weg weisen.

Wir sollten behutsam sein, was wir in unserem Leben heranreifen lassen. Wir tragen nicht nur positive Samen in uns. Als Gärtner unseres Bewusstseins gilt es, negative Samen zu erkennen und ihre weitere Verbreitung einzuschränken. Positive Samen wie Achtsamkeit oder Konzentration zu nähren und negativen Samen wie Gier oder Ungeduld nicht zu viel Energie zu schenken, ist integraler Teil unserer Entwicklung.

Fragen Sie sich, in welche Richtung sich Ihr Leben entwickeln soll und wie Sie hierfür günstige Rahmenbedingungen schaffen können. Was fehlt? Was ist schon da?

Aus der Entwicklungsperspektive sieht die Welt anders aus. Wir vertrauen uns der Zeit an und versuchen sie nicht zu manipulieren. Entwicklung gründet sich in Verständnis und eigener Erfahrung. Wir lassen die Zeit in und für uns arbeiten. Auch Phasen des Stillstands, der Erfolglosigkeit oder des Rückschritts sind auszuhalten. Entwicklung läuft nicht linear ab. Sie braucht Geduld. Thomas Mann schrieb nicht mehr als zwei Romanseiten pro Tag. Die Dinge, die in unserem Leben Bestand und Wert haben, sind häufig langsam gereift. Wir haben sie nicht übers Knie gebrochen oder per Checkliste entschieden. »Es gibt nichts Mächtigeres als eine Idee, deren Zeit gekommen ist«, heißt es bei Victor Hugo. Diese Zeit sollten wir uns nehmen.

Slow down your life

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